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Enzyklopädie der Schlafmedizin
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Publiziert am: 22.06.2023

Metabolismus

Verfasst von: Ingo Fietze
Menschen sind tachymetabole Endotherme. Sie erhalten auch in Ruhe die Körpertemperatur aufrecht durch eine Änderung der metabolischen Aktivität in Kombination mit der Änderung der Wärmeabgabe. Die Vorteile des dauerhaft hohen physischen Leistungsniveaus werden mit dem Nachteil erkauft, dass wir im Schlaf bei gleicher Außentemperatur zirka achtmal so viel Energie verbrauchen wie ektotherme Tiere mit vergleichbarer Körpergröße.

Synonyme

Stoffwechsel

Englischer Begriff

metabolism

Definition

Menschen sind tachymetabole Endotherme. Sie erhalten auch in Ruhe die Körpertemperatur aufrecht durch eine Änderung der metabolischen Aktivität in Kombination mit der Änderung der Wärmeabgabe. Die Vorteile des dauerhaft hohen physischen Leistungsniveaus werden mit dem Nachteil erkauft, dass wir im Schlaf bei gleicher Außentemperatur zirka achtmal so viel Energie verbrauchen wie ektotherme Tiere mit vergleichbarer Körpergröße.

Grundlagen

Die metabolische Rate beim Mensch und bei Tieren
Die Differenz im Energieverbrauch während des Schlafs steigt noch bis auf das Doppelte an, wenn die Außentemperatur sinkt. Dennoch sind die Ruhephasen, insbesondere der Schlaf, bei den Säugern hypometabole Phasen, in denen die Körperkerntemperatur abfällt, um zirka 0,5 °C beim Menschen und bis zu 2 °C bei Säugetieren; die metabolische Rate sinkt zugleich um zirka 30 %. Bei Vögeln nimmt sie um 30 % ab, bei Erniedrigung der Körpertemperatur im Schlaf um zirka 4 %. Während des Winterschlafs wird bei Tieren der Metabolismus bis auf eine sogenannte basale metabolische Rate reduziert. Das ist möglich, da beim Winterschlaf der Energieverbrauch bis zu 98 % gesenkt werden kann. Im Mittel werden 90 % Einsparung erreicht. Dennoch ist die physiologische Signifikanz und Kontrolle einer basalen metabolischen Rate bis heute nicht wirklich bekannt. Man kann davon ausgehen, dass der Winterschlaf die metabolische Rate tatsächlich nur um einen Teil und nicht bis auf die basale Rate reduziert. Die metabolische Rate im Winterschlaf hat dabei keine Beziehung zum Körpergewicht. Sie ist bei allen Tieren gleich und beträgt 0,03 ml O2 pro Gramm Körpergewicht je Stunde. Doch je kleiner die Lebewesen desto größer die Differenz der metabolischen Rate vor und während des Winterschlafs, da sie im aktiven Zustand bei Kleintieren auf einem höheren Niveau ist als bei großen Tieren. Aus mathematischen Kalkulationen lässt sich herleiten, dass die theoretisch existierende basale metabolische Rate wohl einer minimalen metabolischen Rate im Winterschlaf von Tieren mit einem errechneten Gewicht von 15 Tonnen gleichen dürfte. Doch nur kleine Tiere brauchen aus metabolischen Gründen den Winterschlaf. Wenn ihr Körpergewicht weniger als 200 mg beträgt, dann brauchen sie zusätzlich den täglichen Topor, den Zustand des Verharrens in Ruhe. Auch hier kann der Energieverbrauch um zirka 25–60 % gesenkt werden. Es gibt demnach einen engen Zusammenhang zwischen Metabolismus, Schlaf und „Thermoregulation“. Insbesondere kann der Metabolismus nicht unabhängig von der Thermoregulation gesehen werden.
Metabolismus und Thermoregulation
Betrachtet man den Stoffwechsel im Schlaf als Resultat der Thermoregulation und bestimmt seine Aktivität anhand des Sauerstoffverbrauchs oder der Wärmeproduktion und der Wärmeabgabe, dann lässt sich feststellen, dass die Wärmeabgabe durch Strahlung, Konvektion, Verdunstung oder Konduktion im Schlaf sehr niedrig ist, sie hat um zirka 2:30 Uhr den zirkadianen Nadir. Dies geschieht hauptsächlich durch eine Abnahme der Oberflächenverdunstung. Auch die Wärmeproduktion ist niedrig, vor allem in den Tiefschlafphasen. Interessanterweise ist sie im NREM2 und REM-Schlaf gleich hoch. Der nächtliche Hypometabolismus bei Säugetieren ist demnach kein Spiegelbild einer kalten Außentemperatur, sondern eher der Energiespeicherung. Ist der Energieverbrauch sehr hoch, wie das in der Wachstumsphase der Fall ist, dann ist auch der Schlaf länger, es muss Energie für Wachstum und Bewegung gespart werden. Eine der wesentlichen Schlaftheorien basiert auf der „Energiespeicherung“ im Schlaf. Sie geht davon aus, dass im Schlaf eine Energieaufladung im Körper und im Gehirn erfolgt. Das zeigt sich im Gehirn beispielsweise in der Wechselwirkung von Glia mit sinkender Aktivität und den Neuronen mit steigender Aktivität im Schlaf. Die nächtliche Geweberestitution zeigt sich unter anderem am hohen Spiegel des Wachstumshormons, eines der Hormone, die vornehmlich schlafgetriggert ausgeschüttet werden. Die Energiespeicherung im Schlaf zeigt sich auch in einer höheren nächtlichen Proteinsynthese. Trotz Energiespeicherung gibt es auch viele aktive Prozesse im Schlaf, wie die Mitose von Haut-, Knochen- und Leberzellen. Für diese Prozesse ist jedoch eher der zirkadiane Rhythmus verantwortlich als die homöostatischen Prozesse des Schlafs. Zirkadian getriggerte Hormone sind das zum Beispiel Kortisol, Thyroxin, Vasopressin und Ocytocin.
Eine weitergehende Schlaftheorie von J. Horne führt den Begriff „Kernschlaf“ ein, der besagt, dass es einen für die Restitution notwendigen Schlaf gäbe (Horne 1987).
Der Metabolismus sinkt bei den meisten Säugetieren im Schlaf um zirka 15 %, beim Menschen um zirka 5–11 %. Aufgrund der Endothermie bleibt die Körpertemperatur annähernd erhalten. Ein weiteres Absinken des Metabolismus im Schlaf des Menschen lassen die intermittierenden zentralnervösen Aktivierungen („Arousal“) und die motorischen Aktivierungen (Körperbewegungen) nicht zu. Eine Ausnahme stellt der bereits genannte Winterschlaf dar, währenddessen die Körpertemperatur bei den entsprechenden Tieren bis auf 5 °C sinkt. Die Tiere wachen aber gelegentlich auf, um sich aufzuheizen und die Körpertemperatur schließlich gemäß dem Prinzip der Endothermie auf einem gewissen Niveau halten zu können. Große Tiere mit viel Fettreserven und wenig Wärmeverlust brauchen weniger Schlaf, da sie weniger Energie speichern müssen. Sie haben eine niedrige Wärmeabstrahlung und hohe thermale Trägheit. Dieser Zusammenhang erklärt teilweise die Abhängigkeit der „Schlafdauer“ vom Körpergewicht inklusive ZNS-Gewicht. Da der Fettanteil bei steigendem Körpergewicht zunimmt, muss auch weniger Energie für seine Aufrechterhaltung aufgewendet werden. Daher benötigen große Tiere wie Pferde oder Elefanten auch nur wenig Schlaf. Zu der Theorie passt auch, dass ein eher normalgewichtiges Säugetier, das wenig energiereiche Nahrung zu sich nimmt, viel schlafen muss, um Energie zu sparen. Ein Vertreter dieser Gruppe ist der Koala-Bär.
NREM-Schlaf, REM-Schlaf und Metabolismus
Der NREM-Schlaf entspricht aus physiologischer Sicht einer energiesparenden Ruhephase. Es sinken Körpertemperatur, Atmungsfrequenz, Puls, Muskeltonus und kortikale Aktivität („Autonomes Nervensystem“); somit sinkt auch der Metabolismus. Im REM-Schlaf nehmen die genannten Parameter wieder zu. Der Energieverbrauch im NREM-Schlaf liegt unter dem im ruhigen Wachzustand. Im REM-Schlaf herrscht Poikilostase und eine relativ hohe Variabilität der autonomen Parameter. Dabei ist der Metabolismus im REM-Schlaf nur geringfügig höher als im NREM-Schlaf. Anders ist es bei niedriger Außentemperatur, bei der der Metabolismus im REM-Schlaf auch im Vergleich zum NREM-Schlaf deutlich ansteigt. Der Unterschied wird umso größer, je niedriger die Außentemperatur ist. Der Metabolismus sinkt im Schlaf um zirka 5–17 %, und zwar bei Thermoneutralität. Sinkt jedoch die Körpertemperatur, dann fällt auch die metabolische Rate weiter ab, bei einer Außentemperatur von 21 °C beispielsweise um insgesamt 40 %.
Metabolisch ist REM-Schlaf mit dem Wachzustand nicht vergleichbar, da im REM-Schlaf die Konzentration von Serotonin, Histamin oder Noradrenalin niedriger ist als im Wachzustand. Bei Tieren ist im Unterschied zum Menschen die metabolische Rate im REM-Schlaf kleiner als im NREM-Schlaf. Eine Erklärung könnte das relativ kleine Zentralnervensystem sein. Das Hirngewicht spielt auch eine Rolle bei der Länge des Schlafzyklus. So hat der Mensch mit einem relativ hohen Hirngewicht und einer Dauer von 90 Minuten einen langen NREM-REM-Zyklus, die Maus mit weniger als zehn Minuten einen eher kurzen Zyklus.
Metabolismus, Schlaf und Endokrinum
Sieht man den Stoffwechsel als Teil des vegetativ-autonomen Funktionssystems, dann sei hier erwähnt, dass sich im Schlaf auch die Atmung, die Aktivität des Kreislaufsystems, die Körperkerntemperatur, die „Elektrodermale Aktivität“, die Aktivität des gastrointestinalen Systems und endokrine Funktionen ändern. So verändern sich im Nachtschlaf auch die Hormonspiegel der hypothalamo-hypophysären Achse, der Karbohydratmetabolismus, der Appetit, der Wasser- und Elektrolythaushalt und die Hormonfreisetzung auf der gonadotropen Achse. Das „Wachstumshormon“ steigt an und Dopamin wird inhibiert. Kortisol und Thyroxin zeigen fallende Pegel zum Schlafbeginn. Luteotropes Hormon (LH) und follikelstimulierendes Hormon (FSH) steigen im Schlaf an, somit auch Testosteron und Östrogen („Sexualhormone“). Die Amplitude der Testosteron-/Östrogenänderungen ist in jungen Jahren am größten und nimmt mit zunehmendem Alter ab (siehe auch „Endokrinium“ und „Hypophyse und Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenachse“). Schlafen Heranwachsende dauerhaft zu kurz oder schlecht, dann können durch die Beeinträchtigung der Schlafqualität die nächtlichen Anstiege von Wachstumshormon- und luteotropem Hormon ausblieben bzw. gering ausfallen, was das Wachstum und die Geschlechtsreife verzögern kann.
Schlaf steht somit in engem Zusammenhang mit endokrinen und metabolischen Funktionen. Schlaf beeinflusst des Weiteren auch den Glukose- und Insulinspiegel, und in Analogie zu den Verhältnissen beim Wachstumshormon (GH) und beim „Prolaktin“ ist der Einfluss des Schlafs stärker als derjenige des zirkadianen Systems. Diese Hormone sind stärker homöostatisch geprägt. Im Gegensatz dazu sind die Thermoregulation, die Schilddrüsenhormone und der Kortisolspiegel sehr stark durch den zirkadianen Rhythmus geprägt („Chronobiologie“). Hormone, die sowohl durch das zirkadiane System als auch durch den Schlaf getriggert werden, sind Leptin und Ghrelin (Frenette et al. 2012).
Ob Hormonveränderungen ihrerseits den Schlaf beeinflussen, ist nicht eindeutig erwiesen, ausgenommen das Kortisol, das den Schlaf in hohen Dosen negativ beeinflusst, durch eine Abnahme von NREM-Schlaf und Zunahme von Wach und REM-Schlaf. In niedrigen Dosen ist es bei Patienten mit Autoimmunerkrankungen eher schlaffördernd. Postmenopausale Schlafstörungen weisen darauf hin, obwohl hier nicht die Konzentration der gonadotropen Hormone gestört ist, sondern ihr zirkadianer Rhythmus, dass Änderungen der Geschlechtshormone den Schlaf auch beträchtlich ändern können. Bei stillenden Müttern beispielsweise gibt es erste Hinweise darauf, dass sie nicht besser, aber zirka 30 Minuten länger schlafen als nicht stillende Mütter (siehe auch „Sexualhormone“).
Der nächtliche Anstieg der Plasmaspiegel von Glukose und Insulin um zirka 20–30 % hängt mit der Reduktion des Glukoseverbrauchs im Gehirn von 20–40 % sowie mit dem Absinken des peripheren Verbrauchs angesichts des im Schlaf herabgesetzten Muskeltonus zusammen. Daher sinkt auch die Glukosetoleranz in der ersten Nachthälfte. Wenn man fastet, bleibt der Glukosespiegel stabil oder sinkt im Schlaf gering ab. In der zweiten Nachthälfte steigt die Glukosetoleranz wieder, vornehmlich weil der Verbrauch im Rahmen des auf die zweite Nachthälfte konzentrierten REM-Schlafs wieder steigt und weil dann das in der ersten Nachthälfte vermehrt ausgeschüttete Insulin wirkt. Schlafentzug lässt den nächtlichen Blutzuckerspiegel sinken. Chronisch schlechter Schlaf hingegen kann mit einem gewöhnlichen nächtlichen Anstieg von Glukose einhergehen. Grund dafür ist eine sich entwickelnde Insulinresistenz (siehe auch „Diabetes mellitus“).
Neben den genannten Substanzen erfahren weitere für den Stoffwechsel relevante Hormone eine Änderung im Schlaf. Adiponektin, das in den Adipozyten gebildet wird, hat Einfluss auf die Insulinsensitivität. Leptin, ebenfalls aus den Adipozyten, ist nachts erhöht und gibt Informationen über den Energiestatus an den Hypothalamus weiter. Auf diesem Weg wird der Hunger verringert. Ist viel Energie da, ist auch der Leptinspiegel leicht erhöht. Das im Magen gebildete Ghrelin ist ebenfalls nachts erhöht und verursacht im Gegensatz zu Leptin Hunger sowie eine Stoffwechselaktivierung. Somit sind die beiden auf den Hunger bezogenen hormonellen Gegenspieler aktiviert (siehe auch „Gastrointestinalsystem“). Schlafentzug führt zu einer Abnahme der nächtlichen Leptin- und Zunahme der Ghrelinkonzentration. Das macht Hunger und Appetit, was gerade Jugendliche zu vermehrter Nahrungsaufnahme und damit Gewichtszunahme verführt. Auch Traumschlaf macht Hunger.
Hypocretin (Orexin) ist ein Wachmacher, der über den Locus coeruleus und andere Hirnstamm- und Hypothalamusareale das zentralnervös-aktivierende System stimuliert und der zugleich mittels seines Einflusses auf Leptin ebenfalls Hunger provoziert. Renin ist im NREM-Schlaf und vor allem im Tiefschlaf signifikant erhöht, im REM-Schlaf aber wird seine Ausschüttung gehemmt (siehe auch „Mineralstoffwechsel und Volumenregulation“ und „Neuropeptide“). Schlafapnoepatienten haben nachts einen verringerten Reninspiegel, was eine Nykurie provozieren kann.
Neben diesen Hormonen gibt es eine Reihe weiterer Hormone und Enzyme, die entscheidend den Schlaf-Wach-Status beeinflussen können. Die bekannten Hormone der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse und Hormone des neuroendokrinen Systems, wie das schon genannte Hypocretin oder Glutamat und die Substanz P im Liquor beziehungsweise im Serum nachweisbar, gehören zum aktivierenden System. Andere Substanzen wie Adenosin, Neuropeptid Y oder GABA (Gamma-Aminobuttersäure) im Liquor oder die Hormone Insulin und Prolaktin im Serum gehören zum schlafaktivierenden System. Das Immunsystem ist mit schlafinduzierenden und schlafhemmenden Zytokinen zusätzlich an der Schlaf-Wach-Regulation beteiligt. Zu den schlaffördernden Zytokinen gehören so zum Beispiel IL-1, IL-2 und IL-6, TNF-alpha oder Interferon-alpha (siehe auch „Neurotransmitter“ und „Schlafregulation“).
Schlafdeprivation von mehr als 205 Stunden verursacht beim Menschen keine Veränderungen, was die Katecholaminspiegel und die Spiegel von Kortisol und Melatonin betrifft. Auswirkungen zeigen sich hingegen auf den Glukosespiegel, die Hypoxieschwelle, die Schmerzempfindlichkeit, die Reflexe, die Sprache, die Konzentration, den Nystagmus, die Ptosis, die Thermoregulation, die Schilddrüsenfunktion und das Immunsystem. Auch ist bekannt, dass chronisch andauerndes Schlafdefizit, selbst wenn es sich nur um partielles Schlafdefizit handelt, in Schlafdeprivationsexperimenten nicht nur zu einer Abnahme von Leptin, sondern auch zu einer Zunahme des abendlichen Kortisols, einem Anstieg der sympathischen Nervenaktivität (SNA), einem Abfall von TSH (Thyroidea-stimulierendes Hormon) und einer Abnahme der Glukosetoleranz führt. Kurzschläfer haben eine kurze biologische Nacht hinsichtlich der zirkadianen Regulation von Melatonin, Körpertemperatur, Kortisol und Schläfrigkeit.
Bezüglich des Metabolismus hat man nachgewiesen, dass das Absinken des Leptinspiegels bei Schlafdeprivation vergleichbar mit dem Umstand ist, drei Tage lang nur 900 kcal zu sich zu nehmen. Damit steigt der Hunger, Hyperphagie wird induziert. Andererseits hat man zeigen können, dass eine Reduktion des Body-Mass-Index (BMI) um zirka 5 % durch Diät eine zirka 12 %ige Erhöhung von Ghrelin und einen 15 %igen Abfall von Leptin bewirkt. Die Veränderungen entsprechen denjenigen bei einer Schlafdauer von nur zwei bis drei Stunden pro Nacht. Der Leptinmangel bei Schlafdeprivation macht dabei größeren Hunger als der erhöhte Leptinspiegel bei Adipositas und Leptinresistenz. Zusätzlich verursacht Schlafdeprivation ein Absinken der Glukose- und Insulinspiegel und senkt die Glukose- und Karbohydrattoleranz. Bei zusätzlicher Steigerung der sympathischen Nervenaktivität und Störung der Glukosespeicherung im Zentralnervensystem (ZNS) steigen die Insulinresistenz und der Nüchternblutzucker am Tage. Dies erhöht das Risiko für Übergewicht und Hypertonie. Kurzschläfer müssten demnach vermehrt über Hunger klagen und eventuell ein höheres „Körpergewicht“ aufweisen als Normal- oder Langschläfer. Im Übrigen zeigte sich auch eine Präferenz zu eher fetthaltiger Nahrung und nicht zu proteinhaltiger Nahrung. Die eventuelle Gewichtszunahme beim kurzschlafenden Menschen resultiert wohl daraus, dass er mehr Zeit zum Essen zur Verfügung hat und mehr fetthaltige Nahrung aufnimmt sowie dem „nur moderaten“ Stress. Nimmt der Stress des Wachbleibens jedoch zu, führt dies eher zu einem ansteigenden Energieverbrauch. Wenn man seine Essgewohnheiten bei schlechtem und/oder kurzem Schlaf nicht verändert, dann nimmt man eher an Gewicht ab als zu. Das kurze Schlafen ist dann ein Diätprogramm, auf Dauer aber nicht zu empfehlen. Unter Schlafdeprivationsbedingungen hat man bei Tieren zeigen können, dass gewöhnlich sowohl die Nahrungsaufnahme als auch der Energieverbrauch ansteigen. Eine hohe metabolische Rate bedeutet dabei auch eine hohe Aktivität von mitochondrialem Entkopplungsprotein UCP-1 (uncoupling protein 1), einer Substanz, die die ATP-Synthese hemmt und stattdessen Energie in Hitze wandelt. UCP-1 ist ein Membranprotein der Mitochondrien, das für die Thermogenese verantwortlich ist und bei Schlafdeprivationsexperimenten im braunen Fettgewebe von Ratten untersucht werden konnte. Als Ergebnis der Deprivationsexperimente ergab sich mit steigendem Schlafdefizit eine Abnahme des Körpergewichts bis hin zum Hungertod (Rechtschaffen et al. 2002).
Beim Menschen kommt es bei Schlafdeprivation meist – wie oben ausgeführt – zur Gewichtszunahme. Dies belegen auch epidemiologische Studien in allen Altersstufen. Bei Frauen ist der Zusammenhang deutlicher ausgeprägt. In der Wisconsin-Cohorten-Studie (Taheri et al. 2004) konnten bekannte Änderungen bei Schlafdefizit bestätigt werden, und zwar die Verringerung von Leptin und Zunahme von Ghrelin, ähnlich wie bei Gewichtsverlust und Nahrungsentzug und dies unabhängig von Body-Mass-Index, Alter, Geschlecht, nächtlichen Atmungsstörungen und anderen Kofaktoren. Durch den ansteigenden Appetit hatten Personen mit einer Schlafdauer von weniger als 7,7 Stunden einen erhöhten Body-Mass-Index als Indikator für Übergewicht. Eine verlängerte Bettzeit und damit verminderte Bewegung mindert auch den Energieverbrauch, was demnach auch bei Langschläfern zu Gewichtszunahme führen kann. Die Studie von Taheri hat aber auch gezeigt, dass zwischen der Schlafdauer und den Stoffwechselhormonen Insulin, Glukose und Adiponektin kein eindeutiger Zusammenhang besteht (Taheri et al. 2004).
Das Leptin im Serum sinkt nicht nur bei akuter Schlafdeprivation, sondern auch bei chronischem „Schlafentzug“. Im Vergleich mit Ghrelin ist es dennoch so, dass Ghrelin eher den akuten Schlafentzug und den akuten Hunger widerspiegelt und Leptin die chronische Schlafdeprivation beziehungsweise den Langzeiternährungsstatus. Einschränkend muss man sagen, dass bisher nur das stabile inaktive Ghrelin gemessen werden konnte und nicht das instabile aktive Ghrelin.
Der beschriebene Zusammenhang von Schlafdeprivation und Metabolismus hat Änderungen des Metabolismus unter extremen Bedingungen offen gelegt. Doch da sich unter dem sogenannten Wiederkehrschlaf nach Beendigung der extremen Bedingungen der Metabolismus schnell wieder normalisiert, ist anzunehmen, dass er und seine Regulation bei akuten Experimenten selbst nicht gestört werden. Möglicherweise ist die metabolische Reaktion zu einem erheblichen Anteil auch durch Sympathikusaktivierung vermittelt.
Metabolismus, Schlaf und Alter
Im Alter nehmen die zirkadianen Amplituden ab und so auch die der zirkadianen metabolischen Aktivität und die der Konzentration von Wachstumshormon und Prolaktin. Das beeinflusst wiederum das Ausmaß des Tiefschlafs. Zusätzlich sind ein Anstieg des abendlichen Kortisols, des Interleukin-6 und der Insulinresistenz im Alter bekannt.
Im hohen „Lebensalter“ kommt es zur Zunahme der Konzentration weiterer Entzündungsmarker. Die betreffenden Veränderungen im Alter gleichen denjenigen bei Schlafdeprivation: Mit dem Alter steigen sowohl C-reaktives Protein (CRP), Tumor-Nekrose-Faktor-R1a (TNF-R1a) und das Interleukin-1b (IL-1b) als auch die sogenannten Hitzeschockproteine an. Inwieweit die altersabhängigen Änderungen im Entzündungssystem auf im Alter veränderten Schlaf zurückzuführen sind, ist noch unklar. Möglicherweise ist die Entzündungsreaktion eine Folge von oxidativem Stress als Antwort auf eine chronische Schlafdeprivation. Ein anderer Erklärungsversuch wäre, dass die Beeinträchtigung der zellulären Immunität und der Immunkompetenz im Alter Folge des Abfalls des anabolen Wachstumshormons sind.
Literatur
Frenette E, Lui A, Cao M (2012) Neurohormones and sleep. Vitam Horm 89:1–17. https://​doi.​org/​10.​1016/​B978-0-12-394623-2.​00001-9CrossRefPubMed
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Taheri S, Lin L, Austin D, Young T, Mignot E (2004) Short sleep duration is associated with reduced leptin, elevated ghrelin, and increased body mass index. https://​doi.​org/​10.​1371/​journal.​pmed.​0010062