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Klinische Angiologie
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Publiziert am: 18.12.2023

Lungeninfarkt und Infarktpneumonie

Verfasst von: Tobias Lange
Lungeninfarkt und Infarktpneumonie können als Folge einer akuten Lungenembolie (LE) auftreten und gehen häufiger als eine alleinige LE mit pleuritischen Schmerzen und Hämoptysen einher. Bei V. a. einen Lungeninfarkt im Röntgenbild des Thorax sollte eine weitere Abklärung hinsichtlich möglicher zugrunde liegender Ursachen, insbesondere einer akuten LE, erfolgen. Zur Diagnose eines Lungeninfarkts eignen sich insbesondere Computertomografie und Sonografie. Therapeutisch steht die Behandlung der Grunderkrankung im Vordergrund. Die Prognose bei akuter LE scheint durch das Auftreten eines Lungeninfarkts nicht negativ beeinflusst zu werden.

Einleitung

Ein Lungeninfarkt stellt mit 17–31 % eine relativ häufige Komplikation bei Patienten mit akuter Lungenembolie (LE) dar (Miniati et al. 2015; Islam et al. 2018), kann aber auch bei anderen Erkrankungen wie z. B. der Sichelzellanämie und als Komplikation nach Kokainabusus auftreten (Delaney und Hoffman 1991; Vichinsky et al. 2000). Ein LE als Ursache einer (Infarkt-)Pneumonie sollte insbesondere bei Patienten mit LE-Risikofaktoren oder bei fehlendem Ansprechen auf die antibiotische Therapie in Erwägung gezogen und weiter abgeklärt werden.

Definition und Pathophysiologie

Ein Lungeninfarkt resultiert aus einer Unterversorgung peripheren Lungengewebes mit Sauerstoff als Folge eines Verschlusses peripherer Pulmonalarterienäste bei ungenügender Perfusion durch Kollateralen und Bronchialarterien. Aufgrund bronchialarterieller Restperfusion entsteht häufig ein hämorrhagischer Lungeninfarkt. Durch den Infarkt kommt es zur entzündlichen Mitreaktion der Pleura (Tsao et al. 1982; Kroegel und Reissig 2003).
Eine Infarktpneumonie entsteht durch eine bakterielle (Super-)Infektion eines Lungeninfarktes. Da auch der Lungeninfarkt mit systemischen Entzündungszeichen und Fieber einhergehen kann (Chengsupanimit et al. 2018), ist eine klinische Abgrenzung oft nicht eindeutig möglich.

Diagnostik

Klinische Präsentation

Dyspnoe und pleuritische Schmerzen stellen die häufigsten Symptome eines Lungeninfarkts dar, seltener sind Hämoptysen und Fieber, klinische Beschwerden können aber auch fehlen. Pleuritische Schmerzen und Hämoptysen treten bei Patienten mit LE häufiger auf, wenn ein Lungeninfarkt vorliegt (Dalen et al. 1977; Miniati et al. 2015; Chengsupanimit et al. 2018). Zumeist stehen die Symptome der zugrunde liegenden Erkrankung (am häufigsten akute LE) im Vordergrund und der Lungeninfarkt wird in der zur Diagnostik durchgeführten Bildgebung entdeckt. Während man aufgrund von Autopsiestudien früher davon ausging, dass Lungeninfarkte vor allem bei älteren Patienten mit Linksherzinsuffizienz auftreten (Dalen et al. 1977; Tsao et al. 1982), zeigen neuere Beobachtungsstudien ein Überwiegen jüngerer Patienten mit weniger Komorbiditäten (Miniati et al. 2015; Islam et al. 2018).

Bildgebung

Röntgen-Thorax

Die Kenntnis der Morphologie eines Lungeninfarkts im Röntgenbild (Abb. 1) ist wichtig, da dies ein Hinweis auf eine zugrunde liegende LE sein kann und zur weiteren Abklärung und ggf. Therapie führen sollte. Insbesondere bei untypischer klinischer Präsentation kann ein Lungeninfarkt mit einem peripheren Lungenkarzinom verwechselt werden (George et al. 2004). Lungeninfarkte stellen sich als einzelne oder multiple periphere, pleuranahe Konsolidierungen dar, der Erstbeschreibung (als „Hampton’s Hump“) nach in typischer Keilform („wedge-shaped“) mit Basis zur Pleura und spitzem Winkel Richtung Hilus (Hampton und Castleman 1940; McGrath und Groom 2013). Neuere Publikationen beschreiben jedoch, dass die pleuraferne Begrenzung Richtung Hilus in der Regel konkav und nur sehr selten spitzwinklig ist (Short 1951; Miniati 2016). Begleitende Pleuraergüsse und ein Zwerchfellhochstand können vorkommen. Das Erkennen eines Lungeninfarkts im Röntgenbild kann aufgrund der oft basalen Lage schwierig sein (Abb. 1).

Computertomografie

Die Lokalisation und Morphologie eines Lungeninfarkts in der Computertomografie (CT) als periphere, pleuranahe Konsolidierung unterscheiden sich grundsätzlich nicht von der im Röntgen-Thorax (Abb. 2). Aufgrund der höheren Detailauflösung stehen jedoch zusätzliche Zeichen zur Verfügung, welche neben der Diagnosestellung zudem auch zur Abgrenzung eines Lungeninfarkts von peripheren Konsolidierungen anderer Genese hilfreich sein können. Als Kennzeichen eines Lungeninfarkts wurden in Studien ein zuführendes (oft dilatiertes) Gefäß, zentrale Aufhellungen im Bereich der Konsolidierung, eine semizirkuläre Morphologie sowie das Fehlen eines Bronchoaerogramms identifiziert (Revel et al. 2007; Islam et al. 2018). Zusätzlich kann in der CT mit Kontrastmittel die zugrunde liegende LE oder eine andere Gefäßproblematik dargestellt werden.

Thoraxsonografie

Lungeninfarkte lassen sich gut sonografisch darstellen (Abb. 3), da sie peripher liegen, häufig mit einer pleuralen Beteiligung im Sinne eines lokalisierten und/oder basalen Pleuraergusses einhergehen und weniger lufthaltig sind als das gesunde Lungengewebe (Mathis et al. 1993). Das echoarme Infarktareal hat seine Basis an der Pleura und dehnt sich meistens keilförmig Richtung Hilus aus (Reissig und Kroegel 2003). Manche der Läsionen weisen eine zentrale, echoreiche Struktur auf, welche vermutlich Luft in der terminalen Bronchiole entspricht und den Arealen geringerer Dichte innerhalb der im CT sichtbaren Konsolidierungen entsprechen könnte (Reissig und Kroegel 2003). Lokalisiert sind die Lungeninfarkte vor allem in den Unterlappen mit einer Prädominanz der rechten Seite, vor allem korreliert die Lage sehr gut mit der Lokalisation des pleuritischen Schmerzes (Reissig et al. 2001). Ein zusätzliches Zeichen, welches auch zur Abgrenzung gegenüber Tumoren und pneumonischen Veränderungen dienen kann, ist eine fehlende Perfusion des Lungeninfarkts im Farbdoppler (Reissig und Kroegel 2003).
In aktuellen Metaanalysen erreicht die Thoraxsonografie (mit und ohne Kombination von Echokardiografie und Beinvenensonografie) im Vergleich mit der Thorax-CT eine Sensitivität von 85–91 % und eine Spezifität von 81–83 % zur Diagnose einer akuten LE (Jiang et al. 2015; Kagima et al. 2020).
Die diagnostische Wertigkeit der Thoraxsonografie nimmt bei fehlenden pleuritischen Schmerzen und zentraler LE ab. Der Ausschluss einer LE durch diese Methode ist nicht möglich

Therapie

Im Vordergrund steht die Therapie der Grunderkrankung, also in der Regel die risikoadaptierte Therapie unter Einschluss therapeutischer Antikoagulation bei Lungeninfarkt infolge einer akuten LE (Konstantinides et al. 2019). Das Auftreten eines Lungeninfarkts bei Patienten mit LE scheint weder die Krankheitsschwere (reflektiert in der Dauer des stationären Aufenthaltes) noch die Sterblichkeit zu beeinflussen (Islam et al. 2018; Chengsupanimit et al. 2018). Zur Vermeidung von Sekundärkomplikationen durch Schonatmung sollte eine adäquate analgetische Therapie bei pleuritischen Schmerzen erfolgen. Für die Behandlung einer Infarktpneumonie liegen keine speziellen Empfehlungen hinsichtlich Antibiotikaauswahl oder Therapiedauer vor, sodass diese entsprechend geltenden Leitlinien und in Abhängigkeit vom klinischen Ansprechen erfolgen sollte.
Bei fehlendem Ansprechen einer Pneumonie auf die Antibiotikatherapie sollte das Vorliegen einer LE mit Infarktpneumonie als mögliche Ursache des Therapieversagens – insbesondere bei Vorliegen von LE-Risikofaktoren – in Erwägung gezogen werden (Ewig et al. 2016).
Literatur
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