Strukturierte Nachsorge nach peripherer Katheterintervention
Verfasst von: Anna Luise Tiepner und Norbert Weiss
Die Langzeitprognose von Patienten mit symptomatischer peripherer arterieller Verschlusskrankheit (pAVK) ist durch das Auftreten koronarer und zerebrovaskulärer Ereignisse sowie den Erhalt der betroffenen Extremität bestimmt. Die langfristige Nachverfolgung einer endovaskulären Gefäßintervention ist ein essenzieller Bestandteil der Betreuung von Patienten mit pAVK durch den Angiologen oder Gefäßchirurgen. Dies beinhaltet die Diagnose und Behandlung der kardiovaskulären Risikofaktoren, die Auswahl und Überwachung der antithrombozytären und antikoagulatorischen Therapie sowie die Überwachung der Ergebnisse der endovaskulären Intervention. Dieser integrative Ansatz kann die Prognose des Patienten quoad vitam und quoad extremitatem verbessern und damit auch dessen Lebensqualität. Wir fassen in diesem Kapitel evidenzbasierte praktische Ansätze und einen Algorithmus für eine strukturierte langfristige Versorgung von Patienten nach peripherer endovaskulärer Intervention zusammen.
Die Langzeitprognose eines Patienten, der aufgrund einer symptomatischen pAVK mit einer endovaskulären Intervention behandelt wurde, wird durch sein deutlich erhöhtes Risiko für ein Ereignis im koronaren und zerebrovaskulären Kreislauf bestimmt (Denegri et al. 2023). Die Offenheitsrate der behandelten Arterien spielt die Schlüsselrolle für die Prognose der betroffenen Extremität und damit die Lebensqualität nach der Revaskularisation, unabhängig vom ursprünglichen Interventionsmodus (El Khoury et al. 2022). Um die Lebensqualität und Prognose der Patienten quoad vitam und quoad extremitatem zu verbessern, muss ein spezielles und strukturiertes Nachverfolgungsprogramm durchgeführt werden.
Das Ziel dieses Nachverfolgungsprogramms ist die Kontrolle und Optimierung kardiovaskulärer Risikofaktoren zur Senkung des globalen kardiovaskulären Risikos.
Weiterhin soll eine adäquate Thrombozytenaggregationshemmung und Antikoagulation die Offenheitsraten nach endovaskulären Eingriffen verbessern. Die Therapie der kardiovaskulären Risikofaktoren und die Auswahl der medikamentösen antithrombotischen Therapie sind Gegenstand anderer Kapitel (siehe Kap. „Management kardiovaskulärer Risikofaktoren“ und „Prinzipien der antithrombotischen Therapie bei arteriellen Erkrankungen“). Das strukturierte Nachverfolgungsprogramm zielt außerdem darauf ab, eine Restenose zu erkennen und die Indikation für Sekundäreingriffe zu stellen, die durch die Wiedereröffnung der Gefäße den Extremitätenerhalt gewährleisten können. Zusätzlich erlaubt das Nachverfolgungsprogramm die Erkennung und Behandlung von arteriosklerotischen Manifestationen in anderen Gefäßgebieten sowie die Überwachung ischämischer Ulzera (Weiss und Bergert 2009).
Im folgenden Kapitel werden evidenzbasierte praktische Ansätze für die Überwachung der Ergebnisse peripherer endovaskulärer Gefäßeingriffe vorgestellt. Auf dieser Grundlage werden Algorithmen für die langfristige Nachsorge der Patienten vorgeschlagen.
Die vier Säulen der Nachsorge nach peripheren Katheterinterventionen bei peripherer arterieller Verschlusskrankheit zur Verbesserung der Prognose quoad vitam und quoad estremitatem sind Kontrolle und Therapie der kardiovaskulären Risikofaktoren, Wahl und Überwachung der antithrombotischen Therapie, Überwachung der Offenheit der Intervention und Indikationsstellung für Reeingriffe bei Reobstruktionen.
Endovaskuläre Interventionen
Die Offenheitsraten nach endovaskulären Verfahren bei femoropolitealen Läsionen betragen im ersten Jahr je nach verwendeter Methode zwischen 51 und 84 % (Marmagkiolis et al. 2014). Die Inzidenz einer Restenose innerhalb von zwei Jahren nach endovaskulären Eingriffen im Vergleich zu Venenbypässen der unteren Extremitäten ist erhöht (Almasri et al. 2018). Wenn sich eine Restenose an der ursprünglichen Angioplastie-Stelle entwickelt, kann diese in der Regel durch einen endovaskulären Sekundäreingriff behandelt werden (Zhen et al. 2022). In der Studie von Schillinger et al. erforderten duplexsonografisch nachgewiesene Restenosen bei 22–31 % der Patienten innerhalb von 12 Monaten nach dem Einsetzen eines Nitinol-Stents oder der Durchführung einer Ballonangioplastie in der Arteria femoralis superficialis Sekundäreingriffe (Schillinger et al. 2006).
Die Offenheitsraten nach endovaskulären Verfahren bei femoropolitealen Läsionen variieren je nach verwendeter Methodik stark.
Ein strukturiertes Nachverfolgungsprogramm, in dessen Rahmen Patienten mit sekundär erfolgloser endovaskulärer Intervention erkannt werden und welches somit die Indikationsstellung für Sekundäreingriffe ermöglicht, könnte zu besseren Ergebnissen führen. In der Literatur besteht eine hohe Varianz bezüglich der Modalitäten, Dauer und Intensität der verwendeten Algorithmen zur Nachkontrolle von endovaskulären Interventionen (Wong et al. 2022). Bislang gibt es keine randomisierten klinischen Studien nach einer endovaskulären Therapie, die belegen, ob eine symptomorientierte oder eine strukturierte klinische Nachbeobachtung beim asymptomatischen Patienten von Nutzen ist. Die hier gegebenen Empfehlungen beruhen daher auf Beobachtungsstudien, veröffentlichten und persönlichen Erfahrungen (Abb. 1).
Abb. 1
Algorithmus zur strukturierten Nachuntersuchung von endovaskulären Interventionen
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Ein strukturiertes Nachverfolgungsprogramm nach endovaskulären Eingriffen kann das Ergebnis für den Patienten verbessern.
Eine Nachuntersuchung sollte vor der Entlassung sowie 3, 6 und 12 Monate nach dem Eingriff und danach in Intervallen von 6 Monaten durchgeführt werden. Bei bekannter Reststenose erfolgt zusätzlich eine Kontrolle nach 6 Wochen. Der Algorithmus zur Überwachung eines endovaskulären Eingriffs beginnt mit einer Kontrollangiografie nach Abschluss der Intervention. In der Angiografie kann eine duplexsonografisch darstellbare Stenose maskiert werden, die aber ein Prädiktor für eine klinische Verschlechterung und ein anschließendes Versagen des Verfahrens ist (Mewissen et al. 1992). Deshalb sollte vor Entlassung des Patienten eine klinische Untersuchung mit Palpation der Pulse und Auskultation des behandelten Gefäßes stattfinden. Ergänzend dazu erfolgt die apparative Messung des Knöchel-Arm-Indexes (ABI) und, falls verfügbar, die Aufzeichnung einer segmentalen Pulsvolumenregistrierung.
Gibt es Hinweise auf eine Persistenz der Stenose, ist die Duplexsonografie die Methode der Wahl, um deren Signifikanz zu bestimmen. Die klinische Beurteilung oder die ABI-Messung sind allein nicht ausreichend sensitiv, um eine geringfügige Reststenose zu erkennen (Martínez-Rico et al. 2019). Der Ultraschall erleichtert die Dokumentation des klinischen und hämodynamischen Erfolgs einer Behandlung und dient als Basiswert für spätere Nachuntersuchungen (Zubair und Lotfollahzadeh 2023).
Ob die Korrektur von Reststenosen, die nur duplexsonografisch und nicht hämodynamisch auffallen, von Vorteil ist, wurde noch nicht nachgewiesen. In der Studie von Shames wurden bei 5–20 % der Patienten nach einem morphologisch erfolgreichen Eingriff anormale Parameter in der Duplexsonografie festgestellt (Shames 2007). Eine hochgradige Reststenose wurde bei 2–5 % der Patienten detektiert. Anormale Werte in der postinterventionellen Duplexsonografie führten zu einer höheren Misserfolgsrate nach endovaskulären Eingriffen und waren mit einer klinischen Ein-Jahres-Erfolgsrate von 15 % assoziiert. Beim Nachweis einer Stenose unter 50 % betrug die Erfolgsrate 84 % (Shames 2007; Spijkerboer et al. 1996). Diese Daten deuten darauf hin, dass eine routinemäßige Duplexsonografie sinnvoll sein kann, um die mittelfristige Prognose von Patienten zu beurteilen. Eine Reintervention bei suboptimalen Ergebnissen nach der Primärintervention sollte insbesondere bei Patienten mit kritischer Extremitätenischämie in Betracht gezogen werden. Eine unzureichende hämodynamische Verbesserung nach endovaskulären Eingriffen steht im Zusammenhang mit der fehlenden Heilung ischämischer Läsionen und dem möglichen Extremitätenverlust (Shames 2007).
Gibt es Hinweise auf die Persistenz der Stenose, ist die Duplexsonografie die Methode der Wahl, um diese zu detektieren.
Zu den Nachsorgeuntersuchungen nach der Entlassung gehört eine Anamnese, eine klinische Untersuchung, eine apparative Messung mit Erfassung des ABI und eine Pulsvolumenaufzeichnung. Bei bereits bekannter Restenose oder hämodynamischer Verschlechterung sollte eine Duplexsonografie erfolgen. Diese Kombination kann den Großteil der Patienten mit Restenose identifizieren. Bei Patienten mit Claudicatio intermittens sind das Wiederkehren der Symptome und ein Abfall des ABI um 0,15 ein Hinweis auf eine relevante Restenose (Decrinis et al. 1994). Ein Anstieg des spitzensystolischen Blutflusses (peak systolic velocity, PSV) intrastenotisch auf > 300 cm/s ist ein Hinweis auf eine kritische Stenose und sollte behandelt werden.
In der Nachsorge kann die Kombination aus Anamnese, klinischer Untersuchung, apparativer Messung und bei Bedarf Duplexsonografie den Großteil der Patienten mit Restenose identifizieren.
Wird eine Restenose festgestellt und duplexsonografisch als noch nicht kritisch bestätigt (intrastenotische PSV > 180 und < 300 cm/s), ist eine Wiederholungsuntersuchung im Abstand von 6–12 Wochen gerechtfertigt. Bei Patienten mit kritischer Extremitätenischämie, anhaltenden Ruheschmerzen oder schlechter Wundheilung könnte bereits eine PSV von > 240 cm/s eine Indikation für eine weitere Behandlung sein (Bandyk und Chauvapun 2007; Shames 2007).
Dieser Überwachungsalgorithmus wurde in den meisten klinischen Studien und Registern zur endovaskulären Therapie eingesetzt und hat durch die Erkennung von behandlungsbedürftigen Läsionen zu erhöhten Offenheitsraten geführt. Die Einhaltung dieses Algorithmus könnte daher für die klinische Praxis geeignet sein.
Bei Patienten mit kritischer Extremitätenischämie, Ruheschmerzen oder schlechter Wundheilung könnte bereits eine PSV von > 240 cm/s eine Indikation für eine Reintervention sein.
Besondere Überlegungen erfordern Patienten, bei denen Verfahren zur Verbesserung des Einstroms in das betroffene Gefäß durchgeführt wurden, die aber immer noch Abflussbehinderungen haben. Bei diesen Patienten führt ein endovaskuläres Verfahren häufig nicht zu einer Veränderung des ABI. Die Durchführung von Pulsvolumenmessungen auf verschiedenen Ebenen der Extremität kann für die Überwachung dieser Patienten von gewissem Wert sein. Dieser Ansatz ist jedoch noch nicht systematisch untersucht worden.
Zusammenfassung
Die Einleitung und Durchführung einer strukturierten Nachverfolgung nach einem endovaskulären Gefäßeingriff ist ein wesentlicher Bestandteil der Betreuung von Patienten mit peripheren Arterienerkrankungen durch den Angiologen oder Gefäßchirurgen. Vor der Entlassung und in regelmäßigen Abständen während der Nachsorge des gefäßkranken Patienten müssen die kardiovaskulären Risikofaktoren und die gerinnungshemmende Therapie optimiert werden. Außerdem müssen die Ergebnisse der Revaskularisation überwacht und gegebenenfalls die Indikation zur Sekundärintervention gestellt werden. Dieser integrative Ansatz in der Patientenversorgung wird die Prognose der Patienten quoad vitam und quoad extremitatem sowie ihre Lebensqualität verbessern.
Literatur
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