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Enzyklopädie der Schlafmedizin
Info
Publiziert am: 08.08.2024

Promazin

Verfasst von: Sebastian Herberger und Michael H. Wiegand
Promazin ist ein älterer in Deutschland zur Behandlung von Schlafstörungen zugelassener Wirkstoff. Neben der Indikation als Antipsychotikum wird Promazin bei Ein- und Durchschlafstörungen wegen seiner sedierenden Eigenschaften eingesetzt bei schizophrener oder manischer Grunderkrankung, bei Patienten mit Demenz oder anderen organischen Hirnfunktionsstörungen mit nächtlichen Verhaltensauffälligkeiten wie Verwirrtheit und Agitation oder wenn weder Benzodiazepinrezeptoragonisten noch sedierende Antidepressiva indiziert sind.

Substanzklasse

Trizyklisches Antipsychotikum, Phenothiazin mit aliphatischer Seitenkette.

Englischer Begriff

promazine

Gebräuchliche Handelsnamen

Protactyl, Sinophenin.

Indikation

Neben der Indikation als Antipsychotikum wird Promazin wegen seiner sedierenden Eigenschaften eingesetzt bei Ein- und Durchschlafstörungen in folgenden Fällen:
1.
bei schizophrener oder manischer Grunderkrankung;
 
2.
bei Patienten mit Demenz oder anderen organischen Hirnfunktionsstörungen mit nächtlichen Verhaltensauffälligkeiten wie Verwirrtheit und Agitation;
 
3.
wenn weder Benzodiazepinrezeptoragonisten noch sedierende Antidepressiva indiziert sind.
 

Wirkungsweise

Schwache Blockade von D2-Rezeptoren, H1-Blockade, stark anticholinerg und adrenolytisch.
Zu Hauptwirkungen und allgemeinen Charakteristika von Neuroleptika bei der Behandlung von Insomnie siehe „Neuroleptika“.

Dosierung

Zur Schlafinduktion: 12,5–50 mg.

Darreichungsform

Dragees, Suspension, Injektionslösung.

Nebenwirkungen

Unter anderem: vegetative, überwiegend anticholinerge und adrenolytische Nebenwirkungen; Hypotonie und orthostatische Dysregulation; extrapyramidal motorische Nebenwirkungen einschließlich irreversibler Spätdyskinesien; Störungen des hämatopoetischen Systems, allergische Reaktionen, Erhöhung der zerebralen Erregbarkeit, endokrine Begleitwirkungen, sexuelle Funktionsstörungen.

Wechselwirkungen

Antiarrhythmika vom Chinidintyp: verlängerte Überleitungszeiten im EKG; Anticholinergika: Steigerung der anticholinergen Effekte; Antihypertensiva: Verstärkung der antihypertensiven Wirkung; MAO-Hemmer: vermehrte unerwünschte Wirkungen; und andere wie Agitation, Verwirrtheit und Halluzinationen.

Kontraindikationen

Absolut: akute Intoxikation mit psychotropen Substanzen.
Relativ: Leber- und Nierenschäden, Prostatahyperplasie, kardiale Vorschädigung, orthostatische Dysregulation, Engwinkelglaukom und andere.

Resorption, Distribution, Elimination

Plasmaproteinbindung 90–95 %; hoher First-pass-Metabolismus; umfangreiche, interindividuell sehr variable Metabolisierung, t½ = 2–35 h.

Verträglichkeit

Dosisabhängig und interindividuell variabel.

Bewertung

Typisches niederpotentes Neuroleptikum mit anticholinerg betontem Nebenwirkungsspektrum. Die Substanz ist in Deutschland zur Behandlung von Schlafstörungen zugelassen.
Bewertungen beziehen sich an dieser Stelle ausschließlich auf die Nutzen-Risiko-Relation innerhalb der Gruppe der Neuroleptika. Zu den Vor- oder Nachteilen des Einsatzes von Neuroleptika bei Insomnie gegenüber dem Einsatz von Benzodiazepinrezeptoragonisten siehe „Neuroleptika“.
Literatur
Benkert O, Hippius H (2005) Kompendium der psychiatrischen Pharmakotherapie. Springer Medizin, Heidelberg
Riederer P, Laux G, Pöldinger W (Hrsg) (1998) Neuro-Psychopharmaka. Ein Therapie-Handbuch. Band 4: Neuroleptika. Springer, Wien/New York
Rote Liste (2022) Verlag Rote Liste Service GmbH, Frankfurt/Main
Walsh JK, Roehrs T, Roth T (2005) Pharmacologic treatment of primary insomnia. In: Kryger MH, Roth T, Dement WC (Hrsg) Principles and practice of sleep medicine. Elsevier Saunders, Philadelphia, S 749–760CrossRef