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Kinderchirurgie
Info
Publiziert am: 22.08.2018

Prune-Belly-Syndrom

Verfasst von: Thomas M. Boemers
Bauchwanddefekte zählen zu den typischen kinderchirurgischen Krankheitsbildern, die bereits sehr früh pränatal diagnostiziert werden können. Die häufigsten Bauchwanddefekte sind die Gastroschisis und die Omphalozele. Daneben gibt es die ekstrophischen Bauchwanddefekte, die klassische Blasenekstrophie und die Kloakenekstrophie sowie das sehr seltene Prune-Belly-Syndrom, bei dem die Bauchwandmuskulatur nahezu komplett fehlt.
Bauchwanddefekte zählen zu den typischen kinderchirurgischen Krankheitsbildern, die bereits sehr früh pränatal diagnostiziert werden können. Die häufigsten Bauchwanddefekte sind die Gastroschisis und die Omphalozele. Daneben gibt es die ekstrophischen Bauchwanddefekte, die klassische Blasenekstrophie und die Kloakenekstrophie sowie das sehr seltene Prune-Belly-Syndrom, bei dem die Bauchwandmuskulatur nahezu komplett fehlt.

Definition

Das Prune-Belly-Syndrom (PBS) wurde erstmalig 1839 durch den deutschen Arzt Frölich beschrieben und ist gekennzeichnet durch die Kombination folgender Fehlbildungen:
  • Aplasie der Bauchmuskulatur,
  • beidseitiger Kryptorchismus,
  • Obstruktion der ableitenden Harnwege mit ausgesprochener Dilatation der Ureteren und der Harnblase.
In der Regel sind beide Ureteren massiv im Sinne von Megaureteren erweitert und geschlängelt. Die Blase ist oft so stark vergrößert, dass sie gemeinsam mit den Harnleitern das gesamte Abdomen ausfüllt. Neben den oben genannten Fehlbildungen liegt bei männlichen Patienten immer eine Prostatahypoplasie vor. In Kombination mit dem beidseitigen Kryptorchismus führt dies regelhaft zu einer Infertilität des Patienten.
Es kommen unterschiedlichste Ausprägungsgrade des PBS vor, insbesondere in Bezug auf die Aplasie der Bauchwandmuskulatur. Leichteren Formen werden auch als „pseudo prune belly“ bezeichnet.

Inzidenz

Die Prävalenz des PBS beträgt 1:40.000 Neugeborene. Über 95 % der Patienten sind männlich. Bei den wenigen weiblichen Patienten mit PBS liegt überwiegend eine Kloakenpersistenz mit obstruktivem Kloakengang und dadurch bedingter infravesikaler Obstruktion vor. Ein Prune-Belly-Syndrom wird fast immer pränatal durch eine sonografische Untersuchung diagnostiziert und unter dem Akronym LUTO (lower urinary tract obstruction) subsumiert.

Ätiologie

Die Ursache des PBS ist unbekannt. Diskutiert werden unterschiedliche Entstehungsmechanismen. Eine Theorie besagt, dass die enorme Dilatation der ableitenden Harnwege die Ausbildung der Bauchmuskulatur verhindert. Die zweite Theorie zielt auf einen primären Defekt des Mesoderms ab, wodurch es zu einer Entwicklungsstörung der Bauchwandmuskulatur kommt. Diese Theorie kann auch die Tatsache erklären, dass die Dilatation der ableitenden Harnwege nicht immer auf einer Obstruktion beruht, da die Erweiterung des Harntrakts beim PBS nicht in jedem Fall durch eine Abflussstörung bedingt ist (Wheatley et al. 1996). Allerdings werden häufig auch signifikante Obstruktionen der Harnröhre bis hin zur partiellen oder kompletten Urethralaplasie gesehen.

Therapie

Auf die urologische Problematik dieser Patienten soll an dieser Stelle nicht eingegangen werden. Eine operative Behandlung des erweiterten Harntrakts durch rekonstruktive chirurgische Verfahren ist bei den meisten Patienten mit PBS nicht erforderlich. Bei Vorliegen einer infravesikalen Abflussstörung sollte zunächst nur ein operatives Vesikostoma angelegt werden. Der Bauchwanddefekt bedarf im Säuglings- und Kleinkindesalter keiner Therapie. Eine Bauchwandplastik mit Resektion eines Teils der Bauchwand, Fasziendopplung und Straffung derselben sollte erst ab dem Vorschulalter erfolgen. Die Prognose im Neugeborenenalter hängt vom Grad einer evtl. vorliegenden Lungenhypoplasie ab, da bei einem Teil der Patienten aufgrund eines Oligohydramnions die Lungenentwicklung verzögert ist. Danach ist das Auftreten einer Niereninsuffizienz für den weiteren Krankheitsverlauf des PBS entscheidend.
Literatur
Wheatley JM, Stephens FD, Hutson JM (1996) Prune-belly syndrome: ongoing controversies regarding pathogenesis and management. Semin Pediatr Surg 5:95–106PubMed