Verfasst von: Sebastian Herberger und Michael H. Wiegand
Eine pharmakologisch heterogene Gruppe von Medikamenten, die bei depressiven Störungen unterschiedlicher Ätiologie und nosologischer Zuordnung stimmungsaufhellend und antriebssteigernd wirken.
Thymoleptika (in älterer Literatur; heute nicht mehr gebräuchlich)
Englischer Begriff
antidepressants
Definition
Eine pharmakologisch heterogene Gruppe von Medikamenten, die bei depressiven Störungen unterschiedlicher Ätiologie und nosologischer Zuordnung stimmungsaufhellend und antriebssteigernd wirken.
Grundlagen
Neben den in der Definition erwähnten Hauptwirkungen haben die Antidepressiva unterschiedliche zusätzliche therapeutische Effekte und Indikationsbereiche. Dazu gehört auch die sedierende und schlaffördernde Wirkung einzelner Substanzen. Diese Wirkung ist stets dann erwünscht, wenn im Rahmen der depressiven Grunderkrankung eine ausgeprägte Insomnie besteht, die durch Gabe eines sedierenden Antidepressivums relativ rasch, in der Regel noch vor dem Eintritt des antidepressiven Haupteffektes, positiv beeinflusst wird. Ferner können diese Antidepressiva auch bei anderen, nicht im Rahmen einer Depression auftretenden Formen von Insomnien eingesetzt werden, beispielsweise bei primären Insomnien. Von Ausnahmen abgesehen ist die schlaffördernde Wirkung sowie die hierzu erforderliche Dosis nicht durch Studien belegt, sondern beruht auf klinischer Erfahrung.
Antidepressiva haben in der Behandlung von Insomnien allgemein folgende Vorteile gegenüber Benzodiazepinrezeptoragonisten inklusive Benzodiazepinen: Mangels eines Abhängigkeitspotenzials können auch entsprechende Risikopatienten behandelt werden, und die Behandlung kann sich auch über einen längeren Zeitraum erstrecken; bei depressionsbedingter Insomnie oder einer ausgeprägten depressiven Begleitsymptomatik im Rahmen einer Primären Insomnie bieten diese Substanzen neben der hypnotischen Wirkung eine zusätzliche antidepressive Wirkungskomponente. Ihr Nachteil gegenüber Benzodiazepinrezeptoragonisten („Benzodiazepine“; „Non-Benzodiazepin-Hypnotika“) ist das breitere Spektrum an Nebenwirkungen, diversen Wechselwirkungen und Kontraindikationen; stets sind Kontrolluntersuchungen unter der Behandlung erforderlich. Diese allgemeinen Charakteristika gelten für die gesamte Gruppe der Antidepressiva. Bei den „Bewertungen“ der Einzelsubstanzen in den nachfolgend genannten Essays werden sie nicht erneut erwähnt; die Bewertungen dort beziehen sich ausschließlich auf die Nutzen-Risiko-Relation innerhalb der Substanzklasse des jeweiligen Antidepressivums. Zur Substanzklasse der trizyklischen Antidepressiva siehe „Amitryptilin“, „Doxepin“, „Trimipramin“, zur Substanzklasse der tetrazyklischen Antidepressiva siehe „Mianserin“, zur Substanzklasse der noradrenergen und spezifisch serotonergen Antidepressiva „Mirtazapin“. Die in den spezifischen Essays über die einzelnen Substanzen gemachten Angaben zu Nebenwirkungen, Wechselwirkungen und Kontraindikationen können nur Akzentuierungen setzen; ausführliche Angaben finden sich in der Roten Liste (2022) sowie den Gebrauchsinformationen der Hersteller.
Einen Überblick zum Thema Antidepressiva und Schlaf gibt der Übersichtsartikel von Mayers und Baldwin (2005); spezielle Hinweise für die Behandlung „Primärer Insomnien“ mit diesen Substanzen geben Walsh et al. (2005). Ausführliche Angaben zur Therapie mit Antidepressiva finden sich bei Riederer, Laux und Pöldinger (2002); nützlich sind auch die Angaben im Kompendium von Benkert und Hippius (2014).
Literatur
Benkert O, Hippius H (2014) Kompendium der psychiatrischen Pharmakotherapie, 10. Aufl. Springer Medizin, Heidelberg
Mayers AG, Baldwin DS (2005) Antidepressants and their effect on sleep. Hum Psychopharmacol Clin Exp 8:533–559CrossRef
Riederer P, Laux G, Pöldinger W (Hrsg) (2002) Neuro-Psychopharmaka. Ein Therapie-Handbuch. Band 3: Antidepressiva, Phasenprophylaktika und Stimmungsstabilisierer. Springer, Wien/New York
Rote Liste (2022) Rote Liste Service GmbH, Frankfurt am Main
Walsh JK, Roehrs T, Roth T (2005) Pharmacologic treatment of primary insomnia. In: Kryger MH, Roth T, Dement WC (Hrsg) Principles and practice of sleep medicine. Elsevier Saunders, Philadelphia, S 749–760CrossRef