Je nach Lokalisation und Ausdehnung der tiefen Beinvenenthrombose entwickeln 20–83 % der Patienten ein postthrombotisches Syndrom (PTS) trotz optimaler Antikoagulation. Das PTS kann dabei als okklusives PTS, refluxives PTS oder als Kombination beider Varianten auftreten. Die unzureichende Rekanalisation der okkludierten Venenstrombahn führt zu einer persistierenden, hämodynamisch relevanten Ausstromobstruktion mit sekundärer Klappeninsuffizienz der Leit- und Stammvenen der betroffenen unteren Extremität. Die klinischen Symptome reichen von der venösen Claudicatio bis hin zur venösen Ulzeration. Die endovaskuläre Therapie von akuten iliofemoralen Thrombosen wird in nationalen und internationalen Leitlinien bei jungen Patienten zur Vermeidung eines postthrombotischen Syndroms empfohlen. Zur Therapie stehen die endovaskuläre lokale Lysetherapie sowie pharmakomechanische oder rein mechanisch durchgeführte Techniken zur Verfügung.
Die Inzidenz der tiefen Venenthrombose (TVT) beträgt in Westeuropa 1/1000 Einwohner pro Jahr (White 2003). Je nach Lokalisation und Ausdehnung der TVT entwickeln 20–83 % der Patienten ein postthrombotisches Syndrom (PTS) trotz optimaler Antikoagulation (White 2003; Akesson et al. 1990). In ca. 40 % der TVT sind die iliofemoralen Venen betroffen (Cogo et al. 1993), deren Rekanalisation mit oraler Antikoagulation in ca. 70 % der Fälle nicht suffizient ist (Plate et al. 1997). Die unzureichende Rekanalisation der Venenstrombahn führt zu einer persistierenden, hämodynamisch relevanten Ausstromobstruktion mit sekundärer Klappeninsuffizienz der Leit- und Stammvenen der betroffenen unteren Extremität. Die klinischen Symptome reichen von der venösen Claudicatio bis hin zur venösen Ulzeration. Durch eine suffiziente Kompressionstherapie, beginnend unmittelbar nach Diagnose, lässt sich mehreren randomisierten Studien zufolge die Rate der relevanten Restthrombuslast um ca. 50 % reduzieren (Amin et al. 2018) Die allgemeine Annahme, eine angepasste und konsequent durchgeführte Kompressionstherapie könne schwere PTS oder Rezidivthrombosen verhindern, wurde in einem Cochrane-Review widerlegt (Appelen et al. 2017). Die vielfach diskutierte SOX-Studie (Kahn et al. 2014) führte zwar dazu, dass die Kompressionstherapie bei einer akuten TVT in den neuesten ACCP-Guidelines (2016) (Kearon et al. 2016) nicht mehr als routinemäßige Behandlungsempfehlung aufgeführt wird, allerdings wurde die Kompression erst 14 Tage nach Diagnose initiiert und weder Tragezeit noch Passgenauigkeit der Kompression wurden valide objektiviert. In der aktuellen deutschen Leitlinie bleibt die Kompression daher fester Bestandteil der Thrombosetherapie (Linnemann et al. 2023). Nichtsdestotrotz scheint es naheliegend, kausale interventionelle Maßnahmen einer Thrombusbeseitigung oder eines chronischen Verschlusses zu etablieren, die einer Klappenschädigung und damit einem PTS entgegenwirken.
Endovaskuläre Therapie der akuten iliofemoralen Thrombose
Neben der zu erwartenden direkten Symptomverbesserung steht gerade bei jüngeren und mobilen Patienten die Verhinderung des postthrombotischen Syndroms im Vordergrund (Abb. 1). Nationale (Linnemann et al. 2023) und internationale Leitlinien (Meissner et al. 2012) empfehlen die Indikation zur endovaskulären Thrombektomie bei diesen Konstellationen zu stellen:
Iliofemorale (deszendierende) Thrombose mit Erstdiagnose < 14 Tage
Geringes periinterventionelles (Blutungs-)Risiko
Mobiler Patient mit zu erwartender deutlicher Einschränkung der Lebensqualität und akzeptabler Lebenserwartung
Die systemische Lysetherapie kann heutzutage als obsolet betrachtet werden. Dagegen kann die lokale Katheter-gesteuerte Applikation des Thrombolytikums unter angiografischer Kontrolle (CDT = catheter directed therapy) mit oder ohne gleichzeitigem Einsatz mechanischer Thrombektomieverfahren (pharmakomechanische Thrombektomie = PMT) als eine vielversprechende therapeutische Therapiemöglichkeit angesehen werden. Eine gefäßchirurgische Thrombektomie kommt dann als alternative Therapiemethode zum Einsatz, falls patientenbedingt auf die Anwendung eines Thrombolytikums verzichtet werden muss (Linnemann et al. 2023).
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Katheter-gesteuerte Thrombolysetherapie (CDT) und pharmakomechanische Thrombektomieverfahren (PMT)
Der Zugangsweg für die Durchführung einer CDT oder PMT zur Therapie einer iliofemoralen Thrombose ist in Abhängigkeit der Thrombuslokalisation die direkte transfemorale Punktion unter Zuhilfenahme der Sonografie (sonografisch gesteuerte Punktion). Bevorzugt bietet sich in Bauchlage die transpopliteale venöse Punktion an. Alternativ können aber auch die V. tibialis anterior oder posterior sowie die V. jugularis interna als Zugangsweg gewählt werden. Die lokale Lysetherapie wird im Durchschnitt zwischen 20–40 h durchgeführt. Zwischenzeitliche Verlaufsangiografien (Phlebografien) dienen dazu, einen Fortschritt der Rekanalisation zu dokumentieren. Nach erfolgreicher Thrombolyse kann sich in vielen Fällen eine morphologische Ursache einer deszendierenden iliofemoralen Thrombose demaskieren, wie z. B. ein May-Thurner-Syndrom. Eine Stentimplantation schließt sich in diesen Fällen an, wobei in der Literatur die angegebene Stentrate zwischen 17 % und 80 % variiert. Eine bekannte Studie aus den 1990er-Jahren zur Lysetherapie bei iliofemoraler Thrombose ist das National Venous Registry (Mewissen et al. 1999), die im Rahmen eines multizentrischen Registers 473 Patienten mit symptomatischer iliofemoraler und femoropoplitealer Beinvenenthrombose nach lokaler Lysetherapie mit Urokinase nachverfolgte. Die kumulative Offenheitsrate für die mittels CDT behandelten Beckenvenen betrug nach 12 Monaten 60 %. Blutungskomplikationen traten hauptsächlich im Rahmen der Punktion bei 54 der eingeschlossenen Patienten auf, entsprechend einer Rate von 11 %.
In einer prospektiven Langzeitstudie von Bækgaard et al. (2008) wurden 103 Patienten mit einer iliofemoralen Thrombose und einer CDT-Therapie über 8 Jahre nachverfolgt. Unter der Lysetherapie kam es lediglich zu einer Majorblutung (Blutungskomplikationen < 1 %); in 80 % der behandelten Fälle ergab sich kein PTS und das tiefe Venensystem zeigte sich offen ohne Nachweis eines signifikanten venösen Refluxes. Somit konnte diese Studie den Langzeiterfolg der CDT-Therapie als auch eine ausreichende Sicherheit belegen.
Die 2012 im Lancet publizierte norwegische CaVenT-Studie mit einem randomisierten Studienaufbau (Enden et al. 2012) analysierte die Sicherheit und Effektivität der CDT im Vergleich zur Standardantikoagulationstherapie. 189 Patienten mit Erstereignis einer iliofemoralen Beinvenenthrombose wurden in dieser Studie aufgenommen. Die mittlere Dauer der lokalen Lysetherapie betrug 2,4 Tage. In der CDT-Gruppe wurde bei 43 von 90 Patienten eine komplette Rekanalisation der venösen iliofemoralen Strombahn dokumentiert. 37 Patienten verbesserten sich aus hämodynamischer Sicht, hatten aber weiterhin eine deutliche Thrombuslast mit jeweils nur teilrekanalisiertem Venensystem. Nur 10 Patienten besserten sich hämodynamisch und funktionell nicht. Nach Beendigung der CDT-Therapie wurde eine endovaskuläre Therapie (venöse Angioplastie) mit oder ohne Stentimplantation bei 39 Patienten durchgeführt. Insgesamt konnte nach 24 Monaten eine deutlich signifikante verringerte Inzidenz des postthrombotischen Syndroms im Vergleich zur Standardantikoagulation festgestellt werden (41,1 % vs. 55,6 %, P = 0,047). Nach 6 Monaten zeigte sich eine persistierende offene Beckenvene im Vergleich zur Standardtherapie signifikant häufiger (65,9 % vs. 47,4 %, P = 0,012).
Der besondere Vorteil der PMT gegenüber der CDT ist der geringere Einsatz eines Thrombolytikums. Aktuell CE-zugelassene PMT-Devices zur Behandlung der iliofemoralen Thrombose sind das AngioJet-System (Boston Scientific), das Aspirex-System (Straub Medical/BD Bard), das Indigo-System (Penumbra), das EKOS-Lysesystem (Boston Scientific) und das Jeti-System (Walkvascular). Weitere Systeme sind in Europa im Zulassungsprozess (Vetex [Vetex] und ClotTriever [Inari]).
In der 2010 publizierten multizentrisch randomisierten und kontrollierten TORPEDO-Studie wurde der Einsatz des AngioJet-System, des Trellis-Systems und der konventionellen Aspiration verglichen mit der Standardantikoagulation bei 183 Patienten mit einer akuten proximalen tiefen Beinvenenthrombose (Sharifi et al. 2010). Nach 6 Monaten wurde bei 2,3 % Patienten in der Interventionsgruppe eine ipsilaterale Thrombose diagnostiziert. Im Vergleich dazu trat bei 15 % in der Standardantikoagulationsgruppe eine sekundäre Thrombose auf. Ein postthrombotisches Syndrom trat nach 6 Monaten in 3,4 % der Fälle in der Interventionsgruppe im Vergleich zu 27,2 % in der Standardantikoagulationsgruppe (P < 0,001) auf. Es zeigten sich keine signifikanten Unterschiede bei den Blutungskomplikationen (P = 0,57). Nach 30 ± 5 Monaten hatten in der Interventionsgruppe 4,5 % der Patienten eine erneute TVT erlitten, in der konservativ geführten Patientengruppe 16 % (p = 0,02). Ein PTS entwickelte sich bei 6,8 % der Patienten in der endovaskuläre behandelten Patientengruppe vs. 29,6 % bei den konservativ geführten Patienten (Sharifi et al. 2012). In der 2015 veröffentlichten multizentrischen prospektiven PEARL-Studie wurde das Angiojetverfahren in Kombination mit verschiedenen additiven Lyseschemata an 329 Patienten mit einer maximal seit 14 Tagen bestehenden tiefen Beinvenenthrombose analysiert. Im Mittel lag die Rethromboserate nach 12 Monaten bei 17 %. In der Patientengruppe mit Thrombolysetherapie kam es bei 3,6 % der Patienten (12/329) zu einer Majorblutungskomplikation. Es zeigte sich, dass die rheolytische Therapie mit dem Angiojetverfahren und gleichzeitiger reduzierter Thrombolysetherapie am effektivsten und sichersten war (Garcia et al. 2015).
Eine weitere Möglichkeit der perkutanen rein mechanischen Thrombektomie stellt das Aspirex-Kathetersystem dar (Rotationsthrombektomie), welches das archimedische Prinzip verwendet. Entsprechend der Gefäßanatomie und -größe stehen Aspirex-Katheterthrombektomiesysteme in unterschiedlichen Größen bis 10 French zur Verfügung (Abb. 2). Eine erste größere retrospektive Analyse wurde 2019 dazu veröffentlicht (Lichtenberg et al. 2019) In dieser Studie wurden 56 Patienten analysiert, die aufgrund verschiedener Ursachen eine iliofemorale TVT erlitten hatten und mit dem Aspirex-System behandelt wurden. Der technische Erfolg, definiert als hämodynamisch nicht mehr relevante Thrombuslast nach Anwendung des Aspirex-Systems ohne gleichzeitige Lysetherapie, lag bei 100 %. Eine Stentimplantation erfolgte in den meisten Fällen, da sich nach Thrombektomie eine signifikante Stenose offenbarte. Die Offenheitsrate nach 12 Monaten betrug 87 %. Ein PTS mit moderatem bzw. schwerem Verlauf entwickelten 19 von 53 Patienten (36 %). Signifikante Sicherheitsbedenken wie eine periinterventionelle Lungenembolie oder Gefäßverletzung durch das Aspirex-System wurden nicht festgestellt.
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Die Technik der ultraschallverstärkenden Thrombolyse (UAT, z. B. EKOS-System, Boston Scientific) zur Behandlung einer venösen Thrombose ist in mehreren monozentrischen und multizentrischen Studien untersucht worden. Die erste multizentrische Studie zur UAT wurde 2008 veröffentlich (Parikh et al. 2008). In dieser Studie konnte bei 37 von 53 Patienten bei iliofemoraler Thrombose eine vollständige Thrombolyse gesehen werden, lediglich 5 Patienten (9 %) zeigten keine hämodynamische Verbesserung. Die mittlere Behandlungsdauer betrug 22 h. Die Blutungskomplikationsrate mit Angabe von schweren Blutungsereignissen lag niedrig bei lediglich 2 Patienten. In einer 2015 veröffentlichten Arbeit konnten Engelberger et al. in einer direkten randomisierten Analyse mit 48 Patienten zwischen der UAT und CDT keinen signifikanten Unterschied feststellen, sodass die Wertigkeit der kostenintensiven Therapie mit einem UAT-Katheter für die Indikation einer akuten Beckenvenenthrombose abzuwarten bleibt (Engelberger et al. 2015).
Aktuelle Studienlage
Die im Dezember 2017 veröffentlichte ATTRACT-Studie (Vedantham et al. 2017) wurde konzipiert, um die vielen Fragen zur endovaskulären versus konservativ geführter Therapie der iliofemoralen Thrombose zu beantworten und der Hypothese nachzugehen, ob ein postthrombotisches Syndrom durch eine endovaskuläre Thrombus-entfernende Therapie seltener nach 24 Monaten zu verzeichnen ist als unter einer konservativen Therapie mit Antikoagulation und Kompressionstherapie.
Dazu wurden über einen mehrjährigen Zeitraum (2009–2014) 692 Patienten mit proximaler Venenthrombose entweder in eine Kontrollgruppe (nur Antikoagulation) oder eine Interventionsgruppe (pharmakomechanische Thrombektomie plus Antikoagulation) randomisiert. Der primäre Endpunkt wurde mit dem Auftreten eines PTS im Zeitraum 6–24 Monate definiert.
Die Ergebnisse zeigten auf den ersten Blick ein ernüchterndes Ergebnis für die interventionelle Therapie, da beide Therapiearme keinen signifikanten Unterschied hinsichtlich des Auftretens eines PTS während des Beobachtungszeitraums zeigten (47 % in der Interventionsgruppe, 48 % in der konservativen Gruppe). Lediglich für den sekundären Endpunkt „Vermeidung eines moderaten oder schweren PTS“ zeigte sich ein Vorteil für die endovaskuläre Therapie (p = 0,04). Auch der Villalta-Score zeigte sich für die Interventionsgruppe niedriger im Verlauf als für die konservativ geführte Gruppe (p < 0,01). Der Sicherheitsendpunkt „schwerwiegende Blutung innerhalb der der ersten 10 Tage nach Therapiebeginn“ trat signifikant häufiger in der Interventionsgruppe auf, insbesondere bei den Patienten, die mit einer lokalen Lysetherapie behandelt wurden (1,7 vs. 0,3 %, p = 0,049).
An der ATTRACT-Studie und insbesondere am Studiendesign sowie an der Durchführung wurde nach Veröffentlichung Kritik geübt.
Vor allem wurde kritisiert, dass neben der Indikation einer iliofemoralen TVT auch Patienten mit einer femoropoplitealen TVT in die Studie aufgenommen wurden. Entsprechend wurden Patienten mit femoropoplitealer TVT anteilig endovaskulär therapiert. Tab. 1 zeigt sehr deutlich, dass bei dieser Indikationsstellung im Vergleich zur iliofemoralen TVT kein Effektivitätsvorteil zu verzeichnen war. Aus Sicht vieler Experten wurde die Validität und Aussagekraft der ATTRACT-Studie mit diesem Fehler deutlich eingeschränkt.
Moderates oder schweres PTS bei femoropoplitealer TVT
17,1 %
18,1 %
Schwerwiegende Blutungskomplikationen
1,7 %
0,3 %
0,049
Tab. 1: Endpunkteanalysen ATTRACT-Studie (Vedantham et al. 2017). SF-36 PCS: Medical Outcomes Study 36-Item Short Form Health Survey. Venous QOL: venous disease – specific Venous Insufficiency Epidemiological and Economic Study Quality of Life. PTS: postthrombotisches Syndrom. TVT: tiefe Beinvenenthrombose
Weitere Kritikpunkte und Fehler der ATTRACT-Studie umfassen folgende Punkte, auf die aus Platzgründen nicht vertieft eingegangen wird:
Fehlende Definition für die Indikation Venenstent-Implantation bei Nachweis einer hochgradigen Beckenvenenstenose
Fehlende Empfehlung zur Verwendung dedizierter Venenstents. Entsprechend undifferenzierte Implantation von arteriellen Stents und gecoverten Stents bei 59 % der interventionell behandelten Patienten.
Fehlende Empfehlung zur Verwendung von intravaskulärem Ultraschall bei der endovaskulären Therapie entsprechend den aktuellen Empfehlungen.
Entsprechend der geäußerten Kritik wurde im Verlauf mit einer Subgruppenanalyse zur „iliofemoralen TVT“ versucht, diese offensichtlichen Fehler zu beheben (Comerota et al. 2019).
Camerota et al. analysierten in dieser Nachuntersuchung nur den Anteil der Patienten mit iliofemoraler TVT und konnten zeigen, dass bei 196 endovaskulär behandelten Patienten mit einer iliofemoralen Thrombose ein Effektivitätsvorteil im Nachverfolgungszeitraum hinsichtlich des Auftretens eines moderaten und schweren PTS zu verzeichnen war, im Vergleich zu 195 konservativ geführten Patienten mit iliofemoraler Thrombose. Die Lebensqualität (Venous disease-specific quality of life) zeigte sich in der Interventionsgruppe nach 24 Monaten ebenfalls signifikant verbessert im Vergleich zur konservativen Gruppe (p = 0,029). Hinsichtlich des Sicherheitsendpunkts „signifikante Blutung“ war im Vergleich zur Gesamtkohorte für die iliofemorale Interventionsgruppe bei dieser Subgruppenanalyse kein erhöhtes Blutungsrisiko zu verzeichnen im Vergleich zur konservativen Gruppe (p = 0,32).
Basierend auf den ATTRACT-Analysen kann die Schlussfolgerung gezogen werden, individuelle Empfehlungen zur endovaskulären Therapie bei einem Patienten mit einer (deszendierenden) iliofemoralen Thromboseauszusprechen, um ein PTS mit moderatem/schweren Verlauf zukünftig zu verhindern. Falls eine entsprechende Empfehlung in Erwägung gezogen wird, sollte die Indikationsprüfung zeitnah erfolgen, da der technische Erfolg umso höher ist, je früher endovaskulär therapiert wird.
Lokale Lysetherapie (CDT) versus perkutane (pharmako-) mechanische Thrombektomie (PMT)
Eine kürzlich publizierte Metaanalyse untersuchte, ob hinsichtlich Effektivitäts- und Sicherheitsendpunkten Unterschiede zwischen einer lokalen Lysetherapie oder einer perkutanen mechanischen Thrombektomie in der Therapie einer iliofemoralen Thrombosebestehen (Lichtenberg et al. 2020). Die Autoren analysierten hierzu veröffentliche Beobachtungs- und randomisierte Studien zwischen 2001 und 2019. Insgesamt wurden 17 Studien mit 1417 Patienten in diese Metaanalyse aufgenommen. Im Rahmen der Effektivitätsanalyse wurden die Parameter postthrombotisches Syndrom, Lyseerfolg, venöser Reflux und wiederholte TVT im Untersuchungszeitraum untersucht. Zu den analysierten Sicherheitsendpunkten gehörten Blutungskomplikationen, Hämaturie und (periinterventionelle) Lungenarterienembolie. Hinsichtlich der genannten Effektivitätsendpunkte ergaben sich zwischen den beiden Therapiemethoden keine signifikanten Unterschiede. Insbesondere das Auftreten eines postthrombotischen Syndroms im Verlauf zeigte keinen signifikanten Unterschied (Abb. 3).
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Im Rahmen der Analyse von Sicherheitsendpunkten zeigte sich allerdings ein signifikanter Vorteil (Abb. 4) für die PMT, da Blutungskomplikationen wesentlich geringer auftraten als unter der lokalen Lysetherapie (p < 0,001). Daraus schlussfolgerten die Autoren, dass eine lokale Lysetherapie aufgrund der erhöhten Blutungskomplikationen bei ähnlicher Effektivität im Vergleich zur PMT nicht mehr als bevorzugte Therapie angewendet werden sollte.
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Fazit für Praxis
Eine Thrombus-entfernende Therapie ist bei einer iliofemoralen Venenthrombose zur Verhinderung eines postthrombotischen Syndroms entsprechend den günstigen Effektivitäts- und Sicherheitsdaten immer mehr zur Therapieoption geworden; das gilt vor allem für die sicheren und effektiven pharmakomechanischen und rein mechanischen Verfahren. Die Therapie sollte dabei spezialisierten Zentren vorbehalten bleiben. Die Indikation besteht insbesondere für junge und mobile Patienten mit kurzer Anamnesedauer. Grundsätzlich, aber insbesondere bei Frauen im gebärfähigen Alter, sollte die Strahlenbelastung, z. B. durch Ultraschall-gesteuerte Interventionen, minimiert werden.
Eine sorgfältige Analyse der individuellen Thrombose- und Blutungsrisikofaktoren ist unabdingbare Voraussetzung zur Wahl geeigneter Rekanalisationsverfahren.
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