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Klinische Angiologie
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Publiziert am: 14.02.2025 Bitte beachten Sie v.a. beim therapeutischen Vorgehen das Erscheinungsdatum des Beitrags.

Klinisches Bild und diagnostisches Vorgehen bei Verschlussprozessen der hirnversorgenden Arterien

Verfasst von: Dirk Sander
Verschlussprozesse hirnversorgender Gefäße sind häufig und nehmen mit dem Alter zu. In Deutschland werden ca. 15 % aller zerebralen Ischämien durch ≥ 50 %ige Stenosen oder Verschlüsse der extrakraniellen A. carotis verursacht. Eine Karotisstenose wird als symptomatisch gewertet, wenn sie innerhalb der letzten 6 Monate zu einem Hirninfarkt, einer transitorisch ischämischen Attacke oder einer retinalen Ischämie geführt hat.
Bei V. a. Stenose oder Verschluss eines hirnversorgenden Gefäßes soll eine farbkodierte Duplexsonografie durch einen erfahrenen Untersucher erfolgen. Wenn Zweifel an der Graduierung bestehen oder durch additive Gefäßprozesse oder kontralaterale hämodynamisch relevante Gefäßveränderungen die Ultraschalldiagnostik erschwert ist, wird eine zusätzliche Magnetresonanzangiografie (MRA) oder eine Computertomografie-Angiografie (CTA) empfohlen. Differenzierte CT- und MRT-Analysen sind in der Lage, Plaqueulzerationen und/oder Plaquehämorrhagien auch bei < 50 %igen Stenosen darzustellen. Der Nachweis einer in der MRT definierten Plaqueeinblutung ist bei Patienten mit asymptomatischer Karotisstenose mit einem signifikant erhöhten Hirninfarktrisiko assoziiert. Ein allgemeines Screening auf das Vorliegen einer Karotisstenose soll nicht durchgeführt werden.

Einleitung

Verschlussprozesse hirnversorgender Gefäße sind häufig und nehmen mit dem Alter zu. In Deutschland werden ca. 15 % aller zerebralen Ischämien durch ≥ 50 %ige Stenosen oder Verschlüsse der extrakraniellen A. carotis verursacht. In den nächsten Jahren ist – nicht zuletzt aufgrund der demografischen Entwicklung – mit einem weiteren Anstieg der Schlaganfallinzidenz zu rechnen. Von daher ist die Diagnose und optimale Behandlung dieser Gefäßprozesse von hoher Relevanz (Spence 2020).
Im Folgenden wird das klinische Bild von Verschlussprozessen der hirnversorgenden Gefäße sowie die notwendige Diagnostik in der Akutphase und im weiteren Verlauf beschrieben sowie einige besondere Konstellationen (Subclavian-Steal-Effekt, Dissektion, asymptomatische Verschlussprozesse etc.) dargestellt.

Klinisches Bild

Anamnese

Der erste Schritt in der Diagnostik beginnt mit einer ausführlichen Anamnese. Hierbei wird das Hauptaugenmerk auf bekannte kardiovaskuläre Risikofaktoren wie Hypertonie, Hypercholesterinämie, Diabetes mellitus und eine positive Familienanamnese für kardiovaskuläre Erkrankungen gelegt. Es wird gezielt nach stattgefundenen vaskulären Operationen/Interventionen, lokalen Traumata und Bestrahlungen gefragt. Des Weiteren beinhaltet die Anamnese Fragen nach neurologischen Symptomen wie Sensibilitätsstörungen, Lähmungen, kurzzeitigem Erblinden (Amaurosis fugax), rezidivierendem Schwindel und Gangunsicherheit. Bereits diagnostizierte neurologische Erkrankungen wie Epilepsie, zerebrale Tumoren, Hirnblutungen oder vorausgegangene Schlaganfälle sollen in der Anamnese berücksichtigt werden.

Symptomatik

Das klinische Bild der zerebralen Ischämie ist abhängig vom betroffenen Gefäßareal. Es können einige typische Gefäßsyndrome unterschieden werden (Tab. 1).
Tab. 1
Klinik der akuten zerebralen Ischämie in Abhängigkeit vom betroffenen Gefäßareal
Gefäßterritorium
Klinik
A. carotis interna
Kontralaterale Halbseitensymptomatik, Amaurosis fugax (meist von oben nach unten sich ausdehnender plötzlicher Visusverlust eines Auges, für Minuten anhaltend)
A. cerebri media
Mediasyndrom: sensible, motorische kontralaterale Halbseitensymptomatik, Störungen der Blickmotorik, Aphasie, neuropsychologische Syndrome
A. cerebri anterior
Nur selten (< 5  %) von Infarkten betroffen. Parese des kontralateralen Beins, Antriebs- und Orientierungsstörungen
A. vertebralis
Schwindel, Nystagmus, Doppelbilder, Ataxie
A. basilaris
Symptomatik wechselnd, u. a. Nystagmus, Ataxie, Schwindel
Basilaristhrombose
Ausgedehnte, oft bilaterale Funktionsstörungen
A. cerebri posterior
Homonyme Hemianopsie zur Gegenseite, Apathie, Desorientiertheit, Hemineglect, Hemiataxie
Multiple Territorien
Multiinfarktsyndrom: kognitive Beeinträchtigung, neuropsychologische Störungen, Dysarthrie, Affektlabilität
Typische neurologische Symptome einer extrakraniellen Karotisstenose sind eine retinale Ischämie (z. B. Amaurosis fugax), eine einseitige Parese oder Gefühls- und/oder Sprachstörungen (Aphasie) (Tab. 2) innerhalb der letzten 6 Monate. Schwindel und Gedächtnisstörungen sind untypisch.
Tab. 2
Häufige klinische Symptome bei zerebraler Ischämie im Versorgungsgebiet der ACI
System
Klinische Symptomatik
Motorik
Kontralaterale, brachiofazial betonte, sensomotorische Hemiparese
Sehen, Okulomotorik
Homonyme Hemianopsie, Kopf- und Blickwendung zum Herd
Sprache
Broca- oder Wernicke-Aphasie
Sonstiges
Infarkt in dominanter Hemisphäre: Apraxie, Agrafie, Alexie, Akalkulie
Infarkt in nichtdominanter Hemisphäre: Raumorientierungsstörung, Neglect für linke Raumhälfte
Eine zerebrale Ischämie kann nicht immer auf die ipsilaterale Karotisstenose zurückgeführt werden, so gibt es klinisch-neurologische Symptome, die nicht zum Versorgungsgebiet der A. carotis (s. Übersicht) passen und damit auch nicht die Diagnose „symptomatische Stenose“ erlauben. Eine solche Unterscheidung ist bedeutsam, da das Schlaganfallrisiko bei asymptomatischer Stenose deutlich geringer als bei symptomatischer Karotisstenose ist (Eckstein et al. 2020).
Nicht passende klinisch-neurologische Symptomatik
  • Bitemporale oder binasale Hemianopsie
  • Doppelbilder und Nystagmus
  • Isolierter Schwindel
  • Ataxie

Klinische Definition des Schlaganfalls

Plötzlich auftretendes meist fokal neurologisches Defizit, das länger als 1 h dauert (sonst transitorische ischämische Attacke, TIA) und für die keine andere Ursache als eine vaskuläre (Infarkt oder Blutung) vorliegt. Circa 85 % aller Schlaganfälle werden durch einen Hirninfarkt, 15 % durch eine Blutung hervorgerufen. Circa 20 % aller zerebralen Ischämien werden durch Verschlussprozesse der hirnzuführenden Gefäße verursacht.

Symptomatik der TIA

  • Die Symptome unterscheiden sich initial nicht von denen eines manifesten Schlaganfalls, bilden sich aber rasch (meist < 1 h) zurück.
  • Die TIA stellt einen medizinischen Notfall dar: Risiko für einen Schlaganfall in den ersten 30 Tagen bis zu 12 % (Risikoabschätzung z. B. mittels ABCD3-Score).
  • Bis zu 50 % der TIAs zeigen neue Läsionen in der diffusionsgewichteten (DWI) MRT.
  • Rezidivierende oder fluktuierende Symptomatik erhöht das Risiko.
  • Frühe Diagnostik und Sekundärprophylaxe reduzieren das Schlaganfallrisiko um 80 % relativ und um 8 % absolut.
  • Allerdings sind zahlreiche Differenzialdiagnosen zur transitorisch-ischämischen Attacke zu berücksichtigen (s. Übersicht).
Differenzialdiagnose zur transitorischen ischämischen Attacke (TIA)
  • Pseudoradikuläre Symptomatik
  • Sensibler fokaler Anfall mit Erhalt des Bewusstseins („Jackson-Anfall“)
  • Postiktale Parese („Todd‘sche Parese“)
  • Psychogene Symptomatik
  • Migräne mit Aura

Diagnostisches Vorgehen

Akute fokal-neurologische Symptomatik

Initiale Diagnostik

Ziel der initialen Bildgebung ist:
  • eine Blutung von einer Ischämie zu unterscheiden bzw. eine andere Ursache der Symptomatik auszuschließen,
  • einen Verschluss eines großen Gefäßes nachzuweisen und
  • das Ausmaß potenziell rettbaren Gewebes („Penumbra“) zu ermitteln.
Dazu kommt die sog. multimodale Schlaganfallbildgebung zum Einsatz. Hierbei handelt es sich um die Kombination aus Nativ-CT, CT-Angiografie und ggf. CT-Perfusionsuntersuchung) oder eine MRT mit DWI-und FLAIR-Sequenz, MR-Angiografie und ggf. MR-Perfusion.
  • DW-/PW-MRT oder Perfusions-CT: mittels DW-MRT Darstellung früher ischämischer Areale bereits 30 min nach Symptombeginn, insbesondere zur Indikationsstellung zur mechanischen Rekanalisation im erweiterten Zeitfenster oder bei „Wake-up“-Schlaganfall mit unklarem Zeitfenster,
  • 12-Kanal-EKG,
  • Laboruntersuchungen: BB, Thrombozyten, Prothrombinzeit, INR, PTT, Elektrolyte, BZ, CRP, Leber- und Nierenwerte.
Gegebenenfalls:
  • extra- und transkranieller Doppler/Duplex: Erkennen eines Gefäßverschlusses extra- oder intrakraniell,
  • Echokardiografie (TTE oder TEE).
Bei Anwendung der Ultraschalldiagnostik in der Akutsituation gibt es einige Besonderheiten zu beachten:
  • begrenzte Untersuchungszeit,
  • erschwerte Untersuchungsbedingungen,
  • erhöhter diagnostischer Entscheidungsdruck,
  • Verschlusslokalisation und Ausmaß der zerebralen Minderperfusion als wichtigste Fragestellungen.

Erweiterte Abklärung

Die erweiterte Abklärung umfasst folgende Untersuchungen
  • extra- und transkranieller Doppler/Duplex (TCD): Erkennen von Plaques, Gefäßverschlüssen extra- oder intrakraniell etc.;
  • ggf. transkraniell-doppler-sonografische Emboliedetektion (MES);
  • ggf. MRT/MRA, falls initial nicht erfolgt;
  • kardiale Abklärung (Echokardiografie, Langzeit-Blutdruckmessung, Langzeit-EKG, ggf. Eventrekorder zur Detektion von paroxysmalem Vorhofflimmern);
  • ggf. (selten) konventionelle zerebrale digitale Subtraktionsangiografie (z. B. bei Verdacht auf isolierte ZNS-Vaskulitis);
  • erweiterte Labordiagnostik (Thrombophilieneigung, Vaskulitisparameter etc.);
  • ggf. genetische Testung (z. B. bei V. a. CADASIL, Morbus Fabry).

Postakutphase

Die Hauptbedeutung der neurovaskulären Ultraschalldiagnostik liegt in der Postakutphase. Hier dient die Duplexsonografie der ätiologischen Abklärung der zugrunde liegenden Ätiologie und der genaueren Darstellung einer etwaigen Gefäßpathologie:
  • Arterielle Embolisierung
    Der Ultraschall (US) gibt Hinweise auf generalisierte arteriosklerotische Veränderungen, die auf eine arterio-arterielle Genese von Hirninfarkten hinweisen können. Ein Nachweis von Plaques im Bereich der A. carotis ist auch mit arteriosklerotischen Veränderungen im Aortenbogen assoziiert. Auch flottierende Thromben im Bereich der Karotisgabel lassen sich mittels US gut darstellen.
  • Kardiale Embolisierung
    Ein im US-Schnittbild homogen erscheinender Verschluss ohne weitere arteriosklerotische Veränderungen weist auf eine mögliche kardiale Genese des Verschlusses hin.
  • Dissektion
    Eine spitz zulaufende A. carotis interna („String sign“) spricht für eine Dissektion. Das sichtbare ursprüngliche Gefäßlumen vermag darüber hinaus im Verlauf der A. vertebralis zwischen primärer Hypoplasie und einer dissektionsbedingten Gefäßeinengung zu differenzieren (Kap. „Dissektionen der extrakraniellen hirnzuführenden Arterien“).
  • Vaskulitis
    Eine homogen echoarme, konzentrische Gefäßwandverdickung („Halo-Effekt“) in den extrakraniellen Gefäßen weist auf eine Vaskulitis hin (Kap. „Riesenzellarteriitis“).

Erweiterte Diagnostik von Gefäßprozessen

Sollte aufgrund der Anamnese, des Risikoprofils oder der klinischen Untersuchung der Verdacht auf eine Pathologie der hirnversorgenden Gefäße bestehen, müssen weitere diagnostische Maßnahmen eingeleitet werden. Zu den leitliniengerechten Verfahren zählen die Duplexsonografie, die MR- oder CT-Angiografie sowie die digitale Subtraktionsangiografie (DSA). Letztere stellt jedoch ein invasives Verfahren dar und ist heutzutage nur noch in Ausnahmen, dann in Interventionsbereitschaft indiziert. Bei den genannten Verfahren gibt es sowohl Unterschiede in der Sensitivität und Spezifität als auch in den möglichen Nebenwirkungen. Das Ziel jedes Verfahrens ist die möglichst genaue Bestimmung des Stenosegrades der hirnversorgenden Gefäße, da dieser wiederum essenziell für die Festlegung des weiteren Managements (invasives vs. konservatives Therapiemanagement) des Patienten ist. Neuere Studien zeigen, dass neben dem Stenosegrad auch die Plaquemorphologie (regulär/irregulär, echoarm/echoreich) eine wichtige Rolle für die Therapieentscheidung spielt.
Bei V. a. einen stenosierenden Gefäßprozess soll zunächst eine farbkodierte Duplexsonografie durch einen erfahrenen Untersucher erfolgen. Wenn Zweifel an der Graduierung bestehen oder durch additive intrathorakale oder intrakranielle Gefäßprozesse oder kontralaterale hämodynamisch relevante Gefäßveränderungen die Ultraschalldiagnostik erschwert ist, wird eine zusätzliche MRA oder ersatzweise eine CTA empfohlen (Abb. 1). Vor einer Thrombendarteriektomie (TEA) oder einem Karotis-Stenting soll bei symptomatischen Patienten eine zerebrale Schnittbilddiagnostik erfolgen, bei asymptomatischen Patienten können hierdurch Zusatzinformationen gewonnen werden (Eckstein et al. 2020). Bei allen Patienten sollten kardiovaskuläre Risikofaktoren und Erkrankungen (KHK, pAVK) erfasst werden.
Abb. 1
Diagnostisches Vorgehen bei symptomatischer und asymptomatischer Stenose der A. carotis

Ultraschall

Die wichtigste apparative Untersuchungsmethode für die Beurteilung der supraaortalen Zirkulation ist mit einer Sensitivität von 89 % und einer Spezifität von 84 % die Sonografie (Wardlaw et al. 2006). Die Untersuchung ist strahlenfrei, kostengünstig und jederzeit wiederholbar. Nachteile liegen in der Untersucherabhängigkeit und der Artefaktanfälligkeit. Standardmäßig sollten die A. carotis communis (ACC), A. carotis interna (ACI), A. carotis externa (ACE), die A. vertebralis sowie die A. subclavia beidseits dargestellt werden (Kap. „Vaskulärer Ultraschall, arteriell“).
Für die Quantifizierung werden unterschiedliche angiografische Stenosegraddefinitionen verwendet: Die Kriterien der europäischen ECST-Studie messen den lokalen Stenosegrad, die Kriterien der nordamerikanischen NASCET-Studie beziehen sich auf das distale Lumen der A. carotis interna. Somit unterscheiden sich die Stenoseangaben nach NASCET und ECST erheblich. Entsprechend den Empfehlungen der DEGUM (Arning et al. 2010) sollte der Stenosegrad nach NASCET angegeben werden. Die Angiografie ist heute wegen des Risikos (Schlaganfallrate in der ACAS-Studie von 1,2 %) weitgehend durch nicht invasive Verfahren abgelöst worden. Dabei eignet sich die farbkodierte Duplexsonografie wegen ihrer breiten Verfügbarkeit, hohen Spezifität und Sensitivität als optimale Screeningmethode (Wardlaw et al. 2006) (Kap. „Stenosen und Verschlüsse der extrakraniellen A. carotis“).
Voraussetzung bei der Sonografie ist – wegen der deutlichen Untersucherabhängigkeit dieser Methode – die Anwendung durch einen qualifizierten Untersucher. Kriterien zur Graduierung der Stenose entsprechend den DEGUM-Kriterien sind in Tab. 3 dargestellt. Zur Bestimmung des Stenosegrades ist die Flussbeschleunigung allein jedoch nicht ausreichend sensitiv und spezifisch. Deshalb wurden von der DEGUM Haupt- und Zusatzkriterien zur besseren Stenosequantifizierung definiert (Tab. 3). Diese Kriterien können bei Rest- bzw. Rezidivstenose nach Stent-PTA der ACI jedoch nicht angewandt werden. In diesen Fällen muss von höheren systolischen Maximalgeschwindigkeit im Stent ausgegangen werden, und eine klare Interpretation ist nur im zeitlichen Verlauf möglich. Deshalb empfiehlt es sich, nach einer Karotisstentangioplastie die erste sonografische Kontrolle relativ früh postinterventionell durchzuführen.
Tab. 3
Stenosegraduierung der A. carotis interna. (Aus: Arning et al. 2010)
Stenosegrad (NASCET-Definition) %
10
20–40
50
60
70
80
90
Verschluss
Stenosegrad (ECST-Definition) %
45
50–60
70
75
80
90
95
Verschluss
Hauptkriterien
        
B-Bild
+++
       
Farbkodiertes Bild
+
+++
+
+
+
+
+
+++
Systolische Spitzengeschwindigkeit im Stenosemaximum (cm/s) ca.
  
200
250
300
350–400
100–500
 
Systolische Spitzengeschwindigkeit poststenotisch (cm/s) ca.
    
> 50
< 50
< 30
 
Kollateralen und Vorstufen (Periorbitalarterien/R. communicans ant.)
    
(+)
++
+++
+++
Zusatzkriterien
        
Diastolische Strömungsverlangsamung prästenotisch (A. carotis communis)
    
(+)
++
+++
+++
Strömungsstörungen poststenotisch
  
+
+
++
+++
(+)
 
Enddiastolische Strömungsgeschwindigkeit im Stenosemaximum (cm/s) ca.
  
bis 100
bis 100
über 100
über 100
  
Konfetti-Zeichen
   
(+)
++
++
  
ACI/ACC-Stenoseindex
  
≥ 2
≥ 2
≥ 4
≥ 4
  
Eine Erweiterung der sonografischen Möglichkeiten konnte mit der kontrastmittelverstärkten Sonografie (CEUS) erreicht werden. Es werden Substanzen wie z. B. Schwefelhexafluorid intravenös appliziert. Dadurch kann die Echogenität des Blutes verstärkt werden. Mit diesem Verfahren können sowohl die intraluminalen Verhältnisse als auch der Plaque selbst beurteilt werden. Eine eventuell vorhandene Neovaskularisation innerhalb der Plaque kann mit dieser Modalität zur Darstellung gebracht werden. Dies gilt als nicht unwesentliche Zusatzinformation, da aktuell in mehreren Arbeiten ein Zusammenhang zwischen Neovaskularisation und Plaqueinstabilität gezeigt werden konnte (Huang et al. 2016). Allerdings ist dieses Verfahren an den meisten Kliniken noch nicht als Standarduntersuchungsmethode etabliert, sondern bleibt speziellen Fragestellungen vorbehalten.
Die Sonografie eignet sich nicht nur zur Detektion von Karotisstenosen, sondern auch zur Diagnose anderer Pathologien der supraaortalen Gefäßabschnitte. Zu erwähnen sind stenosierende Veränderungen im Bereich der A. subclavia, welche, wenn sie proximal des A.-vertebralis-Abgangs sind, zu einem Subclavian-Steal-Phänomen mit oder ohne klinische Symptomatik führen können. Es werden Flussmuster im V2-Abschnitt der A. vertebralis mittels farbcodierter Doppler-Sonografie dargestellt. Hierbei kann es zu keiner, einer belastungsabhängigen oder einer permanenten Flussumkehr im Bereich der A. vertebralis kommen.
Durch die Fortschritte der bildgebenden Verfahren ist mittels CT- und MRT-Geräten eine hervorragende Beurteilung des Stenosegrades im Bereich der A. carotis möglich. Eine Metaanalyse zum Vergleich aller nicht invasiven Verfahren bei symptomatischen Karotisstenosen (Wardlaw et al. 2006) ergab die höchste Sensitivität und Spezifität für die kontrastverstärkte Magnetresonanzangiografie (MRA) zur Detektion einer 70- bis 99 %igen Stenose (Tab. 4).
Tab. 4
Vergleich von Sensitivität und Spezifität der nichtinvasiven Diagnostikverfahren zum Nachweis einer 70- bis 99 %igen Stenose. (Nach: Wardlaw et al. 2006)
Parameter
Duplex
CTA
TOF-MRA
KM-MRA
Sensitivität (95 % KI)
0,89 (0,85–0,92)
0,77 (0,68–0,84)
0,88 (0,82–0,92)
0,94 (0,88–0,97)
Spezifität (95 % KI)
0,84 (0,77–0,89)
0,95 (0,91–0,97)
0,84 (0,76–0,97)
0,93 (0,89–0,96)
CTA: CT-Angiografie; TOF-MRA: „Time-of-Flight“-Kernspinangiografie; KM-MRA: kontrastmittelverstärkte Kernspinangiografie.

CTA

Eine relevante Einschränkung der Sonografie ist die Untersucherabhängigkeit. Demgegenüber stellt die CTA eine objektive Messmethode dar. Die CT ist heutzutage flächendeckend verfügbar. Zur Durchführung wird ein meist jodhaltiges, potenziell nephrotoxisches Kontrastmittel intravenös appliziert. Deshalb ist bei Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz, Schilddrüsenerkrankungen und Jodallergie besondere Vorsicht geboten. Als weiterer Nachteil ist die Strahlenbelastung zu erwähnen. Mit einer Sensitivität von 77 % und einer Spezifität von 95 % ist die CTA der farbcodierten Doppler-Sonografie minimal unterlegen, trotzdem gibt es klare Indikationen für diese Modalität (Koelemay et al. 2004). Bei jedem symptomatischen Patienten ist eine präoperative Schnittbildgebung zum Ausschluss einer anderen, nicht ischämischen Ursache der neurologischen Symptomatik indiziert. Darüber hinaus kann im Fall eines Infarktes dessen Größe und Stadium (vorhandene Blut-Hirn-Schrankenstörung, Einblutungen, Alter, narbig umgebauter Infarkt) ermittelt werden. Diese Informationen tragen wiederum wesentlich zur Therapieplanung, vor allem zum Therapiezeitpunkt bei (Kap. „Computertomografie“).

MRA

Auch die MRA ist mittlerweile praktisch flächendeckend verfügbar. Die Sensitivität der Time-of-Flight(TOF)-MRA liegt bei 88 % und die Spezifität bei 84 % (Wardlaw et al. 2006). Der Vorteil der Methode liegt darin, dass sie ebenso wie die CTA nicht untersucherabhängig ist. Es ist keine Strahlung nötig, das Kontrastmittel ist weniger nephrotoxisch und nicht jodhaltig. Es kann in einem Durchgang das Zerebrum mitbeurteilt werden. Die Sensitivität zur Detektion von frischen kleinen ischämischen Läsionen ist im MR im Vergleich zum CT höher. Bei Vorliegen multipler unilateraler Ischämieareale und gleichzeitigem Vorhandensein einer ACI-Stenose kann auch ohne klinische Symptomatik von einer symptomatischen ACI-Stenose gesprochen werden. Als Nachteil ist anzusehen, dass die TOF-MRA eher zur Überschätzung der Stenose führt; zudem ist sie teurer und zeitaufwendiger als der Karotisduplex. Eine relative Kontraindikation besteht für Patienten mit Herzschrittmacher.
Da die einzelnen Methoden jeweils spezifische Vor- und Nachteile aufweisen, kann es sinnvoll sein, zwei dieser Methoden (z. B. Ultraschall und MRA) zu kombinieren, da hierdurch Sensitivität und Spezifität signifikant verbessert werden können (Kap. „Magnetresonanztomografie“).
Mittels nicht invasiver Verfahren (Duplexsonografie, CTA oder MRA) – ggf. in geeigneter Kombination – ist die Diagnose und Graduierung einer Karotisstenose mit hoher Sensitivität und Spezifität möglich.

Stenosemorphologie

Die Detektion von spontanen Mikroemboliesignalen (MES) mittels der transkraniellen Doppler-Sonografie (TCD) und das Plaque-Imaging mittels hochauflösender MRT erlauben, instabile von stabilen ACI-asymptomatischen Stenosen zu differenzieren.

Spezielle Konstellationen

Asymptomatische Karotisstenose

Patienten mit asymptomatischer Karotisstenose sind vaskuläre Hochrisikopatienten, bei denen eine Abklärung vaskulärer Risikofaktoren und ein Screening auf das Vorliegen einer KHK bzw. pAVK zwingend erforderlich ist.
Im Gegensatz zu Patienten mit symptomatischer Karotisstenose liegt das Schlaganfallrisiko bei asymptomatischer Stenose > 50 % unter optimaler konservativer Therapie („Best Medical Treatment“) bei ca. 1 % pro Jahr.
Das von einer Karotisstenose ausgehende Schlaganfallrisiko hängt allerdings auch von der Plaquemorphologie ab: Es besteht ein bis zu 5-fach erhöhtes Risiko für zerebrovaskuläre Ereignisse bei Nachweis von echoarmen im Vergleich zu echoreichen Plaques. Allerdings bleibt die möglichst exakte Quantifizierung des Stenosegrades wesentliches Kriterium für die Therapieentscheidung, da die großen Studien zur Entscheidung TEA vs. konservatives Vorgehen ausschließlich den Stenosegrad als Einschlusskriterium verwendet haben.
Es gibt zunehmend Versuche, instabile von stabilen asymptomatischen Stenosen zu differenzieren, um Hochrisikopatienten zu selektieren, die von einer invasiven Therapie der Stenose besonders profitieren (Tab. 5). In einer prospektiven Untersuchung an 319 Patienten mit über 60 %iger (nach Ultraschallbefund) asymptomatischer ACI-Stenose betrug die Schlaganfallrate innerhalb eines Jahres bei Patienten mit Nachweis von Mikroemboliesignalen (MES) in der transkraniellen Doppler-Sonografie (TCD) 1 % (95%-KI 1,01–1,36) im Vergleich zu 15,6 % (4,1–79) bei Nachweis von MES (Markus et al. 2010).
Tab. 5
Klinische und bildgebende Parameter, die mit einem erhöhten Risiko für eine zerebrale Ischämie bei 50- bis 99 %iger asymptomatischer ACI-Stenose assoziiert sind. (Nach: Fabiani et al. 2020)
Klinischer bzw. bildgebender Parameter
Odds Ratio/Hazard Ratio (95 % KI); p-Wert
Spontane Embolien im TCD
7,46 (2,24–24,89); 0,001
Echoarmer Plaque im Duplexultraschall
2,61 (1,47–4,63); 0,001
Spontane Embolien im TCD und echoarmer Plaque im Duplexultraschall
10,61 (2,98–37,82); 0,0003
Stenose Progression (50–99 % Stenose)
1,92 (1,14–3,25); 0,05
Stenose Progression (70–99 % Stenose)
4,7 (2,3–9,6); 0,05
Stummer Infarkt in der Bildgebung (60–99 % Stenose)
3,0 (1,46–6,29); 0,002
Eingeschränkte zerebrovaskuläre Reservekapazität (70–99 % Stenose)
6,14 (2,77–4,95); 0,01
Juxtaluminale echofreie Zone im Duplex (Computeranalyse)
Trend p < 0,001
Plaqueeinblutung im hochauflösenden MRT
3,66 (2,77–4,95); 0,01
Kontralateraler Schlaganfall oder TIA
3,0 (1,9–4,73); 0,0001
Neben der Detektion von spontanen MES mittels der TCD ist vor allem das Plaque-Imaging mittels hochauflösender MRT und speziellen Karotisspulen vielversprechend (Li et al. 2020). Verschiedene Untersuchungen konnten zeigen, dass es mittels hochauflösender MRT unter Einsatz geeigneter Sequenzen und spezieller Spulen möglich ist, Kriterien für instabile Plaques zu definieren (Fabiani et al. 2020).
Aufgrund der verbesserten medikamentösen Therapie wird in den aktuellen Leitlinien eine OP nur noch für Patienten mit Stenosen zwischen 60 und 99 % (nach NASCET) ohne erhöhtes OP-Risiko und einer Lebenserwartung > 5 Jahren empfohlen. Außerdem sollen ein oder mehrere klinische oder bildgebende Befunde nachweisbar sein, die mit einem erhöhtem Schlaganfallrisiko assoziiert sind (Tab. 5). Frauen mit asymptomatischer ACI-Stenose haben unabhängig vom Alter ein niedrigeres Risiko für eine zerebrale Ischämie (Kap. „Stenosen und Verschlüsse der extrakraniellen A. Carotis“).
Keyhani et al. 2019 analysierten, ob sich klinische Parameter identifizieren lassen, die den Nutzen einer TEA bei asymptomatischer ACI-Stenose bei Personen > 65 Jahre aufgrund einer reduzierten Lebenserwartung unwahrscheinlich machen. Von 2325 eingeschlossenen Patienten waren nach 5 Jahren bereits 29,5 % verstorben. Ein Modell unter Berücksichtigung von 4 Komorbiditäten (maligne Erkrankung in den letzten 5 Jahren, COPD, Herzinsuffizienz und chronische Niereninsuffizienz) war mit einer deutlich erhöhten 5-Jahres-Mortalität assoziiert. Bei Nachweis eines Parameters war das Risiko bereits um 31 % erhöht (HR 1,31; 95 % KI 1,02–1,70) und erreichte bei Vorhandensein aller 4 Faktoren eine HR von 5,22 (95 % KI 3,70–7,30).

Dissektion

Dissektionen betreffen meist die A. carotis interna oder die A. vertebralis und manifestieren sich beim Großteil der Patienten initial mit plötzlich auftretenden Projektionsschmerzen (temporal, orbital, fazial), einseitigen Hals- oder Nackenschmerzen oder lokalen Druckzeichen durch das Wandhämatom wie dem Horner-Syndrom oder kaudalen Hirnnervenausfällen (Schmidt-Pogoda und Minnerup 2019). Die klassische Trias aus einseitigen Kopf-, Gesichts- oder Nackenschmerzen, einem (inkompletten) Horner-Syndrom und im Verlauf einer zerebralen oder retinalen Ischämie findet sich lediglich in einem Drittel der Patienten (Schievink 2001), allerdings sollte der Nachweis von zweien dieser Symptome dringend an diese Differenzialdiagnose denken lassen. Ein einseitiger ipsilateraler Kopfschmerz ist häufig. Charakteristischerweise tritt dieser Kopfschmerz bei 2/3 der Patienten – überwiegend frontotemporal, aber gelegentlich auch im Bereich der gesamten Kopfhälfte oder okzipital – auf (Silbert et al. 1995). Die Intensität des Kopfschmerzes nimmt häufig langsam zu, es gibt aber auch Fälle mit plötzlichem starkem „Thunderclap“-Kopfschmerz (Silbert et al. 1995). Auch ein pulsatiles Ohrgeräusch (in ca. 25 % der ACI-Dissektionen) oder direkte Druckläsionen zahlreicher Hirnnerven durch das Wandhämatom mit entsprechender Klinik können auftreten.
Dissektionen treten zwar meist einseitig auf, in ca. 20 % der Fälle finden sich jedoch beidseitige Läsionen, nicht selten auch in Kombination mit dem vorderen und hinteren Kreislauf. Das Intervall zwischen Dissektion und klinischer Symptomatik ist variabel und kann auch mehrere Tage, im Einzelfall auch Wochen betragen. Ursache ist meist eine Embolisation von Thromben aus der Dissektion (Kap. „Dissektionen der extrakraniellen hirnzuführenden Arterien“).
Typische klinische Befundkonstellation
  • Akute Schläfenkopfschmerzen oder andere einseitige Gesichts- und/oder Kopfschmerzen und:
  • Horner-Syndrom ipsilateral: zusammen mit zerebraler oder okulärer TIA ipsilateral, ca. 30 % der Fälle;
  • pulssynchrones Ohrgeräusch ipsilateral;
  • kaudale Hirnnervenstörung ipsilateral: Hypoglossusparese, Vagusparese oder Glossopharyngeusparese mit Schluckstörung.
Diagnostik in zwei Schritten
  • Klinische Verdachtsdiagnose
  • MRT/MRA, CT/CTA oder Duplexsonografie
Cave: Bei allen Untersuchungsmethoden sind falsch-negative Befunde möglich!
Typisches Erscheinungsbild
Wandhämatom
Pseudoaneurysma
Langgestreckte, sich zuspitzende Stenose
Intimalefze
Doppellumen
Verschluss > 2 cm oberhalb Bifurkation mit Pseudoaneurysma
MRT mit MRA
Methode der Wahl zur Diagnostik der Dissektion ist die Kernspintomografie in Kombination mit 3D-Sequenzen mit Unterdrückung des Protonensignals des Blutflusses („Black-Blood-Sequenz“). Besonders sensitiv ist die fettsupprimierte T1-Wichtung mit axialer und koronarer Schichtführung, in der sich typischerweise eine meist exzentrische Signalanhebung als Korrelat des Wandhämatoms nachweisen lässt (Abb. 2). Das Signal kann in den ersten 72 Stunden fehlen. Zur Abschätzung des Alters der Dissektion eignet sich ein Multisequenz-MRT.
Abb. 2
Transversal hin-und herschwingende Dissektionsmembran im M-Mode (links) und B-Bild (rechts)
CT mit CTA
Beurteilung der Gefäßwand und des -lumens mit hoher räumlicher Auflösung. Nachteil ist die Strahlenbelastung bei den meist jüngeren Patienten. Es findet sich ein unregelmäßig stenosiertes Lumen und Nachweis des Hämatoms. Häufiger als im MRT gelingt der Nachweis von Intimalefzen oder intraluminalen wandständigen Thromben. Die Differenzierung von Wandhämatom vs. Vaskulitis vs. Atherosklerose ist schwierig.
Duplexsonografie
In der Duplexsonografie findet sich bei einer Dissektion der ACI eine umschriebene nicht arteriosklerotische Gefäßwandverdickung als Hinweis auf die intramurale Einblutung. Bei Vorhandensein eines perfundierten falschen Lumens lässt sich häufig eine transversal hin- und herschwingende Dissekatmembran nachweisen (Abb. 2). Kurzstreckige, lokal begrenzte Dissekate zeigen oft frei im Gefäßlumen pendelnde Intimalefzen („intimal flap“). Bei langstreckigen nach proximal reichenden Dissektionen findet sich häufig eine unmittelbar nach dem Karotisbulbus sich verjüngende ACI („string sign“). Dabei kann sonografisch eine langstreckige von der Schädelbasis nach proximal reichende Dissektion nur dann mit ausreichender Sicherheit diagnostiziert werden, wenn sich extrakraniell das ursprüngliche, unstenosierte Gefäßlumen im Schnittbild um das stenosierte Lumen erkennen lässt. Die Sensitivität beträgt bei Dissektionen mit klinischer Symptomatik ca. 62 %, bei Dissektion mit Ischämie 96 %.
Vertebralisdissektionen treten am häufigsten im V3-Segment (Atlasschlinge) und im V1-Segment unmittelbar vor Eintritt in den Querfortsatz des meist 6. Halswirbels auf. Bei klinischem Verdacht oder auffälligem Strömungssignal sollte die A. vertebralis in ihrem Verlauf nach kranial und kaudal untersucht werden. Vereinzelt können Dissektionen auch monosegmental zwischen zwei Transversalfortsätzen auftreten. Diagnostisch problematisch ist, dass die A. vertebralis nicht regelhaft über den gesamten Verlauf gut darstellbar ist. Dies trifft insbesondere auf den Bereich der Atlasschlinge zu. Eine Abgrenzung zu einer Hypoplasie gelingt meist über die Analyse des Strömungsprofils im V2-Segment, das bei Dissektion meist stark pulsatil mit fehlender diastolischer Komponente ist. Wichtig ist es zu beachten, dass ein negativer Befund im Ultraschall eine Dissektion nicht ausschließt. Die Sensitivität beträgt ca. 92 %.
Eine Dissektion der A. vertebralis kann mit einer Riesenzellarteriitis verwechselt werden. Zwar zeigen Arteriitiden meist eine konzentrische Lumeneinengung im Gegensatz zum exzentrischen Restlumen bei Dissektion, diese Unterscheidung ist jedoch nicht zuverlässig, sodass bei älteren Patienten an diese Differenzialdiagnose gedacht werden sollte.

Fibromuskuläre Dysplasie (FMD)

Die FMD ist eine nicht arteriosklerotische, nicht entzündliche Gefäßerkrankung, die häufig die Nierenarterien, aber auch die A. carotis und A. vertebralis betreffen kann.
An den hirnversorgenden Gefäßen findet sich die FMD in der ACI überwiegend unmittelbar unterhalb der Schädelbasis. Duplexsonografisch zeigt sich typischerweise eine umschriebene Stenosierung einige Zentimeter kranial der Bifurkation bei sonst fehlenden arteriosklerotischen Veränderungen. Aufgrund der Lokalisation ist die Sensitivität und Spezifität der Duplexsonografie begrenzt (Kap. „Fibromuskuläre Dysplasie“).

Subclavian-Steal-Effekt

  • Stenose/Verschluss der linken A. subclavia oder des rechten Truncus brachiocephalicus prox. des Abgangs der A. vertebralis.
  • Bei mittelgradiger Subklaviastenose findet sich eine systolische Entschleunigung in der ipsilateralen A. vertebralis als Hinweis auf einen geringgradigen Steal-Effekt. Bei höchstgradiger Stenose oder Verschluss der A. subclavia Strömungsumkehr in der ipsilateralen A. vertebralis als Zeichen eines kompletten Steal-Effektes.
  • Während zusätzlicher Muskelarbeit im betroffenen Arm kann es aufgrund einer Minderperfusion der A. basilaris zu Hirnstammsymptomen kommen: Subclavian-Steal-Syndrom.
Siehe Kap. „Stenosen und Verschlüsse der proximalen A. subclavia“.

Zerebrale Mikroangiopathie durch Arteriosklerose (subkortikale arteriosklerotische Enzephalopathie)

Durch eine Arteriosklerose der kleinen Gefäße hervorgerufene Enzephalopathie, die 90 % der Mikroangiopathien ausmacht. Wichtigster Risikofaktor ist der arterielle Hypertonus. Es gibt eine Assoziation mit der hypertensiven extrakraniellen Makroangiopathie. Pathogenetisch handelt es sich vorwiegend um eine Arteriolosklerose der langen Marklagerarterien mit Schädigung der weißen Substanz („Leukoaraiose“ bzw. „White Matter Lesions“) häufig in Kombination mit lakunären Infarkten.
Klinisch besteht eine affektive Labilität mit Reizbarkeit und/oder depressiven Symptomen, eine apraktische Gangstörung, eine Harninkontinenz sowie akute fokal-neurologische Symptome in Abhängigkeit von der Lokalisation der lakunären Ischämie. Häufig entwickelt sich eine subkortikale Demenz mit Erschöpfbarkeit, Verlangsamung, Aufmerksamkeitsstörungen und eine Antriebsminderung bis Apathie.
In der Bildgebung (vorzugsweise MRT) finden sich lakunäre Infarkte, eine diffuse, periventrikuläre Hyper- bzw. Hypointensität häufig im Grenzzonenbereich der tiefen und oberflächlichen perforierenden Arterien. In der Sonografie lässt sich gelegentlich bei ausgeprägter Mikroangiopathie in der ACI oder ACC ein deutlich pulsatiles Strömungsprofil als Hinweis auf einen erhöhten nachgeschalteten Widerstand nachweisen.
Bei Menschen unter 50 Jahren mit diesen Veränderungen, fehlendem Hypertonus und Migräneanamnese muss differenzialdiagnostisch auch an ein CADASIL („zerebrale autosomal-dominante Arteriopathie mit subkortikalen Infarkten und Leukenzephalopathie“) gedacht werden.

Karotidodynie

Die schmerzhafte A. carotis ist meist ein flüchtiges und selbstlimitierendes Symptom. Die Ultraschallbefunde sind inhomogen. Es wurden sowohl eine diffuse Wandverdickung der A. carotis communis bzw. der Karotisbifurkation als auch Wandeinblutungen und vaskulitische Bilder (z. B. Takayasu-Arteriitis, s. unten) beschrieben. Mit dem sog. TIPIC-Syndrom („transient perivascular inflammation of the carotis artery“) wurde in den letzten Jahren eine Krankheitsentität herausgearbeitet, die klinisch durch eine Karotidodynie und bildgebend durch eine Periarteriitis im Bereich der Karotisgabel charakterisiert ist und häufig im Zusammenhang mit arteriosklerotischen Plaques in dieser Lokalisation beobachtet wird (Abb. 3) (Micieli et al. 2022).
Abb. 3
Echoarmer perivaskulärer Saum im Bereich der arteriosklerotisch veränderten Karotisbifurkation bei einer Patientin mit TIPIC-Syndrom

Takayasu-Arteriitis

Bei dieser in Europa eher seltenen Gefäßerkrankung handelt es sich um eine chronisch verlaufende Vaskulitis, die insbesondere den Aortenbogen und die daraus entspringenden Gefäßstämme betrifft. Die Erkrankung tritt v. a. bei jüngeren Frauen bis zum 40. Lebensjahr auf.
Nach unspezifischer Symptomatik (allgemeines Krankheitsgefühl, Schwindel etc.) entwickelt sich eine entzündlich bedingte Verdickung der Innenwand der aortennahen Gefäße mit langstreckigen Stenosen. Im Bereich der hirnversorgenden Gefäße sind insbesondere die A. subclavia und die A. carotis communis betroffen. Der US ist zur Erst- und Frühdiagnostik geeignet.
Im S/W-Bild zeigt sich als typischer Befund eine langstreckige konzentrische Verdickung der Gefäßinnenwand. Diese ist homogen, echoarm und besitzt eine überwiegend glatte und parallel zur Gefäßaußenwand verlaufende Oberfläche (sog. Makkaroni-Zeichen) (Widder und Hamann 2018). Eine sichere Differenzierung zu diffusen arteriosklerotischen Veränderungen ist nicht möglich (Kap. „Takayasu-Arteriitis“).
Erklärung zu konkurrierenden Interessen
Der/die Autor(en) hat/haben keine Interessenkonflikte zu erklären, die für den Inhalt dieses Manuskripts relevant sind.
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