Physiologische und pathophysiologische Grundlagen des Messverfahrens
Veränderungen der elektrischen Eigenschaft der Haut wurden erstmals 1849 von DuBois-Reymond (in Neumann und Blanton
1970) beschrieben. 1881 zeigte Herrmann, dass Hautareale mit hoher Schweißproduktion, wie Handflächen und Fußsohlen, besonders gut für die Ableitung von elektrodermaler Aktivität geeignet sind. In dieser Zeit wurde erstmals auch der Einfluss der Psyche auf die elektrodermale Aktivität beschrieben. Heute ist die elektrodermale Aktivität ein häufig verwendetes Instrument zur indirekten Darstellung zentralnervöser Aktivierungsvorgänge in Untersuchungen zu Aufmerksamkeit und Informationsverarbeitung. In der Psychophysiologie wird die Registrierung der elektrodermalen Aktivität als
Biofeedback-Methode in der Angstbehandlung angewandt. Auch als Entspannungsmethode ist sie einsetzbar.
Stellgrößen der elektrodermalen Aktivität sind im Wesentlichen die Änderung der Hautdurchblutung, die Aktivität des autonomen (sympathischen) Nervensystems und der
Metabolismus, insbesondere der Wasser- und Elektrolythaushalt. Die anatomische Struktur der Haut bedingt, dass die tiefer gelegenen Hautschichten mehr Feuchtigkeit enthalten als die fetthaltige Hautoberfläche (Epidermis) und daher Strom besser leiten. Die Epidermis ist eher ein elektrischer Isolator, dessen Leitfähigkeit vom Durchfeuchtungsgrad und der Hauttemperatur abhängt.
Dermis und Subkutis, die beiden inneren Schichten der Haut, enthalten nicht nur mehr Flüssigkeit, sondern auch die Schweißdrüsen, die mit der Oberfläche der Haut in Verbindung stehen. Aktivität der Schweißdrüsen ändert wesentlich die Leitfähigkeit der Hautoberfläche. Die Drüsen sind sympathisch innerviert, daher führt ein erhöhter Sympathikotonus zum Anstieg der Schweißsekretion und zur Abnahme des Hautwiderstands. Schwitzen kann auch thermoregulatorisch, emotional, pharmakologisch, ubiquitär spontan, gustatorisch und reflexbedingt sein. Als perspiratio insensibilis wird die Schweißsekretion bezeichnet, die ohne besondere neurogene oder pharmakologische Stimulation vonstattengeht, also auch unabhängig von der Durchblutung. Ein Einflussfaktor für alle Formen des Schwitzens ist die Umgebungstemperatur. Fußsohlen und Handflächen nehmen innerhalb des Systems der Schweißregulierung eine Sonderstellung ein. Hier findet vorwiegend emotionelles statt rein thermoregulatorisches Schwitzen statt. Sogenanntes kaltes Schwitzen (adrenerges Schwitzen) tritt bei plötzlichem Anstieg des Sympathikotonus als Reaktion auf einen akuten Reiz auf und ist an den Handflächen gut messbar. Dabei sind typischerweise die Hautgefäße eng.
Die Schweißbildung als Folge der Änderung von
Sympathikotonus, Durchblutung und Wasser- und Elektrolythaushalt ist die wesentliche pathophysiologische Grundlage dafür, dass elektrodermale Aktivität messbar ist. Die Aktivität der Schweißdrüsen unterliegt zirkadianen und ultradianen Einflüssen, zusätzlich sind spontane Schwankungen des Gefäßwiderstands als Ausdruck der autonomen peripheren Regulation bekannt (Sinz
1978).
Elektrodermale Aktivität und Schlaf
Schon in den 1940er-Jahren konnte nachgewiesen werden, dass während des
Schlafs der elektrische Hautwiderstand ansteigt. Da gleichzeitig die Hautdurchblutung steigt, eine Folge der
Thermoregulation im Schlaf, kommt es zu keiner Änderung der Aktivität der sympathischen Hautfasern. Die spontan auftretenden elektrischen Potenzialschwankungen der elektrodermalen Aktivität ändern sich ebenfalls im Schlaf. Dabei ist interessant, dass diese Änderungen erst mit Eintritt des Schlafstadiums 2 zu verzeichnen sind. Beim Einschlafen und während des Schlafstadiums NREM1 sind keine wesentlichen Änderungen der elektrodermalen Aktivität im Vergleich zum Wachzustand zu verzeichnen. Im weiteren Schlafverlauf ändert sich sowohl die Amplitude als auch die Frequenz der elektrodermalen Aktivität, jedoch unterschiedlich. Ab dem Schlafstadium NREM2 nehmen die Schwankungen der spontanen elektrodermalen Aktivität an Frequenz und Amplitude bis hin zum Schlafstadium 4 zu, im
REM-Schlaf aber wieder ab, ausgenommen die Phasen mit aktiven Augenbewegungen. Ein psychologischer Zusammenhang zwischen Trauminhalten und der elektrodermalen Aktivität ist bisher nicht nachgewiesen.
Während die Amplitude der elektrodermalen Aktivität eine ausgeprägte Abhängigkeit von der Schlaftiefe zeigt, ist für das Frequenzverhalten im
Schlaf eine U-Kurven-Form charakteristisch. Der Hautwiderstand ist im
NREM-Schlaf hoch, ausgenommen in Phasen mit K-Komplexen, dort nimmt er ab, die Aktivität sympathischer Hautnerven nimmt zu. Der Hautwiderstand korreliert negativ und der Hautleitwert positiv mit dem zirkadianen Körpertemperaturrhythmus.
Das basale Niveau der elektrodermalen Aktivität kann auch als Vigilanzindex verstanden werden. Die spontane elektrodermale Aktivität ist ein uniformer Indikator für den Grad der zentralnervösen Aktiviertheit beziehungsweise der Wachheit. Auch der Hautwiderstand korreliert mit dem Arousal-Niveau.
In einer neueren Untersuchung konnte gezeigt werden, dass sich der Tonus des Hautwertwiderstandes sowohl bei Gesunden als auch Patienten mit
Schlafstörungen in allen Schlafstadien vom Wachzustand unterscheidet. Die spontan auftretenden Potentialschwankungen, die elektrodermale Reaktion ändert sich im
Schlaf auch, vornehmlich beim Vergleich Tief- und Traumschlaf mit Wach. Die
Varianz dieser Änderungen ist bei Patienten größer als bei den gesunden Schläfern (Herlan et al.
2019).
Untersuchungen der elektrodermalen Aktivität im
Schlaf bei Parkinsonpatienten ergaben keine Unterschiede im Vergleich zu Normalpersonen. Sogar bei Patienten mit einer Sympathikusdysregulation zeigen sich keine wesentlichen Veränderungen der elektrodermalen Aktivität im Schlaf. Anders bei
Obstruktiver Schlafapnoe (OSA; siehe „Obstruktive Schlafapnoe“). Hier zeigen sich Veränderungen der elektrodermalen Aktivität im Vergleich vor und nach einer Beatmungstherapie. Unter effektiver Beatmungstherapie nimmt die elektrodermale Aktivität deutlich ab. Dies spricht für eine nächtliche sympathikotone Aktivierung vor Therapie, die mit anderen indirekten Verfahren wie Herzfrequenzvariabilität oder mit direkten
Messverfahren wie muskuläre sympathische Nervenaktivität (MSNA) ebenfalls nachgewiesen werden konnte.
Sowohl Patienten mit einer chronischen idiopathischen oder organisch bedingten
Insomnie als auch Patienten mit
Obstruktiver Schlafapnoe zeigen Änderungen der elektrodermalen Aktivität als Zeichen des pathologisch veränderten Arousal-Status. Bei Patienten mit einer chronischen Insomnie ist eine erhöhte spontane elektrodermale Aktivität, ein erhöhter Hautwiderstand und ein verringerter Hautleitwert nachgewiesen. Insbesondere die
Schlafbezogenen Atmungsstörungen (siehe „Schlafbezogene Atmungsstörungen“) stellen ein Modell für den sich ändernden nächtlichen Arousal-Status dar. Es ist davon auszugehen, dass die elektrodermale Aktivität nicht nur nachts im Mittel verändert ist, sondern sich auch kurzfristig im Verlauf einer Apnoe ändert. Zu Beginn der Apnoe ist sie eher niedrig und mit Einsetzen des die
Atmung stimulierenden
Arousal steigt sie an. Eigene Beobachtungen bestätigen diese Vermutung, jedoch ist bisher keine repräsentative wissenschaftliche Untersuchung der elektrodermalen Aktivität bei Schlafapnoepatienten durchgeführt worden. Es bedarf hierfür standardisierter Untersuchungsbedingungen, wie die aus den sogenannten Bunkerversuchen zur zirkadianen Rhythmik bekannte Methode der „constant routine“, und die Beseitigung sämtlicher Störfaktoren, um den Zusammenhang zwischen der elektrodermalen Aktivität, dem vegetativen Nervensystem und den Atmungsstörungen insgesamt und speziell einer einzelnen Atmungsstörung zu erforschen („Chronobiologie“).
Auch in Schlafdeprivationsexperimenten konnten bisher keine einheitlichen Aussagen zum Verhalten der elektrodermalen Aktivität getroffen werden. Es gibt widersprüchliche Resultate bei unterschiedlichen Studiendesigns. Eine aktuelle Studie (Miro et al.
2002) hat gezeigt, dass eine 48 Stunden dauernde totale
Schlafdeprivation das Hautwiderstandsniveau erhöht. Gleichzeitig nimmt die Körpertemperatur gering ab von 36,44 auf 36,3. Deswegen haben die Versuchspersonen nach
Schlafentzug am Morgen gefroren, obwohl die Außentemperatur unverändert war. Dies darf als Ergebnis der niedrigen metabolischen Rate bei Mangel an Bewegung gewertet werden und nicht als Folge einer gestörten
Thermoregulation.