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Klinische Angiologie
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Publiziert am: 27.04.2024 Bitte beachten Sie v.a. beim therapeutischen Vorgehen das Erscheinungsdatum des Beitrags.

Epidemiologie und spezielle Pathophysiologie der venösen Thrombose

Verfasst von: Katja Sibylle Mühlberg
Venöse Thrombosen und Lungenembolien mit ihrer formal identischen Pathophysiologie sind trotz aller Fortschritte in Diagnostik und Therapie die dritthäufigste Todesursache kardiovaskulärer Erkrankungen. Nicht tödliche Komplikationen, wie das postthrombotische Syndrom, schränken zudem die Lebensqualität Betroffener ein und sind auch gesundheitsökonomisch aufgrund langwieriger Behandlungen bedeutsam. Die als Virchow-Trias zusammengefassten Verletzungen der Gefäßwand, Veränderungen der Fließeigenschaften und Zusammensetzung des Blutes sind Folge teils beeinflussbarer, teils aber auch nicht beeinflussbarer Risikofaktoren, die in patienteneigen und umweltbedingt eingeteilt werden. Die Kenntnis dieser starken oder schwachen Risikofaktoren, die passager oder lang anhaltend einwirken, ermöglicht nicht nur eine Erklärung der Thrombusgenese, sondern entscheidet über Art und Dauer der Therapie, insbesondere der Antikoagulation, und nimmt damit unmittelbar Einfluss auf Rezidivprophylaxe und Prognose.

Epidemiologie

Die mittlere Inzidenz venöser Thrombembolien (VTE) wird in Europa auf 1–2 pro 1000 Einwohner und Jahr geschätzt, die sich im Mittel verteilen auf ca. 465.000 venöse Thrombosen und 296.000 isolierte Lungenembolien pro Jahr (Cohen et al. 2007). 370.000 VTEs enden tödlich, 34 % davon als plötzlicher Herztod, 59 % allerdings als Folge unerkannter Lungenembolien. Nur 7 % der VTE-assoziierten Todesfälle werden ante mortem diagnostiziert. Nach Herzinfarkt und Schlaganfall sind VTEs damit die dritthäufigste Todesursache kardiovaskulärer Erkrankungen (Wendelboe und Raskob 2016). Neueren Untersuchungen zufolge präsentieren sich VTEs zu einem Drittel als Lungenembolie mit und ohne Thrombose und zu zwei Dritteln als isolierte Thrombose (Virani et al. 2020). Am häufigsten sind dabei die unteren Extremitäten betroffen, dabei zu 40 % die Venen am Unterschenkel, zu 20 % die Femoralvenen und am seltensten sind mit 4 % die Thrombosen der Beckenvenen betroffen (Strijkers et al. 2011).
Oberflächliche Venenthrombosen, auch Thrombophlebitiden genannt, treten häufig im Zusammenhang mit Varizen auf und zeigen eine Häufung mit zunehmendem Alter. Pro Jahr liegt die Inzidenz oberflächlicher Venenthrombosen bei 0,64 auf 1000 Menschen (Frappé et al. 2014). 75 % der Betroffenen leiden dabei unter einer Varikothrombophlebitis, Frauen sind mit zwei Drittel der Fälle häufiger betroffen als Männer. Die V. saphena magna einschließlich ihrer Seitenäste war am häufigsten betroffen (50–70 %), deutlich seltener die V. saphena parva mit 10–20 % (Linnemann et al. 2023).
Einer dänischen Registerstudie zufolge haben Frauen im Vergleich zu Männern ein etwas höheres Lebenszeitrisiko, eine VTE zu erleiden (Arnesen et al. 2022), was dem höheren VTE-Risiko der Frau während ihrer Reproduktionsphase geschuldet ist. So ist belegt, dass Frauen im gebärfähigen Alter gegenüber gleichaltrigen Männern ein höheres VTE-Risiko haben, was durch die Schwangerschaft selbst, aber auch den Gebrauch hormoneller Kontrazeptiva erklärt wird. Nach der Reproduktionsphase wird der Einfluss postmenopausaler Hormonersatztherapie ebenfalls als Risikofaktor diskutiert. Im Vergleich zu Männern manifestieren sich VTEs bei Frauen zudem häufiger als Lungenembolien (Linnemann et al. 2022). Für das thrombotische Erstereignis lassen sich keine Geschlechtsunterschiede hinsichtlich der Häufigkeit definieren.
Das Rezidivrisiko einer VTE zeigt geschlechtsspezifische Unterschiede. So liegt das kumulative Zehn-Jahres-Rezidivrisiko nach Beendigung einer dreimonatigen therapeutischen Antikoagulation bei Männern bei 41 %, während es bei Frauen bei 29 % liegt (Khan et al. 2019). Betrachtet man die gepoolte Rate rezidivierender VTEs pro 100 Personenjahre nach Beendigung einer dreimonatigen therapeutischen Antikoagulation, treten zehn Ereignisse im ersten Jahr auf, sechs im zweiten, vier in den Jahren 3–5 nach Erstthrombose und drei in den Jahren 6–10 nach Erstthrombose. Das kumulative Rezidivrisiko nach einem nicht provozierten Erstereignis einer VTE liegt im ersten Jahr bei 10 %, im zweiten Jahr bei 16 %, im fünften Jahr bei 25 % und im zehnten Jahr bei 36 % (Khan et al. 2019).
Auch eine Altersabhängigkeit lässt sich für das Auftreten von Thrombosen nachweisen, die sowohl für spontane als auch für Risikofaktor-assoziierte Thrombosen gilt. So liegt die Inzidenz thrombotischer Ereignisse bei über 80-jährigen achtmal höher als bei Menschen in der fünften Lebensdekade. Es besteht allerdings keine kontinuierliche Zunahme mit dem Lebensalter. So lässt sich zunächst ein Gipfel mit einem VTE-Risiko von 5/100.000 pro Jahr in der Neonatalperiode ausmachen. Während der Kindheit sind Thrombosen selten und zeigen dann mit der Adoleszenz beginnend in der zweiten Lebensdekade mit 1/100.000 pro Jahr eine noch niedrige Inzidenz, um dann exponentiell weiter anzusteigen. So liegen die Inzidenzen um 1–4/10.000 pro Jahr bei 20–40-Jährigen, 1/1000 pro Jahr bei 50–60-Jährigen, 3/1000 pro Jahr bei 80-Jährigen und 1/100 pro Jahr bei über 80-Jährigen (Linnemann et al. 2023). Das durchschnittliche Lebensalter für das erste thrombotische Ereignis liegt bei 60 Jahren. 60 % aller Thrombosen ereignen sich nach dem 60. Lebensjahr. Die Lebenszeitprävalenz für thrombotische Ereignisse in Deutschland beträgt 3–5 %. Post-mortem-Analysen zeigen mit bis zu 25 % aber deutlich höhere Prävalenzen (Rabe et al. 2009; Torbicki et al. 2008).
Das Risiko einer Thrombose verzehnfacht sich etwa alle 25 Lebensjahre.
Thrombosen treten nicht selten im Zusammenhang mit Tumorerkrankungen auf. Tumorpatienten haben ein ca. 7-fach höheres Thromboserisiko als Nicht-Tumorpatienten. Das Risiko, im Laufe einer Tumorerkrankung eine Thrombose oder Lungenembolie zu entwickeln, ist hoch und liegt bei 30 %. Bestimmte Tumorentitäten zeigen dabei ein besonders hohes VTE-Risiko, dazu zählen Pankreas-, Ovarial- und Lungenkarzinome sowie Hirntumore, des Weiteren Lymphome, Multiple Myelome, Nieren-, Magen- und Knochenkarzinome. Mamma- und Prostatakarzinome hingegen sind im Verhältnis dazu seltener mit VTEs assoziiert (Linnemann et al. 2023).
Thrombosen tiefer Beinvenen zeigen unter Antikoagulation und Kompression Rekanalisationsraten zwischen 50 und 80 % (Barco et al. 2020). Bleibt eine vollständige Rekanalisation einer Thrombose aus, insbesondere nach einem Zeitraum von sechs Monaten, kann die verbleibende Restthrombuslast zu einer anhaltenden Behinderung des venösen Abstroms führen und ein postthrombotisches Syndrom(PTS) bedingen. Dies gilt vor allem in den proximalen Venenabschnitten oberhalb des Knies bis hin zur Beckenetage. Nicht nur eine relevante Restthrombuslast, sondern auch ein Verlust der Venenklappenfunktion kann allein oder in Kombination mit okkludierten Venen zum PTS führen. Angaben zur Häufigkeit des PTS schwanken stark. Es wird geschätzt, dass 20–50 % aller Thrombosepatienten im Laufe ihres Lebens ein PTS entwickeln – in 5–10 % ein schweres. Einer prospektiven deutschen Registerstudie zufolge liegt die PTS-Prävalenz in Deutschland drei Jahre nach einer durchgemachten Thrombose bei 33 % (Hach-Wunderle et al. 2013). Schwergradige PTS kamen dabei mit 1,4 % selten vor, milde PTS in 23 % der Fälle, jeweils gemessen am Villalta-Score. Als typische Prädiktoren eines PTS konnten die folgenden Faktoren benannt werden:
  • Übergewicht,
  • höheres Lebensalter,
  • vorbestehende primäre Varikosis,
  • proximale Thromboselokalisation (femoral, iliakal, caval),
  • hohe Restthrombuslast,
  • persistierende Okklusion tiefer Venen,
  • ipsilaterale Rezidivthrombose,
  • anhaltend erhöhtes D-Dimer,
  • protrahierte Thrombosediagnose,
  • unzureichende oder ineffektive Antikoagulation in der Initialphase.
Eine frühzeitige Kompression ist hingegen, sofern sie binnen 24 h nach Thrombosediagnose initiiert wird, geeignet, die Wahrscheinlichkeit eines PTS signifikant zu reduzieren (Amin et al. 2018).

Spezielle Pathophysiologie

Die Entstehungsmechanismen venöser Thrombosen wurden von Rudolf Virchow (1823–1902) anhand histologischer Aufarbeitungen von Sektionsbefunden zunächst auf eine veränderte Beschaffenheit des Blutes und Schäden an der Venenwand zurückgeführt. Erst später kam die Kenntnis von Veränderungen der Fließeigenschaften als dritter wesentlicher Mechanismus hinzu. Heute sind alle drei Aspekte als sog. „Virchow-Trias“ nicht nur Gefäßmedizinern geläufig:
Virchow-Trias
  • Endothelschaden der Venenwand,
  • Veränderung der Fließeigenschaften des Blutes(Stase),
  • Zusammensetzung des Blutes (Hyperkoagulabilität).

Endothelschaden

Endothelschäden der Venenwand lassen sich einerseits durch iatrogene, andererseits durch traumatische Verletzungen erklären. Durchgemachte Thrombosen können ebenfalls zu Veränderungen der Venenwand dahingehend führen, dass thrombotische Wandauflagerungen als Restthrombuslast nicht nur die Oberfläche strukturell verändern, sondern auch den Endothel-abhängigen Stoffwechsel beeinträchtigen und inflammatorische Prozesse in Gang setzen, die ihrerseits eine erneute Thrombusgenese fördern. Endothelschäden können dabei auch Folge exogener Noxen sein, so z. B. bei der Thrombangiitis obliterans, bei der bevorzugt oberflächliche Venen als Reaktion auf Nikotin entzündlich getriggert thrombotisch obliterieren. Ähnliche Mechanismen werden für die Wirkung bestimmter Drogen, z. B. Marihuana, diskutiert. Endothelschäden betreffen aber auch funktionsuntüchtige Venenklappen, die ebenfalls nach einer stattgehabten Thrombose durch Verkleben mit der Venenwand oder Fixierung in einer starren Position Ausgangspunkt neuer Thrombosen sein können. Zentrale oder peripher inserierende Venenkatheter können ebenso Schäden am Venenendothel verursachen und damit zur Thrombusgenese beitragen.
Gegenwärtig wird davon ausgegangen, dass infolge einer Endothelverletzung proinflammatorische Zytokine zur vermehrten Oberflächenexpression von P-Selektin führen, das sowohl Leuko- als auch Thrombozyten anlockt. Lokal hypoxische Bedingungen vermitteln zudem eine verstärkte Expression adhäsiver Moleküle, die nach Aktivierung der adhärenten Thrombo- und Leukozyten letztlich zur Freisetzung des Tissue Factors führen, womit die Gerinnungskaskade in Gang gesetzt wird (Mosevoll et al. 2018). In Konsequenz dessen formiert sich ein Thrombus, der appositionell wachsen kann. Um die Hämostase aufrechtzuerhalten, kommt es gleichzeitig zur Aktivierung der Gegenspieler, z. B. Protein C und S sowie Antithrombin III und zur endogenen Fibrinolyse. Letztlich entscheidet die Imbalance zwischen prokoagulatorischen und profibrinolytischen Molekülen darüber, in welche Richtung das Pendel ausschlägt. So kann sich ein Thrombus formieren, wenn prokoagulatorische Faktoren dominieren, aber auch, wenn ein Mangel an antikoagulatorischen Faktoren vorliegt, z. B. ein Protein-C-Mangel. Laborchemisch stellen die bei der Fibrinolyse entstehenden Fibrinspaltprodukte als sog. D-Dimere nichts anderes als einen Hinweis auf eine aktivierte Gerinnung dar, die man sich als Diagnostikum bekanntermaßen zunutze macht.

Fließeigenschaften des Blutes (Stase)

Ein stagnierender venöser Blutfluss kann Folge anhaltender Immobilisation sein. Dabei muss es sich nicht zwangsläufig um Bettlägerigkeit oder Parese-bedingte Immobilisierung handeln. Stagnationen können auch durch zu wenig oder eingeschränkte Bewegung ausgelöst werden und dem damit verbundenen Ausfall der Wadenmuskelvenenpumpe, die das gepoolte Venenblut entgegen der Schwerkraft zum Herzen befördern soll. Dies kann z. B. postoperativ nach Hüft- oder Kniegelenkersatz der Fall sein. Selbst eingezwängte Sitzhaltungen mit wenig Bewegungsspielraum (z. B. Fensterplatz im Flugzeug, permanentes Sitzen im Schneidersitz oder auf eingeschlagenen Knien) behindern den venösen Rückstrom. Normalerweise öffnen und schließen sich Venenklappen etwa 20 × pro Minute beim stehenden Menschen, um den Abtransport des Venenblutes entgegen der Schwerkraft hin zum Herzen zu unterstützen. Die Sinus der Venenklappen selbst sind nicht selten Ausgangspunkt von Thrombosen. Einerseits liegt das daran, dass sich darin korpuskuläre Blutbestandteile „verfangen“ können, besonders dann, wenn eine fehlende Schließfähigkeit der Venenklappen vorliegt, z. B. nach vorangegangener Thrombose oder infolge einer Varikosis mit chronisch-venöser Insuffizienz. Dann pendelt das Venenblut hin und her, statt ungehindert abzufließen. Die Folge ist eine gerinnungsfördernde Stase. Belegt ist, dass dabei verschiedene Leukozytentypen in die Klappensinus infiltrieren und die Expression diverser Adhäsionsmoleküle fördern, u. a. Intercellular Adhesion Molecule-1 (ICAM-1), Vascular Cell Adhesion Molecule-1 (VCAM-1) und E-Selectin (Navarrete et al. 2023) und wiederum dadurch die Thrombusformierung fördern. Stagnierendes sauerstoffarmes Blut führt andererseits zur endothelialen Dysfunktion, die sowohl pro- als auch antikoagulatorische Regulationen provoziert. Hat sich ein Thrombus formiert, wandern Neutrophile und Makrophagen (später auch Erythrozyten) in das Fibringerinnsel ein und führen Zytokin-vermittelt zum Umbau des Gerinnsels mit Fibrosierung („Organisation“) des Thrombus.
Eine nicht seltene lokale Ursache venöser Abflussbehinderungen stellt auch der wachsende Uterus im Rahmen der Schwangerschaft dar. Tumore, die die Venen von außen komprimieren und Gewebemassen, wie bei der Adipositas permagna oder dem Dependency-Syndrom, können ebenfalls hierfür ursächlich sein. Als systemische Ursachen veränderter Fließeigenschaften kommt eine reduzierte kardiale Pumpleistung im Rahmen einer Herzinsuffizienz infrage.

Zusammensetzung des Blutes (Hyperkoagulabilität)

Eine erhöhte Gerinnungsneigung findet sich der Wortbedeutung nach bei angeborenen oder erworbenen Thrombophilien, wie der Faktor-V-Leiden- oder Prothrombin-Mutation, dem Antiphospholipid-Syndrom, Protein-C-/S-Mangel, der Lipoprotein(a)-Erhöhung u. a. Hyperkoagulabilität kann banal, aber auch schon infolge starker Exsikkose oder umgekehrt infolge zu hoher Zellzahl, z. B. bei essenzieller Thrombozythämie oder Polycythaemia vera, vorkommen. Im Kapitel schwangerschaftsassoziierter venöser Thrombembolien ist die physiologische Hyperkoagulabilität während Schwangerschaft und Wochenbett ausführlich beschrieben. Weibliche Hormone, insbesondere Östrogene, spielen hierbei eine Rolle und müssen auch als hormonelle Kontrazeptiva hinsichtlich des Thromboserisikos Beachtung finden. Bestimmte Tumorentitäten führen ebenfalls über verschiedenste Mechanismen zur vermehrten Thrombusgenese. Bislang sind chronisch-entzündliche Erkrankungen, wie M. Crohn, Colitis ulcerosa, Rheumatoid- und Psoriasisarthritis etc., im klinischen Alltag noch zu wenig beachtet, aber relevant. Sie fördern inflammatorisch getriggert die Thrombusgenese, was auch für Sepsis und verschiedenste bakterielle und virale Infektionen, z. B. COVID, beschrieben wurde.
Oft ist nicht nur ein einziger Risikofaktor Auslöser einer Thrombose. Meist kommen mehrere Aspekte zusammen, die sich ihrerseits verstärken und erst in ihrer Gesamtheit thrombophil auswirken. Beispielhaft sei eine adipöse (Stase!) Schwangere (Stase und Hyperkoagulabilität!) mit bereits stattgehabter tiefer Beinvenenthrombose (Endothelschaden!) genannt. Daher ist eine gewissenhafte Risikofaktorenanamnese aller drei Aspekte der Virchow-Trias, insbesondere zur Rezidivprophylaxe, bei jeder Thrombose unabdingbar.

Appositionelles Wachstum

Thrombosen können sowohl aszendierend als auch deszendierend wachsen. Man unterscheidet drei Wachstumsvarianten:
  • aszendierend,
  • deszendierend,
  • transfaszial.
Am häufigsten ist die aszendierende Thrombose, die ihren Ursprung meist in den tiefen Unterschenkel- oder Wadenmuskelvenen hat. Die frühere Bezeichnung nach Etagen (mit Beteiligung der Poplitealvene = Zwei-Etagen-Thrombose; Femoralvene = Drei-Etagen-Thrombose; Beckenvene = Vier-Etagen-Thrombose) soll jedoch aufgrund ungenauer Definitionen der Etagen nicht mehr verwendet werden (Linnemann et al. 2023).
Essenziell ist, dass stets proximales und distales Thrombusende genau dokumentiert werden. Nur so kann in der Nachsorge zuverlässig festgestellt werden, wie gut die Thrombose rekanalisiert ist, oder ob ein Progress vorliegt, was jeweils unmittelbare therapeutische Konsequenzen nach sich zieht.
Seltener sind deszendierende Thrombosen mit Ursprung im abdominellen Bereich und appositionellem Wachstum nach kaudal. Hier sind die häufigsten Auslöser abdominelle Raumforderungen, z. B. Tumore, aber auch eine Schwangerschaft oder entzündliche Bauchprozesse. Des Weiteren spielen anatomische Varianten, z. B. das May-Thurner-Syndrom, bei der Beeinträchtigung des venösen Abstroms zum Herzen eine Rolle.
Am seltensten sind oberflächliche Venenthrombosen (Thrombophlebitiden) der V. saphena magna oder parva und ihrer Seitenäste, die entweder aszendierend über ihren jeweiligen Mündungsbereich (Crosse) in der Kniekehle (V. saphena parva) oder der Leiste (V. saphena magna) direkt ins tiefe Venensystem mündend thrombosieren oder aber über Perforansvenen Anschluss zum tiefen System finden.
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