Frostbeulen sind kälteassoziierte, erythematös-zyanotische Hautveränderungen, die zumeist im Bereich der Akren auftreten (Abb. 1). Sie treten gehäuft jungen Frauen auf. Die Pathogenese von Frostbeulen ist bislang nicht geklärt wobei ein direkter Gefäßschaden mit Hypoxämie sowie rheologische Faktoren eine Rolle spielen. Frostbeulen gehen meist mit Juckreiz und Schmerzen der betroffenen Köperpartien einher und können bis zur Ulcerationen voranschreiten. Die Diagnose wird zumeist klinisch gestellt und therapeutische Ansätze umfassen neben Kälteschutz die Applikation von topischen Glukokortikoiden und die Gabe von Nifedipin.
Frostbeulen (Perniones) sind charakterisiert durch erythematös-zyanotische Hautveränderungen, die durch Kälteeinwirkungen auftreten können.
Sie treten häufiger bei Menschen, die im feuchten und kühlen Klima leben, sowie im Winter auf, wobei auch länger bestehende, direkte Kälteexpositionen bei ansonsten wärmeren Jahreszeiten das Auftreten von Frostbeulen begünstigen (Takci et al. 2012: Padeh et al. 2013). Genaue Inzidenzzahlen fehlen allerdings. Frostbeulen können in allen Altersgruppen auftreten wobei Frauen jungen und mittleren Alters häufiger betroffen sind. Wie beim Raynaud-Phänomen stellt ein niedriger Body-Mass-Index einen Risikofaktor für das Auftreten dar (Cappel und Wetter 2014; Simon et al. 2005) (Abb. 1).
Abb. 1
Perniones: im Winter rezidivierende rötliche Schwellungen an den Fingern einer 25-jährigen Patientin. (Rudolph 2015)
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Ätiologie und Pathophysiologie
Pathogenetisch wird ein Zusammenspiel aus mehreren Vorgängen vermutet. Einerseits scheinen durch die Kältexposition ein direkter Gefäßschaden sowie eine Vasokonstriktion mit anschließender Hypoxämie im Gewebe ausgelöst zu werden, die entzündliche Prozesse fördern. Andererseits wird vermutet, dass eine erhöhte Blutviskosität (z. B. bei Neoplasien des blutbildenden Systems) und immunmediierte Prozesse ebenfalls zur Entstehung beitragen. Letztere Vermutung stützt sich auf die Tatsache, dass Patienten mit einem chronisch kutanen Lupus erythematodes Hautveränderungen entwickeln können, die klinisch wie Frostbeulen imponieren (Chilblain Lupus erythematodes) (Doutre et al. 1992). Bis zu 20 % der Patienten mit der Manifestation eines Chilblain Lupus entwickeln einen systemischen Lupus erythematodes. Seltene familiäre Formen des Chilblain Lupus mit Manifestation in der Kindheit sind durch monogenetische Defekte hervorgerufen, etwa eine loss of function-Mutation im TREX1-Gen mit resultierend verstärkter Bildung von Typ I-Inferferonen (Dubey et al. 2022)
Daneben sind Perniones beschrieben im Zusammenhang mit anderen Kollagenosen und Infektionserkrankungen (z. B. Virushepatitis). Während der Sars-COV-2-Pandemie ist eine Häufung von Fällen sogenannter „Covid toes“ publiziert worden, mit perniones-artigen Hautveränderungen („chilblain like lesions) insb. der Zehen im zeitlichen Zusammenhang zu einer Covid-19-Erkrankung, jedoch ohne Assoziation zu Kälteexposition (Starkey et al. 2022). Überwiegend waren jüngere Patienten betroffen, nicht selten ohne weitere Symptome der SARS-CoV-2-Infektion und in der Regel mit einem milden selbstlimitierenden Verlauf.
In einer großen Kohorte von 104 Patienten mit Perniones wurden in 10 % der Fälle Kälteagglutinine nachgewiesen, jedoch in keinem Fall Kryoglobuline (Cappel und Wetter 2014).
Auch in Assoziation zu Medikamenten können Perniones auftreten, z. B. unter Therapie mit TNF-alpha-Blockern.
Nicht verwechselt werden dürfen Frostbeulen mit dem Lupus pernio, als kutane Manifestation der Sarkoidose resultierend aus einer granulomatösen Entzündung insb. im Gesichtsbereich.
Klinik
Klinisch manifestieren sich Frostbeulen meist innerhalb von 24 Stunden nach Kälteexposition als ödematöse, erythematös- bis zyanotisch-verfärbte Plaques oder Papeln im Bereich der Akren.
Dementsprechend wird die Diagnose meist in der kalten Jahreszeit zwischen November und März gestellt. Ein singuläres oder multiples sowie ein symmetrisches oder asymmetrisches Auftreten sind möglich. Die Zehen sind häufiger betroffen als die Finger, seltener hingegen Ohren, Nase, Kinn, Hände oder Füße (Cappel und Wetter 2014). Jene Veränderungen gehen meist mit einem Juckreiz, brennendem Gefühl oder Schmerzen einher. Blasenbildung und Ulcerationen sind mögliche Folgeerscheinungen, die gegebenenfalls mit einer Sekundärinfektion einhergehen können. Häufig bestehen die Hautveränderungen ca. 2 Wochen fort, ehe sie abheilen, wobei rezidivierende Verläufe vor allem bei kontinuierlicher Kälteexposition möglich sind (Padeh et al. 2013; Cappel und Wetter 2014). Trotz Meiden von Kälteexposition anhaltende oder bei warmen Temperaturen auftretende Läsionen sollten stets an eine sekundäre Ursache denken lassen.
Diagnostik
Die Diagnose wird zumeist ausschließlich anhand der typischen Klinik und dem Vorhandensein von vorangegangener Kälteexposition gestellt.
Im Falle von atypischer Klinik, möglichen Symptomen einer autoimmunen Erkrankung oder rezidivierenden Verläufen, v. a. ohne erhebbare Kälteexposition, können zur weiteren Abklärung Differenzialblutbild, CRP und BSG, Leber- und Nierenwerte, Urinstatus- und -sediment, Serumeiweißelektrophorese, Komplement sowie Immunserologie (Antinukleäre Antikörper mit Differenzierung; bei Chilblain Lupus anti-DNS-Antikörper meist negativ, anti-Ro/SSA-Antikörper und Rheumafaktor variabel erhöht) und die Bestimmung der Kälteagglutinine durchgeführt werden (Cappel und Wetter 2014). In einer systematischen Übersicht gelang nur bei etwa jedem 5. Patienten mit chilblain-like-lesions und vermutetem Zusammenhang zu einer Covid-19-Erkrankung der Nachweis der SARS-CoV-2-Infektion mittels PCR-Diagnostik oder Serologie (Starkey et al. 2022).
Apparative Diagnostik ist in der Regel entbehrlich und lediglich bei zusätzlich bestehendem V. a. das Vorliegen einer digitalen Perfusionsstörung induziert (z. B. akrale Oszillographie, Kapillarmikroskopie). Eine Hautbiopsie ist nur in Ausnahmefällen nötig, z. b. bei atypischer Klinik oder zur Abklärung einer möglichen Systemerkrankung. Bei Chilblain Lupus Erythematodes findet sich histologisch wie bei anderen chronisch kutanen Lupusformen eine sogenannte Interface-Dermatitis, in der direkten Immunfluoreszenz lässt sich das typische Lupusband infolge Immunkomplexablagerung an der dermo-epidermalen Junktionszone nachweisen (Dubey et al. 2022).
Mögliche Differenzialdiagnosen sind im Folgenden aufgeführt
Ein Vorschlag zu diagnostischen Kriterien aus der Mayo Klinik in Rochester, MN, USA, ist in der Tabelle (Tab. 1) aufgeführt, jedoch bislang nicht unabhängig validiert.
Tab. 1
Bislang nicht validierte diagnostische Kriterien für Perniones. (Cappel und Wetter 2014)
Major Kriterium
Lokalisierte Rötung und Schwellung der Akren mit Persistenz für > 24 h
Minor Kriterien
Auftreten bzw. Verschlechterung in der kalten Jahreszeit (November bis März)
Lymphozytäre Dermatitis ohne Hinweise für kutanen Lupus erythematodes in der Hautbiopsie
Ansprechen auf nicht medikamentöse Maßnahmen (Wärmen und Trocknen)
Therapie
Die primäre Maßnahme zur Behandlung von Frostbeulen ist die Vermeidung von weiterer Kälteexpositionen.
Patienten sollen angewiesen werden befallene Körperpartien adäquat warm zu halten, v. a. bei kalten Temperaturen, und die Dauer der Kälteeinwirkung so gering wie nötig zu halten. Beheizbare Handschuhe oder Socken können hierbei verwendet, wenn herkömmlicher Kälteschutz nicht ausreicht. Weiters sollte ein möglicher Nikotinkonsum beendet werden aufgrund der potenziellen vasokonstriktorischen und anderen gefäßschädigenden Wirkungen des Rauchens. Der Effekt dieser Maßnahmen ist nicht durch Studien untersucht, jedoch kann davon ausgegangen werden, dass ca. 80 % aller Patienten mit diesen Basismaßnahmen allein beschwerde- bzw. läsionsfrei werden. (Cappel und Wetter 2014).
Wird trotz ausreichendem Kälteschutz keine klinische Verbesserung erzielt, kann eine medikamentöse Behandlung indiziert sein. Einige wenige randomisierte Studien, methodologisch überwiegend limitiert u. a. durch kleine Fallzahlen, monozentrische Durchführung, unzureichend und heterogen definierte Studienendpunkte sowie das Fehlen längerfristiger Follow-up-Daten stehen zur Verfügung. Retardiertes Nifedipin als Calcium-Antagonist vom Dihydropyridintyp zeigte in älteren kleinen Studien vornehmlich aus Asien höhere Abheilungsraten gegenüber verschiedenen Komperatoren (u. a. Diltiazem, verschiedene topische Therapeutika). In einer randomisierten, plazebokontrollierten, doppelblinden Crossover-Studie aus den Niederlanden, publiziert 2016, zeigte sich hingegen kein Effekt einer sechswöchigen Nifedintherapie auf von den Patienten berichtete Beschwerden bzw. die Einschränkung von Alltagsaktivitäten (Souwer et al. 2016). In einer randomisierten, plazebokontrollierten Studie aus dem Irak wurde ein signifikanter Nutzen in Bezug auf Beschwerdefreiheit und Läsionsabheilung unter Einnahme von Pentoxyfillin berichtet, jedoch mit der Einschränkung von methodischen Schwächen und Unklarheiten bezüglich der Studienqualität (Al-Sudany 2016). Ein Nutzenbeleg für den Einsatz topischer oder systemischer Glukokortikoide konnte bislang nicht erbracht werden (Ganor 1983). Der Stellenwert von Hydroxychloroquin in der Behandlung von Perniones ist unklar. Im Vergleich mit anderen kutanen Lupusmanifestationen zeigte Hydroxychloroquin beim Chilblain Lupus erythematodes jedoch wesentlich schlechtere Ansprechraten (Dubey et al. 2022).
Zahlreiche andere medikamentöse Therapien sind anekdotisch oder in unkontrollierten Studien berichtet worden (u. a. topische Nitrate, Alpha-Blocker, Vitamin D, Dapson, Myokophenolatmofetil), sodass eine Nutzenbewertung auf Basis der limitierten Evidenz aktuell nicht möglich ist.
Zusammenfassend gibt es keine etablierte medikamentöse Therapieoption, die uneingeschränkt für den Einsatz bei Perniones empfohlen werden kann. Bei individuellen Therapieversuchen muss auf den Gebrauch außerhalb der Zulassung und mögliche Nebenwirkungen (z. B. Ödeme und symptomatische Hypotonie unter Nifedipin) hingewiesen werden.
Für die Diagnose sollen das Major-Kriterium und ein Minor-Kriterium erfüllt sein.
Literatur
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Takci Z, Vahaboglu G, Eksioglu H (2012) Epidemiological patterns of perniosis, and its association with systemic disorder. Clin Exp Dermatol 37(8):844–849CrossRefPubMed