Publiziert am: 31.01.2025
Bitte beachten Sie v.a. beim therapeutischen Vorgehen das Erscheinungsdatum des Beitrags.
Entzündliche Erkrankungen der großen Gefäße
Verfasst von: Michael Czihal
Die entzündlichen Erkrankungen der großen Gefäße betreffen vorrangig die Aorta und ihre primären Äste. Die Großgefäßvaskulitiden im engeren Sinne umfassen die Takayasu-Arteriitis und die Riesenzellarteriitis. Während die Takayasu-Arteriitis sich meist vor dem 40. Lebensjahr manifestiert, tritt die Riesenzellarteriitis nach dem 50. Lebensjahr auf. Von diesen primären Großgefäßvaskulitiden abzugrenzen sind entzündliche Prozesse der Aorta und ihrer Äste im Rahmen einer Vielzahl von autoimmun-entzündlichen Erkrankungen. Dieses Kapitel gibt einen Überblick über das ätiologische Spektrum, die Diagnostik und die Therapie der Großgefäßvaskulitiden.
Die überwiegende Mehrzahl der Großgefäßvaskulitiden (GVs) basiert auf autoimmun-entzündlichen Prozessen, in den meisten Fällen ist die Aorta betroffen. Die GVs im engeren Sinne (primäre GVs) umfassen gemäß der 2012 revidierten Chapel-Hill-Nomenklatur die Takayasu-Arteriitis (TA) und die Riesenzellarteriitis (RZA) (Jennette et al. 2013). Die häufigste Vertreterin ist die RZA, die als Erkrankung der über 50-Jährigen im Lauf des Lebens ca. 1 % der Frauen und 0,5 % der Männer betrifft (Crowson et al. 2011). Daneben gibt es ein breites, heterogenes Spektrum von entzündlichen Erkrankungen, welche die Aorta und/oder ihre primären Äste betreffen können und demzufolge unter pathoanatomisch-klinischen Gesichtspunkten den GVs zuzuordnen sind (Czihal et al. 2013). Unter diesen sind manche Erkrankungen in der Chapel-Hill-Nomenklatur als Vaskulitiden mit variablem Gefäßbefall (M. Behçet, Cogan-Syndrom) oder als Einzelorganvaskulitis (isolierte Aortitis) aufgeführt. Zu berücksichtigen ist, dass auch Vaskulitiden mit prädominantem Befall kleiner Gefäße (z. B. ANCA-assoziierte Vaskulitiden) sich selten an den großen Gefäßen manifestieren können. Daneben kann die Aorta bei einer Vielzahl entzündlich-rheumatischer Erkrankungen zum Diagnosezeitpunkt oder im Verlauf entzündlich beteiligt sein. Tab. 1 gibt einen Überblick über das Spektrum der entzündlichen Erkrankungen der großen Gefäße. Einzelne Krankheitsentitäten sind im Folgenden beschrieben. Von den autoimmunen GVs müssen die infektiösen (meist bakteriellen) Entzündungen der großen Gefäße abgegrenzt werden, die in diesem Kapitel nicht besprochen werden.
Tab. 1
Ätiologisches Spektrum der Großgefäßvaskulitiden. (Modifiziert nach Czihal et al., 2013)
Autoimmun
Infektiös
Primäre Großgefäßvaskulitiden
• Riesenzellarteriitis
• Takayasu-Arteriitis
IsolierteAortitis
• Idiopathisch
• IgG4-assoziiert
Chronische Periaortitis
• Idiopathisch
• IgG4-assoziiert
• z.B. Ergotaminderivate, Bromocriptin Chronische Periaortitis □ Idiopathisch □ IgG4-assoziiert □ Medikamentös induziert, z. B. fehlen die Medikamentenbeispiele für eine medikamentös bedingte Periaortitis, bitte ergänzen.
RZA und Takayasu-Arteriitis sind gekennzeichnet durch eine idiopathische Panarteriitis der Aorta und ihrer Äste. Das histologische Bild ist bei beiden Erkrankungen vergleichbar und wird geprägt durch ein lymphoplasmazelluläres Infiltrat mit Granulomen und häufig mehrkernigen Riesenzellen. Im Sinne eines vaskulären Remodelings resultiert eine myointimale Hyperplasie, die eine charakteristische konzentrische Wandverdickung hervorruft und insbesondere im Bereich der supraaortalen Äste in der Ausbildung von Stenosen und Verschlüssen resultiert (Weyand und Goronzy 2023). In der Aorta selbst resultiert infolge der Degradation elastischer Fasern hingegen eine Wandschwächung mit der Gefahr der Ausbildung von Aneurysmen im Langzeitverlauf.
Das klinische Bild von RZA und Takayasu-Arteriitis wird in separaten Kapiteln in diesem Buch ausführlich abgehandelt (Kap. „Riesenzellarteriitis“; Kap. „Takayasu-Arteriitis, Czihal“). Die RZA tritt ab dem 50. Lebensjahr auf, mit einem Überwiegen des weiblichen Geschlechts. Neben dem klassischen kranialen Befallsmuster (Befall von Ästen der A. carotis externa resultiert in Kopfschmerzen, Kieferclaudicatio, Empfindlichkeit der Kopfhaut; ein Befall der Äste der A. ophthalmica bedingt in ca. 10–15 % der Fälle Visusstörungen bis zur ein- oder beidseitigen Erblindung) sind häufig Allgemeinsymptome (Fieber, Nachtschweiß, Gewichtsverlust) zu erfragen (Bosch et al. 2024). Bis zu 50 % der Patienten weisen Beschwerden einer Polymyalgia rheumatica auf.
Bei ca. 30–50 % der RZA-Patienten liegt eine Beteiligung der Aorta und ihrer extrakranialen Äste vor, typischerweise der A. subclavia/axillaris. Während die extrakraniale RZA deshalb eine der häufigsten Ursachen von Fieber unklarer Genese bei Älteren ist, sind Symptome einer Extremitätenischämie (meist ein- oder beidseitige Armclaudicatio infolge Axillarisstenosen, nur ausnahmsweise progrediente beidseitige Claudicatio der Beine infolge femoro-cruraler Läsionen) seltener (van der Geest 2024).
Je jünger die von der RZA Betroffenen (meist 6. und 7. Lebensdekade), desto häufiger ein extrakraniales Befallsmuster. Je älter die Patienten (etwa ab dem 70. Lebensjahr), desto höher das Risiko okulärer ischämischer Komplikationen (Czihal et al. 2012).
Eine Beteiligung der Vertebralarterien findet man meist bei älteren Patienten mit kranialen Beschwerden, diese bedingt ein Risiko für zerebrale Ischämie der hinteren Zirkulation (z. B. Hirnstamminfarkt) (Bajko et al. 2021).
Die Takayasu-Arteriitis betrifft ganz überwiegend Frauen vor dem 40. Lebensjahr und weist im typischen Fall einen zweiphasigen Verlauf auf. Zunächst treten unspezifische konstitutionelle Beschwerden in Erscheinung, häufig in milder Ausprägung („prepulseless phase“). In dieser Erkrankungsphase kann die Karotidodynie ein klinisches Warnzeichen („red flag“) für das Vorliegen einer entzündlichen Beteiligung der A. carotis communis sein. Mit Eintreten von Stenosen und Verschlüssen, vorrangig der supraaortalen Arterien, treten ischämische Beschwerden in den Vordergrund (Armclaudicatio, Zeichen der zerebrovaskulären Insuffizienz) (Joseph et al. 2022).
Isolierte Aortitis und chronische Periaortitis
Bei der isolierten Aortitis sind Aortenbogen und die Aorta thoracalis descendens nahezu immer betroffen, nur in einem Teil der Fälle auch die Aorta abdominalis. Die aortalen Äste sind definitionsgemäß ausgespart vom entzündlichen Prozess (Pipitone und Salvarani 2011). Da die Histologie bei RZA und isolierter Aortitis keine wesentlichen Unterschiede aufweist und das Erkrankungsalter meist jenseits des 50. Lebensjahres liegt, könnte die isolierte Aortitis eine Variante am Rande des Spektrums der RZA darstellen. Jedoch scheint es auch gewisse Besonderheiten zu geben, etwa in der Geschlechtsverteilung (bei isolierter Aortitis sind häufiger Männer betroffen) (Kadian-Dodov et al. 2022). Das klinische Bild ist meist unspezifisch und kann milde ausgeprägte konstitutionelle Beschwerden oder Rückenschmerzen beinhalten. Ein Teil der Patienten bleibt aber bis zum Eintreten von Komplikationen (z. B. Herzinsuffizienzsymptomatik bei sekundärer Aortenklappeninsuffizienz, aortale Komplikationen, wie Ruptur und Dissektion) ohne Beschwerden. Nicht selten werden Patienten mit isolierter Aortitis erst im Rahmen offen-chirurgischer Eingriffe an der thorakalen Aorta bei Aortenaneurysmen bzw. -dissektionen identifiziert.
In immerhin etwa 4–6 % der Fälle lässt sich im Rahmen von chirurgischen Eingriffen an der thorakalen Aorta aufgrund von Aneurysmen oder Dissektionen eine zugrunde liegende Aortitis nachweisen (Schmidt et al. 2011; Espitia et al. 2023).
Die chronische Periaortitis (CP) umfasst ein Spektrum seltener fibroinflammatorischer Erkrankungen, ausgehend vom (peri-)adventitiellen Bindegewebe (Palmisano et al. 2018). Am häufigsten manifestiert sich die CP im Bereich der infrarenalen Aorta abdominalis, die in diesen Fällen häufig schwere arteriosklerotische Veränderungen aufweist. Dem Spektrum der CP sind die retroperitoneale Fibrose und das inflammatorische Bauchaortenaneurysma zuzuordnen. Histologisch ist die CP charakterisiert durch eine adventitiell ausgeprägte lymphoplasmazelluläre Entzündungsreaktion mit ausgeprägter Fibrosierung des retroperitonealen Fettgewebes. Ein Teil der Fälle tritt im Rahmen von IgG4-assoziierten Erkrankungen auf, mit dann weitgehend vergleichbarem histologischem Bild, jedoch markanter wirbelförmiger (storiformer) Anordnung der Kollagenfasern sowie einem nachweisbaren Anteil IgG4-exprimierender Plasmazellen von > 40 % (Maritati et al. 2020). Das klinische Erscheinungsbild der CP ist häufig wenig eindrucksvoll und unspezifisch, mit meist milden konstitutionellen Beschwerden und dumpfen Bauch- oder Rückenschmerzen. Bei retroperitonealer Fibrose resultieren selten kompressionsbedingte Symptome, z. B. Hodenschmerzen und Varikozele testis bei Ummauerung der V. testicularis, beidseitige Beinschwellung bei Obstruktion der V. cava inferior.
Die bedeutsamste Komplikation der CP ist jedoch die ein- oder beidseitige Harnstauung bis hin zum postrenalen Nierenversagen. Bei etwa der Hälfte der Patienten besteht bei Diagnose eine chronische Niereninsuffizienz.
Bei IgG4-assoziierten Erkrankungen kann, je nach Organbefall (z. B. Sialadenitis, Thyreoditis, Cholangiitis und Pankreatitis) ein breites Spektrum zusätzlicher Symptome hinzutreten (Kap. „Chronische Periaortitis“).
Aortitis bei rheumatischer Grunderkrankung
Die Aorta kann bei einer Vielzahl von rheumatischen Erkrankungen entzündlich mitbeteiligt sein (Tab. 1). Erkrankungen, die häufig (> 10 %) mit einer klinisch manifesten Beteiligung der Aorta einhergehen, sind die Spondylitis ankylosans, die rezidivierende Polychondritis, der M. Behçet und das Cogan-Syndrom. Die beiden letztgenannten Erkrankungen werden gemäß Chapel-Hill-Konsensus den Vaskulitiden mit Befall variabler Gefäßgrößen zugerechnet (Czihal et al. 2013).
Mit Ausnahme des M. Behçet ist am häufigsten die thorakale Aorta (meist die Aorta ascendens) betroffen. Neben der Gefahr der Ausbildung eines Aortenaneurysmas und sekundär einer Ruptur bzw. Dissektion, besteht daher das Risiko einer Aortenklappeninsuffizienz infolge einer Dilatation des Klappenrings oder einer Valvulitis.
Bei Patienten mit Spondylitis ankylosans wies eine Studie mit transösophagealer Echokardiografie bei 61 % bzw. 25 %eine Wandverdickung bzw. Dilatation der Aortenwurzel nach (Roldan et al. 1998). Es wurden ferner Komplikationen infolge Inflammation und Fibrose des anterioren Mitralklappensegels (Mitralklappeninsuffizienz) und des interventrikulären Septums (atrioventrikulärer Block) beschrieben (Palazzi et al. 2011). In vielen der beschriebenen Fälle ist die Aortitis zum Diagnosezeitpunkt jedoch subklinisch bzw. wird im Kontext von unspezifischen Allgemeinsymptomen (etwa Fieber unklarer Genese) bildgebend nachgewiesen.
Kardinalsymptome des M. Behçet sind insbesondere orale und genitale Aphten. Häufig sind entzündliche Augenveränderungen (Uveitis, retinale Vaskulitis), daneben Hautveränderungen (z. B. Erythema nodosum) und Arthritiden (Emmi et al. 2024). Seltener sind eine Beteiligung des ZNS und des Gastrointestinaltrakts. Häufiger noch als Arterien variabler Größe (< 5 %) betrifft der M. Behçet das venöse System (15–40 %, oberflächliche und tiefe Thrombosen der Extremitätenvenen, aber auch Thrombosen der Viszeralvenen und Hirnvenen). Arterielle Manifestationen treten in der Regel in Form von Aneurysmen in Erscheinung, häufig Jahre bis Jahrzehnte nach der Erstmanifestation. Am häufigsten sind die Aorta abdominalis und die Becken-Bein-Arterien betroffen, seltener die Koronararterien. Aneurysmen der Pulmonalarterien sind selten, aber lebensbedrohlich. Im Bereich von arteriellen Zugangswegen und Gefäßrekonstruktionen können sich ebenfalls Aneurysmen ausbilden („vaskuläres Pathergiephänomen“, Abb. 1) (Kap. „M. Behçet“).
Abb. 1
a–e Arterielle Manifestationen bei einem Patienten mit langjährig bestehenden M. Behçet. Anschlussaneurysmen am proximalen (a, c) bzw. distalen Ende (b) einer aortobiiliakalen Stentprothese; Erweiterung des Pulmonalarterienhauptstamms (d); Nahtaneurysma nach Femoralisendarteriektomie (e)
Die rezidivierende Polychondritis ist eine seltene, variabel schwer ausgeprägte, autoimmun-entzündliche Erkrankung des Knorpelgewebes. Mit lokalen Entzündungszeichen einhergehende, im Verlauf destruierende Entzündungsvorgänge betreffen in absteigender Häufigkeit die Ohrmuschel, den Nasenknorpel und das Tracheobronchialsystem. Die Gelenkknorpel sind nur bei jedem dritten Patienten betroffen. Andere Organmanifestationen (u. a. entzündliche Beteiligung des Auges, audiovestibuläre Störungen, Nephritis) können ebenso wie konstitutionelle Beschwerden vorkommen. Häufig sind weitere Autoimmunerkrankungen assoziiert, u. a. ANCA-assoziierte Vaskulitiden und Kollagenosen. Die aortale Beteiligung kann sich mit Brust-, Bauch- oder Rückenschmerzen äußern, weist jedoch häufiger keine spezifischen Symptome auf und wird teils erst im Rahmen chirurgischer Eingriffe an der Aorta diagnostiziert. Wie bei der Spondylitis ankylosans können neben der thorakalen Aorta auch die linksseitigen Herzklappen beteiligt sein, seltener auch die Koronararterien (Erdogan et al. 2021).
Das Cogan-Syndrom ist eine seltene entzündliche Systemerkrankung, die sich initial mit plötzlichem Hörverlust und Schwankschwindel sowie entzündlichen Augenveränderungen (interstitielle Keratitis, Iritis) manifestiert (Abb. 2). Unbehandelt ist der Verlauf der audiovestibulären und ophthalmologischen Manifestationen meist progredient, hinzu treten im Verlauf systemische Krankheitsmanifestationen (Kopfschmerzen, Fieber, Gelenk- und Muskelschmerzen, Hautausschläge der unteren Extremitäten). Die in etwa 10–20 % der Patienten fassbare, vaskulitische Beteiligung kann sich als Aortitis, als mesenteriale oder zerebrale Vaskulitis mit entsprechenden Organsymptomen, gelegentlich auch als der Panarteriitis nodosa ähnliches Krankheitsbild mit renaler und kutaner Manifestation äußern (Espinoza et al. 2020).
Abb. 2
a–c Gerötetes Auge bei Uveitis anterior (a); Schwerhörigkeit im Audiogramm (b); Inflammation im Bereich der Aorta ascendens (c) bei einem Patienten mit Cogan-Syndrom
Aortitis als Nebenwirkung medikamentöser Therapien
In einer Analyse der Pharmakovigilanz-Datenbank der WHO (VigiBase) von 2020 wurden verschiedene Medikamente identifiziert, die ein Sicherheitssignal hinsichtlich einer Aortitis als unerwünschte Nebenwirkung zeigten (Mettler et al. 2020). Zu diesen zählten antineoplastische Substanzen (z. B. Epirubicin) und Biologika (Rituximab, Tocilizumab).
Die stärkste Assoziation zeigte sich jedoch, in Übereinstimmung mit zahlreichen Fallberichten in der Literatur, für den rekombinanten Granulozyten-Kolonie-stimulierenden Faktor (u. a. Filgrastim, Pegfilgrastim, Lipegfilgrastim).
Diese zur Stimulation der Leukopoese eingesetzten Substanzen können als seltene unerwünschte Nebenwirkung typischerweise eine Periaortitis des Aortenbogens bzw. der Ostien der supraaortalen Arterien hervorrufen (Abb. 6D). In jüngster Zeit wurde schließlich von einzelnen Fällen von GVs, z. B. RZA, im Zusammenhang mit einer Immuntherapie verschiedener Krebserkrankungen mit Checkpoint-Inhibitoren (u. a. Nivolumab, Pembrolizumab) berichtet (Hysa et al. 2024).
Klinische Diagnostik und Labor
Die Diagnostik hat klinische Informationen, Labordiagnostik und bildgebende Verfahren zu integrieren. Hierbei ist die Anamnese von überragender Bedeutung, die neben den typischen Symptomen der primären GV auch konstitutionelle Beschwerden und einen ausführlichen Systemüberblick umfassen sollte.
Die klinische Untersuchung kann nur in einem Teil der Fälle die Richtung weisen, etwa die druckschmerzhafte Induration und Verdickung der Temporalarterien bei RZA oder Pulsverlust und Strömungsgeräusche der Extremitätenarterien bei extrakranialer RZA und Takayasu-Arteriitis. Bei CP bietet die körperliche Untersuchung nur in Ausnahmefällen wegweisende Befunde, z. B. mit einer unteren Einflussstauung bei Kompression der V. cava inferior. Bei zugrunde liegender immunologischer Erkrankung können ferner breit gefächerte, in Bezug auf die entzündliche Gefäßmanifestation häufig aber nicht wegweisende und auch oft nicht synchron auftretende Symptome imponieren, beispielsweise entzündlicher Rückenschmerz bei Spondylarthropathie, orale und genitale Aphten bei M. Behçet oder auch Erythema nodosum bei Sarkoidose. Wenn eine entzündliche Systemerkrankung mit Potenzial für die Ausbildung einer Aortitis diagnostiziert wird, ist eine hohe Vigilanz bezüglich des Vorliegens einer subklinischen Großgefäßbeteiligung erforderlich.
Entzündliche Erkrankungen der großen Gefäße gehen in aller Regel mit einer humoralen Entzündungskonstellation (sehr variabel ausgeprägte Erhöhung des C-reaktiven Proteins, beschleunigte Blutsenkungsgeschwindigkeit) einher.
Häufiger als eine Leukozytose findet man bei aktiver GV eine Thrombozytose, ferner im Rahmen der chronischen Entzündung nicht selten eine normochrome, normozytäre Anämie.
Ein Teil der Fälle von CPs tritt im Zuge der IgG4-assoziierten Erkrankungen auf, und wiederum bei einem Teil dieser Fälle (ca. 50 %) lassen sich erhöhte Spiegel von Serum-IgG4 bestimmen (Jayachamarajapura Onkaramurthy et al. 2023). Anderweitig sind nach wie vor keine spezifischen Biomarker für die Diagnose der GVs etabliert. Jedoch sollte bei Diagnose einer Aortitis im passenden klinischen Kontext die Bestimmung der ANCA erfolgen, um seltene Fälle der Granulomatose mit Polyangiitis und Großgefäßbeteiligung zu identifizieren.
Wenn auch zuletzt neue Klassifikationskriterien für RZA und Takayasu-Arteriitis publiziert wurden, die dem Stellenwert moderner Bildgebung (s. u.) Rechnung tragen, so sind diese doch nicht für den Einsatz in der Routinediagnostik validiert (Tab. 2) (Grayson et al. 2022; Ponte et al. 2022).
Tab. 2
ACR/EULAR-Klassifikationskriterien für Riesenzellarteriitis und Takayasu-Arteriitis. (Grayson et al. 2022; Ponte et al. 2022)
RZA
Takayasu-Arteriitis
Grundvoraussetzungen
Alter > 50 Jahre
Alter < 60 Jahre
Bildgebender Nachweis einer Vaskulitis der Aorta und ihrer Äste
Zusätzliche klinische Kriterien
Kriterium
Punkte
Kriterium
Punkte
Morgensteifigkeit
+ 2
Weibliches Geschlecht
+ 1
Plötzlicher Visusverlust
+ 3
Angina pectoris
+ 2
Kiefer- oder Zungenclaudicatio
+ 2
Extremitätenclaudicatio
+ 2
Neuer temporaler Kopfschmerz
+ 2
Arterielles Strömungsgeräusch
+ 2
Empfindlichkeit der Kopfhaut
+ 2
Pulsabschwächung bzw. Pulsverlust der oberen Extremität
+ 2
Auffälliger Untersuchungsbefund der Temporalarterie
+ 2
Auffälligkeit (Pulsabschwächung oder -verlust oder Druckschmerz) der A. carotis
+ 2
Blutdruckseitendifferenz > 20 mmHg
+ 1
Zusätzliche klinische Kriterien aus Labor, Bildgebung oder Biopsie
BKS > 50 mm/1h oder CRP > 1 mg/dl
+ 3
Anzahl der Segmente mit luminalem Schaden (Stenose, Verschluss)
Positive Temporalarterienbiopsie oder Halo im Ultraschall der Temporalarterien
Beteiligung der Aorta abdominalis mit renaler oder mesenterialer Beteiligung
+ 3
Für die Diagnose RZA sind > 6 Punkte erforderlich, für die Diagnose der Takayasu-Arteriitis sind > 5 Punkte erforderlich. BKS, Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit; CRP, C-reaktives Protein
Bildgebende Diagnostik
Der überragende Stellenwert moderner bildgebender Verfahren in der Diagnostik der GVs ist allgemein anerkannt (Dejaco et al. 2018).
Aus Gründen der raschen Verfügbarkeit, der geringen Kosten, des Fehlens einer Strahlenbelastung und nicht zuletzt der hohen räumlichen Auflösung stellt die multimodale Gefäßsonografie (insbesondere Duplexsonografie) die Methode der ersten Wahl in der Diagnostik derjenigen GVs dar, die häufig Manifestationen im Bereich der supraaortalen Äste zeigen (RZA, Takayasu-Arteriitis). Der charakteristische sonomorphologische Befund ist die konzentrische Wandverdickung geringer Echogenität, die bei RZA insbesondere im Bereich der kranialen Arterien (hier als Halo bezeichnet) und der Aa. subclaviae/axillares, bei Takayasu-Arteriitis im Bereich von A. carotis communis und A. subclavia/axillaris (hier als Makkaroni-Zeichen benannt) nachzuweisen ist (Abb. 3, 4) (Czihal et al. 2017). Die Sensitivität der Farbduplexsonografie der Temporalarterien nimmt bereits in den ersten Tagen der Kortikosteroidtherapie rasch ab, während die Wandverdickungen der supaaortalen Äste in der Regel länger nach Therapiebeginn darstellbar sind (Kap. „Riesenzellarteritis“).
Abb. 3
a–d Echoarme konzentrische Wandverdickung (Halo) in der Sonografie der A. axillaris (a), A. femoralis superficialis (b) und A. vertebralis (Längs- bzw. Querschnitt, c und d) bei Riesenzellarteriitis
Abb. 4
a–c Bildgebende Befunde bei Takayasu-Arteriitis: Konzentrische Wandverdickung mittlerer Echogenität (Makkaroni-Zeichen) des Aortenbogens und Truncus brachiocephalicus (a) sowie der A. carotis communis (b) in der Sonografie; beidseitiger Verschluss der A. carotis communis in der MR-Angiografie (c)
Hingegen ist die häufig betroffene thorakale Aorta sonografisch nur eingeschränkt einsehbar (Aortenbogen von suprasternal; Aorta ascendens in der transthorakalen Echokardiografie; Aorta descendens in der transösophagealen Echokardiografie) (Abb. 4). Gelegentlich findet sich bei RZA und TAK eine Beteiligung der Aorta abdominalis. Bei Erstdiagnose Takayasu-Arteriitis ist das Screening auf eine vaskulitisbedingte Nierenarterienstenose obligat. Die Aorta abdominalis (insbesondere das infrarenale Segment) ist das am häufigsten von der CP betroffene Gefäß, charakteristisch ist ein echoarmer periaortaler Pannus mit ventrolateraler Ausdehnung. Bei der CP ist die Beurteilung bezüglich einer Harnstauung obligat.
Der Stellenwert schnittbildgebender Verfahren, also der Computer- (CT) und Magnetresonanztomografie (MRT), liegt vor allem in der Darstellung der thorakalen Aorta. Insbesondere die GVs mit isolierter Aortenbeteiligung sind mit diesen Modalitäten zu diagnostizieren. Auch hier ist die konzentrische Wandverdickung der Aorta und ihrer Äste charakteristisch. Mittels kontrastmittelverstärkten CT-Angiografie bzw. MR-Angiografie können mit hoher diagnostischer Genauigkeit Aneurysmen der thorakalen Aorta sowie Stenosen und Verschlüsse der supraaortalen Arterien dargestellt werden (Abb. 4). Als Goldstandard der bildgebenden Diagnostik der extrakranialen GVs kann heute die kombinierte Positronenemissionstomografie/CT mit radioaktiv markierter Glukose (18-FDG-PET/CT), angesehen werden. Hier kann der entzündliche Prozess in der Gefäßwand direkt visualisiert werden, zum Teil bevor strukturelle Veränderungen nachweisbar sind. Sensitivität und Spezifität für die Diagnose der (therapienaiven) GVs liegen bei bis zu 92 %bzw. 100 %, wobei bisher keine einheitlichen Vorgaben bezüglich der anzuwendenden diagnostischen Kriterien existieren. Insbesondere bei der Indikation „Fieber“ bzw. „Inflammation unklarer Genese“ kann mittels 18-FDG-PET/CT neben anderen inflammatorischen sowie neoplastischen Prozessen häufig auch eine GV als ursächlich identifiziert werden (Abb. 5) (Schönau et al. 2018). Alternative Radiotracer könnten zukünftig die nuklearmedizinische Diagnostik der GVs bereichern.
Abb. 5
18-FDG-PET bzw. 18-FDG-PET/CT bei einer älteren Patientin mit Fieber unklarer Genese: Nachweis einer ausgedehnten vaskulären Inflammation der gesamten Aorta und ihrer Äste
Beim inflammatorischen BAA als Ausprägungsform der CP dient die Schnittbildgebung auch der Indikationsstellung für eine operative Aneurysmaausschaltung (Abb. 6). Es ergeben sich diagnostische Schwierigkeiten, bei bestehender lokaler Symptomatik in der Abgrenzung zur gedeckten Ruptur und bezüglich der Indikationsstellung für die operative Ausschaltung in der korrekten Diameterbestimmung angesichts der periaortalen Pannus. Gemäß aktueller Empfehlungen sollte der Pannus nicht in die Diameterbestimmung mit einbezogen werden (Wanhainen et al. 2024).
Abb. 6
a–d Bildgebende Befunde der chronischen Periaortitis. Darstellung des periaortalen Pannus ventrolateral der infrarenalen Aorta in der MRT (T2-Wichtung, a); Atypisch dorsal lokalisierter Pannus bei einem Patienten mit IgG4-assoziierter Erkrankung in der 18-FDG-PET/CT (b); bereits mit einer Stentprothese versorgtes inflammatorisches Bauchaortenaneurysma mit Nachweis eines Pannus um den Aneurysmasack in der CT (c); medikamentös induzierte Periaortitis des Aortenbogens nach GM-CSF-Gabe in der CT (d)
CT und 18-FDG-PET/CT beinhalten methodenimmanent die Exposition zu Röntgenstrahlung; insbesondere bei jungen Betroffenen muss dies bei der Indikationsstellung kritisch berücksichtigt werden.
Differenzialdiagnosen
Abhängig vom bei Präsentation führenden Symptomenkomplex kommt eine breite Palette von internistischen, auch nicht vaskulären Differenzialdiagnosen infrage. So sind bei Fieber bzw. Inflammation unklarer Genese infektiöse, autoimmun-entzündliche neoplastische Erkrankungen abzugrenzen. Die 18-FDG-PET-CT liefert hier häufig einen diagnostischen Beitrag (Schönau et al. 2018).
Bei Manifestation mit Extremitätenclaudicatio (insbesondere der oberen Extremitäten im Sinne eines Aortenbogensyndroms) ist hingegen die Arteriosklerose die wichtigste Differenzialdiagnose. Beim klinischen Bild einer „Arteriitis temporalis“ liegt fast immer eine RZA zugrunde, jedoch können vereinzelt andere Vaskulitiden (z. B. Polyarteriitis nodosa, Granulomatose mit Polyangiitis) oder Systemerkrankungen (z. B. Amyloidose, IgG4-assoziierte Erkrankung, Calciphylaxie) diese mimikrieren.
Wenn eine GV mit Aortenbeteiligung im Sinne einer Aortitis bildgebend diagnostiziert wird, sind die primären GVs abzugrenzen von den sekundären GVs, insbesondere von denen im Rahmen einer rheumatischen Grunderkrankung. Ebenso sind infektiöse Aortitiden als mögliche Differenzialdiagnosen ins Kalkül zu ziehen. In der Schnittbildgebung können eine intramurale Luftansammlung und der kontrastmittelaufnehmende, häufig exzentrische periaortale Flüssigkeitssaum um die in diesen Fällen häufig voroperierte Aorta (Protheseninfektion) hinweisend sein (Czihal et al. 2013).
Bei Nachweis einer CP ist stets nach einer IgG4-assoziierten Erkrankung zu fahnden. Zudem sind neoplastische Prozesse des Retroperitoneums (z. B. Lymphom, metastasierte Hodentumoren) von der CP abzugrenzen. Auf bildgebende Hinweise für Malignität (z. B. Ausdehnung des periaortalen Gewebes dorsal der Aorta, Lymphadenopathie, sehr intensive Mehranreicherung von 18-FDG in der PET-CT) ist zu achten (Kap. „Chronische Periaortitis“).
Therapie
Therapie der primären GV
Glukokortikoide
Die Empfehlungen für die immunsuppressive Behandlung der primären GV, RZA und Takayasu-Arteriitis sind aktuellen deutschen und europäischen Leitlinien zu entnehmen (Schirmer et al. 2020; Hellmich et al. 2020). Im Regelfall sind für die Behandlung mindestens 1–2 Jahre, teils auch deutlich längere Zeiträume, zu veranschlagen. Die Therapie fußt auch heutzutage noch auf der Behandlung mit Glukokortikoiden. Eine initiale Dosis von 40–60 mg/Tag ist in den meisten Fällen ausreichend, bei ischämischen Organkomplikationen (insbesondere okuläre ischämische Komplikationen bei RZA) und seltener bei kritischer Extremitätenischämie wird eine intravenöse Induktionstherapie mit hoch dosierten Glukokortikoiden (Methylprednisolon 500–1000 mg/Tag über 3–5 Tage) empfohlen.
Nach Remissionsinduktion muss die Prednisolontagesdosis schrittweise reduziert werden, wobei kein verbindlicher Konsens bezüglich der Einzelschritte und der Schnelligkeit der Reduktion besteht. Als Richtwert kann eine Tagesdosis von 15 mg nach 3 Monaten sowie 5 mg (RZA) bzw. 10 mg (Takayasu-Arteriitis) nach 12 Monaten Behandlung angestrebt werden.
Rezidive der entzündlichen Gefäßerkrankung, aber auch Nebenwirkungen der Steroidtherapie sind im Langzeitverlauf unter Prednisolonmonotherapie bei der Mehrzahl der Patienten zu verzeichnen. Im Falle eines Rezidivs wird die Erhöhung der Prednisolondosis um 5–10 mg/Tag empfohlen, im Falle ischämischer Komplikationen im Rahmen des Rezidivs hingegen eine erneute hoch dosierte Remissionsinduktion.
Konventionelle Immunsuppressiva
Mit den Zielen der Reduktion der Rezidivrate und der Reduktion der kumulativen Glukokortikoiddosis werden steroidsparende Agenzien eingesetzt. Konventionelle Immunsuppressiva haben dabei allenfalls moderate therapeutische Effekte. Diese wurden nachgewiesen etwa für Methotrexat in einer Metaanalyse kleinerer randomisierter Studien mit unterschiedlichen Dosierungen für die Behandlung der RZA. Für die Takayasu-Arteriitis existieren hingegen lediglich Nutzenbelege aus Kohortenstudien (z. B. Methotrexat, Azathioprin und Leflunomid). Hohe Remissionsraten wurden in Fallserien für Cyclophosphamid berichtet, hier limitiert jedoch die Toxizität der Therapie den Einsatz auf schwerwiegende, lebensbedrohliche Erkrankungsverläufe (Hellmich 2020). Während bei der RZA MTX nur noch als Alternative für Tocilizumab (s. u.) eingesetzt wird, wird bei der Takayasu-Arteriitis der frühe Einsatz konventioneller Immunsuppressiva zusätzlich zu Glukokortikoiden empfohlen (Schirmer et al. 2020) (Kap. „Takayasu-Arteriitis“).
Biologische Therapien
Die TNF-α-Inhibitoren Infliximab und Adalimumab konnten, adjunktiv zu Glukokortikoiden bei Patienten mit therapienaiver RZA eingesetzt, Rezidivrate und Steroiddosis nicht günstig beeinflussen. Der monoklonale Antikörper gegen den Interleukin-6-Rezeptor Tocilizumab hingegen wurde, auf Basis eines Nutzennachweises mit gegenüber Placebo verbesserter Rate rezidivfreier Remission (zusätzlich zu einem Glukokortikoid-Tapering-Schema) in einer prospektiven randomisierten Studie-Phase-III-Studie (GiACTA), für die Behandlung der RZA zugelassen (Stone et al. 2017). In aktuellen Leitlinienempfehlungen wird der Einsatz bei Auftreten eines Rezidivs unter Tapering der Glukokortikoidmonotherapie bzw. bereits bei Therapiebeginn bei Vorliegen von Risikofaktoren für glukokortikoidassoziierte Komplikationen (z. B. vorbestehende Osteoporose) empfohlen. Vielversprechende Ergebnisse aus einer Phase-II-Studie liegen auch für den monoklonalen Antikörper gegen Interleukin-17A (Secukinumab) (Venhoff et al. 2023) vor, der folglich auch in einer Phase-III-Studie getestet wird.
Für die Takayasu-Arteriitis zeigte eine kleine randomisierte Studie aus Japan (TAKT) eine Verlängerung der Zeit bis zum Rezidiv unter Tocilizumab gegenüber Glukokortikoidmonotherapie, wenn auch knapp nicht signifikant (Nakaoka et al. 2018). Tocilizumab wird gleichwertig mit TNF-α-Blockern (beste Evidenz aus Kohortenstudien für Infliximab und Adalimumab) im Falle von Rezidiven unter Glukokortikoiden plus konventioneller Immunsuppressiva empfohlen (Schirmer et al. 2020; Hellmich et al. 2020). Die Regeln des Off-Label-Gebrauchs sind zu beachten.
Weitere therapeutische Maßnahmen
Kardiovaskuläre Risikofaktoren, insbesondere eine arterielle Hypertonie, sind gemäß der gültigen Empfehlungen zu behandeln. Die allgemeinen Maßnahmen zur Prophylaxe von Komplikationen der Glukokortikoidtherapie sind zu berücksichtigen (insbesondere Osteoporoseprophylaxe). Wenn keine spezifische Indikation vorliegt (z. B. hochgradige Stenose einer organ- oder extremitätenversorgenden Arterie), wird der generelle Einsatz einer Thrombozytenaggregationshemmung nicht mehr empfohlen (Schirmer et al. 2020).
Kritische Durchblutungsstörungen bei extrakranialer RZA (insbesondere Beinischämie) und Takayasu-Arteriitis (z. B. renale und myokardiale Ischämie, zerebrovaskuläre Insuffizienz) können in wenigen Fällen Maßnahmen der Revaskularisation erforderlich machen. In retrospektiven Studien waren die Langzeitoffenheitsraten nach Bypasschirurgie höher als nach endovaskulären Eingriffen (perkutane transluminale Angioplastie, mit oder ohne Stenting) (Saadoun et al. 2012). Wenn immer möglich, sollte vor einem vaskulären Eingriff eine Remission der entzündlichen Aktivität erzielt werden, da dies mit verbesserten Offenheitsraten einhergeht (Kap. „Takayasu-Arteriitis“).
Therapie der isolierten Aortitis und chronischen Periaortitis
Für die Therapie der isolierten Aortitis ist keine spezifische Evidenz verfügbar, die Behandlung erfolgt in den meisten Fällen analog zur Behandlung der RZA. Bei inzident im Rahmen von aortenchirurgischen Eingriffen nachgewiesenen Fällen ist, im Falle des Fehlens systemischer Symptome bzw. Entzündungszeichen, die Indikationsstellung für eine immunsuppressive Behandlung jedoch nicht selten problematisch.
Auch die Behandlung der CP folgt vergleichbaren Prinzipien: Zusätzlich zur Glukokortikoidbehandlung und konventionellen Immunsuppressiva (z. B. Methotrexat) hat hier insbesondere bei den IgG4-assoziierten Formen die B-Zell-Depletion mittels anti-CD20-Antikörper (Rituximab) einen Stellenwert. Daneben kann bei der CP im Einzelfall, in einer vergleichenden Studie jedoch mit unterlegender Wirksamkeit gegenüber einer Glukokortikodtherapie, eine Behandlung mit dem selektiven Östrogenrezeptormodulator Tamoxifen erwogen werden. Angesichts der häufig zu beobachtenden Assoziation zu einer schweren, verkalkenden Arteriosklerose der infrarenalen Aorta ist zudem die medikamentöse LDL-Cholesterinsenkung von praktischer Bedeutung.
Die Indikationsstellung und technische Durchführung der operativen Behandlung von Komplikationen der GV (offen-chirurgische oder endovaskuläre Behandlung von Aortendissektion, Aortenaneurysmen) erfolgen analog zu den Therapierichtlinien nicht entzündlicher Aortenpathologien.
Therapie der GV bei rheumatischer Grunderkrankung
Diese wird ausgerichtet an den Behandlungsrichtlinien für die jeweils zugrunde liegende Krankheitsentität und in der Regel gesteuert durch die behandelnden Rheumatologen. Angesichts der Seltenheit der Erkrankungen generell und der noch einmal selteneren entzündlichen Gefäßbeteiligung ist hier die (kontinuierliche) enge interdisziplinäre Absprache erforderlich. Beim M. Behçet wie auch bei der rezidivierenden Polychondritis und beim Cogan-Syndrom werden beispielsweise neben der Remissionsinduktion mit hoch dosierten Glukokortikoiden je nach Krankheitsschwere und vaskulärem Befallsmuster zur Remissionserhaltung konventionelle Immunsuppressiva, wie Azathioprin und Cyclophosphamid, eingesetzt. In refraktären Fällen können TNF-α-Blocker angewandt werden.
Verlauf und Prognose
Die Frühkomplikationen der primären GV sind in erster Linie ischämischer Genese und bedingt durch die Manifestation an aortalen Ästen. Der meist durch eine anteriore ischämische Optikusneuropathie bedingte Visusverlust bei RZA ist in der Regel auch unter Therapie irreversibel (Kap. „Riesenzellarteriitis“; Kap. „Okuläre Durchblutungsstörungen“, Lottspeich, et al.).
Während Stenosen der Aa. subclaviae/axillares bei RZA und Takayasu-Arteriitis durch Kollateralisierung in der Regel gut kompensiert werden, kann bei der RZA mit Beteiligung der Beinarterien durch den oft ausgedehnten Befall eine kritische Ischämie mit Gefährdung der betroffenen Extremitäten resultieren. Eine ernste, teils lebensbedrohliche Frühkomplikation der RZA ist darüber hinaus die Hirnstammischämie bei Beteiligung der Vertebralarterien. Bei der Takayasu-Arteriitis können, insbesondere wenn verzögert diagnostiziert, Organischämien als Frühkomplikationen in Erscheinung treten (z. B. Myokardinfarkte, Schlaganfall, hypertensive Entgleisung bei vaskulitischer Nierenarterienstenose).
Bei den GVs mit Aortenbeteiligung stellen Aneurysmen und Dissektionen der Aorta, insbesondere in ihrem thorakalen Segment, gefürchtete Langzeitkomplikationen dar.
So haben Patienten mit RZA ein bis zu 17-fach erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines (typischerweise die Aorta ascendens einbeziehenden) thorakalen Aortenaneurysmas bzw. einer Aortendissektion oder -ruptur (Abb. 7) (Mackie et al. 2014). Das Risiko steigt dabei etwa fünf Jahre nach Erstdiagnose der Erkrankung signifikant an. Wenn auch die Mortalität der Gesamtheit der Patienten mit RZA nicht erhöht ist, so weisen doch RZA-Patienten mit aortalen Komplikation wie auch allgemein die Patienten mit Takayasu-Arteriitis eine ungefähr dreifach erhöhte Mortalitätsrate gegenüber der Allgemeinbevölkerung auf.
Abb. 7
Pan-Aortenaneurysma bei einer Patientin viele Jahre nach Diagnose einer Riesenzellarteriitis im Röntgen-Thorax (a) bzw. der CT (b, c); intraoperativer Aspekt der Erweiterung des Aortenbogens (d); postoperative Röntgen-Thorax-Untersuchung nach herzchirurgischem Eingriff (Aortenbogenersatz mit Hybridprothese, sequenziell TEVAR) (e)
Es ist anzunehmen, dass Patienten mit isolierter Aortitis bzw. Aortitis im Rahmen rheumatischer Grunderkrankungen ebenfalls ein relevant erhöhtes Risiko aortaler Strukturschäden und damit später aortaler Akutereignisse aufweisen (Espitia et al. 2023; Ahmad et al. 2023). Bei der CP wird hingegen das Outcome vor allem durch renale Komplikationen (Hydronephrose) bestimmt. Bei allen GVs im Kontext rheumatischer Grunderkrankungen bzw. entzündlicher Systemerkrankungen bestimmen zudem das Ausmaß und der Schweregrad extravaskulärer Organmanifestationen das Outcome der Patienten.
Neben den krankheitsassoziierten Komplikationen sind therapieassoziierte Komplikationen zu berücksichtigen. Diese umfassen Infektionserkrankungen, zum Teil mit opportunistischen Erregern, sowie Folgeerscheinungen der in der Regel längerfristigen Glukokortikoidtherapie wie Osteoporose, Myopathie und Katarakt.
Monitoring unter Therapie
Die Therapiekontrolle erfolgt in erster Linie anhand von Klinik und Laborwerten. Wie bei einem Anfangsverdacht hat auch bei Rezidivverdacht die multimodale vaskuläre Bildgebung einen festen Stellenwert. Inwiefern hingegen die serielle Bildgebung bei asymptomatischen Patienten einen Nutzen für die Therapiesteuerung und Prognoseeinschätzung hat, ist nicht abschließend geklärt.
Da die Interleukin-6-Blockade die hepatische CRP-Synthese verhindert, ist dieses nicht mehr als Marker der entzündlichen Aktivität heranzuziehen. Fälle von subklinischer Progression der Gefäßläsionen bei Takayasu-Arteriitis unter Tocilizumab sind beschrieben. Daher erscheinen hier serielle bildgebende Kontrollen gerechtfertigt.
Da auch Jahre nach der aktiv-entzündlichen Krankheitsphase und nach Beendigung einer immunsuppressiven Therapie aortale Spätkomplikationen auftreten können, sind die Patienten mit GV auch langfristig im Auge zu behalten und im Bereich der thorakalen Aorta bildgebend zu kontrollieren.
Erklärung zu konkurrierenden Interessen
Der/die Autor(en) hat/haben keine Interessenkonflikte zu erklären, die für den Inhalt dieses Manuskripts relevant sind.
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