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Enzyklopädie der Schlafmedizin
Info
Publiziert am: 09.03.2020

Thioridazin

Verfasst von: Sebastian Herberger und Michael H. Wiegand
Neben der Indikation als Antipsychotikum wird Thioridazin wegen seiner sedierenden Eigenschaften bei Ein- und Durchschlafstörungen eingesetzt bei schizophrener oder manischer Grunderkrankung, bei Patienten mit Demenz oder anderen organischen Hirnfunktionsstörungen mit nächtlichen Verhaltensauffälligkeiten wie Verwirrtheit und Agitation oder wenn weder Benzodiazepinrezeptoragonisten noch sedierende Antidepressiva indiziert sind.

Substanzklasse

Trizyklisches Antipsychotikum; Phenothiazin mit Piperidylseitenkette.

Englischer Begriff

thioridazine

Gebräuchliche Handelsnamen

Melleril

Indikation

Neben der Indikation als Antipsychotikum wird Thioridazin wegen seiner sedierenden Eigenschaften eingesetzt bei Ein- und Durchschlafstörungen in folgenden Fällen:
1.
bei schizophrener oder manischer Grunderkrankung;
 
2.
bei Patienten mit Demenz oder anderen organischen Hirnfunktionsstörungen mit nächtlichen Verhaltensauffälligkeiten wie Verwirrtheit und Agitation;
 
3.
wenn weder Benzodiazepinrezeptoragonisten noch sedierende Antidepressiva indiziert sind.
 

Wirkungsweise

Ausgeprägte Blockade von D2- und α1-Rezeptoren, ferner Blockade von D1-, 5-HT2-, H1- und muskarinergen Acetylcholinrezeptoren.
Zu Hauptwirkungen und allgemeinen Charakteristika von Neuroleptika bei der Behandlung von Insomnie siehe „Neuroleptika“.

Dosierung

Zur Schlafinduktion: 15–75 mg.

Darreichungsform

Tabletten.

Nebenwirkungen

Unter anderem: hohes kardiotoxisches Risiko durch QT-Zeit-Verlängerung (Torsades de pointes, plötzlicher Herztod), deshalb häufige EKG-Kontrollen erforderlich; vegetative, überwiegend anticholinerge und adrenolytische Nebenwirkungen; Hypotonie und orthostatische Dysregulation; extrapyramidal motorische Nebenwirkungen einschließlich irreversibler Spätdyskinesien; Störungen des hämatopoetischen Systems, allergische Reaktionen, Erhöhung der zerebralen Erregbarkeit, endokrine Begleitwirkungen, sexuelle Funktionsstörungen.

Wechselwirkungen

Antiarrhythmika vom Chinidintyp: verlängerte Überleitungszeiten im EKG; Anticholinergika: Steigerung der anticholinergen Effekte; Antihypertensiva: Verstärkung der antihypertensiven Wirkung; MAO-Hemmer: vermehrte unerwünschte Wirkungen wie Agitation, Verwirrtheit und Halluzinationen; selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer (SSRI), vor allem CYP-2D6-Inhibitoren: vermehrte Nebenwirkungen durch Plasmaspiegelerhöhung und andere.

Kontraindikationen

Absolut: akute Intoxikation mit psychotropen Substanzen, kardiale Vorschädigung.
Relativ: Leber- und Nierenschäden, Prostatahyperplasie, orthostatische Dysregulation, Engwinkelglaukom und andere.

Resorption, Distribution, Elimination

t½ = 10 h.

Verträglichkeit

Dosisabhängig und interindividuell variabel.

Bewertung

Erhebliche arrhytmogene Wirkung und kardiotoxisches Risiko; angesichts einer Vielzahl von Alternativen erscheint die Nutzen-Risiko-Relation ungünstig.
Bewertungen beziehen sich an dieser Stelle ausschließlich auf die Nutzen-Risiko-Relation innerhalb der Gruppe der Neuroleptika. Zu den Vor- oder Nachteilen des Einsatzes von Neuroleptika bei Insomnie gegenüber dem Einsatz von Benzodiazepinrezeptoragonisten siehe „Neuroleptika“.
Literatur
Benkert O, Hippius H (2014) Kompendium der psychiatrischen Pharmakotherapie. Springer Medizin, Heidelberg
Riederer P, Laux G, Pöldinger W (Hrsg) (1998) Neuro-Psychopharmaka. Ein Therapie-Handbuch. Band 4: Neuroleptika. Springer, Wien/New York
Rote Liste (2022) Rote Liste Service GmbH, Frankfurt/Main
Walsh JK, Roehrs T, Roth T (2005) Pharmacologic treatment of primary insomnia. In: Kryger MH, Roth T, Dement WC (Hrsg) Principles and practice of sleep medicine. Elsevier Saunders, Philadelphia, S 749–760CrossRef