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Klinische Angiologie
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Publiziert am: 29.04.2023

Allgemeine Begriffe und Definitionen zur Rehabilitation

Verfasst von: Gesine Dörr, Michael Marx, Reimund Prokein, Wolfram Oettler, Raik Severin, Robert Nechwatal und Karin Meng
Die Sozialmedizin beschreibt und analysiert die vielfältigen Wechselwirkungen zwischen Gesundheit und Krankheit, ihren Risiken und protektiven Faktoren einerseits und gesellschaftlichen Tatbeständen andererseits unter ätiologischer, präventiver, rehabilitativer, gutachterlicher, versorgungsrechtlicher und wirtschaftlicher Perspektive (Diehl et al. 2011 Kursbuch Sozialmedizin – Lehrbuch zum Curriculum der Bundesärztekammer. Deutscher Ärzteverlag, Köln).
Im folgenden Kapitel werden die Grundbegriffe der Sozialmedizin erläutert, die im Rahmen der Rehabilitation von angiologischen Patienten von Bedeutung sind und der sozialmedizinischen beruflichen Beurteilung des Leistungsvermögens von Patienten dienen. Dieses Kapitel erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, diesbezüglich wird auf das „Sozialmedizinische Glossar der Deutschen Rentenversicherung“ verwiesen (DRV 2013).

Basisbegriffe

Bio-psycho-soziales Modell

  • Modell zur Darstellung der wechselseitigen Beziehungen zwischen Krankheit und Behinderung und ihren Folgen
  • Gesundheit und Krankheit/Behinderung werden als Ergebnis eines Zusammenspiels und/oder gegenseitiger Beeinflussung körperlicher, psychischer und sozialer Faktoren gesehen

ICF – Abkürzung für Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit (International Classification of Functioning, Disability and Health)

  • Klassifikation, mit deren Hilfe ein Zustand der funktionalen Gesundheit eines Menschen vor dem Hintergrund möglicher Barrieren (Beeinträchtigung der Leistung oder Teilhabe) und Förderfaktoren (Wiederherstellung der Leistung oder Teilhabe trotz erheblicher gesundheitlicher Beeinträchtigungen) standardisiert dokumentiert werden kann

Begriffe und Definitionen zur Beurteilung der erwerbsbezogenen Leistungsfähigkeit

Adaptation

  • Physiologische Anpassung (Adaptation) an das Defizit bei länger andauernden Behinderungen oder Funktionseinschränkungen oder auch: Kompensation der verloren gegangenen Funktionen
  • Kein Defektzustand (z. B. nach Amputation), sondern eine verbliebene Gebrauchsfähigkeit
  • Durch Adaptation und Kompensation kann u. U. eine nahezu normale Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben gegeben sein.

Kompensation

  • Kompensation bedeutet Ausgleich
  • Begriff wird in der Sozialmedizin für den Ausgleich einer mangelhaften Organfunktion durch Mobilisierung eigener funktioneller Reserven, durch Training oder durch Förderfaktoren, wie z. B. Hilfsmittel und Medikamente, verwendet.

Kontextfaktoren

Personenbezogene Faktoren:
  • Faktoren, die sich auf die betrachtete Person selbst beziehen
  • Sie umfassen Gegebenheiten, die nicht direkter Bestandteil des Gesundheitsproblems oder Gesundheitszustandes sind.
Umweltfaktoren:
  • Materielle, soziale und einstellungsbezogene Umwelt, in der Menschen leben und ihr Leben gestalten
Kontextfaktoren können prinzipiell positiven (→ Förderfaktoren) oder negativen (→ Barrieren) Einfluss haben. In der sozialmedizinischen Begutachtung ist zu prüfen, welche Kontextfaktoren welchen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben haben.

Leistungsbeurteilung

Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben:
  • zeigt an, inwieweit ein Mensch in der Lage ist, auf eine Belastung adäquat zu reagieren, abhängig z. B. vom Trainingszustand
  • Bedeutet die krankheits- oder behinderungsbedingte zumutbare Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben, bei der z. B. auch krankheitsbedingte Gefährdungs- und Belastungsfaktoren im Arbeitsalltag entsprechend zu berücksichtigen sind

Leistungsvermögen im Erwerbsleben

Das Leistungsvermögen im Erwerbsleben kann in qualitativer und quantitativer Hinsicht beurteilt werden.
Qualitatives Leistungsvermögen:
  • positives qualitatives Leistungsvermögen:
    • Fähigkeiten, die im Hinblick auf körperliche Arbeitsschwere, Arbeitshaltung und Arbeitsorganisation noch körperlich zumutbar sind
  • negatives qualitatives Leistungsvermögen:
    • Fähigkeiten, die krankheitsbedingt oder behinderungsbedingt nicht mehr bestehen bzw. wegen der Gefahr einer gesundheitlichen Verschlimmerung nicht mehr nutzbar sind
Quantitatives Leistungsvermögen:
  • Gibt den zeitlichen Umfang an, in dem eine Erwerbstätigkeit unter den festgestellten Bedingungen des qualitativen Leistungsvermögens arbeitstäglich ausgeübt werden kann, d. h. zumutbar ist.
  • Für die Prüfung eines Anspruchs auf Rente wegen Erwerbsminderung wird bei dem quantitativen Leistungsvermögen die Angabe aus den drei möglichen Kategorien „6 Stunden und mehr, 3 bis unter 6 Stunden, unter 3 Stunden“ arbeitstäglich benötigt.

Tätigkeitsbezogenes Anforderungsprofil

  • Beschreibt die (strukturierte) Gesamtheit aller qualitativen und quantitativen Merkmale, die zur Ausübung einer genau definierten beruflichen Tätigkeit erforderlich sind
  • Ergebnis einer Anforderungs- bzw. Arbeitsplatzanalyse, bei deren Erstellung u. U. arbeitswissenschaftliche Verfahren eingesetzt werden

Arbeitsorganisation

  • Merkmale wie taktgebundene Arbeit, Schichtarbeit und Arbeitspausen, die bei der sozialmedizinischen Beurteilung des Leistungsvermögens im Erwerbsleben bedeutsam sein können

Arbeitsschwere, körperliche

  • Bedeutet die körperliche Belastung bei der Ausübung einer Tätigkeit
  • Unterschieden werden nach der REFA Klassifizierung
    • leichte (Dauerbelastbarkeit bis 50 W)
    • mittelschwere (Dauerbelastbarkeit 50–75 W)
    • schwere Arbeit (Dauerbelastbarkeit 75–100 W)
    • schwerste Arbeit (Dauerbelastbarkeit ab 100 W)
Arbeitsschwere in sozialmedizinischen Gutachten:
  • Leichte Arbeit
    • Tätigkeiten wie Handhaben leichter Werkstücke und Handwerkszeuge, Tragen von weniger als 10 kg, Bedienen leichtgehender Steuerhebel o. ä. und lang andauerndes Stehen oder ständiges Umhergehen (bei Dauerbelastung)
  • Leichte bis mittelschwere Arbeit
    • Hier ist der Anteil mittelschwerer Arbeit auf höchstens 50 % beschränkt.
  • Mittelschwere Arbeit
    • Tätigkeiten wie Handhaben von 1–3 kg schwergehenden Steuereinrichtungen, unbelastetes Begehen von Treppen und Leitern (bei Dauerbelastung), Heben und Tragen mittelschwerer Lasten in der Ebene von 10 bis 15 kg oder Hantierungen, die den gleichen Kraftaufwand erfordern
  • Schwere Arbeit
    • Tätigkeiten wie Tragen bis 40 kg schwerer Lasten in der Ebene oder Steigen unter mittleren Lasten und Handhaben von Werkzeugen von über 3 kg Gewicht, auch von Kraftwerkzeugen mit Rückstoßwirkung, Schaufeln und Hacken.
Belastende Körperhaltungen wie Haltearbeit, Zwangshaltungen erhöhen die Arbeitsschwere um eine Stufe.

Arbeitszeitumfang

  • „Gelegentlich“ umfasst einen Zeitumfang von bis zu 5 % der Arbeitszeit
  • „Häufig“/„überwiegend“ umfasst einen Zeitumfang von 51 % bis 90 % der Arbeitszeit
  • „Ständig“ umfasst einen Zeitumfang von mehr als 90 % der Arbeitszeit

Heben und Tragen von Lasten

  • Bewegen von Lasten in vertikaler (Heben und Senken) und horizontaler (Tragen) Richtung ohne technische Hilfsmittel
  • unterschieden wird zwischen leicht, leicht bis mittelschwer, mittelschwer und schwerer Belastung
  • Körperhaltung und Händigkeit sind einzuschätzen

Körperhaltungen, wechselnde

  • Wechsel der typischen Körperhaltungen (Sitzen, Gehen, Stehen) bei der Arbeit
  • Das Erfordernis wechselnder Körperhaltungen während der Arbeit aus medizinischen Gründen ist in der Beurteilung nachvollziehbar darzustellen, ebenso die Art und Weise des Wechsels.

Unfall- und Verletzungsgefahr

  • Bei bestimmten Tätigkeiten, z. B. mit Starkstrom, im Straßenverkehr, mit Absturzgefahr auf Leitern und Gerüsten
  • Einschränkung des Vermögens zur Verrichtung dieser Tätigkeiten bei einzelnen Erkrankungen (z. B. bei Epilepsie) und Behandlungen (z. B. mit gerinnungshemmenden Substanzen)
  • Darstellung und Bewertung dieses Sachverhaltes bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben

Vibrationen

  • Periodische, in der Regel mittel- bis höherfrequente und niederamplitudige mechanische Schwingungen von Stoffen und Körpern
  • je nach Haltungsart über Knie, Füße, Hände, Gesäß und Rücken übertragbar
  • Bei andauernder Einwirkung können diese zu Stauchungen, Segmentverschiebungen der Wirbelsäule und peripheren Durchblutungsstörungen führen.
  • Bei vibrationsbedingten Durchblutungsstörungen an den Händen kommt eine Berufskrankheit in Betracht.

Wegefähigkeit

  • bedeutet das Vermögen eines Versicherten, eine Arbeitsstelle aufzusuchen
  • Maßgebend ist, ob der Versicherte einen Arbeitsplatz, z. B. auch unter Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel, erreichen kann.
  • Nach der gefestigten Rechtsprechung des BSG ist dabei maßgebend, ob – ggf. auch unter Verwendung von Hilfsmitteln (z. B. Gehhilfen) – eine Wegstrecke von viermal mehr als 500 m pro Tag in einer zumutbaren Zeit (jeweils weniger als 20 Minuten) zurückgelegt werden kann.
  • Ist ein gehbehinderter Versicherter hierzu nicht mehr in der Lage, so liegt – obwohl sein Leistungsvermögen quantitativ noch eine Erwerbstätigkeit von mind. 6 Std. zulassen würde – volle Erwerbsminderung vor.
  • Verfügt der Versicherte über ein eigenes Kfz, über eine gültige Fahrerlaubnis und die Fähigkeit zum Führen eines Kfz, so ist davon auszugehen, dass er einen möglichen Arbeitsplatz erreichen kann, selbst wenn ihm die geforderte Wegstrecke von viermal mehr als 500 m nicht zumutbar ist.
Der sozialmedizinische Gutachter muss im Einzelfall konkrete Aussagen zur krankheitsbedingten Einschränkung der Gehfähigkeit, ggf. zur Möglichkeit der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel und zur Möglichkeit der Benutzung eines Kfz machen. Von Bedeutung ist außerdem, ob der Versicherte im Besitz einer Fahrerlaubnis ist und ob er über ein Kraftfahrzeug verfügt.

Sozialmedizinische Bezugsgrößen für die Leistungsbeurteilung

Erwerbsfähigkeit

  • Fähigkeit eines Versicherten, sich unter Ausnutzung der Arbeitsgelegenheiten, die sich ihm nach seinen Kenntnissen und körperlichen und geistigen Fähigkeiten im ganzen Bereich des wirtschaftlichen Lebens bieten, ein regelmäßiges Erwerbseinkommen zu erzielen (hierzu zählt nicht der sog. besondere Arbeitsmarkt, z. B. WfbM).
  • Im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung (SGB VI) ist dies die physische und psychische Leistungsfähigkeit, eine Erwerbstätigkeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes (s. u.) in gewisser Regelmäßigkeit ausüben zu können.
  • Nach § 8 SGB II – Grundsicherung für Arbeitsuchende – ist erwerbsfähig, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Allgemeiner Arbeitsmarkt

  • ist in der gesetzlichen Rentenversicherung Maßstab für die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit eines Versicherten
  • umfasst jede nur denkbare Erwerbstätigkeit außerhalb einer beschützenden Einrichtung, für die auf dem Arbeitsmarkt (in einer Vielzahl von Teilarbeitsmärkten) Angebot und Nachfrage bestehen
  • betrifft solche Tätigkeiten, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt üblich sind

„Letzte“ berufliche Tätigkeit

  • Ist die berufliche Tätigkeit, die vor Eintritt der Erwerbsminderung zuletzt verrichtet worden ist oder zum Begutachtungszeitpunkt tatsächlich noch ausgeübt wird, auch wenn zurzeit keine Erwerbstätigkeit besteht. Arbeitsbeschaffungsmaβnahmen sind davon ausgeschlossen.

Erwerbsminderung

  • In der gesetzlichen Rentenversicherung (SGB VI) ist Erwerbsminderung eine rentenrechtlich relevante Einschränkung der Erwerbsfähigkeit im Sinne des ab 01.01.2001 geltenden § 43 SGB VI.
    • Teilweise erwerbsgemindert: Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
    • Voll erwerbsgemindert: Versicherte, die im gleichen Sinn nicht mehr als 3 Stunden täglich erwerbstätig sein können.

Erwerbsminderung auf nicht absehbare Zeit

  • ist grundsätzlich erst dann rentenrechtlich relevant, wenn sie „auf nicht absehbare Zeit“ vorliegt (§ 43 SGB VI)
  • umfasst nach auf § 101 SGB VI einen Zeitraum von mindestens 6 Kalendermonaten (Rechtsprechung des Bundessozialgerichts).
  • Es erfolgt keine Rentenbewilligung vor Beginn des siebten Kalendermonats nach Eintritt der Erwerbsminderung.

Anspruch auf Erwerbsminderungsrente

Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 1 SGB VI)
  • wird bewilligt, wenn ein Versicherter aus gesundheitlichen Gründen auf nicht absehbare Zeit (d. h. mehr als 6 Monate) nur ein Leistungsvermögen von 3–6 h hat und wenn Leistungen zur Teilhabe nicht erfolgversprechend sind.
  • stellt keinen vollen Lohnersatz dar, weil der Versicherte mit dem verbliebenen Restleistungsvermögen grundsätzlich noch das zur Ergänzung der Rente notwendige Einkommen erarbeiten kann.
  • ist nur halb so hoch wie eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.
  • Gelingt es dem teilweise Erwerbsgeminderten nicht, einen seinem Restleistungsvermögen entsprechenden (Teilzeit-) Arbeitsplatz zu erlangen, bzw. ist der Teilzeitarbeitsmarkt für ihn verschlossen, erhält er eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Rente wegen voller Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 2 SGB VI)
  • wird bewilligt, wenn ein Versicherter aus gesundheitlichen Gründen auf nicht absehbare Zeit nur noch weniger als drei Stunden pro Tag (innerhalb einer Fünftagewoche) erwerbstätig sein kann.

Begriffe und Definitionen zur Aufrechterhaltung der Teilhabe

Mitwirkung

  • Ein Antragsteller auf eine Sozialleistung bzw. bei bewilligter Sozialhilfe muss sich aktiv bei der Klärung des Sachverhalts beteiligen, wenn im Verwaltungsverfahren die Leistungsvoraussetzungen zu prüfen sind.
  • Ein Antragsteller einer Sozialleistung bzw. bei bewilligter Sozialhilfe muss sich ärztlichen und psychologischen Untersuchungsmaßnahmen unterziehen, soweit diese für die Entscheidung über die Leistung erforderlich sind; sie müssen außerdem zumutbar sein (§ 62 SGB X.)

Erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit

  • liegt vor, wenn nach ärztlicher Feststellung durch die gesundheitlichen Beeinträchtigungen und die damit verbundenen Funktionseinschränkungen ohne die Leistungen zur Teilhabe innerhalb von 3 Jahren mit einer Minderung der Leistungsfähigkeit zu rechnen ist.

Leistungen zur Teilhabe

Der Begriff „Leistungen zur Teilhabe“ ist durch das zum 01.07.2001 in Kraft getretene SGB IX – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen – eingeführt worden und ersetzt den Begriff „Leistungen zur Rehabilitation“.
Leistungen zur Teilhabe sind nach der Zielsetzung des § 4 Abs. 1 SGB IX die notwendigen Sozialleistungen, um
  • die Behinderung abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern oder ihre Folgen zu mildern,
  • Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit oder Pflegebedürftigkeit zu vermeiden,
  • die Teilhabe am Arbeitsleben entsprechend den Neigungen und Fähigkeiten dauerhaft zu sichern oder
  • die persönliche Entwicklung ganzheitlich zu fördern und die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erleichtern.
Leistungen zur Teilhabe können sein (§ 5 SGB IX – Leistungsgruppen):
• Leistungen zur medizinischen Rehabilitation
• Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben
• unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen
• Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft

Leistungen zur medizinischen Rehabilitation

Zur medizinischen Rehabilitation Behinderter und von Behinderung bedrohter Menschen werden die erforderlichen Leistungen erbracht, um Behinderungen einschließlich chronischer Krankheiten abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, eine Verschlimmerung zu verhüten oder Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit und Pflegebedürftigkeit zu vermeiden sowie den vorzeitigen Bezug von laufenden Sozialleistungen zu vermeiden oder laufende Sozialleistungen zu mindern (§ 26 SGB IX).

Anschlussrehabilitation (Synonym Anschlussheilbehandlung)

Dies betrifft die ambulante und/oder stationäre Leistung zur medizinischen Rehabilitation im Anschluss an eine Krankenhausbehandlung. Hierbei entspricht die Indikation derjenigen zur vorangegangenen akutmedizinischen Behandlung im Krankenhaus (Indikationskatalog).

Rehabilitationsbedarf/Rehabilitationsbedürftigkeit (SGB IX)/Rehabilitationsfähigkeit

  • Rehabilitationsbedarf: Wenn bei Vorliegen einer gesundheitlich bedingten drohenden oder bereits manifesten Beeinträchtigung der Teilhabe über die kurative Versorgung hinaus der mehrdimensionale und interdisziplinäre Ansatz der Rehabilitation erforderlich ist, um Beeinträchtigungen der Teilhabe zu vermeiden, zu beseitigen, zu bessern, auszugleichen oder eine Verschlimmerung zu verhüten.
  • Rehabilitationsbedürftigkeit (im Sinne der DRV): Wenn die Erwerbsfähigkeit des Versicherten aus medizinischen Gründen erheblich gefährdet oder gemindert ist (Vorliegen der persönlichen Voraussetzungen, § 10 SGB VI).
  • Rehabilitationsfähigkeit: Somatische und psychische Verfassung des behinderten oder von Behinderung bedrohten Menschen (z. B. Belastbarkeit, Motivation bzw. Motivierbarkeit) für die Teilnahme an einer geeigneten Leistung zur Teilhabe.

Rehabilitationsziele

  • Übergeordnetes Rehabilitationsziel: Förderung der Selbstbestimmung und der gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft für behinderte und von Behinderung bedrohten Menschen (§ 1 SGB IX).
  • Gesetzlich vorgegebene trägerspezifische Rehabilitationsziele richten sich nach den für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Sozialgesetzbüchern
  • Individuelle Rehabilitationsziele: Konkrete Vereinbarungen zwischen Rehabilitand und Rehabilitationsteam (Therapieziele), die sich auf das erwartete bzw. erreichbare Rehabilitationsergebnis unter Berücksichtigung der Konstellation des Einzelfalls beziehen.

Rehabilitationsmotivation

  • Bereitschaft und die Fähigkeit des Rehabilitanden, an einer Leistung zur Teilhabe konstruktiv mitzuwirken.
  • Aspekt im Zusammenhang mit der Beurteilung der Rehabilitationsfähigkeit
Von der Rehabilitationsmotivation werden Rehabilitationsprognose und Rehabilitationserfolg erheblich beeinflusst.

Rehabilitationsprognose

Hierunter versteht man die sozialmedizinisch begründete Wahrscheinlichkeitsaussage für den Erfolg der Leistung zur Teilhabe über die Erreichbarkeit des festgelegten Rehabilitationsziels. Voraussetzung für die Bewilligung und Durchführung einer Leistung zur Rehabilitation ist eine positive Rehabilitationsprognose analog der Rehabilitationsbedürftigkeit und der Rehabilitationsfähigkeit.

Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben

Dies sind Leistungen zur Erhaltung oder zur Erlangung eines Arbeitsplatzes, zur beruflichen Anpassung, Berufsvorbereitung, Fort- und Weiterbildung, Ausbildung und Qualifizierung sowie finanzielle Hilfen.

Arbeitshilfen, technische

  • sind Mittel, welche die Arbeitssicherheit gewährleisten, Arbeiten für behinderte Menschen ermöglichen oder Arbeitsbelastungen verringern sollen (z. B. spezielle Sitze)
  • werden eingesetzt, um einem Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen die Beschäftigung zu ermöglichen, fortzusetzen oder einen neuen Arbeitsplatz einzunehmen
  • Förderung als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben ist möglich.
Literatur
Diehl RG, Gebauer E, Groner A (2011) Kursbuch Sozialmedizin – Lehrbuch zum Curriculum der Bundesärztekammer. Deutscher Ärzteverlag, Köln