Grundlagen
Das primäre Ziel der Therapie besteht darin, obstruktive, zentrale oder gemischte Apnoen, Hypopnoen, Sauerstoffentsättigungen, Periodische
Atmung (
Cheyne-Stokes-Atmung), respiratorische
Arousals (RERAs, siehe „Respiratory Effort Related Arousal“) und Schlaffragmentierung zu beseitigen. Darüber hinaus können therapiebedingt Nebenwirkungen, zusätzliche Erkrankungen, Complianceprobleme sowie psychosoziale Komplikationen auftreten, die ebenfalls erkannt, behandelt und nach Möglichkeit beseitigt werden müssen. Hierfür sind Kontrolluntersuchungen erforderlich, die über das
Qualitätsmanagement (QM) effektiv und wirtschaftlich gestaltet zu einer bedarfsgerechten Versorgung von Patienten mit
Schlafbezogenen Atmungsstörungen führen. Bei schlafmedizinischen Diagnosen nach ICSD überwiegen bei weitem die
Schlafbezogenen Atmungsstörungen (85 %), die in Deutschland zu etwa 70 % mit apparativer häuslicher
nichtinvasiver Beatmung behandelt werden. Wegen der Chronizität umfasst die Regelversorgung eine kontinuierliche Langzeitbetreuung mit wiederholten Kontrollen.
Die erste Kontrolle soll nach dem Entscheid vom „Bundesausschuss über eine Änderung der Richtlinien zur Bewertung medizinischer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden“ (BUB-Richtlinien) vom 15.06.2004 zur „Differentialdiagnostik und Therapie der Schlafbezogenen Atmungsstörungen“ 6 Monate nach Einleitung einer CPAP-Therapie erfolgen. Diese Untersuchung kann laut
BUB-Richtlinien als kardiorespiratorische „Polygraphie“ (PG) nach Stufe 3 (BAnz. Nr. 213,
2004) mit obligater Aufzeichnung von
Atmung (Atemfluss, Schnarchgeräusche), Oxymetrie, Herzfrequenz, Körperlage, abdominaler und thorakaler Atembewegungen und Maskendruckmessung (bei häuslicher
Beatmung als Therapie) in einer mindestens sechsstündigen Schlafphase als ambulante Leistung durchgeführt werden, deren Vergütung seit dem EBM 2000plus als kassenärztliche Leistung geregelt ist.
Bei komplikationslosem Verlauf ist nach BUB-Richtlinie keine weitere Kontrolluntersuchung erforderlich. Das gemeinsame Positionspapier von 2 Fachgesellschaften (Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin, DGSM; Deutsche Gesellschaft für Pneumologie, DGP) und dem Berufsverband der Pneumologen (BDP) geht von regelmäßigen Kontrollen im Abstand von 12 Monaten aus, die in Sonderfällen in einem kürzeren Intervall stattfinden können, wenn eine zusätzliche Erkrankung, welche die Therapie beeinflusst, weiterhin besteht. Auch
Tagesschläfrigkeit oder Complianceprobleme begründen ein verkürztes Intervall (DGP, BDP und DGSM
2004). Laut BUB-Richtlinie ist eine „Kardiorespiratorische Polysomnographie“ (KRPSG) nur dann zur Kontrolle einzusetzen, wenn schwerwiegende Therapieprobleme dies erforderlich machen, die mit der Polygraphie nicht erkannt und behoben werden können.
Zur Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität ihrer Leistungen sind die Leistungserbringer über SGB V seit 1992 bzw. 1999 verpflichtet: Die Leistungen müssen dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechen und in der fachlich gebotenen Qualität erbracht werden. Vertragsärzte, medizinische Versorgungszentren, zugelassene Krankenhäuser, Erbringer von Vorsorgeleistungen oder
Rehabilitationsmaßnahmen und Einrichtungen, mit denen ein Versorgungsvertrag nach § 111a besteht, sind nach Maßgabe der §§ 136a, 136b, 137 und 137d verpflichtet,
sich an einrichtungsübergreifenden Maßnahmen der
Qualitätssicherung zu beteiligen, die insbesondere zum Ziel haben, die Ergebnisqualität zu verbessern, und
Bei Kontrolluntersuchungen ist zu berücksichtigen, dass gerade die nasale
nichtinvasive Beatmung („CPAP“; „Bi-Level-PAP“; „Automatisches CPAP“) als Dauertherapie im häuslichen Alltag mit unterschiedlichen Problemen belastet ist, die häufig auch gravierend sein können und stets mit speziellen Methoden der schlafmedizinischen Versorgung zu lösen sind. Dabei üben schon geringe Störungen große Auswirkungen auf die Therapietreue aus. Probleme müssen daher rechtzeitig erkannt und dem Untersuchungsergebnis folgend in einem aufwendigen Abstimmungsprozess auf verschiedenen Versorgungsebenen gelöst werden, nämlich zwischen Arzt, Patient, Medizintechnik, Sanitätshaus/Service-Center und edukativen Berufsgruppen zur Patientenschulung. Kontrolluntersuchungen, welche die Anforderungen an ein
Qualitätsmanagement erfüllen, sollen daher folgende 10 Prozesselemente aufweisen, die als basaler Bestandteil der qualitätsgesicherten Verlaufskontrolle gelten:
1.Ermittlung der Apnoe-, Hypopnoe-, Entsättigungs- und Arousal-Indizes (RERAs) als objektive Kennzahlen des Therapieerfolgs
2.Monitoring der Fluss-/Druckwerte unter Therapie und ggf. Korrektur
3.Ermittlung von schlafmedizinisch relevanter klinischer Restsymptomatik wie
Tagesschläfrigkeit, Schlaf-Wach-Störungen, Vigilanzleistung, Störungen im psychosozialen Bereich
4.Kontrolle von Maskensitz, Gerät und Zubehör und ggf. Komfortverbesserung, Auswechseln oder Erneuern, Wartung kontrollieren/veranlassen
5.Ermittlung und Beurteilung des Nutzungsverhaltens
6.Erkennung und Beseitigung von Nebenwirkungen an Nase, Mund oder anderen Organen, die durch die Dauertherapie verursacht werden
7.Kontrolle von weiteren klinischen
Messwerten, die im Zusammenhang mit weiter bestehenden Symptomen von nicht erholsamem
Schlaf stehen wie Blutdruck, Blutzucker, verschiedene klinische Laborparameter, Körpergewicht
8.Aufklärung und Schulung des Patienten zum Umgang mit der Erkrankung und dem Therapieverfahren und ggf. Einbeziehung von Angehörigen
9.Bei Bedarf und je nach Einrichtung, welche die Kontrolluntersuchung durchführt, Kontaktaufnahme mit schlafmedizinischem Zentrum/Überweisung, Facharzt/Überweisung, Hausarzt, Medizingerätehersteller, Sanitätshaus/Service-Center bzw. Home-Care-Organisation
10.Dokumentation aller Daten, Befunde und Ergebnisse in einem Verlaufsprotokoll
Der Pflichtkatalog in Anlehnung an das DGP/BDP/DGSM-Positionspapier (
2004) und die BUB-Richtlinie macht deutlich (Mayer et al.
2015), dass für die Verlaufskontrolle zahlreiche Berufsgruppen, Dienstleister im Gesundheitswesen, Organisationen und verschiedene prozessbegleitende, qualitätssichernde, koordinierende und administrative Maßnahmen erforderlich sind, die integral zum
Qualitätsmanagement beitragen. Qualifiziertes Personal, das mit Kompetenz und Erfahrung die unterschiedlichen Versorgungsebenen abdeckt, ist hierfür die oberste Voraussetzung, weswegen die „Ausbildung, Fortbildung und Weiterbildung“ einen hohen Stellenwert besitzt.
Wie komplex die Lösungsstrategien sein müssen, die vorzuhalten sind, wird schon an den Problemen deutlich, die allein beim Umgang und bei der Applikation der nasalen
Maske auftreten können. Befragt man Patienten nach den Anforderungen, die sie an die Maske stellen, nennen sie folgende Qualitätsmerkmale mit absteigender Bedeutung: Dichtigkeit, gute Passform, keine Druckstellen, gleichmäßige Druckverteilung, kein Anblasen, geringe Lautstärke, Handhabung, Reinigung, Gewicht, Montage, Haltbarkeit, Design. Dass Dichtigkeit an erster Stelle und Design an letzter Stelle genannt wird, lässt auf eine rational-funktionelle Einstellung gegenüber der Therapie schließen. Therapiequalität und Minimierung von Nebenwirkungen sind in der Tat entscheidend von der Dichtigkeit der Maske abhängig. Der organisatorische und edukative Aufwand sowie der Zeitraum zur Lösung dieses Problems sind vergleichbar mit der richtigen medikamentösen Einstellung eines Asthmatikers. Eine enge, langfristige Zusammenarbeit zwischen Therapeut und Patient ist daher unabdingbar.
Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt, dass die therapeutische Strategie einer permanenten Weiterentwicklung unterliegt. Die nasale Überdruckbeatmung des spontan atmenden Patienten während des
Schlafs hat seit ihrer Erstanwendung durch Sullivan (1981) in nur 2 Jahrzehnten als nichtinvasive, gut tolerierte Langzeitbehandlungsmethode weitreichende Verbreitung in der Schlafmedizin gefunden und darüber hinaus verschiedene Bereiche der kontrollierten
Heimbeatmung sowie die Entwöhnung von der Intensivbeatmung ergänzen und sogar teilweise ersetzen können. Dabei wurden anfangs nur konstante Druckwerte (
CPAP) appliziert. Es zeigte sich sehr schnell, dass differenzierte, der
Atmung besser angepasste Druckmuster notwendig waren für Patienten, die kardiovaskuläre Probleme bekamen oder die hohe Druckwerte nicht tolerierten, da sie unter Nebenwirkungen wie Leckagen oder Druckstellen durch die
Maske litten. So wurde „CPAP“ kurze Zeit später durch die Bi-Level-Überdrucktherapie („Bi-Level-PAP“) ergänzt.
Die zeit- und personalintensive
Titration auf den optimalen Druckwert erforderte automatisierte Verfahren durch Automatic Positive Airway Pressure („Automatisches CPAP“). Darüber hinaus führte der Wunsch, möglichst niedrige, auf den Bedarf bezogene Druckpegel zu applizieren, zu selbstanpassenden Geräten, die nur so viel Beatmungsdruck wie aktuell nötig aufbringen. Ihre Funktion setzt fortlaufende Messungen von Atemkenngrößen und einen ausgeklügelten Algorithmus für fortlaufende Druck- und Flussgegenregulation voraus. Dies ermöglicht aber gleichzeitig die kontinuierliche, differenzierte Verfolgung der Therapietreue (
Compliance, Adhärenz), wobei Nebenwirkungen und die Gründe für Unverträglichkeiten aufgespürt werden müssen und über Verlaufskontrolluntersuchungen zu beseitigen sind.
Die Wirksamkeit von Methoden und Verfahren bei Einführung oder Verbesserung im
Qualitätsmanagement ist von zahlreichen Faktoren abhängig. Die Situation der letzten Jahre ist geprägt von massiven unterschiedlichen, aber zeitgleichen Änderungen im Gesundheitswesen – auch in der Versorgung von
Schlafbezogenen Atmungsstörungen: Einführung des Qualifikationsnachweises und Vergabe der Zusatzbezeichnung „Schlafmediziner“ durch die regionalen Ärztekammern, Diagnose, Therapie und Verlaufskontrolle vollständig als kassenärztliche Leistung möglich, Vertragsabschlüsse zur Integrierten Versorgung (siehe „Integrierte Versorgung“), insbesondere wenn Gerätehersteller-getragene Service-Center eingebunden sind, oder die Einführung von DRGs (Diagnose Related Groups). Außerdem soll der Prozessablauf hinsichtlich Intervall, Umfang und Versorgungsebene der Kontrolluntersuchung sich – wie gesetzlich vorgeschrieben – fortlaufend weiterentwickeln.
Welches Verfahren unter gesundheitsökonomischen, versorgungstechnischen und sozialmedizinischen Gesichtspunkten mit welchen Leistungen das beste Ergebnis liefert, ist wegen seine Komplexität nicht untersucht.
Ein optimierter Ablauf kann nur über prospektive Untersuchungen zum
Qualitätsmanagement und der sich etablierenden Versorgungsforschung evaluiert werden.
Bei den nichtapparativen Verfahren steht „Kognitive Verhaltenstherapie“ im Vordergrund (ca. 50 %), gefolgt von Lagetherapie, Gewichtsreduktion, Protrusionsschienen („Oral Appliances“) und Maßnahmen der „Schlafhygiene“, die in weitaus geringerem Maße Gegenstand von Verlaufskontrollen sind. Gut kontrolliert und dokumentiert werden müssen operative Therapieverfahren („Kiefer- und gesichtschirurgische Verfahren zur Therapie der Obstruktiven Schlafapnoe“; „HNO-ärztliche Verfahren zur operativen Therapie der Obstruktiven Schlafapnoe“; Schrittmacher-Implantationen: „Stimulation des Nervus hypoglossus“).
Abschließend ist hervorzuheben, dass es sich bei den
Schlafbezogenen Atmungsstörungen um eine chronische Erkrankung handelt. Daher sind Versorgungsstrategien mit hoher Kontrolldichte erforderlich. Zusätzlich zum gestuften Diagnose- und Therapieprozess sind daher die Einführung von Präventionsprogrammen und die Durchführung von Schulungsmaßnahmen mit regelmäßigen Erfolgskontrollen wünschenswert.