Zum Inhalt
Enzyklopädie der Schlafmedizin
Info
Publiziert am: 08.02.2024 Bitte beachten Sie v.a. beim therapeutischen Vorgehen das Erscheinungsdatum des Beitrags.

Schlaflähmung

Verfasst von: Peter Young und Geert Mayer
Schlaflähmungen beinhalten keine Gesundheitsgefährdung. Sie können ihre äußerst beunruhigende Wirkung verlieren, wenn die Betroffenen über die Erkrankung informiert sind. Eine pharmakologische Therapie kann beim Auftreten von Schlaflähmungen sinnvoll sein. Es muss eine Narkolepsie diagnostisch erwogen und ausgeschlossen werden.

Synonyme

Hypnagoge und hypnopompe Schlaflähmung; Isolierte Schlaflähmung; Schlafparalyse

Englischer Begriff

sleep paralysis

Definition

Schlaflähmungen sind dadurch gekennzeichnet, dass die Betroffenen sich beim Einschlafen (hypnagoge Schlaflähmung) oder Aufwachen (hypnopompe Schlaflähmung) nicht willkürlich bewegen können und auch nicht sprechen können. Eine Bewusstseinseinschränkung liegt währenddessen nicht vor. Es werden 3 Formen unterschieden, die sich jedoch klinisch nicht unterscheiden: isolierte Schlaflähmung, familiäre Schlaflähmung und Schlaflähmung bei anderen Erkrankungen.
Die Rezidivierende isolierte Schlaflähmung zählt zu den REM-Schlaf-assoziierten „Parasomnien“ („ICSD-3“). Das Stellen der Diagnose setzt voraus, dass die Störung monosymptomatisch und nicht im Rahmen einer „Narkolepsie“ oder einer anderen Erkrankung auftritt.

Genetik

Bei monozygoten Zwillingen konnte eine erhöhte Konkordanz für isolierte Schlaflähmungen und eine Assoziation zum Gen Period2 gefunden werden (Denis et al. 2015).

Epidemiologie

Schlaflähmungen treten zu 7,6 % bei Gesunden auf. Sie werden dann als Isolierte Schlaflähmungen bezeichnet. Die Lebenszeitprävalenz bei Studenten beträgt 28,3 % und bei Patienten mit psychiatrischer Erkrankung 31,9 %. Frauen sind etwas häufiger betroffen. Gehäuftes Auftreten von Schlaflähmungen bei der Narkolepsie wurde beschrieben.

Pathophysiologie

Um die Muskelparalyse zu verifizieren, können „Polysomnographie und Hypnogramm“ REM-Schlaf zeigen, aber auch dissoziierte Zustände mit Intrusion von Alphaaktivität in den REM-Schlaf oder Persistenz von REM-Schlaf beim Erwachen. Der Multiple Schlaflatenztest (MSLT) stellt kein diagnostisches Verfahren für die polysomnographische Diagnostik dar, da dieser bei Patienten mit isolierter Schlaflähmung nicht häufiger Sleep-Onset-REM (SOREM) aufweist. Umstände, die zu einem REM-Rebound führen, können bei gesunden Individuen Schlaflähmungen verursachen, beispielsweise Tagschlaf oder Alkoholkonsum. Häufig treten Schlaflähmungen aus Rückenlage heraus auf.
Bei Narkolepsiepatienten ist die Schlaflähmung mit dem REM-Schlaf assoziiert, ebenso bei manchen organischen Erkrankungen. Wegen einer fehlenden HLA-DR2-Assoziation und fehlenden SOREM-Perioden werden Schlaflähmungen als eigenständige Krankheitsentität gegenüber der Narkolepsie angesehen.

Symptomatik

Schlaflähmungen werden beim Einschlafen oder Erwachen erlebt. Die Betroffenen sind bei Bewusstsein. Sie können Rumpf und Extremitäten nicht bewegen, und sie können nicht sprechen. Nur Augen-, Ohr- und Atmungsmuskulatur sind nicht betroffen. Häufig wird über begleitende Missempfindungen wie Bedrücktheit, Druck im Brustkorb und anderen Körperbereichen berichtet, manchmal auch von dem Gefühl, einer Gefahr entrinnen zu müssen. Die Episoden dauern meist nur wenige Sekunden bis Minuten und enden spontan, auch durch Berührung oder durch Geräusche. Akustische und taktile Halluzinationen sind oft gleichzeitig vorhanden. Die Betroffenen sind durch die Erlebnisse stark beunruhigt.

Diagnostik

Die Diagnosestellung erfolgt anhand der Anamnese. Die Polysomnographie kann helfen, die Schlaflähmung zu verifizieren. Eine weitergehende Diagnostik ist angezeigt, wenn der Verdacht auf Narkolepsie besteht.
Differentialdiagnostisch sind Schlaflähmungen abzugrenzen von fokalen atonischen epileptischen Anfällen, Kompressionsneuropathien, atonischen Anfällen, Panikattacken, Konversionssymptomen, von der wiederkehrenden familiären periodischen Lähmung und von hypokaliämischen Lähmungen.

Prävention

Den Betroffenen wird empfohlen, ihnen bekannte Auslöser für Schlaflähmungen zu vermeiden, beispielsweise das Einschlafen in Rückenlage.

Therapie

Eine Therapie ist bei hohem Leidensdruck indiziert. Bei Narkolepsiepatienten werden Schlaflähmungen durch die antikataplektische Therapie (Imipramin und Natriumoxybat) supprimiert. Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) zeigten einen Effekt.

Zusammenfassung

Schlaflähmungen beinhalten keine Gesundheitsgefährdung. Sie können ihre äußerst beunruhigende Wirkung verlieren, wenn die Betroffenen über die Erkrankung informiert sind. Eine pharmakologische Therapie kann beim Auftreten von Schlaflähmungen sinnvoll sein. Es muss eine Narkolepsie diagnostisch erwogen und ausgeschlossen werden.
Literatur
Buzzi G, Cirignotta F (2000) Isolated sleep paralysis: a web survey. Sleep Res Online 3:61–66PubMed
Liskova M, Janeckova D, Kluzova Kracmarova L et al (2016) The occurrence and predictive factors of sleep paralysis in university students. Neuropsychiatr Dis Treat 12:2957–2962CrossRefPubMedPubMedCentral
Pizza F, Moghadam KK, Franceschini C et al (2010) Rhythmic movements and sleep paralysis in narcolepsy with cataplexy: a video-polygraphic study. Sleep Med 11:423–425CrossRefPubMed
Sharpless BA (2016) A clinician’s guide to recurrent isolated sleep paralysis. Neuropsychiatr Dis Treat 12:1761–1767CrossRefPubMedPubMedCentral
Terzaghi M, Ratti PL, Manni F et al (2012) Sleep paralysis in narcolepsy: more than just a motor dissociative phenomenon? Neurol Sci 33:169–172CrossRefPubMed