Etwa ein Fünftel aller zerebralen Ischämien betreffen das hintere Strombahngebiet und bis zu 25 % dieser Insulte sind durch arteriosklerotische Erkrankungen der A. vertebralis oder subclavia bedingt. Die Prävalenz ist im Vergleich zur Karotisstenose geringer, wobei sie aufgrund der häufig eingeschränkten vollständigen Darstellbarkeit mutmaßlich unterschätzt wird. In der Diagnostik sind neben der Duplexsonografie deshalb insbesondere Schnittbildverfahren von Bedeutung. Aufgrund der deutlich höheren Evidenzlage orientiert sich die medikamentöse Therapie an den Empfehlungen zur Behandlung der Karotisstenose.
Bei symptomatischen Stenosen kann sowohl eine chirurgische als auch endovaskuläre Revaskularisation in Betracht gezogen werden, da es bis dato keine randomisierten Studien für diese Gefäßregionen gibt. Aufgrund der einfacheren und sicheren Durchführung kommt die endovaskuläre Behandlung in der Praxis meist als primäre Therapie zum Einsatz.
Zerebrale Insulte stellen die dritthäufigste Todesursache in unserer Gesellschaft dar, wobei ca. 80 % der Schlaganfälle ischämischer Genese sind und ca. 20 % davon das vertebro-basiläre Stromgebiet betreffen. Bei Patienten mit extrakranieller zerebrovaskulärer Gefäßerkrankung ist die Vertebralarterie (VA) am zweithäufigsten nach der Karotisbifurkation betroffen. Läsionen der VA sind meist im Bereich des Gefäßabgangs oder intrakraniell lokalisiert. Die tatsächliche Inzidenz der obstruktiven Erkrankung der VA wird mutmaßlich unterschätzt, da sie mittels Ultraschall meist nicht komplett einsehbar ist und ischämische Ereignisse des vertebro-basilären Versorgungssystem oftmals weniger Aufmerksamkeit erlangen, als Ischämien des Karotisstromgebietes, weshalb die Evidenz zur Erkennung und Behandlung der VA auch deutlich geringer ist.
Anatomie
Die rechte und linke VA entspringen beide in der Regel aus der A. subclavia, wobei sich ihr Verlauf typischerweise in 4 Segmente unterteilen lässt (Abb. 1). Das 1. Segment (V0/1) erstreckt sich vom Ursprung bis auf Höhe der Foramina transversa (meist 6. Halswirbel) und das zweite (V2) umfasst den interossären Verlauf bis auf Höhe des 2. Halswirbel. Im weiterem extrakraniellen Verlauf (V3) zieht sie hinter dem posterioren Teil des 1. Halswirbel bis zum Foramen magnum, wo sie dann im 4. Segment (V4) in die Dura eintritt und im Zusammenfluss mit der Gegenseite in der A. basilaris endet. Anatomische Varianten sind häufiger als im Karotisstromgebiet. In ca. 5 % der Fälle entspringt die linke VA direkt aus dem Aortenbogen und bei ca. 10 % findet sich einseitig ein deutlich kaliberschwächeres Gefäß.
Abb. 1
Anatomie der A. vertebralis. Einteilung des extra- und intrakraniellen Verlaufes der A. vertebralis in unterschiedliche Segmente V 1–4. Luther B (2014): A. vertebralis. In: Luther (Hrsg.), Techniken der offenen Gefäßchirurgie, Springer Nature IT
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Ätiologie & Verlauf
Obstruierende Läsionen der VA sind in der überwiegenden Zahl der Fälle durch Atherosklerose verursacht. Weitere, aber deutlich seltenere Ursachen umfassen die fibromuskuläre Dysplasie (Kap. „fibromuskuläre Dysplasie“), Traumen bzw. Gefäßdissektionen (Kap. „Dissektionen der extrakraniellen hirnversorgenen Arterien“), vaskuläre (aneurysmatische) oder knöcherne Gefäß-Kompressionen (Kap. „Kompressionssyndrome“) sowie entzündliche Erkrankungen der großen aortennahen Gefäße (z. B. Takayasu-Arteriitis, Riesenzellarteriitis) (Kap. „Entzündliche Erkrankungen der großen Gefäße“).
Arteriosklerotisch bedingte Stenosen der VA betreffen am häufigsten den proximalen Gefäßabschnitt oder sind unmittelbar am Gefäßabgang durch Plaqueprotrusion aus der A. subclavia bedingt. Läsionen im mittleren Gefäßabschnitt können durch Einengungen der Foramina mit nachfolgender Kompression des Gefäßes verursacht werden.
Vertebro-basiläre Ischämien sind meist durch eine Thromboembolie verursacht, wobei eine relevante Stenose der VA für ca. 20 % aller Schlaganfälle des hinteren Strombahngebietes verantwortlich gemacht werden kann. Die restlichen Fälle sind meist kardialer Ursache (v. a. Vorhofflimmern) oder haben ihren Ursprung in der Aorta bzw. den proximalen Gefäßabschnitten (A. subclavia) bzw. sind auf eine zerebrale Mikroangiopathie zurückzuführen. Im Gegensatz zur Karotisstenose tritt eine hämodynamische Kompromittierung als Ursache einer Ischämie nur selten auf, da die VA oft zahlreiche Kollateralen besitzt und die A. basilaris paarig von ihr gespeist wird.
Höhergradige Stenosen des vertebro-basilären Systems mit kürzlich zurückliegender Symptomatik weisen ein 30 %iges Schlaganfallrisiko in den folgenden 5 Jahren auf, wobei das Risiko in der Frühphase nach Symptombeginn am höchsten ist. Das 90-Tage Schlaganfallrisiko nach stattgehabter Symptomatik beträgt ca. 25 % für Patienten mit Stenosen der VA im Vergleich zu ca. 7 % bei denen ohne Stenose (Aboyans et al. 2018). Die Datenlage zum natürlichen Verlauf bei asymptomatischer Stenose der VA ist beschränkt.
Klinisches Erscheinungsbild
Das vertebro-basiläre Gefäßsystem versorgt Hirnstamm, Kleinhirn, Okzipitalregion und meist auch den inferioren Bereich der Temporallappen bzw. einen Großteil der Thalami. Entsprechend können Ischämien im Verlauf der A. vertebralis zu einer Vielzahl von klinischen Symptomen führen.
Hierzu zählen Schwindel, Synkope, das Auftreten von Doppelbildern und Augenbewegungsstörungen, Sehstörungen bzw. Sehverlust, Dysarthrie, beidseitige Extremitätenschwäche, Sensibilitätsstörungen und Ataxie.
Läsionen der VA, die im Bereich des knöchernen HWS-Verlaufes lokalisiert und durch knöcherne Kompression z. B. infolge Osteophyten bedingt sind, zeichnen sich typischerweise durch eine Provokation der Symptomatik bei Kopfdrehungen aus, sind aber selten (Vertebralis-Kompressionssyndrom, synonym Bow Hunter`s Syndrom).
Differenzialdiagnostisch kommen eine Reihe anderer Erkrankungen in Betracht, die zum Teil ähnliche Symptome verursachen können.
Hierzu zählen intrazerebrale bzw. subarachnoidale Blutungen, Sinusvenenthrombose, kardiale Rhythmusstörungen, orthostatische Dysregulation, Gleichgewichtsorganstörungen, Migräne mit Aura und postiktale Störungen.
Eine Sonderform stellt das Subclavian-Steal-Syndrom (Subclavia-Anzapf-Syndrom) dar, dass bei proximalen Läsionen der A. subclavia insbesondere bei Armtätigkeit zu einer Flussänderung der ipsilateralen A. vertebralis und somit zu vertebro-basilären Symptomen führen kann. (Kap. „Stenosen und Verschlüsse der prox. A. subclavia“)
Diagnostik
Die Abklärung einer vertebro-basilären Insuffizienz sollte durch eine ausführliche fachneurologische Anamnese und klinische Untersuchung sowie nachfolgende Bildgebung erfolgen. Die farbcodierte-Duplex-Sonografie (FKDS) stellt die Methode der Wahl zur Darstellung der VA dar, wobei diese aber im Vergleich zur Karotisstenose weniger sensitiv ist, da der gesamte Gefäßverlauf oftmals nicht komplett eingesehen werden kann (Khan et al. 2007). Dies gilt insbesondere für die proximalen und distalen Gefäßabschnitte, die durch knöchernen Schallauslöschungen oftmals nur eingeschränkt beurteilbar sind. Die FKDS ermöglicht die Beurteilung des Gefäßdurchmessers und das Vorhandensein von Gefäßhypo-/Aplasien. Darüber hinaus erlaubt sie eine Beurteilung des Flussprofils. Bei relevanter Stenose der VA kann ein turbulenter Fluss mit Flussbeschleunigung in der Läsion nachgewiesen werden, wenn diese direkt einsehbar ist. Ansonsten lässt sich ein poststenotischer Fluss mit abgeschwächter Doppler-Flusskurve in den weiter distal gelegenen Gefäßabschnitten nachweisen (Abb. 2). Etablierte maximale Flussgeschwindigkeiten zur Stenosegraduierung sind nicht verfügbar und oft auch schwierig zu bestimmen, da eine verlässliche Angulierung des PW-Dopplers aufgrund des Verlaufes innerhalb der knöchernen Halswirbelsäule nicht immer gut möglich ist. Das Verhältnis der intra-zu poststenotischen systolischen Flussgeschwindigkeit, die mit vergleichbarer Winkelkorrektur erhoben werden sollte, erlaubt Rückschlüsse auf den Schweregrad einer Stenose, wobei ein Wert > 2,2 eine proximale Lumeneinengung ≥ 50 % mit hoher Sensitivität und Spezifität erkennen lässt (Naylor et al. 2018). Bei proximalem Verschluss der VA lässt sich oftmals ein Kollateralfluss darstellen. Durch die Bestimmung der Flussrichtung in der VA kann zudem das Vorliegen eines Subclavia-Anzapf-Syndroms (Subclavian-Steal-Syndrom) beurteilt werden. (Kap. „Stenosen und Verschlüsse der proximalen A. subclavia“)
Abb. 2
Duplexsonografische Befunde der A. vertebralis. Links: Regelrechtes Flussprofil der A. vertebralis im V2-Segment. Rechts: Poststenotisches Flussprofil im V2-Segment aufgrund einer hochgradigen Abgangsstenose der A. vertebralis bei fehlendem Schallfenster
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Zur Erkennung von zerebralen Ischämien im Parenchym des vertebro-basilären Strombahngebietes ist die Magnet-Resonanz-Tomografie (MRT) der Computer-Tomografie (CT) überlegen, da sie über eine höhere räumliche Auflösung verfügt und weniger artefaktanfällig ist. Für die Beurteilung der VA weisen sowohl die kontrastunterstützte CT- (CTA) als auch die MRT-Angiografie (MRA) eine deutlich höhere Sensitivität (94 %) und Spezifität (95 %) im Vergleich zur farbkodierten Duplexsonografie (Sensitivität 70 %) auf, da sie eine vollständige Darstellung des gesamten Gefäßsystems ermöglichen (Khan et al. 2007; Long et al. 2002). Allerdings kann bei der CTA die Bestimmung des wahren Gefäßlumens bei ausgeprägter Verkalkung eingeschränkt sein und die MRA kann aufgrund von Atem- oder Pulsationsartefakten zu einer Überschätzung des Stenosegrades einer Stenose der VA im Abgangsbereich führen. Eine invasive Angiografie in digitaler Subtraktionstechnik, die gemeinhin noch als Goldstandard in der Diagnostik der Vertebralarterie gilt, wird eher selten und meist bei symptomatischen Patienten durchgeführt, die potenziell für eine Revaskularisation infrage kommen.
Medikamentöse Therapie
Da für die Behandlung VA-Stenosen keine randomisierten, klinischen Studien zur Kontrolle der kardiovaskulären Risikofaktoren und medikamentösen Therapie existieren, orientiert sich das Vorgehen an den Empfehlungen zur Behandlung der extrakraniellen Karotisstenose (Brott et al. 2011; Naylor et al. 2018; Aboyans et al. 2018). Verhaltensmaßnahmen beinhalten eine gesunde Ernährung, regelmäßige körperliche Aktivität sowie eine Nikotinkarenz.
Die medikamentöse Therapie bei VA-Stenosen orientiert sich aufgrund fehlender randomisierter Daten an den Empfehlungen der symptomatischen Karotisstenose. Zur Prävention von kardiovaskulären Ereignissen wird eine antithrombotzytäre Therapie mit ASS (75–100 mg) bzw. Clopidogrel (75 mg) bei ASS-Unverträglichkeit empfohlen unabhängig von der Symptomatik. Bei frischen transienten oder Minor-Ischämien kann eine duale Plättchen-Hemmung innerhalb der ersten 4 Wochen in Betracht gezogen werden. Darüber hinaus sollten Patienten eine Statintherapie erhalten, wobei die Zielvorgaben sich an denen zur Behandlung der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit orientieren, die ein LDL-Cholesterin von < 1,4 mmol/L (< 55 mg/dL) bzw. eine ≥ 50 % ige Reduktion des Ausgangs LDL-Cholesterins empfehlen. Bei arterieller Hypertonie sollte ein Blutdruck von < 140/90 mmHg angestrebt werden und Diabetiker sollten auf eine strikte Blutzuckerkontrolle achten.
Revaskularisation
Patienten mit asymptomatischer VA-Stenose benötigen keine Revaskularisation. Diese kann bei symptomatischen Patienten mit extrakraniellen Stenosen ≥ 50 % in Betracht gezogen werden, die trotz optimaler medikamentöser einschließlich antithrombozytärer Therapie ischämische Ereignisse entwickeln. Eine Revaskularisation kann zudem bei symptomatischen Patienten mit beidseitiger Karotis-Okklusion erwogen werden, um die zerebrale Perfusion im Circulus Willisii zu verbessern, wobei der Evidenzgrad aufgrund der limitierten Datenlage als gering anzusehen ist. Chronische Verschlüsse der Vertebralarterien sollten aufgrund des ungünstigen Nutzen-Risikoverhältnisses durch die Gefahr von fatalen zerebralen Embolien nicht revaskularisiert werden. Patienten mit symptomatischer VA-Stenose weisen in der Frühphase nach vertebro-basilären Insult ein deutlich erhöhtes Risiko für das Auftreten eines Ischämierezidivs auf. So beträgt das 90 Tage Rezidivrisiko bei extrakranieller VA-Stenose ca. 16 % und steigt bei Stenosen im intrakraniellen Verlauf der VA auf ca. 33 % an (Naylor et al. 2018).
Aufgrund der hohen Rezidivrate sollte eine indizierte Revaskularisation frühzeitig nach Auftreten der Symptomatik angestrebt werden.
Operative Therapie
Traditionell erfolgte die Revaskularisation der VA offen operativ. Der Gefäßzugang ist dabei im Vergleich zur Karotis in der Regel komplexer. VA-Läsionen im V0/1-Segment können meist mittels Transposition der A. vertebralis zur ipsilateralen Karotis bzw. durch Endarteriektomie oder Reimplantation der Vertebralarterie mit Anlage eines Subclavia-Venenbypasses behandelt werden. Die Rekonstruktion distaler Gefäßabschnitte (V2/3) erfolgt typischerweise durch eine Bypassanlage bzw. durch eine Transposition bei nicht ausreichendem Bypassmaterial. Das V4-Segment ist operativ nur unzureichend zugänglich.
Ältere Observationsstudien berichten über z. T. hohe Komplikationsraten in der Frühphase nach Operation (zwischen 2,5–25 %) bzw. perioperative Mortalitätsraten zwischen 0–4 %. In jüngeren Studien nach 2000 betrug das perioperative Schlaganfallrisiko 1,4 % und die 30-Tage-Mortalität 4 %, wobei die Mortalitätsraten für distale Gefäßrekonstruktionen meist höher liegen (2–8 %) (Naylor et al. 2018). Die perioperative Morbidität ist aufgrund der Komplexität des Eingriffes zum Teil sehr hoch. Typische Komplikationen können das Auftreten eines Horner-Syndroms (22 %), einer Stimmbandlähmung (8 %) oder eines Myokardinfarktes (3 %) sein.
Mit der Einführung der endovaskulären Therapie ist die operative Behandlung heute zunehmend in den Hintergrund gerückt, weshalb die Zahl der verfügbaren Zentren, die über eine entsprechende Expertise verfügen, deutlich abgenommen hat.
Endovaskuläre Therapie
Technik der Vertebralis-Intervention
Der häufigste Zugangsweg erfolgt über die Femoralarterie. In selteneren Fällen wird ein Zugang über die Brachial- bzw. Radialarterie gewählt. Verwendung finden entweder lange 5–6F Schleusen oder Führungskatheter (z. B. Multipurpose) mit Positionierung im Anfangsbereich der A. subclavia. Die Passage der VA-Stenose erfolgt in der Regel mit koronaren 0,014″ Drähten (selten 0,018″) und für die Intervention werden meist koronare Monorail-Ballons und -Stents bzw. seltener over-the-wire Materialien verwendet, wobei letztere längere Führungsdrähte benötigen. Abb. 3 zeigt Interventionsbeispiele in unterschiedlichen Gefäßsegmenten der A. vertebralis.
Abb. 3
Vertebralis-Intervention in unterschiedlichen Gefäßsegmenten. Links: Hochgradige symptomatische ostiale Stenose (=>) der linken A. vertebralis (V0-Segment) vor und nach Stenting. Mitte: Höhergradige Stenose im V1-Segment vor und nach Stentimplantation. Rechts: Tandemstenose im V2-Segment (=>) vor und nach Implantation von zwei Stents
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Es gibt keine speziell entwickelten Vertebralisstents, weshalb für proximale abgangsnahe Läsionen aufgrund der vergleichbaren Gefäßdiameter der Koronarien meist koronare Ballon-expandierbare Stents verwendet werden, die eine gute Platzierung und Abdeckung des Gefäßostiums ermöglichen und optimalerweise einige wenige Millimeter in die A. subclavia reichen sollten. In seltenen Fällen kann ein distales Protektionssystem zum Schutz einer zerebralen Embolisierung verwendet werden, wenn die A. vertebralis einen ausreichend großen Gefäßdiameter aufweist (Abb. 4).
Abb. 4
Endovaskuläre Therapie einer symptomatischen A. vertebralis Stenose mit Ballon-expandierbaren Stent und gutem Langzeitergebnis. Links: Hochgradige Abgangsstenose der linken A. vertebralis (=>). Rechts: Implantation eines Ballon-expandierbaren Medikamenten-beschichteten Koronarstent mit optimaler Abdeckung des Gefäßostiums durch geringradige Positionierung des Stents in die A. subclavia. Zum Schutz vor einer zerebralen Embolisation erfolgte die Intervention unter Verwendung eines distalen Protektionsdevices (*). Rechts: Angiografisches Follow-up nach 6 Monaten mit Nachweis einer nur minimalen Intimaverdickung ohne relevante In-Stent-Restenose (=>)
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Selbst-expandierbare Stentsysteme werden meist bei distal gelegenen Stenosen verwendet. Bei Implantation von proximalen Abgangsstenosen werden sie meist mit in die A. subclavia positioniert, was bei einem großen Gefäßkalibersprung aufgrund einer mangelnden Gefäßadaptation zu suboptimalen Ergebnissen führen kann (Abb. 5).
Abb. 5
Intervention einer symptomatischen A. vertebralis mit einem selbst-expandierbaren Stent und nachfolgender In-Stent-Restenose. Links: Intervention einer ostialen Vertebralisstenose mit Implantation eines selbst-expandierbaren Nitinol-Stents von der A. vertebralis in die A. subclavia reichend. Mitte: Position des Stents in der Durchleuchtung ({). Rechts: Angiografische Darstellung nach 6 Monaten mit Nachweis einer höhergradigen Restenose im Stentbereich sowie in der aus dem Stent abgehenden A. subclavia (=>)
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Klinische Ergebnisse
Seit der erstmals durchgeführten Angioplastie im Jahre 1980 (Sundt et al. 1980) und der Einführung der Stent-Implantation 1998 (Fessler et al. 1998) finden sich zahlreiche Fallserien sowie einige randomisierte Studien, die über die Sicherheit und Effektivität der endovaskulären Therapie von VA-Stenosen bzw. über den Vergleich mit einer konservativen Therapie berichten.
In einem Review von 600 Fällen mit symptomatischer Stenose der VA fand sich eine hohe technische Erfolgsrate von 99 % und eine niedrige perioperative Schlaganfalls- und Mortalitätsrate von 1,3 % bzw. 0,3 % für Interventionen der proximalen VA (Eberhardt et al. 2006). Trotz einer vergleichsweise hohen Instent-Restenoserate von 25 % lag die jährliche Schlaganfallrate nach proximaler Intervention bei 0,6 %. Endovaskuläre Eingriffe der distalen VA sind hingegen mit einer hohen Schlaganfalls- und Mortalitätsrate von 2 % bzw. 3,2 % vergesellschaftet und die Morbidität beträgt bis zu 20 %. Zeitgleich mit den verbesserten Materialien und den endovaskulären Ergebnissen über die vergangenen 20 Jahre haben auch die Qualität und der Einsatz der medikamentösen Therapie zugenommen.
Vergleich Medikamentöse Therapie vs. Stenting
Erste orientierende Daten ließen sich aus einer kleinen Subgruppe der Carotid And Vertebral Artery Transluminal Angioplasty Study (CAVATAS) an 16 Patienten mit symptomatischem VAS (Angioplastie oder Stenting vs. konservativ) ableiten, wo keiner der Patienten aus beiden Gruppen während eines mittleren Follow-ups von 4,7 Jahren Rezidivsymptome entwickelte (Coward et al. 2007).
Die erste größere Vergleichsstudie zwischen Intervention und konservativer Behandlung war der Vertebral Artery Stenting Trial (VAST), der 115 symptomatische Patienten (< 30 Tage) mit einer intra- oder extrakraniellen VA-Stenose > 50 % rekrutierte. Die 30-Tages-Eventrate (Schlaganfall oder Tod) betrug in der Interventionsgruppe 5 % vs. 2 % in der konservativen Gruppe und die Schlaganfallrezidivrate nach 3 Jahren lag bei 12 % vs. 7 %. Die Studie wurde aufgrund regulatorischer Probleme vorzeitig gestoppt, sodass sich bei eingeschränkter statistischer Aussagekraft kein Vorteil für die interventionelle Therapie zeigte (Compter et al. 2015).
In dem kürzlich publizierten Vertebral Artery Ischemia Stenting Trial (VIST) wurden beide Verfahren bei 181 Patienten mit symptomatischer VA-Stenose ≥ 50 % verglichen. Von den randomisierten 91 Patienten in der Interventionsgruppe wurden letztlich nur 61 Patienten interveniert, da sich bei den übrigen angiografisch keine relevante Stenose zeigte. Zerebrale Insulte traten nach einem mittleren Follow-up von 3,5 Jahren bei 5 in der Stent- und 12 Patienten in der Kontrollgruppe auf, was einer 60 %igen Risikoreduktion entsprach, die aber aufgrund des vorzeitigen Abbruchs der Studie das Signifikanzniveau knapp verfehlte (Markus et al. 2019). In den Studien zeigten sich deutliche Hinweise, dass die interventionelle Behandlung von intrakraniellen VAS mit einem deutlich höheren peri-interventionellen Risiko assoziiert ist.
Dies bestätigte sich auch in der Stenting and Aggressiv Medical Management for Preventing Recurrent Stroke Studie (SAMPRIS) bei der 450 Patienten mit symptomatischer intrakranieller Stenose, von denen 60 im vertebro-basilären Stromgebiet lokalisiert waren, entweder auf eine Stenting- oder medikamentöse Therapie randomisiert wurden. Auffallend war insbesondere die deutlich höhere periprozentuale Insultrate bei Interventionen von Basilarisstenosen im Vergleich zu anderen Gefäßregionen (21 % vs. 7 %) (Chimowitz et al. 2011).
Vergleich unterschiedlicher Stenttypen
Die Verwendung von unbeschichteten koronaren Ballon-expandierbaren Stents im Bereich der Vertebralisstrombahn zeigte in den verfügbaren Beobachtungsstudien unterschiedliche Restenoseraten, die zwischen 11–43 % lagen und im Mittel mutmaßlich bei ca. 30 % liegen dürfte. Dies entspricht in etwa auch den Ergebnissen nach Koronarintervention, wo ähnlich hohe Restenoseraten für diesen Stenttyp beobachtet wurden. Dies führte letztlich Anfang 2000 zur Einführung von Medikamenten-beschichteter Stents in der Kardiologie und fand 2004 erstmals auch Verwendung in der Behandlung von Stenosen der VA (Ko et al. 2004).
Bisher gibt es keine randomisierte Studien, die unterschiedliche Stentdesigns in der Behandlung von VA-Stenosen verglichen haben. Eine Metaanalyse nicht-randomisierter Studien, die 170 beschichtete und 287 unbeschichtete Stent-Implantationen im Bereich der VA miteinander verglich, zeigte, dass In-Stent-Restenosen sowie die Rate rezidivierender Symptome signifikant seltener bei beschichteten im Vergleich zu nicht beschichteten Stents auftraten (8,2 % versus 23,7 %; OR 0,18) und (4,7 % vs. 11,6 %; OR 0,11) (Langwieser et al. 2014a).
Über die Verwendung von flexibleren selbst-expandierenden Stents wurde erstmals 2010 berichtet (Chung et al. 2010). Hierzu gibt es einige wenige kleine Beobachtungsstudie, die über eine hohe Effektivität und Sicherheit berichten. Eine Observations-Studie, die unterschiedliche Stenttypen für die Behandlung symptomatischer VA-Stenosen miteinander verglich, konnte zeigen, dass die Restenoserate bei diesem Stenttyp mit 33 % signifikant höher war als bei unbeschichteten (14 %) und insbesondere beschichteten Ballon-expandierbaren Stents (0 %), was möglicherweise durch eine suboptimale Adaptation des Nitinol-Stents in Regionen mit großen Kaliberschwankungen bedingt sein könnte (Abb. 5) (Langwieser et al. 2014a).
Zusammenfassend lässt die derzeitige Evidenz keine eindeutigen Schlüsse darüber zu, welches Therapieregime bei symptomatischer extrakraniellen VA-Stenose ≥ 50 % das geeignetste ist. Die endovaskuläre Therapie der extrakraniellen VA-Stenose erscheint aber relativ sicher durchführbar und mutmaßlich vergleichbar effektiv zur konservativen Therapie zu sein. Sie kann in ausgewählten Patienten, insbesondere bei diejenigen, die rezidivierende Symptome trotz optimaler medikamentöser Therapie aufweisen, in Betracht kommen. Gegenwärtig gibt es deutliche Hinweise darauf, dass Medikamenten-beschichtete Stents im Vergleich zu unbeschichteten Stents mit einer geringeren Rate an Instent-Restenose vergesellschaftet sind. Nach unbeschichteten Stenting sollte eine duale Plättchen-Hemmung für 4 Wochen eingenommen werden. Bei der Verwendung Medikamenten-beschichteter Stents gibt es keine Evidenz zur Dauer einer dualen Therapie, wobei man sich an den Empfehlungen nach Koronarintervention (mind. 3 Monate) orientieren sollte.
Für die endovaskuläre Behandlung intrakranieller VAS-Stenosen besteht hingegen ein hohes peri-interventionelles Risiko, sodass in diesen Fällen die medikamentöse Therapie die bevorzugte Behandlungsstrategie darstellt.
Literatur
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