Die Wahl zwischen endovaskulären und offenen chirurgischen Verfahren bei der Behandlung der
pAVK ist ein zentraler Aspekt der Gefäßmedizin. Beide Ansätze bieten spezifische Vorteile und Herausforderungen, die bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt werden müssen (siehe oben).
Aortoiliakale Läsionen
Die
aortoiliakale Verschlusskrankheit führt in der Regel zu einer Claudicatio vom Gluteal- oder Oberschenkeltyp. Bei Männern kann eine beidseitige Beteiligung der A. iliaca communis oder interna für eine vaskulär bedingte
erektile Dysfunktion verantwortlich sein.
Bei aortoiliakalen Verschlüssen hat sich die endovaskuläre Therapie in den letzten Jahrzehnten als bevorzugte Erstlinientherapie etabliert. Der Grund liegt in ihrer minimalinvasiven Natur und der damit verbundenen geringeren Morbidität und Mortalität bei vergleichbaren Langzeitergebnissen zur offenen Operation (Indes et al.
2013).
Studien zeigen, dass die primäre technische Erfolgsrate für endovaskuläre Eingriffe im aortoiliakalen Bereich zwischen 90 % und 100 % liegt, mit primären Offenheitsraten nach einem Jahr von 75–100 % und nach vier Jahren von 60–80 %. Die sekundäre Offenheitsrate erreicht nach einem Jahr bis zu 100 % und nach fünf Jahren 60–100 % (Kashyap et al.
2008).
Offen-chirurgische Eingriffe sind in der Regel Patienten vorbehalten, bei denen endovaskuläre Techniken nicht möglich (frustraner Rekanalisationsversuch) oder nicht sinnvoll sind (z. B.
iliakale Endofibrose) bzw. bei Rezidivverschluss nach vorausgegangenen endovaskulären Eingriffen.
Zu den chirurgischen Optionen zählen die Thrombendarteriektomie (TEA) der distalen Aorta und der Aa. iliacae meist über retroperitonealen Zugang, die Anlage eines aortoiliakalen, aortofemoralen oder iliakofemoralen Bypasses (PTFE- oder Dacron) sowie die retrograde TEA der Arteria iliaca externa von der Leiste aus, mit anschließender iliakaler Stentimplantation (Kap. „Chirurgische Techniken“).
Bei extremer Ausdehnung der Atherosklerose auf die gesamte infrarenale Aorta oder nach ausgedehnten Voroperationen im Bauchraum (hostile abdomen), bietet ein extraanatomischer iliakofemoraler oder femorofemoraler Cross-over-Bypass einen möglichen Lösungsansatz. Dieser sollte jedoch nicht als Firstlinetherapie in Betracht gezogen werden, da die Offenheitsrate und die Hämodynamik gegenüber der anatomischen Rekonstruktion unterlegen sind. Auch die Anlage eines einseitigen oder beidseitigen axillofemoralen bzw. eines axillobifemoralen Bypasses zählt hierzu (s. Tab.
2). Die operative Mortalität und Morbidität sind zwar niedrig, die assistierte 5-Jahres-Offenheitsrate liegt jedoch nur im Bereich von 50–75 % (Samson et al.
2018).
Tab. 2
Beispielhafte Konstellationen für eine offen-chirurgische Revaskularisation
Femoralisgabel und supragenuale Läsionen
Die Behandlung von Läsionen im Bereich der Femoralisgabel bleibt weiterhin eine Domäne der offenen Chirurgie (TEA). Die Verwendung von Stents in der Arteria femoralis communis wird generell nicht empfohlen, da die Streben durch die mechanische Belastung (Hüftbeugung) brechen können.
Bei gleichzeitiger Beteiligung der Femoralisgabel und der aortoiliakalen Achse wird häufig ein hybrider Ansatz gewählt, der offene (Femoralisgabel-TEA) und endovaskuläre Techniken (Stentimplantation aortoiliakal) kombiniert. Dies ermöglicht eine gezielte Behandlung komplexer Läsionen und nutzt die Vorteile beider Methoden. Die Langzeitergebnisse hängen stark von der Offenheit der nachgeschalteten Femoralisgabel und vornehmlich der A. profunda femoris ab (Morris et al.
1961).
Läsionen der Arteria femoralis superficialis werden mittlerweile primär überwiegend endovaskulär versorgt (Angioplastie, Stent, Atherektomie).
Studienlage und Entscheidungsfindung
Die BASIL-1
-Studie (Rekrutierung 1999–2004, Bypass vs. Angioplasty in Severe Ischaemia of the Leg) war die erste große randomisierte kontrollierte Studie, die die Wirksamkeit von endovaskulären Verfahren
im Vergleich zur offenen Bypassoperation
bei Patienten mit schwerer Ischämie der unteren Extremitäten untersuchte, die für beide Verfahren geeignet waren. Zusammenfassend führten die Bypassoperation und eine Ballonangioplastie zu weitgehend ähnlichen Ergebnissen in Bezug auf das amputationsfreie Überleben nach 1 und 3 Jahren. Eine Zwischenanalyse ergab, dass die Operation mit einer signifikant niedrigeren Rate an Frühverschlüssen, einer höheren 30-Tage-Morbidität und einer niedrigeren 12-Monats-Reinterventionsrate verbunden war als die Angioplastie, die 30-Tage-Mortalität war ähnlich. Bei Patienten, die länger als zwei Jahre überlebten, war die Bypassoperation mit einem besseren amputationsfreien Überleben und Gesamtüberleben assoziiert (Adam et al.
2005).
Innerhalb weniger Monate wurden 2023 zwei große Studien veröffentlicht, die Nachfolgestudie BASIL-2 (Bradbury et al.
2023) und die BEST-CLI
-Studie (Best Endovascular vs. Best Surgical Therapy in Patients with Critical Limb Ischemia) (Farber et al.
2022). In der Best-CLI-Studie wurden Patienten mit CLTI und infrainguinaler peripherer Verschlusserkrankung zwei parallelen Kohorten zugewiesen. Patienten mit geeigneter Vena saphena magna für eine Operation wurden der Kohorte 1 zugewiesen. Patienten, die einen alternativen Bypass benötigten (gestückelte Vene, Kunststoffbypass), wurden der Kohorte 2 zugewiesen. Verglichen wurde jeweils gegen eine Gruppe, die sich einer endovaskulären Therapie unterzog. Bei den Patienten mit CLTI, die über eine adäquate Vena saphena magna für eine chirurgische Revaskularisation verfügten (Kohorte 1), bestand nach einem mittleren Follow-up von 2,7 Jahren ein signifikanter Vorteil für den kombinierten Endpunkt, bestehend aus MALE (Amputation oberhalb des Knöchels, Reintervention = neuer Bypass, Bypassrevision, Thrombektomie oder Thrombolyse) und Tod. Bei den Patienten, die keine adäquate Vena saphena magna besaßen (Kohorte 2), waren die Ergebnisse in beiden Gruppen ähnlich.
In der BASIL-2-Studie (Rekrutierung aus den Jahren 2014–2020) wurde das amputationsfreie Überleben bei Patienten mit chronischer extremitätenbedrohender Ischämie untersucht (Bradbury et al.
2023). Beide Gruppen benötigten eine infragenuale Revaskularisation
und erhielten entweder eine endovaskuläre Behandlung oder einen Venenbypass. Das amputationsfreie Überleben war in der endovaskulären Gruppe länger als in der Bypassgruppe, vor allem verursacht durch eine niedrigere Mortalität, während die Ergebnisse für die Beschwerdelinderung/Wundheilung ähnlich ausfielen. Die Autoren propagierten daher einen „Endovascular-first-Ansatz“ für die infragenuale Revaskularisation.
Eine kürzlich erschienene
Metaanalyse von 11 randomisiert kontrollierten Studien (inklusive BASIL-1 und 2 sowie BEST-CLI) sowie 105 Kohortenstudien kommt zu dem Ergebnis, dass die endovaskuläre Revaskularisation mit einem geringeren kurzfristigen Risiko, einschließlich 30-Tage-Mortalität, Wundkomplikationen, MACEs und Dauer des Krankenhausaufenthaltes, aber einem höheren langfristigen Risiko, wie Überleben, Reinterventionsrate, primäre und sekundäre Offenheitsrate verbunden ist (Shu et al.
2023). Die Ergebnisse der randomisierten kontrollierten Studien (RCTs) stimmten mit den Ergebnissen der Kohortenstudien in Bezug auf 30-Tage-Sterblichkeit, Wundkomplikationen, Dauer des Krankenhausaufenthaltes, primäre und sekundäre Offenheitsrate überein, was die Zuverlässigkeit der oben genannten Ergebnisse weiter bestätigte. Die Autoren schlussfolgern, dass die Lebenserwartung ein entscheidender Faktor für die Wahl der Revaskularisationsmethode ist. Für ältere Patienten scheint die endovaskuläre Rekanalisation eine geeignete Option zu sein, während die offen-chirurgische Option eine geeignetere Behandlung für jüngere Patienten zu sein scheint (Kap. „Chronisch kritische Extremitätenischämie“).
Aus den vorliegenden Daten lässt sich kein striktes
endovascular-first oder
open-surgical-first ableiten. Gleichwohl kristallisieren sich Faktoren heraus, die ein offen-chirurgisches Vorgehen favorisieren, wie
-
Jüngeres Alter
-
Geringe Komorbiditäten
-
Komplexe Läsionen (langstreckig, verkalkt)
-
Adäquate autologe Vene vorhanden
-
Durchschnittliches periprozedurales Risiko
-
Lebenserwartung > 2 Jahre
Leitlinien
Auch die aktuellen Leitlinien der Society for Vascular Surgery (SVS), der European Society for Vascular Surgery (ESVS) und der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie (DGG) betonen die Bedeutung einer individualisierten Therapieentscheidung. Sie empfehlen, die Wahl des Verfahrens auf der Grundlage der WIfI-Klassifikation (Wound, Ischemia, foot Infection) und des GLASS-Systems (Global Limb Anatomic Staging System) zu treffen. Diese Systeme helfen, das Risiko und die Anatomie der Erkrankung zu bewerten und die geeignetste Behandlungsstrategie zu bestimmen.