Bei einer Fazialisläsion tritt eine Parese der mimischen Muskulatur einer Gesichtshälfte auf, wobei wegen der ausgiebigen bilateralen Repräsentation von Stirnmuskulatur und M. orbicularis oculi bei einer Läsion kortikobulbärer Bahnen Stirnrunzeln und Augenschluss erhalten bleiben (zentraler Lähmungstyp). Bei nukleären und infranukleären Fazialisläsionen zeigen sich auch eine Lähmung der Stirnmuskulatur und ein unvollständiger Lidschluss. Bei der idiopathischen Fazialisparese wird die physiologische Aufwärtswendung des Augenbulbus bei Augenschluss sichtbar (Bell-Phänomen). Der Spasmus hemifacialis kommt durch einen Gefäß-Nerv-Kontakt im Hirnstamm zustande.
Bei einer Fazialisläsion tritt eine Parese der mimischen Muskulatur einer Gesichtshälfte auf, wobei wegen der ausgiebigen bilateralen Repräsentation von Stirnmuskulatur und M. orbicularis oculi bei einer Läsion kortikobulbärer Bahnen Stirnrunzeln und Augenschluss erhalten bleiben (zentraler Lähmungstyp). Bei nukleären und infranukleären Fazialisläsionen zeigen sich auch eine Lähmung der Stirnmuskulatur und ein unvollständiger Lidschluss. Bei der idiopathischen Fazialisparese wird die physiologische Aufwärtswendung des Augenbulbus bei Augenschluss sichtbar (Bell-Phänomen). Der Spasmus hemifacialis kommt durch einen Gefäß-Nerv-Kontakt im Hirnstamm zustande.
Fazialisläsion
Anatomie
Der siebte Hirnnerv ist der motorische Nerv des Gesichtes und innerviert die gesamte mimische Muskulatur einschließlich Augenschluss sowie das Platysma und den M. stylohyoideus. Sensibel wird lediglich ein winziger Bezirk am Ohr versorgt (R. auricularis posterior). Mit dem VII. Hirnnerv verlaufen die Chorda tympani (Geschmacksempfinden der vorderen zwei Zungendrittel), der N. petrosus major (sekretomotorische Fasern für die Tränendrüse und die Glandulae sublinguales und submaxillares über die Chorda tympani) sowie der N. stapedius (Innervation des M. stapedius).
Der motorische Kern des N. facialis liegt ventral und lateral des Abduzenskerns; die intrapontinen Fasern des Nervs laufen um das Kerngebiet des N. abducens herum (sog. Fazialisknie), bevor sie lateral des Tractus corticospinalis die Pons verlassen. Gemeinsam mit dem VIII. Hirnnerv tritt der N. facialis in den Meatus acusticus internus ein, wo die beiden Nerven über eine Strecke von 7–8 mm gemeinsam verlaufen. Danach verläuft der VII. Hirnnerv im Canalis facialis (Fallop-Kanal), den er durch das Foramen stylomastoideum verlässt. Mit dem N. facialis verläuft der N. intermedius, welcher präganglionäre parasympathische Fasern für die Sekretion von Tränendrüsen und Speicheldrüsen enthält. Die zwei Ganglien des VII. Hirnnervs sind das Ganglion geniculatum und das Ganglion pterygopalatinum. In seinem Verlauf gehen vom N. facialis ab bzw. treten an ihn heran: der N. petrosus major, der N. stapedius, die Chorda tympani und der N. auricularis (Abb. 1).
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Nach Verlassen des Foramen stylomastoideum verläuft der VII. Hirnnerv durch die Ohrspeicheldrüse, wo er sich in die Endäste für die Versorgung der Gesichtsmuskulatur aufteilt (Abb. 2).
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Klinik und Diagnostik
Bei einer Fazialisläsion kommt es zur Parese der mimischen Muskulatur einer Gesichtshälfte, wobei wegen der ausgiebigen bilateralen Repräsentation von Stirnmuskulatur und M. orbicularis oculi bei einer Läsion kortikobulbärer Bahnen Stirnrunzeln und Augenschluss erhalten bleiben (zentraler Lähmungstyp). Bei nukleären und infranukleären Fazialisläsionen zeigen sich auch eine Lähmung der Stirnmuskulatur und ein unvollständiger Lidschluss (Abb. 3). Beim Versuch, das Auge zu schließen, wird die physiologische Aufwärtswendung des Augenbulbus sichtbar (Bell-Phänomen). Sowohl bei supra- als auch bei infratentoriellen zentralen Fazialisläsionen kann es zu einer Dissoziation von Willkürmotorik und emotionaler Motorik kommen: Obwohl der Patient nicht in der Lage ist, auf Aufforderung die Zähne zu zeigen, kommt es zu symmetrischer Innervation der Mundmuskulatur beim spontanen Lachen oder Lächeln (unilateral bei Ponsinfarkten, bilateral beim vorderen Operkulumsyndrom); eine gestörte emotionale Mimik bei erhaltener Willkürmotorik können Läsionen der kontralateralen vorderen Hirnhälfte zeigen (frontale weiße Substanz, Basalganglien) (Töpper et al. 1995).
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Die Untersuchung von Fazialisläsionen sollte stets eine Überprüfung aller wichtigen mimischen Muskelgruppen umfassen: Stirnrunzeln, Augenschluss, Naserümpfen, Zähnezeigen.
Bei einer Läsion im peripheren Verlauf können Symptome von Seiten der sekretomotorischen und sensorischen Fasern resultieren:
Der Ausfall des N. petrosus major zeigt sich in einem pathologischen Schirmer-Test (herabgesetzte Tränensekretion).
Der Ausfall des M. stapedius führt zu einer Hyperakusis (schmerzhafte Überempfindlichkeit bei lauten Tönen; Klirren beispielsweise beim Telefonieren); Kieferbewegungen werden auf der betroffenen Seite nicht mehr gehört.
Die Läsion der Chorda tympani zeigt sich an einer Geschmacksstörung der vorderen zwei Zungendrittel; die Untersuchung erfolgt durch auf die ausgestreckte Zunge aufgebrachte Geschmacksproben oder Elektrogustometrie.
Bei der klinischen Untersuchung ist auf Fehlinnervationen zu achten: Hierzu gehören unwillkürlicher Lidschluss bei Kieferbewegungen (Jaw-Winking-Phänomen) und Mundwinkelbewegungen bei kräftigem Augenschluss (Marcus-Gunn-Zeichen). Solche Synkinesien können Folge von Fehlsprossungen nach Abheilung peripherer Fazialisparesen oder Ausdruck ephaptischer Signalübertragung sein. Ähnliche Mechanismen spielen bei den sog. Krokodilstränen eine Rolle, welche über den N. petrosus major geleitet auftreten, sobald die Speichelproduktion angeregt wird.
Beim Spasmus hemifacialis handelt es sich um die simultane paroxysmale Kontraktion aller mimischen Muskeln einer Gesichtshälfte, welche bei pathologischem Gefäß-Nerv-Kontakt, nach peripheren Fazialisparesen und bei Kompression des Nervs durch Tumoren oder Aneurysmen auftreten kann (Abb. 4).
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Kontinuierliche undulierende Bewegungen von Muskelfasern im Versorgungsgebiet des N. facialis werden als Fazialismyokymien bezeichnet. Auch diese werden nach Rückbildung einer peripheren Fazialisparese gesehen, treten jedoch gehäuft bei Hirnstammläsionen (z. B. multiple Sklerose) auf. Abgegrenzt werden müssen klinisch der Blepharospasmus mit oder ohne dystone Bewegungsstörung im Mundbereich (Meige-Syndrom), Tics im Fazialisversorgungsgebiet sowie elementar partielle epileptische Anfälle im Gesichtsbereich. Eine Fazialiskontraktur kann nach einer peripheren Fazialisparese oder zwischen den Attacken eines Hemispasmus facialis resultieren.
Die neurophysiologische Abklärung von Fazialisparesen umfasst die Hirnstammreflexe (Blinkreflex, Kornealreflex), den Nervenerregbarkeitstest bzw. die Elektroneurografie (elektrisch oder mittels Magnetstimulation), das EMG und die Audiografie oder akustische Impedanztestung bei Verdacht auf Stapediusausfall (Maller et al. 2018). Klinisch einfacher anzuwenden ist der Stethoskoptest, bei dem ein lauter, mittels Stimmgabel erzeugter Ton vom Patienten, der das Stethoskop im äußeren Gehörgang hat, auf der betroffenen Seite lauter gehört wird.
Idiopathische Fazialisparese (Bell-Lähmung)
Häufigkeit und Pathogenese
Die sog. idiopathische Fazialisparese ist das häufigste und wichtigste Krankheitsbild im klinischen Alltag – die Inzidenz liegt bei 25 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner jährlich, wobei Männer und Frauen gleich häufig betroffen sind und sich eine deutliche Altersbevorzugung nicht zeigt. In den Wintermonaten kommt es zu gehäuftem Auftreten (Erdur et al. 2018). In der Pathogenese des Krankheitsbildes scheint eine Infektion mit Herpes-simplex-Virus Typ I eine Rolle zu spielen (McCormick 1972).
Klinik und Pathogenese
Nach Verkühlung oder grippalem Infekt, häufig jedoch ohne Vorerkrankungen, kommt es zum akuten bis subakuten Auftreten der Gesichtslähmung, wobei das Maximum der neurologischen Ausfälle innerhalb von 2–5 Tagen erreicht wird. Der Manifestation der eigentlichen Lähmung können ziehende Schmerzen hinter dem Ohr und Sensibilitätsstörungen im Gesichtsbereich vorausgehen; die beeinträchtigte Mimik bemerkt der Patient vor dem Spiegel oder aber Angehörige machen ihn darauf aufmerksam. Das Herabhängen des Lides bei Beteiligung des M. orbicularis oculi führt zum Herablaufen von Tränen an der Wange, aus dem betroffenen Mundwinkel entweicht Flüssigkeit beim Trinken, nicht selten beißt sich der Patient auf die Lippe oder die Mundschleimhaut. Oftmals wird auch die begleitende Geschmacksstörung frühzeitig bemerkt. Ein inkompletter Lidschluss birgt die Gefahr der Keratitis e lagophthalmo.
Die Prognose der Bell-Lähmung ist günstig: Innerhalb von 3–8 Wochen kommt es zu einer vollständigen Restitution bei 80 % der Betroffenen (Eviston et al. 2015). Günstige prognostische Zeichen sind eine Besserung der Lähmungserscheinungen innerhalb der ersten Woche nach Manifestation, die frühzeitige Rückbildung einer begleitenden Geschmacksstörung sowie positive neurophysiologische Befunde mit nur gering reduziertem elektrisch oder magnetisch evoziertem Antwortpotenzial bzw. nur gering ausgeprägtem Leitungsblock. Eine Reduktion der motorisch evozierten Potenziale (MEP) auf unter 20 % der Gegenseite oder elektromyografische Denervierungszeichen nach 10 Tagen sind ungünstige prognostische Zeichen.
Diagnostik
In der Diagnostik gilt es, gezielt behandelbare Erkrankungen auszuschließen; hierzu zählen insbesondere der Zoster oticus (otoskopische Untersuchung: Die Bläschen sind oftmals nur im Gehörgang bzw. am Trommelfell zu sehen! Liquor), der Zoster colli und die Borreliose (Lumbalpunktion, Serologie).
Weitere Entzündungen, die differenzialdiagnostisch bei „idiopathischer“ peripherer Fazialisparese bedacht werden müssen, sind die akute Otitis media, die Sarkoidose Boeck, Meningitiden sowie Lepra und Lues. Mit besonderer MR-Technik kann der Nerv in seinem Verlauf dargestellt werden (Abb. 5).
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Therapie
Für die Therapie entscheidend ist die Prophylaxe von Kornealäsionen mittels Uhrglasverband (Augensalbe zur Nacht, Augentropfen tagsüber). Der Patient sollte regelmäßig Innervationsübungen vor dem Spiegel machen. Da die Kompression des Nervs im engen Fallop-Kanal bei entzündlicher Schwellung (Selbststrangulation) wichtiger pathogenetischer Faktor ist, kommt in den ersten Tagen eine abschwellende Therapie mit Kortikosteroiden (60–80 mg täglich in absteigender Dosierung – Reduktion um 10 mg alle 2 Tage) in Frage. Hierdurch lässt sich der Krankheitsverlauf verkürzen (NNT 10; Heckmann et al. 2017). Ob bei der nachgewiesenen pathogenetischen Bedeutung von Herpes simplex I der Substanz Valaciclovir eine Bedeutung zukommt, ist nach kontrollierten Studien zweifelhaft. Nach größeren Studien bringt die alleinige Gabe von Valaciclovir keinen Effekt, womöglich aber die Kombination der Substanz mit Kortikoiden (Quant et al. 2009). Die operative Dekompression des Nervs bringt keinen Gewinn gegenüber einer konservativen Behandlung. Ein Zoster oticus muss mit Aciclovir oder Valaciclovir, die Borreliose mit Antibiotika behandelt werden.
Ramsay-Hunt-Syndrom
Ein neuralgisches Schmerzsyndrom nach Zoster oticus mit peripherer Fazialisparese wird auch als Ramsay-Hunt-Syndrom bezeichnet. Bei Schmerzlokalisation im Ohrbereich wird die Neuralgie auf den N. intermedius (Geniculatumneuralgie) zurückgeführt und mit Carbamazepin oder Lamotrigin behandelt. Das Syndrom kommt auch im Rahmen von Hirnnervenpolyneuritiden (Nn. VIII, IX, X) und bei HIV-Infektion vor. Eine Geschmackstörung findet sich bei genauer Prüfung oft bilateral (Pavlidis et al. 2018), auch ein Hinweis darauf, dass es sich eher um eine Polyneuritis handelt.
Weitere Ursachen einer Fazialisparese
Angeborene Fehlbildungen des N. facialis werden anhand von MRT-Befunden in 4 Schweregrade eingeteilt:
0 = keine Auffälligkeiten
1 = unilaterale Fazialishypoplasie
2 = unilaterale Fazialisaplasie
3 = bilaterale Aplasie oder Hypoplasie
4 = Fazialisaplasie mit anderen Hirnnervenausfällen (Mohammad et al. 2018).
Beim klassischen Möbius-Syndrom handelt es sich um eine kongenitale faziale Diplegie mit bilateraler Abduzensparalyse. Eine weitere Form der kongenitalen Fazialisparese, welche lediglich die kaudale mimische Muskulatur betrifft, geht mit Herzanomalien einher (kardiofaziales Syndrom).
Die faziale Hemiatrophie tritt vornehmlich beim weiblichen Geschlecht im Kindes- oder Jugendalter auf: Es kommt zu einer langsam progressiven Lipodystrophie im Gesichtsbereich. Abgegrenzt werden müssen umschriebene Formen der Sklerodermie („en coup de sabre“).
Bei isolierter Mundastschwäche muss eine perinatale traumatische Läsion abgegrenzt werden.
Bei erworbenen bilateralen oder rezidivierend auftretenden peripheren Fazialisparesen ist an das Melkersson-Rosenthal-Syndrom zu denken, eine vermutlich immunologisch bedingte granulomatöse Entzündung, welche mit Kortikosteroiden behandelt wird. Neben den Fazialisparesen kommt es zu Schwellungen im Gesichtsbereich sowie zu Makrocheilie und Makroglossie. Therapeutisch kann der Tumor-Nekrose-Faktor-α(TNF-α)-Antikörper Adalimumab eingesetzt werden (De Moll und Lebwohl 2018).
Bei dem akuten uveoparotiden Fieber der Sarkoidose (Heerfordt-Syndrom) werden bilaterale Fazialisparesen im Wochenabstand beschrieben. Diagnostisch wegweisend sind die Entzündungszeichen im Bereich von Augen und Ohrspeicheldrüsen, der Lunge sowie das erhöhte ACE.
Im Verlauf eines Guillain-Barré-Syndroms (GBS) zeigt die ein- oder beidseitige Fazialisparese eine drohende Atemlähmung an. Stets sollte eine Neuroborreliose als Ursache bilateraler Fazialisparesen ausgeschlossen werden (Keane 1994). Eine Auflistung der möglichen Ursachen einer Fazialisparese findet sich in der folgenden Übersicht.
Wie behandeln Sie eine idiopathische Fazialisparese?
2.
Welche Ursachen bilateraler Fazialisparesen kennen Sie?
3.
Welche Begleitsymptome können bei einer peripheren Fazialisparese auftreten?
4.
Was ist das Melkersson-Rosenthal-Syndrom?
5.
Wie behandeln Sie das Ramsay-Hunt-Syndrom?
Literatur
Berlit P (2007) Basiswissen Neurologie, 5. Aufl. Springer, Berlin/Heidelberg/New York/Tokio
De Moll EH, Lebwohl MG (2018) Melkersson-Rosenthal syndrome successfully treated with adalimumab. Cutis 101:122–124PubMed
Erdur H, Ernst S, Ahmadi M, Albers AE, Marzinzik F, Somasundaram R, Audebert HJ, Weber JE (2018) Evidence for seasonal variation of Bellʼs Palsy in Germany. Neuroepidemiology 51:128–130CrossRef
Eviston TJ, Croxson GR, Kennedy PG, Hadlock T, Krishnan AV (2015) Bell’s palsy: aetiology, clinical features and multidisciplinary care. J Neurol Neurosurg Psychiatry 86:1356–1361CrossRef
Heckmann JG, Lang C, Urban P, Glocker FX, Weder B, Reiter G, Bischoff C, Meier U, Guntinas-Lichius O (2017) Therapie der idiopathischen Fazialisparese. Aktuelle Neurologie 44:712–727CrossRef
Keane JR (1994) Bilateral seventh nerve palsy: analysis of 43 cases and review of the literature. Neurology 44:1198–1202CrossRef
Maller T, Goldenstein S, Ronen O (2018) Prevalence and characteristics of hearing loss in patients diagnosed with Bell’s Palsy. Eur Arch Otorhinolaryngol 275:99–102CrossRef
McCormick DP (1972) Herpes-simplex virus as a cause of Bell’s palsy. Lancet 1:937–939CrossRef
Mohammad SA, Abdelaziz TT, Gadelhak MI, Afifi HH, Abdel-Salam GMH (2018) Magnetic resonance imaging of developmental facial paresis: a spectrum of complex anomalies. Neuroradiology 60:1053–1061CrossRef
Pavlidis P, Cámara RJA, Kekes G, Gouveris H (2018) Bilateral taste disorders in patients with Ramsay Hunt syndrome and Bell palsy. Ann Neurol 83:807–815CrossRef