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Klinische Kardiologie
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Publiziert am: 23.07.2022

Kardiale Beteiligung bei rheumatischen Erkrankungen

Verfasst von: Elisabeth Märker-Hermann
Die entzündlich-rheumatischen Erkrankungen haben als muskuloskelettale Leitsymptome Schmerzen, Schwellungen und Funktionseinschränkungen der Gelenke, der Wirbelsäule, Muskeln, Sehnenansätze und Sehnenscheiden. Als autoimmune Systemerkrankungen betreffen sie aber auch Blutgefäße (Vaskulitiden) und können sich zudem an der Haut, den Augen, dem Nervensystem und nahezu allen inneren Organen manifestieren. Kardiale Beteiligungen sind häufig, wenn man Rheumapatienten systematisch mit sensitiven Techniken wie Echokardiografie, CT oder MRT untersucht oder Autopsiebefunde zugrunde legt. Klinisch manifeste Herzmanifestationen sind hingegen seltener, können allerdings als Erstsymptom auf eine schwerwiegende entzündliche Systemerkrankung auch junger Menschen hinweisen und Anlass für aggressive immunsupprimierende Therapien sein. Labormarker einer Systementzündung sind fast immer erhöht; spezifische Autoantikörper (Rheumafaktor, antinukleäre Antikörper u. a.) helfen, die Erkrankung zu klassifizieren.
Von großer praktischer Bedeutung ist, dass rheumatische Erkrankungen, hier insbesondere die rheumatoide Arthritis und der systemische Lupus erythematodes, mit einer höheren kardiovaskulären Morbidität und Mortalität im Vergleich zur Normalbevölkerung assoziiert sind.

Ätiologie und Pathogenese

Den rheumatischen Erkrankungen und den damit assoziierten kardialen Manifestationen liegen verschiedene genetische, autoimmune, fibrosierende oder autoinflammatorische Mechanismen zugrunde (s. Tab. 1).
Tab. 1
Pathogenetische Faktoren bei verschiedenen entzündlich-rheumatischen Erkrankungen und ihren kardialen Manifestationen
Pathogenetische Faktoren
Erkrankung
Kardiale Manifestation
Proinflammatorische Zytokine und Th1 T-Lymphozyten
Profibrotische Mediatoren (PDGF,
TGF β), Myofibroblasten
Systemische Sklerose/Sklerodermie
Endomyokardfibrose
Endothelin-1,
Mikrozirkulationsstörungen
Systemische Sklerose/Sklerodermie
Pulmonalarterielle Hypertonie
HLA-B27, TNF α, Th17-T-Lymphozyten
Spondylitis ankylosans
Zytotoxische T-Zellreaktionen
Immunkomplexablagerungen, Komplemetaktivierung
Kleingefäß-Vaskulitiden
(Peri-)Myokarditis
Aktivierung des angeborenen Immunsystems, Interleukin-1, Interleukin-6, Interleukin-18
Myokarditis
Perikarditis
Interferon γ (IFN-γ), TNF α, CD4-T-Zellen, aktivierte Makrophagen, Histiozyten
Granulomatöse Vaskulitiden
Myokardgranulome
Th T-Helfer; PDGF Platelet derived growth factor; TGF β Transforming growth factor β; HLA humanes Leukozytenantigen; TNF Tumornekrosefaktor; ANCA antineutrophilenzytoplasmatische Antikörper, AV- Block atrioventrikulärer Block
Die allgemein für die meisten entzündlich-rheumatischen Erkrankungen dokumentierte erhöhte kardiovaskuläre Morbidität (koronare Herzerkrankung, Myokardinfarkte, Herzinsuffizienz, zerebrale Infarkte) wird pathogenetisch mit der chronischen systemischen Entzündungsaktivität – u. a. chronisch erhöhtes C-reaktives Protein (CRP) und der dadurch akzelerierten Atherosklerose in Verbindung gebracht.

Rheumatoide Arthritis

Definition
Die rheumatoide Arthritis (RA) ist die häufigste entzündlich-rheumatische Erkrankung, die neben synovialen Strukturen (Arthritis, Tenosynovitis, Bursitis) auch innere Organe betreffen kann. Serologisch werden Rheumafaktoren und Antikörper gegen zitrullinierte Antigene (ACPA) nachgewiesen, es gibt aber auch die „seronegative“ RA. Bei Seropositivität findet man deutlich häufiger einen Befall innerer Organe (Lunge, Herz) und sekundäre Vaskulitiden.
Das typische klinische Manifestationsmuster besteht aus symmetrischen Polyarthritiden vorwiegend kleiner Gelenke mit einer Symptomdauer von mehr als 6 Wochen und einer Morgensteifigkeit von mehr als 1 h.
Eine Herzbeteiligung in Form eines echokardiografisch nachweisbaren, klinisch aber meist nicht relevanten Perikardergusses ist häufig, eine Myokarditis oder Myokardfibrose hingegen seltener und eine sekundäre Amyloid A (AA)-Amyloidose eine Rarität (Braun et al. 2017). Intrakardiale Rheumaknoten (Granulome) wurden in Einzelfällen beobachtet. Asymptomatische Klappenveränderungen werden bei RA-Patienten vermehrt beobachtet im Vergleich zu altersentsprechenden Kontrollen. Es kommt häufiger zu Einschränkungen der kardialen Pumpfunktion und zur manifesten Herzinsuffizienz nach längerer Krankheitsdauer. RA-Patienten haben ein leicht erhöhtes Risiko für Vorhofflimmern und für eine verlängerte QT-Zeit.
Die Mortalität der RA im Langzeitverlauf ist vor allem durch die kardiovaskulären Komorbiditäten bedingt. Zur Risikoeinschätzung der kardiovaskulären Mortalität wird für die Normalbevölkerung in Europa häufig der Systematic COronary Risk Evaluation (SCORE, www.heartscore.org) herangezogen, um das Risiko eines tödlichen Myokardinfarkts in den nächsten 10 Jahren zu berechnen. Solche Scores stützen sich allerdings auf die traditionellen kardiovaskulären Risikofaktoren und unterschätzen häufig das spezielle kardiovaskuläre Risiko bei Patienten mit entzündlichen Gelenkerkrankungen (Semb et al. 2020). Ein Grund dafür ist das paradoxe Verhalten einiger traditioneller Risikofaktoren bei rheumatisch Erkrankten. So haben RA-Patienten z.  B. im Rahmen der rheumatoiden Kachexie oft ein niedriges Körpergewicht oder in aktiven Krankheitsphasen ein erniedrigtes LDL-Cholesterin, welches bei erfolgreicher Behandlung wieder steigt (Nikiphorou et al. 2020). Ein anderer Grund ist der unabhängige Einfluss der chronischen Entzündung auf das kardiovaskuläre Risiko, was jedoch in den gängigen Risikoberechnungen meist nicht berücksichtigt wird (Übersicht bei Nguyen und Baerwald 2021). Die Europäische EULAR empfiehlt, die Einschätzung des kardiovaskulären Risikos anhand des SCORE mit einem Multiplikationsfaktor von 1,5 für RA-Patienten vorzunehmen (Agca et al. 2017). Zusätzlich sollten bildgebende Faktoren hinzugenommen werden wie die sonografische Messung der Intimadicke der A. carotis (erhöhtes kardiovaskuläres Risiko ab einer Dicke > 0,9  mm).

Therapie

Nach Diagnosestellung sollte die RA frühzeitig mit krankheitsmodifizierenden, immunmodulierenden Medikamenten („disease modifying antirheumatic drugs“, DMARD) behandelt werden. Das Medikament der 1. Wahl ist Methotrexat, wenn keine Kontraindikationen seitens der Niere oder der Leber vorliegen (Beginn mit 10–15 mg 1-mal wöchentlich) in Kombination mit Prednisolon 20–25 mg täglich. Letzteres sollte nach spätestens 6 Monaten ausschleichend abgesetzt werden. Bei eingeschränkter Nierenfunktion kann alternativ zu Methotrexat Leflunomid eingesetzt werden. Bei nichtausreichendem Therapieansprechen werden Biologika wie Tumornekrosefaktor-α-Inhibitoren (TNFi), Interleukin-6-Rezeptor-Inhibitoren oder auch die oral einzunehmenden Januskinase (JAK)-Inhibitoren eingesetzt. Methotrexat und den TNFi wird ein kardioprotektiver Effekt zugesprochen, letztere können die Häufigkeit kardiovaskulärer Ereignisse um 15  % senken (Lee et al. 2018) Auch für Tocilizumab – einem Interleukin-6-Inhibitor – konnte ein mindestens so stark nachzuweisender kardioprotektiver Effekt gezeigt werden wie für die TNFi (Singh et al. 2020). Andere Biologika wie Abatacept und Rituximab zeigen keine wesentlichen Unterschiede zu TNFi (Singh et al. 2020).

Spondyloarthritiden

Ankylosierende Spondylitis

Definition
Die ankylosierende Spondylitis (AS) ist die chronische Verlaufsform einer axialen Spondyloarthritis (SpA), d. h., dass knöcherne entzündliche und ankylosierende Veränderungen der Iliosakralgelenke (chronische Iliosakralarthritis) und Wirbelsäule (Syndesmophyten, Spondylitiden) nicht nur in der Magnetresonanztomografie (MRT), sondern bereits im Röntgenbild sichtbar sind. Die AS ist zu >90 % mit HLA(„humanes Leukozytenantigen“)-B27 assoziiert. Extraskelettal ist am häufigsten das Auge (Uveitis anterior) betroffen.
Entzündliche Rückenschmerzen sind das typische frühe Symptom der axialen SpA, charakterisiert durch einen Symptomenbeginn vor dem 45. Lebensjahr, einer Morgensteifigkeit von mehr als 30 min, Besserung durch Bewegung, aber nicht durch Ruhe, Aufwachen in der 2. Nachthälfte und alternierender Gesäßschmerz. Periphere asymmetrische Arthritiden eher großer Gelenke und entzündliche Enthesopathien können auftreten. Aus den anfangs nur in der MRT darstellbaren entzündlich-ödematösen Veränderungen der Iliosakralgelenke und Wirbelkörper entwickeln sich im Laufe der Erkrankungsjahre knöcherne Syndesmophyten und Ankylosen mit der Folge von Versteifungen.
Bei AS wird das Herz selten klinisch manifest befallen und zumeist erst nach jahrelangem Krankheitsverlauf. Typische kardiale Beteiligungen sind Aortenklappenfehler, namentlich Aorteninsuffizienzen und Herzrhythmusstörungen. Die histopathologischen Charakteristika der heute seltenen Aortitis umfassen die fokale Zerstörung von Mediastrukturen, eine Verdickung von Intima und Adventitia, Fibrosen sowie Gefäßobliterationen. Die fibrotischen Veränderungen können über die Klappe hinausgehen („subaortic bump“).
Die Prävalenz relevanter Erregungsleitungsstörungen ist bei AS-Patienten erhöht (5 %), insbesondere in Form von hochgradigen AV(Atrioventrikuläre)-Blockierungen. Interessanterweise treten AV-Blockierungen auch bei sonst gesunden HLA-B27-positiven Menschen auf – meist in Kombination mit einer Aorteninsuffizienz (Braun et al. 2017). Die erhöhte Mortalität von AS-Patienten liegt vor allem an der kardiovaskulären Komorbidität. Die standardisierte Mortalitätsrate lag in einer Studie bei 1,63 für Männer und 1,38 für Frauen, 40 % der Todesfälle waren dabei kardiovaskulär bedingt (Bakland et al. 2011).

Therapie

Die Therapie der AS erfolgt zunächst mit nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR). Systemische Kortikosteroide oder DMARD wie Methotrexat oder Leflunomid werden nicht eingesetzt. Bei fehlender Effizienz von NSAR oder bei kardiovaskulären bzw. renalen Kontraindikationen gegen NSAR erfolgt eine Behandlung mit Biologika (TNFi oder IL-17i).

(Spondylo-)Arthritis psoriatica

Definition
Rheumafaktornegative Arthritis mit und ohne Spondylitis oder Enthesitis, die mit einer Psoriasis beim Patienten selbst oder einem Familienangehörigen 1. oder 2. Grades assoziiert ist.
Die Psoriasisarthritis ist eine eigene nosologische Entität mit typischem Gelenkbefallsmuster (Endgelenks- und Strahlbefall, meist asymmetrisch, Daktylitis, auch Sakroiliitis) und radiologisch einem Nebeneinander von destruktiven und proliferativen knöchernen Veränderungen. Rheumafaktoren, ACPA-Antikörper und andere Autoantikörper sind negativ.
Bei Patienten mit Psoriasisarthritis treten Herzklappenveränderungen, Erregungsleitungsstörungen oder Perikarditiden nicht vermehrt auf. Kardiovaskuläre Komorbiditäten sind hingegen ebenso wie Assoziationen mit Hyperurikämie und Übergewicht gehäuft.

Kollagenosen

Unter Kollagenosen versteht man autoimmune Bindegewebserkrankungen mit potenzieller Multisystem- bzw. Organbeteiligung. Zu den Kollagenosen gehören der systemische Lupus erythematodes, das primäre Sjögren-Syndrom, die systemische Sklerose/Sklerodermie, die „mixed connective tissue disease“ (Sharp-Syndrom) und die Dermato-/Polymyositis. Sie sind gekennzeichnet durch Autoantikörper gegen Kernstrukturen (antinukleäre Antikörper, ANA) und je nach Entität durch Antikörper gegen extrahierbare nukleäre Antigene (ENA) oder Doppelstrang-DNS-Antikörper (dsDNS-Ak). Unspezifische Symptome wie Arthralgien, Myalgien, Fatigue und Raynaud-Syndrom sind häufig anzutreffen.

Systemischer Lupus erythematodes (SLE)

Definition
Der systemische Lupus erythematodes (SLE) ist eine Kollagenose, die häufig junge Frauen betrifft, und pathogenetisch sind ANA, die ENA-Subspezifität der Smith (Sm)-Antikörper sowie dsDNS-Ak. Organmanifestationen an der Niere, dem Zentralnervensystem, der Lunge oder dem Herzen können zu erheblicher Morbidität der oft sehr jungen Patienten führen.
Die EULAR/ACR-Klassifikationskriterien von 2019 (Aringer et al. 2019) sind hilfreich zur Klassifikation einer Systemerkrankung als SLE und letztendlich auch zur Diagnosestellung, wenn bestimmte klinisch-konstitutionelle Symptome, Organmanifestationen und pathognomonische serologische Befunde vorhanden sind. Neu ist im Gegensatz zu früheren Klassifikationskriterien, dass positive ANA, Titer >1:80 als „Eingangskriterium“ gefordert werden; ohne ANA kann also eine Erkrankung nicht als SLE klassifiziert werden. Wenn ANA vorhanden sind, werden mindestens 1 klinisches Kriterium und >10 Punkte aus insgesamt 3 Domänen gefordert. Die Kriterien müssen nicht gleichzeitig präsent sein. Innerhalb einer Domäne wird nur das höchst bewertete Kriterium im Gesamtscore berücksichtigt. Ein Kriterium sollte dann nicht gezählt werden, wenn es dafür eine wahrscheinlichere Erklärung gibt (z. B. eine Infektion oder eine andere rheumatische Erkrankung).
Eine kardiale Beteiligung des SLE kann das Perikard, Myokard und Endokard betreffen. Als häufigste Manifestation ist eine Perikarditis zu nennen, die bei 20–50 % aller SLE-Patienten entweder schon bei der SLE-Erstmanifestation oder während Schüben im Verlauf auftreten kann (Tincani et al. 2006; Doria et al. 2005). Asymptomatische Perikardergüsse lassen sich bei bis zu 40 % der SLE-Patienten nachweisen (Tincani et al. 2006). Die Perikarditis als Serositis – neben Pleuritis und Peritonitis – hat als klinisches Kriterium auch Eingang in die Klassifikationskriterien gefunden (s. Tab. 2). Myokarditiden sind hingegen nur selten anzutreffen, manifestieren sich klinisch als Arrhythmien, ventrikuläre Dysfunktion, dilatative Kardiomyopathie und Herzinsuffizienz. Herzrhythmusstörungen und AV-Überleitungsstörungen finden sich gehäuft bei Patienten, die Anti-Robert (Ro)-/-Sjögren-Syndrom (SS)-A-Antikörper-positiv sind (Lazzerini et al. 2006). Bei schwangeren Patientinnen mit Anti-SS-A/Ro-Antikörpern besteht ein erhöhtes Risiko für einen kindlichen kongenitalen AV-Block.
Tab. 2
EULAR/ACR Klassifikationskriterien des SLE von 2019 (Aringer et al. 2019)
Klinische Domänen und Kriterien
Gewichtung
Konstitutionell
2
Haut
Nicht vernarbende Alopezie
2
Orale Ulzera
2
Subakut-kutaner oder diskoider LE
4
Akuter kutaner LE
6
Arthritis
Synovitis in ≥2 Gelenken oder Druckschmerz in ≥2 Gelenken mit Morgensteife ≥30 min
6
Neurologie
Delirium
2
Psychose
3
Anfälle
5
Serositis
Pleura- oder Perikarderguss
5
6
Hämatologie
Leukopenie
3
Thrombopenie
4
Autoimmunhämolyse
4
Nieren
Proteinurie >0,5 g/24 h
4
Lupusnephritis (histologisch) Typ II, V
8
Lupusnephritis (histologisch) Typ III, IV
10
Immunologische Kriterien
Gewichtung
Antiphospholipid-Ak
Anticardiolipin-Ak (aCL) >40 GPL oder
Anti-Beta-2-Glycoprotein-1-Ak (a-β2-GP1) >40 GPL
oder Lupus Antikoagulans (LA) positiv
2
Complement
C3 oder C4 vermindert
3
C3 und C4 vermindert
4
Hochspezifische Auto-Ak
anti-Doppelstrang-DNS-Antikörper (ds-DNS-Ak)
6
anti-Smith (Sm)-AAntikörper
EULAR European League Against Rheumatism; ACR American College of Rheumatology; GPL IgG Phosphlipid-Einheiten; C3 Complement 3; C4 Complement 4
Die Libman-Sacks-Endokarditis bei SLE ist charakterisiert durch Klappenverdickungen und – verruköse Vegetationen (nichtbakterielle Vegetationen), auch in Kombination. Beide morphologische Veränderungen können mit Klappendysfunktionen einhergehen, letztere meist in Form von Regurgitationen; Stenosen sind selten. Am häufigsten ist die Mitralklappe, am zweithäufigsten die Aortenklappe betroffen. Libman-Sacks-Endokarditiden kommen bei 1–10 % der SLE-Patienten vor (Tincani et al. 2006), besonders häufig aber bei Patienten mit Antiphospholipidsyndrom (APS). Das Vorhandensein eines APS wiederum erhöht das Risiko thromboembolischer, namentlich zerebrovaskulärer Komplikationen. Gleiches gilt für Thromboembolien der Koronararterien bei koronarangiografisch normal erscheinenden Koronararterien. Zur Diagnose eines Antiphospholipidsyndroms ist neben klinischen Kriterien, nämlich Gefäßverschlüssen im Sinne einer arteriellen, venösen oder „Small vessel-Thrombose“ oder Schwangerschaftskomplikationen (≥1 Abort in oder nach der 10. SSW oder ≥1 Frühgeburt in oder vor der 34. SSW oder ≥3 Aborte konsekutiv vor der 10. SSW) der Nachweis von mindestens einem der 3 folgenden Parameter notwendig: Antikörper gegen Kardiolipin oder β-2-Glykoprotein-1 oder ein positiver Lupusantikoagulans(LA)-Test. Die genannten Tests müssen bei mindestens 2 verschiedenen Messungen im Abstand von mindestens 12 Wochen positiv sein (Miyakis et al. 2006).
Die häufigste Ursache einer kardialen Morbidität und vorzeitiger Todesfälle bei SLE liegt allerdings – wie bei der RA – in einer akzelerierten Atherosklerose mit koronarer Herzerkrankung. Das relative Risiko, eine KHK zu entwickeln, ist besonders hoch bei jungen Frauen, die ansonsten bekanntermaßen ein geringes kardiovaskuläres Risiko aufweisen und verstärkt sich bei längerfristiger Kortikosteroidtherapie und Rauchen als zusätzlichen Risikofaktoren (Schoenfeld et al. 2013).

Therapie

Als „Basistherapie“ sollte jeder an SLE Erkrankte Hydroxychloroquin erhalten, welches u. a. das Risiko kardiovaskulärer Komorbiditäten reduziert und das Outcome von Schwangerschaften verbessert. Bei Perikarditis und anderen Serositiden kommen zusätzlich Kortikosteroide und Azathioprin oder Methotrexat zum Einsatz. Das Antiphospholipidsyndrom wird bei venösen Thromboembolien mit Kumarinen, aber nicht mit direkten oralen Antikoagulanzien (DOAK) behandelt. Bei Thrombosen alleine auf arterieller Seite und prophylaktisch bei Schwangerschaft sollte eine Therapie mit ASS 100 mg täglich erfolgen, bei Schwangerschaft zusätzlich mit niedermolekularem Heparin.

Primäres Sjögren-Syndrom

Definition
Beim primären Sjögren-Syndrom (pSS) handelt es sich um eine B-Zell-vermittelte systemische Autoimmunerkrankung mit lymphozytären Infiltrationen der exokrinen Speichel- und Tränendrüsen und nachfolgender Fibrosierung. Typische klinische Manifestationen und Symptome sind eine Xerophthalmie durch Reduktion der Tränensekretion mit Konjunktivitis sicca, eine Xerostomie (Mundtrockenheit), Speicheldrüsenschwellungen und Arthralgien/Myalgien, ein immunserologischer Nachweis von ANA und Antikörpern gegen extrahierbare nukleäre Antigene (ENA) speziell AK gegen „Robert-Antigen (SS-A-/Ro-Ak) und AK gegen“ Lane-Antigene (SS-B-/La-Ak), Hypergammaglobulinämie und häufig positive Rheumafaktoren.
Kardiovaskuläre Manifestationen gehören zu den seltenen Komplikationen des Sjögren-Syndroms an inneren Organen. Beschrieben werden Perikarditiden, Autoantikörper-(SS-A-/Ro-Ak und SS-B-/La-Ak)-vermittelte AV-Blockbilder, pulmonalarterielle Hypertonien (mit und ohne assoziierte Lungenfibrose) und Dysautonomien. Die Therapie bei Perikarditis erfolgt in Analogie zum SLE.

Systemische Sklerose/Sklerodermie

Definition
Die systemische Sklerose (SSc, systemische Sklerodermie) ist charakterisiert durch eine mikrovaskuläre Dysfunktion und überschießende Fibrose der Haut und innerer Organe. Manifestationen an den Lungen, Nieren, am Magen-Darm-Trakt und Herzen stehen klinisch im Vordergrund. Ungefähr 60 % der Patienten leiden am Subtyp der limitierten kutanen SSc (assoziiert mit positiven ANA mit zentromerem Muster), 30 % an diffuser kutaner SSc (assoziiert mit Scl-70-Antikörpern), die übrigen an seltenen Unterformen oder auch Überlappungen zur Polymyositis.
Kardiale Manifestationen einer SSc sind mit einer Prävalenz von 15–35 % relativ häufig anzutreffen (Steen und Medsger Jr. 2000), bleiben aber in einem Großteil der Fälle subklinisch (Kahan et al. 2009). Perikardbeteiligungen wurden in Autopsiestudien bei 33–72 % der SSc-Patienten gefunden in Form von fibrinösen Perikarditiden, perikardialen Adhäsionen und Perikardergüssen. Es lassen sich verschiedene Störungen der kardialen Mikrozirkulation bei Patienten mit SSc nachweisen: Vasospasmen der kleinen Koronararterien und Arteriolen sind wichtige und vor allem frühe kardiale Manifestationen, die sowohl in Ruhe als auch provoziert durch einen Kaltwassertest („cold pressor testing“) bei SSc auftreten. Analog lässt sich im Bereich der Digitalarterien ein sekundäres Raynaud-Syndrom ebenfalls bereits in Frühphasen der SSc provozieren. Eine myokardiale Fibrose hingegen tritt in der Regel als Spätmanifestation auf und führt zur systolischen und diastolischen Dysfunktion. Echokardiografisch zeigen sich typischerweise segmentale Wandbewegungsstörungen und eine reduzierte koronare Flussreserve in Abwesenheit einer koronaren Herzerkrankung.
In der Praxis besonders relevant ist eine sekundäre pulmonalarterielle Hypertonie (mit und ohne gleichzeitige Lungenfibrose) mit der Folge einer Rechtsherzinsuffizienz

Therapie

Immunsuppressiva sind nur in inflammatorischen Phasen (Polyarthritis, entzündliches Sklerödem, interstitielle Lungenerkrankung, Perikarditis) sinnvoll. Die Mikroangiopathie einschließlich des schweren sekundären Raynaud-Syndroms und der digitalen Ulzera wird wie die sekundäre pulmonalarterielle Hypertonie mit Kalziumantagonisten, intravenösem Iloprost, Bosentan und gegebenenfalls auch mit Sildenafil behandelt.

Dermato-/und Polymyositis

Definition
Die Dermato- und Polymyositiden gehören zu den idiopathischen entzündlichen Myopathien. Der Krankheitsbeginn ist häufig schleichend, Leitsymptome sind eine progrediente Schwäche der stammnahen Muskulatur, muskelkaterartige Schmerzen und bei der Dermatomyositis charakteristische Hautveränderungen.
Für die Dermatomyositis sind die Hautveränderungen des lilafarbenen periorbitalen Ödems (heliotropes Exanthem), Gottron-Papeln über den Streckseiten der Fingergelenke und rot-bläuliche Hautverfärbungen im Bereich des Halses und Dekolletés und sonnenexponierter Areale typisch. Die Kreatinkinase (CK) und andere Muskelenzyme sind meist sehr hoch und mit der entzündlichen Krankheitsaktivität assoziiert. Immunserologisch können ANA-positiv sein, zudem je nach Krankheitsentität spezifische Antikörper gegen Histidyl-tRNA-Synthetase bzw. Jo-1, gegen TIF1-γ, MDA5 oder Mi-2. In der Elektromyografie finden sich myopathische Potenziale (scharfe Wellen, Fibrillationspotenziale), Sicherung der Diagnose mittels Muskelbiopsie.
Eine Herzbeteiligung ist häufig, allerdings nur bei ca. 6 % der Betroffenen klinisch bedeutsam. Sie gilt als prognostisch ungünstig und wichtige Todesursache. Pathogenetisch liegen der Polymyositis zytotoxische T-Zellreaktionen zugrunde, die am Herzen zu einer Schädigung der Herzmuskulatur und einer dilatativen Kardiomyopathie führen können. Die Dermatomyositis führt über eine Kleingefäßvaskulitis zur Myokarditis und Perikardergüssen. Atrioventrikuläre Überleitungsstörungen, supraventrikuläre und ventrikuläre Extrasystolen sind typische EKG-Befunde, klinisch steht die Herzinsuffizienz im Vordergrund (Zhang et al. 2012). Zudem kann es zu pulmonalarterieller Hypertonie kommen mit nachfolgender Rechtsherzinsuffizienz.
Dermatomyositiden sind im Erwachsenenalter häufig paraneoplastischer Genese, daher ist eine Tumorsuche (namentlich Lungenkarzinom, Mammakarzinom, Beckentumoren) bei diesen Patienten obligat.

Therapie

Die Akuttherapie der Myositiden besteht aus hoch dosierten Kortikosteroiden in Kombination mit Methotrexat oder Azathioprin. Bei Ineffizienz dieser Behandlungen kommen intravenöse Immunglobuline oder Rituximab zum Einsatz.

Sharp-Syndrom (Mixed Connective Tissue Disease, MCTD)

Definition
Das Sharp-Syndrom (Mixed connective tissue disease, MCTD) weist klinisch Merkmale verschiedener Kollagenosen auf, in den frühen Phasen eher eine entzündliche Manifestation wie beim SLE und den Polymyositiden, im Verlauf häufig sklerodermiforme Aspekte. Immunserologisch neben ANA Nachweis von U1-RNP-Antikörpern.
Herzbeteiligungen sind meist subklinisch. Am häufigsten zeigen sich Perikarditiden mit einer Prävalenz von 30 % und 43 % in zwei prospektiven Untersuchungen. Subklinische Abnormalitäten (Überleitungsstörungen, Perikardergüsse, Mitralklappenprolaps) im EKG oder der transthorakalen Echokardiografie (TTE) wurden bei 6–38 % der MCTD-Patienten gefunden.

Vaskulitiden

Die Vaskulitiden wurden im Jahr 2012 in einer Konsensuskonferenz neu klassifiziert (Chapel Hill Consensus Conference 2012, s. Abb. 1) (Jennette et al. 2013). Es werden primäre und sekundäre Vaskulitiden, systemische und Einzelorganvaskulitiden sowie Vaskulitiden mit und ohne Granulome unterschieden, die Klassifikation erfolgt nach der Größe der vorwiegend befallenen Gefäße (s. Abb. 1)

Großgefäßvaskulitiden

Definition
Der Begriff „Großgefäßvaskulitiden“ umfasst ein Spektrum primärer Vaskulitiden, die chronische granulomatöse Entzündungen überwiegend der Aorta und ihrer großen Äste verursachen. Die beiden wesentlichen Vertreter der Großgefäßvaskulitiden sind die Riesenzellarteriitis (RZA, Arteriitis temporalis) mit klinisch führender „Kopfklinik“, also starken frontotemporalen Kopfschmerzen, Skalp-Kopfschmerz, Claudicatio der Kaumuskulatur und Sehstörungen bis hin zur akuten Erblindung, sowie die Takayasu-Arteriitis (TA), die am häufigsten den Aortenbogen mit seinen Ästen 1. Ordnung befällt. Klinisch manifestiert sich die TA mit Stenosen und Ischämien der nachgeschalteten Gefäßregionen („pulsless disease“).
Histologisch sind Großgefäßvaskulitiden gekennzeichnet durch transmurale segmentale, granulomatöse Entzündungen mit Riesenzellen und lymphomononukleären Infiltrationen. Während die seltene TA in erster Linie junge Frauen in der 2. und 3. Lebensdekade mit Krankheitsbeginn typischerweise zwischen dem 15. und 30. Lebensjahr betrifft, manifestiert sich die RZA erst nach dem 50. LJ.

Riesenzellarteriitis (RZA, Arteriitis temporalis)

In Deutschland wird die Inzidenz der RZA mit 3,5 auf 100.000 Einwohner pro Jahr in der Altersgruppe der über 50-Jährigen angegeben (Ness et al. 2013) und nimmt mit jedem weiteren Lebensjahr zu; Frauen sind deutlich häufiger (3:1) betroffen als Männer. Neben den typischen klinischen, akut oder subakut auftretenden kranialen Symptomen findet man immer hohe systemische Entzündungsparameter (CRP, BSG), eine begleitende Polymyalgia rheumatica mit symmetrischen Schulter- und Beckengürtelschmerzen und Allgemeinsymptome wie Schwäche und erhöhte Temperaturen ist häufig. Bei klinischem Verdacht auf eine RZA sollte der Patient unverzüglich einem Zentrum zugeführt werden zur Diagnosesicherung mittels Duplexsonografie der Temporalarterien (oder Biopsie der A. temporalis) und augenärztlicher Untersuchung. Es folgt eine unmittelbare Einleitung einer systemischen Kortikosteroidtherapie mit 40–60 mg täglich und bei Hinweisen auf eine Augenbeteiligung vorab eine Steroidgabe von 500–1000 mg i.v. über 3 Tage. Eine Kombination mit Methotrexat oder Azathioprin oder Tozilizumab 162 mg s.c. pro Woche erfolgt bei Risiken für Steroidnebenwirkungen oder bei unzureichendem Steroidansprechen.
Auch bei vermeintlich „reiner“ Arteriitis temporalis sind nach Daten aus Positronen Emissions-Tomographie-Computertomographie (PET-CT)- und MR-Angiografiestudien andere Großgefäßregionen sehr häufig, nämlich in >70 % der Fälle betroffen. Ein Aortenbefall prädisponiert zu kardiovaskulären Komplikationen, namentlich zur Entwicklung eines Aneurysmas im Langzeitverlauf.
Auch Jahre nach Erstmanifestation einer RZA kann sich ein Aortenaneurysma besonderes im Bereich des Aortenbogens entwickeln

Takayasu-Arteriitis (TA)

Die TA befällt in erster Linie junge Frauen in der 2. und 3. Lebensdekade mit Krankheitsbeginn zwischen dem 15. und 30. Lebensjahr, wohingegen Erstmanifestationen nach dem 50. Lebensjahr selten sind (Kerr et al. 1994). Die häufigsten Komplikationen sind eine arterielle Hypertonie und eine Aortenklappeninsuffizienz. Männer, die insgesamt wesentlich seltener an einer TA erkranken als Frauen, haben häufiger Komplikationen wie ischämische Herzerkrankungen, Aortenaneurysmen oder -dissektionen, Niereninsuffizienz, Nierenarterienstenosen und hypertensive Entgleisungen. Bei Frauen zeigt sich meist der klassische Typ I der TA mit Pulslosigkeit, Befall des Aortenbogens, des Truncus brachiocephalicus, der Karotiden und der Aa. subclaviae. Bei Männern findet man angiografisch häufiger den Typ V der TA mit Beteiligung der Koronararterien (Águeda et al. 2019). Therapeutisch werden wie bei der RZA Kortikosteroide (Beginn mit 40–60 mg pro Tag) eingesetzt in Kombination mit Methotrexat oder Azathioprin, bei Therapieversagen Tozilizumab 162 mg s.c. pro Woche. Gefäßrekonstruktive Eingriffe und Stents sollten nur bei „ruhigem“ Krankheitsverlauf ohne aktive Entzündung durchgeführt werden.

Vaskulitiden mit Befall vorwiegend mittelgroßer Arterien

Ein Befall vorwiegend mittelgroßer Arterien ist typisch für die Polyarteriitis (Panarteriitis) nodosa und das Kawasaki-Syndrom.

Polyarteriitis nodosa

Definition
Die Polyarteriitis nodosa (Panarteriitis nodosa) ist eine sehr seltene transmural nekrotisierende Vaskulitis vorwiegend mittelgroßer Arterien mit dem klinischen Korrelat von Infarkten (mesenterial, kardial, zerebral), Gangränen, Ulzera und Perforationen. Männer im mittleren Lebensalter sind besonders häufig befallen.
Typische weitere Symptome sind Gewichtsabnahme, arterielle Hypertonie (renovaskulär bedingt), Niereninsuffizienz, Hodenschmerz, Schwerpunktneuropathien, eine Livedo reticularis und oder Knoten/Ulzera der Haut und kolikartige Bauchschmerzen mit Darmblutungen. Während serologisch Autoantikörper wie ANA und ANCA negativ sind, ist der Nachweis eines positiven Hepatitis-B-Antigens (HBsAg) oder  von Hepatitis-C-Virus(HCV)-Antikörpern häufig.
Kardial manifestiert sich die Panarteriitis nodosa als Angina pectoris oder Myokardinfarkt als Folge einer Koronarangiitis mit angiografisch typischen knotigen Verdickungen der Koronararterien, Stenosen und Aneurysmen. Angiografische Auffälligkeiten (Mikroaneurysmen) weisen auch die mittelgroßen Nierenarterien und Mesenterialarterien auf.

Therapie

Prednisolon (Beginn mit 1 mg/kg Körpergewicht), Cyclophosphamid und als Erhaltungstherapie Azathioprin. Bei Hepatitis-B-assoziierter Panarteriitis nodosa muss eine Kombination mit antiviralen Nukleosidanaloga durchgeführt werden (Lamivudin, Entecavir oder Telbivudin).

Kawasaki-Syndrom

Definition
Das Kawasaki-Syndrom ist eine Vaskulitis vorwiegend mittelgroßer Arterien mit einem Manifestationsgipfel im Kleinkindesalter. Die Hauptsymptome sind Fieber bis 40 °C ohne Ansprechen auf Antibiotika und Nachweis von 4 der folgenden 5 Veränderungen: Beidseitige nichteitrige Augenentzündungen, rote rissige und ödematöse Veränderungen der Lippen und der Mundschleimhaut, Rötungen und Schwellungen der Handteller und Fußsohlen, später Schuppung der Fingerspitzen und Fußzehen, stammbetontes Hautexanthem, zervikale Lymphadenopathie.
Die gefährlichste Komplikation besteht in einem Befall der Koronararterien, der in der 2. bis 3. Krankheitswoche auftreten und zu koronaren Aneurysmen führen kann. Daher ist eine frühzeitige antientzündliche Therapie (kombinierte Gabe von i.v.-Immunglobulinen und ASS bzw. Kortikosteroiden) in den ersten 2 Wochen der Erkrankung essenziell. Im Falle unklarer Koronararterienaneurysmen im Erwachsenenalter muss anamnestisch an ein Kawasaki-Syndrom im Kleinkindesalter gedacht werden.

Vaskulitiden mit Befall vorwiegend kleiner Gefäße

ANCA(Antineutrophilenzytoplasmatische Antikörper)-assoziierte Vaskulitiden

Zu den ANCA-assoziierten Vaskulitiden zählen die Granulomatose mit Polyangiitis (GPA, ehemals als M. Wegener bezeichnet), die mikroskopische Polyangiitis (MPA) und die eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA) (ehemals als Churg-Strauss-Syndrom bezeichnet). ANCA-assoziierte Vaskulitiden befallen vorwiegend kleine Gefäße, also Arteriolen, Kapillaren und Venolen. Neben dem Bild der Vaskulitis imponieren bei der GPA und der EGP auch Granulome bzw. granulomatöse Entzündungen. Serologisch sind diese Erkrankungen mit Antikörpern gegen neutrophile zytoplasmatische Antigene (ANCA) gegen die Zielantigene Proteinase-3 (PR3-ANCA) oder Myeloperoxidase (MPO-ANCA) assoziiert.

Granulomatose mit Polyangiitis

Definition
Die Granulomatose mit Polyangiitis (GPA, ehemals als M. Wegener bezeichnet) ist eine nekrotisierende granulomatöse Entzündung, die sich meistens an den oberen und unteren Atemwegen manifestiert, und zugleich nekrotisierende Vaskulitis, die kleine bis mittelgroße Gefäße (z. B. Kapillaren, Venolen, Arteriolen, Arterien und Venen) betrifft. Eine nekrotisierende Glomerulonephritis ist häufig. Die positive Rate von PR3-ANCA liegt bei Mitbeteiligung der Nieren bei >90 %, bei den frühsystemischen, lokoregionären Formen (HNO- und/oder Lungenbefall) bei ca. 75 %.
Kardiale Beteiligungen sind bei der GPA selten. In einer großen deutschen Monocenter-Studie (Reinhold-Keller et al. 2000) wurde bei 25 von 155 Patienten im Laufe der gesamten Krankheit eine kardiale Manifestation gesehen, bei 13 Patienten bereits bei Erstdiagnose der Erkrankung. Dabei handelt es sich um Perikarditiden, (granulomatöse) Myositiden und Koronarangiitiden.
Therapie
Im Generalisationsstadium bei systemischen Symptomen ohne Befall der Nieren oder des zentralen Nervensystems (also auch bei Perikarditis und Myositis) Therapie mit Prednisolon und Methotrexat. Bei Koronarangiitis Induktionstherapie mit Cyclophosphamid und hoch dosiertem Prednisolon, gegebenenfalls auch mit Rituximab, wobei es keine kontrollierten Studien dezidiert zur immunsuppressiven Therapie bei kardialen Manifestation der GPA gibt.

Mikroskopische Polyangiitis

Definition
Unter der mikroskopischen Polyangiitis (MPA) versteht man eine nekrotisierende Vaskulitis mit wenig oder ohne Immunkomplexablagerungen, hauptsächlich kleine Gefäße betreffend (z. B. Kapillaren, Venolen oder Arteriolen). Eine nekrotisierende Arteriitis, die kleine und mittelgroße Arterien betrifft, kann vorkommen. Ein Nierenbefall ist häufig (nekrotisierende Glomerulonephritis). Zudem tritt eine pulmonale Kapillaritis häufig auf. Granulomatöse Entzündungen kommen nicht vor. Die Erkrankung ist mit MPO-ANCA assoziiert.
Herzmanifestationen der MPA betreffen den Herzmuskel im Sinne einer Vaskulitis der koronaren Arteriolen mit der Folge einer kongestiven Herzinsuffizienz oder einer Perikarditis.
Die Therapie erfolgt analog zur Therapie der GPA.

Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (Churg-Strauss)

Definition
Die eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA) – ehemals Churg-Strauss-Syndrom – ist eine durch allergisches Asthma bronchiale und/oder allergische Rhinosinusitis, sowie Eosinophilie im Differenzialblutbild charakterisierte nekrotisierende und granulomatöse Vaskulitis der kleinen und mittelgroßen Gefäße. Der histologische Nachweis einer granulomatösen Vaskulitis mit Gewebseosinophilie sichert die Diagnose. Bei 30–35 % der Patienten mit EGPA sind Myeloperoxidase(MPO)-spezifische ANCA nachweisbar.
Eine kardiale Beteiligung kann sich als Perikarditis, Myokarditis, Kardiomyopathie, Endomyokardfibrose, intrakardiale Thromben, Koronarangiitis, Herzinsuffizienz, Arrhythmien und Valvulopathien bis hin zum Herzversagen äußern. Eine kardiale Manifestation tritt häufiger bei ANCA-negativen Patienten auf. Eine EGPA mit begleitender Kardiomyopathie spricht für eine schlechtere Prognose (Comarmond et al. 2013). Bei der Erstdiagnose der EGPA sollte daher, wie auch im Verlauf, eine kardiologische Untersuchung erfolgen. Hierbei stehen eine ausführliche Anamnese, das EKG und die Echokardiografie als Routine im Vordergrund, bei bestehendem Verdacht auf myokardiale Beteiligung sollte eine Kardio-MRT angeschlossen werden. Therapeutisch werden neben Glukokortikoiden die Immunsuppressiva Methotrexat und Azathioprin, bei akuter kardialer Beteiligung auch Cyclophosphamid eingesetzt.

Immunkomplex-Kleingefäßvaskulitiden

Zu den Immunkomplex-Kleingefäßvaskulitiden gehören die kryoglobulinämische Vaskulitis, die systemische IgA-Vaskulitis (Purpura Schönlein-Henoch) und die hypokomplementämische Urtikaria-Vaskulitis (Jennette et al. 2013). Durch Ablagerung von Immunkomplexen und Aktivierung von Komplement kann es zu leukozytoklastischen Vaskulitiden kommen, die sich meistens an der Haut mit einer palpablen Purpura (Purpura Schönlein-Henoch-ähnlich) oder mit urtikariellem Exanthem, mit Polyarthritiden, an der Niere mit Glomerulonephritiden und am Gastrointestinaltrakt mit blutigen Diarrhöen manifestieren können. Kardiale Manifestationen – Herzklappenerkrankungen, Perimyokarditiden – sind eher selten.
Kryoglobulinämische Vaskulitis
Bei den häufigeren gemischten Kryoglobulinämien unterscheidet man 3 verschiedene Typen. Der Typ II ist charakterisiert durch kryopräzipitierbare Immunkomplexe aus monoklonalem IgM, Autoantikörpern, polyklonalen IgGs und Antigenen, die Autoantigenen oder viralen Antigen (Hepatitis-C-Virus) entsprechen können. Der Typ III weist kryopräzipitierbare Immunkomplexe aus oligo-/polyklonalen IgMs als auch polyklonalen IgGs auf. Die Kryoglobulinämie vom Typ I umfasst monoklonale Immunglobuline nur eines Isotyps und ist eine eigenständige Krankheit. Klinisch sind Myalgien, Muskelschwäche, Arthralgien und variable Organbeteiligungen einschließlich Hautläsionen (Purpura, Ulzera), chronische Hepatitis, membranoproliferative Glomerulonephritis und periphere Neuropathie typisch. Interstitielle Lungenbeteiligung und Serositiden sind selten. Die gemischten Kryoglobulinämien können mit mehreren infektiösen, insbesondere Hepatitis-C(HCV)- und dem humanen Immundefizienzvirus (HIV) und immunologischen Krankheiten (Sjögren-Syndrom) assoziiert sein.
IgA-Vaskulitis (Purpura Schönlein-Henoch)
Eine IgA-Vaskulitis kommt typischerweise im Kinder- und Jugendalter vor; sie ist charakterisiert durch leukozytoklastische Vaskulitiden der Haut, der Darmschleimhaut und der Niere (IgA-Nephritis) und Arthritiden. Histologisch zeigen IgA1-dominierte Ablagerungen. Bei Erwachsenen sind systemische chronische Komplikationen, besonders renal, häufiger anzutreffen als bei Kindern. Der IgA-Vaskulitis geht nicht selten eine Infektion voraus. Kardiale Manifestationen in Form einer Perikarditis sind sehr selten.
Hypokomplementämische Urtikaria-Vaskulitis
Bei der sehr seltenen hypokomplementämischen Urtikaria-Vaskulitis handelt es sich um eine immunkomplexvermittelte Vaskulitis der kleinen Gefäße mit Urtikaria und verminderten Komplement-Blutspiegeln. Diagnostisch wegweisend sind im Labor ein niedriges C1q mit oder ohne niedriges C3 und C4 und zumeist positiven Anti-C1q-Autoantikörpern.

Vaskulitiden variabler Gefäßgröße

Morbus Behçet

Definition
Der Morbus Behçet gehört zu den Vaskulitiden variabler Gefäßgröße, und kann zahlreiche Organsysteme (Haut, Schleimhäute, Gelenke, Augen, Gefäße, Nervensystem und Gastrointestinaltrakt) betreffen. Rezidivierende orale und genitale Aphthen sind häufig die ersten klinischen Anzeichen. Histopathologisch imponiert eine leukozytoklastische Vaskulitis. Es besteht eine genetische Assoziation (HLA-B51); die höchste Prävalenz zeigt sich in Ländern entlang der Seidenstraße im Nahen und Mittleren Osten sowie in Ostasien.
Als Vaskulitis variabler Gefäßregionen können bei M. Behçet sowohl Arterien als auch Venen betroffen sein. Venös zeigen sich oberflächliche Thrombophlebitiden sowie tiefe Venenthrombosen, die bei etwa 6–7 % der Behçet-Patienten auftreten. Die Behçet-typische Arteriitis zeichnet sich durch das Fehlen einer Gefäßwandverdickung und Fehlen granulomatöser Entzündungen aus, zeigt hingegen eine deutliche Tendenz zur Entwicklung von arteriellen Aneurysmen. Dilatationen der Aorta ascendens als Folge der Großgefäßvaskulitis können zu einer relevanten sekundären Aortenklappeninsuffizienz führen. Intrakardiale Thromben, meist im rechten Ventrikel, können als Erstmanifestation eines Morbus Behçet auftreten. Besonders schwerwiegend können arteriitische Aneurysmen im Bereich der Pulmonalarterien sein mit konsekutiven Hämoptysen. Auch Koronarangitiden, Perikarditiden, Myokarditiden und Herzrhythmusstörungen werden beschrieben.
Die immunsuppressive Therapie bei Arteriitis besteht aus Glukokortikoiden, Azathioprin oder Ciclosporin A bzw. bei schwerwiegenden Verläufen in der Induktionstherapie auch aus Cyclophosphamid.

Cogan-Syndrom

Definition
Unter dem Cogan-Syndrom versteht man eine seltene Vaskulitis variabler Gefäßregionen, die durch audiovestibuläre Störungen und durch eine interstitielle Keratitis gekennzeichnet ist.
Die charakteristische kardiovaskuläre Manifestation des Cogan-Syndroms ist die Aortitis mit Aortenklappeninsuffizienz (Greco et al. 2013). Zur Therapie werden hoch dosierte Steroide und steroidsparende Immunsuppressiva angewendet (Methotrexat, Cyclophosphamid, Azathioprin oder Ciclosporin A), aber auch Infliximab, Etanercept und Rituximab bei refraktären Fällen.
Die Prognose wird hauptsächlich durch das Risiko einer dauerhaften Innenohrschwerhörigkeit und kardiovaskuläre Komplikationen, insbesondere eine Aorteninsuffizienz bestimmt.

Andere seltene autoimmun oder autoinflammatorisch bedingte Systemerkrankungen

Auf kardiale Beteiligungen bei Sarkoidose, Amyloidose und hypereosinophilen Syndromen wird an anderer Stelle eingegangen.

IgG4-assoziiertes Syndrom

Definition
IgG4-assoziierte Erkrankungen sind seltene Autoimmunerkrankungen mit einer typischen Histopathologie, die Organe und Organsysteme wie Pankreas, Leber, Gallenwege, Nieren, Lunge, Lymphknoten, Speicheldrüsen und Hypophyse, selten auch das Herz, befallen und gut auf Kortikosteroide oder andere Immunsuppressiva ansprechen.
Laborchemisch kann neben Entzündungsparametern das IgG4 im Serum erhöht sein. Histologisch zeigen sich 3 für die IgG4-assoziierten Erkrankungen charakteristische Befunde, nämlich ein dichtes lymphoplasmazelluläres Infiltrat, eine storiform angeordnete Fibrose und eine obliterative Phlebitis. Unerlässlich zur Diagnosestellung ist eine positive Immunhistochemie für IgG4 (IgG4-exprimierende Plasmazellen).
Mögliche kardiale Manifestationen sind eine konstriktive Perikarditis, höhergradige Reizleitungsstörungen, Aortitis mit der möglichen Folge eines Aortenaneurysmas oder einer Aortendissektion und Periaortitis (manschettenartige entzündliche Weichteilvermehrung um die Aorta herum). Therapeutisch werden Kortikosteroide eingesetzt, bei nicht ausreichendem Ansprechen zusätzlich Azathioprin oder Rituximab.

Morbus Still des Erwachsenen (adultes Still-Syndrom)

Definition
Zu den autoinflammatorischen Erkrankungen mit Aktivierung des angeborenen Immunsystems gerechnete Systemerkrankung mit wiederkehrenden täglichen Fieberschüben (remittierendes Fieber), flüchtigem lachsfarbenem Exanthem, Arthritis, Lymphadenopathie, Hepatomegalie und Serositis (Pleuritis, Peritonitis, Perikarditis).
Laborchemisch sind eine Leukozytose und eine ausgeprägte Systementzündung mit hohen CRP-Werten, hohem Ferritin und IL-1β, IL-18, TNF, IFNγ und IL-6-Serumspiegeln typisch. Wichtig ist die Differenzialdiagnose zur Sepsis. Eine Myokarditis tritt bei ca. 7 % aller Patienten mit adultem Still-Syndrom auf, in 65 % sogar als initiale Manifestation mit Thoraxschmerz, Luftnot, Tachykardie oder Herzinsuffizienz. Begleitende Perikardergüsse zeigen sich in 40 %, eine Perikardtamponade in 12 %.
Therapeutisch werden Kortikosteroide und Methotrexat und andere Immunsuppressiva eingesetzt, im Falle eines unzureichenden Ansprechen Interleukin-1-Inhibitoren (Anakinra, Canakinumab) (Feist et al. 2018)

Familiäres Mittelmeerfieber und andere genetische Fiebersyndrome

Definition
Familiäres Mittelmeerfieber (FMF) ist eine genetisch bedingte autoinflammatorische Erkrankung mit rezidivierenden Fieberschüben, Arthritis, akuter Peritonitis, häufig auch Pleuritis oder Arthritis, seltener Perikarditis, und dem Risiko der Entwicklung einer Amyloidose mit nachfolgender Niereninsuffizienz. FMF findet sich vorwiegend in türkischen, armenischen und jüdischen Familien, deren Vorfahren aus dem Mittelmeerraum stammen.
In Schüben ist das CRP deutlich erhöht, auch in schubfreien Perioden ist meist das Serumamyloid A (SAA) erhöht und zugleich ist einem erhöhten Risiko einer AA-Amyloidose-Entwicklung mit kardialer Beteiligung assoziiert. Die Diagnosesicherung erfolgt mittels Gentest. Es werden mehr als 40 mit FMF assoziierte Mutationen des „mediterranean fever gene“ (MEFV) beschrieben. Differenzialdiagnostisch gilt es, andere, seltenere autoinflammatorische Syndrome wie das Hyper-IgD-Syndrom (HIDS), das Tumornekrosefaktor-Rezeptor-assoziierte periodische Syndrom (TRAPS) und die Cold-induced-autoinflammatory-Syndrom-1(CIAS1)-Gen-assozierten Syndrome zu berücksichtigen.
Mit Colchizin steht eine wirksame Langzeittherapie auch der kardialen Manifestation (Perikarditis) zur Verfügung. Bei unzureichender Wirkung Einsatz von Interleukin-1-Inhibitoren.
Eine frühzeitige Diagnose und Therapie kann die Entwicklung einer AA-Amyloidose verhindern.
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