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Enzyklopädie der Schlafmedizin
Info
Publiziert am: 31.01.2020

Mirtazapin

Verfasst von: Sebastian Herberger und Michael H. Wiegand
Neben der Indikation als Antidepressivum wird Mirtazapin als Hypnotikum eingesetzt bei Insomnie im Rahmen einer depressiven Grunderkrankung und bei Insomnie anderer Grunderkrankung oder Insomnie ohne komorbide Erkrankung. Es handelt sich um eine vergleichsweise neue Substanz mit einem gegenüber trizyklischen Antidepressiva deutlich günstigeren Nebenwirkungsprofil.

Substanzklasse

Noradrenerges und spezifisch serotonerges Antidepressivum.

Englischer Begriff

mirtazapine

Gebräuchliche Handelsnamen

Remergil

Indikation

Neben der Indikation als Antidepressivum wird Mirtazapin als Hypnotikum eingesetzt bei:
1.
Insomnie im Rahmen einer depressiven Grunderkrankung;
 
2.
Insomnie bei anderer Grunderkrankung oder Insomnie ohne komorbide Erkrankung,
  • falls Benzodiazepine oder andere Benzodiazepinrezeptoragonisten kontraindiziert sind, wie bei anamnestisch bekannter Substanzabhängigkeit
  • und/oder eine länger dauernde medikamentöse Behandlung der Insomnie indiziert ist
  • und/oder eine ausgeprägte depressive Begleitsymptomatik besteht.
 

Wirkungsweise

Präsynaptischer α2-Antagonismus (auch schwächerer α1-Antagonismus); postsynaptischer 5-HT2- und 5-HT3-Antagonismus; starke antihistaminerge Wirkung; fehlende anticholinerge Wirkung.
Zu Hauptwirkungen und allgemeinen Charakteristika von Antidepressiva bei der Behandlung der Insomnie siehe „Antidepressiva“.

Dosierung

  • Als Antidepressivum: 30–60 mg.
  • Als Hypnotikum: 7,5–30 mg.

Darreichungsform

Tabletten, Tropfen, Injektionslösung.

Nebenwirkungen

Müdigkeit, Benommenheit, Mundtrockenheit, Appetitzunahme, Gewichtszunahme, Ödeme, reversible Agranulozytose und andere.

Wechselwirkungen

Mit Alkohol: Verstärkung der zentraldämpfenden Wirkung; mit Cimetidin: erhöhte Mirtazapin-Plasmakonzentration; mit Benzodiazepinen: Verstärkung der sedierenden Wirkung; mit Carbamazepin, Rifampicin, Phenytoin: Erhöhung der Mirtazapin-Ausscheidung; und andere.

Kontraindikationen

Absolut: Leukopenien, Kombination mit MAO-Hemmern.
Relativ: schwere Leber- und Nierenfunktionserkrankungen, erhöhte Krampfbereitschaft.

Resorption, Distribution, Elimination

t½ = 20–40 h (Steady State nach drei bis vier Tagen); Tmax = zirka 2 Stunden; orale Bioverfügbarkeit zirka 50 %, Plasmaproteinbindung 85 %.

Verträglichkeit

Individuell variabel; in der Regel besser verträglich als trizyklische Antidepressiva, insbesondere in geringer Dosierung.

Bewertung

Es handelt sich um eine gut bekannte Substanz mit einem gegenüber trizyklischen Antidepressiva deutlich günstigeren Nebenwirkungsprofil. Die schlaffördernde Wirkung ist durch Studien belegt (Aslan et al. 2002; Winokur et al. 2000) und bereits durch sehr niedrige Dosen erzielbar.
Bewertungen beziehen sich an dieser Stelle ausschließlich auf die Nutzen-Risiko-Relation innerhalb der Gruppe der Antidepressiva. Zu den Vor- oder Nachteilen des Einsatzes von Antidepressiva bei Insomnie gegenüber dem Einsatz von Benzodiazepin-Rezeptor-Agonisten inklusive Benzodiazepinen siehe „Antidepressiva“.
Literatur
Aslan S, Isik E, Cosar B (2002) The effects of mirtazapine on sleep: a placebo controlled, double-blind study in young healthy volunteers. Sleep 25:677–679CrossRefPubMed
Rote Liste (2022) Rote Liste Service GmbH, Frankfurt am Main
Winokur A, Saeia MJ, Hayer JB et al (2000) Acute effects of mirtazapine on sleep continuity and sleep architecture in depressed patients: a pilot study. Biol Psychiatry 48:75–78CrossRefPubMed