Kopfschmerzen gehören zu den am häufigsten beklagten Symptomen überhaupt. Die Klassifikationskriterien
der Internationalen Kopfschmerzgesellschaft (International Headache Society, IHS) definiert alle Kopfschmerzerkrankungen und bildet die Grundlage zur Einordnung von Kopfschmerzen. In der aktuell dritten Auflage der Internationalen Kopfschmerzklassifikation (ICHD-3) werden die bekannten primären und
sekundären Kopfschmerzsyndrome beschrieben, kommentiert und in insgesamt 14 Kapitel eingeteilt. Die Kapitel 1–4 behandeln die primären Kopfschmerzformen wie Migräne, Spannungskopfschmerz, Clusterkopfschmerz, alle weiteren trigeminoautonomen Kopfschmerzen und andere seltene primäre Kopfschmerzerkrankungen, Kapitel 5–12 die sekundären Kopfschmerzen wie
Subarachnoidalblutungen,
intrazerebrale Blutungen oder die
Riesenzellarteriitis, Kapitel 13 schmerzhafte Läsionen der Gehirnnerven und andere Gesichtsschmerzen und Kapitel 14 die nicht klassifizierbaren Formen (Tab.
1). Trotz der großen Zahl möglicher Diagnosen kann man davon ausgehen, dass die Kenntnis der ca. 20–30 wichtigsten Kopfschmerzsyndrome und Differenzialdiagnosen ausreicht, um im klinischen Alltag über 95 % aller präsentierten Fälle einordnen zu können. Die gesamte Klassifikation mit allen Details kann auf der Webseite
https://ichd-3.org/de/ abgerufen werden. Ausgewählte wichtige Kopfschmerzformen werden im Folgenden in der Reihenfolge der Kapitel der IHS-Klassifikation dargestellt. In diesem Kapitel wird die Migräne besprochen, weitere Kopfschmerzformen in Kap. „Spannungskopfschmerzen“, Kap. „Clusterkopfschmerzen und andere trigeminoautonome Kopfschmerzerkrankungen“, Kap. „Sonstige Kopfschmerzerkrankungen“ und Kap. „Sekundäre Kopfschmerzsyndrome“. Alle diagnostischen und therapeutischen Angaben entsprechen im Wesentlichen den Empfehlungen und Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) und können ausführlicher auf deren Webseiten nachgelesen werden.
Tab. 1
Die Hauptgruppen der Kopfschmerzerkrankungen entsprechend der 3. Auflage der Internationalen Kopfschmerzklassifikation (ICHD-3)
1. | Migräne |
| 1.1 | Migräne ohne Aura |
1.2 | Migräne mit Aura |
1.3 | Chronische Migräne |
1.4 | Migränekomplikationen |
1.5 | Wahrscheinliche Migräne |
1.6 | Episodische Syndrome, die mit einer Migräne einhergehen können |
2. | Kopfschmerz vom Spannungstyp |
| 2.1 | Selten auftretender episodischer Kopfschmerz vom Spannungstyp |
2.2 | Häufig auftretender episodischer Kopfschmerz vom Spannungstyp |
2.3 | Chronischer Kopfschmerz vom Spannungstyp |
2.4 | Wahrscheinlicher Kopfschmerz vom Spannungstyp |
3. | Trigeminoautonome Kopfschmerzerkrankungen (TAK) |
| 3.1 | Clusterkopfschmerz |
3.2 | |
3.3 | |
3.4 | |
3.5 | Wahrscheinliche trigemino-autonome Kopfschmerzerkrankung |
4. | Andere primäre Kopfschmerzen |
| 4.1 | Primärer Hustenkopfschmerz |
4.2 | Primärer Anstrengungskopfschmerz |
4.3 | Primärer Sexualkopfschmerz |
4.4 | |
4.5 | Kältebedingter Kopfschmerz |
4.6 | Kopfschmerz durch Einwirkung von Druck oder Zug auf den Kopf |
4.7 | |
4.8 | |
4.9 | |
4.10 | Neu aufgetretener täglicher anhaltender Kopfschmerz (engl. New daily persistent headache) |
5. | Kopfschmerz zurückzuführen auf eine Verletzung oder ein Trauma des Kopfes und/oder der HWS |
| 5.1 | Akuter Kopfschmerz zurückzuführen auf eine traumatische Verletzung des Kopfes |
5.2 | Anhaltender Kopfschmerz zurückzuführen auf eine traumatische Verletzung des Kopfes |
5.3 | Akuter Kopfschmerz zurückzuführen auf ein HWS-Beschleunigungstrauma |
5.4 | Anhaltender Kopfschmerz zurückzuführen auf ein HWS-Beschleunigungstrauma |
5.5 | Akuter Kopfschmerz zurückzuführen auf eine Kraniotomie |
5.6 | Anhaltender Kopfschmerz zurückzuführen auf eine Kraniotomie |
6. | Kopfschmerz zurückzuführen auf Gefäßstörungen im Bereich des Kopfes und/oder des Halses |
| 6.1 | Kopfschmerz zurückzuführen auf ein zerebrales ischämisches Ereignis |
6.2 | Kopfschmerz zurückzuführen auf eine nichttraumatische intrakranielle Blutung |
6.3 | Kopfschmerz zurückzuführen auf eine nicht-rupturierte Gefäßfehlbildung |
6.4 | Kopfschmerz zurückzuführen auf eine Arteriitis |
6.5 | Kopfschmerz zurückzuführen auf eine Störung der A. carotis oder A. vertebralis |
6.6 | Kopfschmerz zurückzuführen auf eine Hirnvenenerkrankung |
6.7 | Kopfschmerz zurückzuführen auf eine sonstige akute intrakranielle Störung |
6.8 | Kopfschmerz und/oder migräneartige Aura zurückzuführen auf eine chronische intrakranielle Vaskulopathie |
| 6.9 | Kopfschmerz zurückzuführen auf einen Hypophyseninfarkt |
7. | Kopfschmerz zurückzuführen auf nichtvaskuläre intrakranielle Störungen |
| 7.1 | Kopfschmerz zurückzuführen auf eine Liquordrucksteigerung |
7.2 | Kopfschmerz zurückzuführen auf einen Liquorunterdruck |
7.3 | Kopfschmerz zurückzuführen auf nichtinfektiöse entzündliche Erkrankungen |
7.4 | Kopfschmerz zurückzuführen auf ein intrakranielles Neoplasma |
7.5 | Kopfschmerz zurückzuführen auf eine intrathekale Injektion |
7.6 | Kopfschmerz zurückzuführen auf einen epileptischen Anfall |
7.7 | Kopfschmerz zurückzuführen auf eine Chiari-Malformation Typ I (CM1) |
7.8 | Kopfschmerz zurückzuführen auf eine andere nichtvaskuläre intrakranielle Störung |
8. | Kopfschmerz zurückzuführen auf eine Substanz oder deren Entzug |
| 8.1 | Kopfschmerz zurückzuführen auf Substanzgebrauch oder Substanzexposition |
8.2 | |
8.3 | Kopfschmerz zurückzuführen auf den Entzug einer Substanz |
9. | Kopfschmerz zurückzuführen auf eine Infektion |
| 9.1 | Kopfschmerz zurückzuführen auf eine intrakranielle Infektion |
9.2 | Kopfschmerz zurückzuführen auf eine systemische Infektion |
10. | Kopfschmerz zurückzuführen eine Störung der Homöostase |
| 10.1 | Kopfschmerz zurückzuführen auf eine Hypoxie und/oder Hyperkapnie |
10.2 | Dialysekopfschmerz |
10.3 | |
10.4 | |
10.5 | Kopfschmerz zurückzuführen auf Fasten |
10.6 | Kopfschmerz zurückzuführen auf eine kardiale Erkrankung |
10.7 | Kopfschmerz zurückzuführen auf eine andere Störung der Homöostase |
11. | Kopf- oder Gesichtsschmerzen zurückzuführen auf Erkrankungen des Schädels sowie von Hals, Augen, Ohren, Nase, Nebenhöhlen, Zähnen, Mund und anderen Gesichts- oder Schädelstrukturen |
| 11.1 | Kopfschmerz zurückzuführen auf Erkrankungen der Schädelknochen |
11.2 | Kopfschmerz zurückzuführen auf Erkrankungen des Halses |
11.3 | Kopfschmerz zurückzuführen auf Erkrankungen der Augen |
11.4 | Kopfschmerz zurückzuführen auf Erkrankungen der Ohren |
11.5 | Kopfschmerz zurückzuführen auf Erkrankungen der Nase oder der Nasennebenhöhlen |
11.6 | Kopfschmerz zurückzuführen auf Erkrankungen der Zähne |
11.7 | Kopfschmerz zurückzuführen auf Erkrankungen des Kiefergelenkes |
11.8 | Kopf- oder Gesichtsschmerz zurückzuführen auf Entzündungen des Ligamentum stylohyoideum |
11.9 | Kopf- oder Gesichtsschmerz zurückzuführen auf andere Erkrankungen des Schädels sowie von Hals, Augen, Ohren, Nase, Nebenhöhlen, Zähnen, Mund oder anderen Gesichts- oder Schädelstrukturen |
12. | Kopfschmerz zurückzuführen auf psychiatrische Störungen |
| 12.1 | |
12.2 | Kopfschmerz zurückzuführen auf eine psychotische Störung |
13. | Schmerzhafte Läsionen der Hirnnerven und andere Gesichtsschmerzen |
| 13.1 | Schmerzen zurückzuführen auf eine Läsion oder Erkrankung des N. trigeminus |
13.2 | Schmerz zurückzuführen auf eine Läsion oder Erkrankung des N. glossopharyngeus |
13.3 | Schmerz zurückzuführen auf eine Läsion oder Erkrankung des N. intermedius |
13.4 | Okzipitalisneuralgie |
13.5 | Nacken-Zungen-Syndrom (engl. Neck-tongue syndrome) |
13.6 | |
13.7 | Kopfschmerz zurückzuführen auf eine ischämische Lähmung des N. oculomotorius |
13.8 | Tolosa-Hunt-Syndrom |
13.9 | Paratrigeminales okulosympathisches (Raeder-)Syndrom |
13.10 | Rezidivierende schmerzhafte ophthalmoplegische Neuropathie |
13.11 | Syndrom des brennenden Mundes (engl. Burning mouth syndrome – BMS) |
13.12 | Anhaltender idiopathischer Gesichtsschmerz (engl. Persistent idiopathic facial pain – PIFP) |
13.13 | Zentraler neuropathischer Schmerz |
14. | Andere Kopfschmerzerkrankungen |
| 14.1 | Kopfschmerz nicht anderweitig klassifiziert |
14.2 | Kopfschmerz nicht spezifiziert |
Migräne
ist der häufigste schwere Kopfschmerz, der Patienten zum Arzt führt. Migräne geht in den meisten Fällen mit periodisch auftretenden Attacken von
Kopfschmerzen und zahlreichen Begleitsymptomen einher. Bei bestimmten Sonderformen können aber auch andere Symptome als Kopfschmerz im Vordergrund stehen oder der Kopfschmerz ganz fehlen. Das Wissen um die pathophysiologischen Abläufe der Migräne ist umfassend: Gendefekte wurden identifiziert und mittels moderner Bildgebungstechniken auch Schmerzzustände und Auraphänomene sichtbar gemacht. Viele biologische Grundlagen der Migräne sind inzwischen aufgedeckt worden, doch es sind noch immer Fragen offen.
Grundsätzlich wird phänomenologisch zwischen der Migräne
ohne Aura und der Migräne mit Aura sowie zwischen der episodischen und der chronischen Verlaufsform differenziert. Darüber hinaus sind verschiedene Unterformen definiert wie Aura ohne
Kopfschmerzen, die familiär hemiplegische Migräne sowie Sonderformen wie die retinale Migräne und Migränekomplikationen. Tab.
2 gibt einen Überblick über alle Formen der Migräne nach der derzeit gültigen IHS-Klassifikation.
Tab. 2
Klassifikation der Migräne und ihrer Unterformen nach der ICHD-3 (Olesen
2018)
1. | Migräne |
| 1.1 | Migräne ohne Aura |
1.2 | Migräne mit Aura |
| 1.2.1 | Migräne mit typischer Aura |
| 1.2.1.1 | Typische Aura mit Kopfschmerz |
1.2.1.2 | Typische Aura ohne Kopfschmerz |
1.2.2 | Migräne mit Hirnstammaura |
1.2.3 | Hemiplegische Migräne |
| 1.2.3.1 | Familiäre hemiplegische Migräne (FHM) |
| 1.2.3.1.1 | Familiäre hemiplegische Migräne Typ 1 (FHM1) |
1.2.3.1.2 | Familiäre hemiplegische Migräne Typ 2 (FHM2) |
1.2.3.1.3 | Familiäre hemiplegische Migräne Typ 3 (FHM3) |
1.2.3.1.4 | Familiäre hemiplegische Migräne, andere Genloci |
1.2.3.2 | Sporadische hemiplegische Migräne (SHM) |
1.2.4 | Retinale Migräne |
1.3 | Chronische Migräne |
1.4 | Migränekomplikationen |
| 1.4.1 | Status migränosus |
1.4.2 | |
1.4.3 | Migränöser Infarkt |
1.4.4 | Epileptischer Anfall, durch Migräneaura getriggert |
1.5 | Wahrscheinliche Migräne |
| 1.5.1 | Wahrscheinliche Migräne ohne Aura |
1.5.2 | Wahrscheinliche Migräne mit Aura |
1.6 | Episodische Syndrome, die mit einer Migräne einhergehen können |
| 1.6.1 | Rezidivierende gastrointestinale Störungen |
| 1.6.1.1 | Zyklisches Erbrechen |
1.6.1.2 | Abdominelle Migräne |
1.6.2 | |
1.6.3 | Gutartiger paroxysmaler Tortikollis |
Bei der normalen Migräne mit und ohne Aura sind die genannten Genloci dagegen normal. Daraus kann man ableiten, dass Migräne als heterogene Erkrankung zu verstehen ist, der unterschiedliche pathophysiologische Mechanismen zugrunde liegen.
Cave Aufgrund der schwerwiegenden Differenzialdiagnosen ist die Migräne mit Hirnstammaura eine Ausschlussdiagnose, d. h. die Diagnose darf erst nach sorgfältiger
Ausschlussdiagnostik, insbesondere von vertebrobasilären Ischämien, gestellt werden.
Spezifische Migränemedikamente
Bei mittelschweren und schweren Migräneattacken oder unzureichendem Ansprechen auf die genannten Substanzen sollte mit einem Triptan behandelt werden. Triptane entfalten ihre migränespezifische Wirkung als Agonisten am
Serotonin1B/D-Rezeptor. Sie sind Mittel der ersten Wahl zur Behandlung der Migräneattacke. Es sind 7 verschiedene Triptane in unterschiedlichen Darreichungsformen (Tablette, Schmelztablette, subkutane Injektion, Nasenspray) im Handel. Sie unterscheiden sich hinsichtlich ihres Wirkbeginns, der Wirkstärke, des Auftretens von Nebenwirkungen und dem Auftreten von Wiederkehrkopfschmerzen innerhalb von 2–24 h nach initial gutem Ansprechen (sekundäres Therapieversagen) (Cameron et al.
2015; Thorlund et al.
2017). Bis dato sind nur die Wirkstoffe Naratriptan (Tablette 2,5 mg) und Almotriptan (Tablette 12,5 mg) auch ohne Rezept erhältlich. Tab.
5 gibt einen Überblick über die zur Verfügung stehenden Präparate nach der Reihenfolge der Zulassung.
Tab. 5
Verfügbare Triptanpräparate, Darreichungsformen, Nebenwirkungen und Kontraindikationen
Sumatriptan | 50–100 mg p.o. 10–20 mg nasal | Engegefühl im Bereich der Brust und des Halses, Parästhesien der Extremitäten, Kältegefühl | Hypertonie, koronare Herzerkrankung, Angina pectoris, Myokardinfarkt in der Vorgeschichte, Morbus Raynaud, arterielle Verschlusskrankheit der Beine, transitorisch-ischämische Attacke oder Schlaganfall, schwere Leber- oder Niereninsuffizienz, multiple vaskuläre Risikofaktoren, relativ: Schwangerschaft, Stillzeit |
6 mg s.c. | Lokalreaktion an der Injektionsstelle |
Zolmitriptan | 2,5–5 mg p.o. 2,5–5 mg Schmelztablette 5 mg Nasenspray | Wie Sumatriptan | Wie Sumatriptan |
Naratriptan | 2,5 mg p.o. | Etwas geringer als Sumatriptan | Wie Sumatriptan |
Rizatriptan | 5–10 mg Tbl. oder Schmelztablette | Wie Sumatriptan | Wie Sumatriptan, Dosis 5 mg bei Einnahme von Propranolol |
Almotriptan | 12,5 mg p.o. | Etwas geringer als Sumatriptan | Wie Sumatriptan |
Eletriptan | 20, 40 mg p.o. Schweiz: 80 mg p.o. | Wie Sumatriptan | Wie Sumatriptan |
Frovatriptan | 2,5 mg p.o. | Geringer als Sumatriptan | Wie Sumatriptan |
Alle Triptane haben sich in kontrollierten Studien als signifikant wirksam erwiesen. Die subkutane Injektion von 6 mg Sumatriptan ist die schnellstwirksame Therapie, führt aber durch das schnelle Anfluten des Wirkstoffs zu mehr Nebenwirkungen. Ebenfalls sehr schnell wirksam sind die nasalen Darreichungsformen. In
Metaanalysen waren Eletriptan und Rizatriptan die wirksamsten oralen Triptane, während sich Almotriptan und Eletriptan durch die beste Verträglichkeit auszeichnen. Naratriptan und Frovatriptan haben die längste
Halbwertszeit und führen etwas seltener zu Wiederkehrkopfschmerzen als die schnell wirksamen Triptane. Insgesamt muss in 15–40 % nach Einnahme eines Triptans mit Wiederkehrkopfschmerzen gerechnet werden.
In den meisten randomisierten Studien wird nach Einnahme eines Triptans häufiger innerhalb von 2 Stunden Schmerzfreiheit erzielt als nach Einnahme von einfachen Analgetika oder NSAR. In
Metaanalysen bestehen aber nur geringe Unterschiede in der Wirksamkeit der einzelnen Triptane.
Triptane eignen sich nicht als Diagnostikum, da es auch Migränepatienten gibt, die nur auf bestimmte Triptane oder gar kein Triptan ansprechen. Wirkt ein Triptan nicht, sollte stets ein anderes Triptan, ggf. in einer anderen Darreichungsform versucht werden.
Bei schweren Attacken, die nicht suffizient auf Triptane ansprechen, oder bei regelmäßigem Auftreten von Wiederkehrkopfschmerzen, können Triptane auch mit Naproxen kombiniert werden. Naproxen zeichnet sich durch eine besonders lange
Halbwertszeit aus und kann so bei vielen Patienten das Wiedereinsetzen von
Kopfschmerzen verhindern.
Mutterkornalkaloide spielen in Deutschland für die Migränetherapie praktisch keine Rolle mehr. Sie sind Triptanen bezüglich der Wirksamkeit und dem Auftreten von Nebenwirkungen unterlegen und dürfen auch nicht mit Triptanen kombiniert werden.
Auren lassen sich durch Triptane nicht beeinflussen, sodass der Einsatz der Triptane erst nach einer abgelaufenen Aura erfolgen sollte.
Auch wenn Patienten gut auf Akutmedikation ansprechen, müssen sie darüber informiert werden, dass der häufige Einsatz von Akutmedikation zu einer Zunahme der Attackenfrequenz, längeren Attacken und schließlich Chronifizierung der Migräne führen kann. Triptane, Kombinationspräparate und die Einnahme von verschiedenen Wirkstoffen zur Akuttherapie führt ab einer Schwelle von 10 Einnahmetagen pro Monat zur Chronifizierung. Werden ausschließlich ein einfaches Analgetikum oder NSAR zur Therapie der Migräne eingenommen, sind maximal 14 Einnahmetage pro Monat vertretbar. Werden verschiedene Akutmedikamente oder Triptane an mehr als 9 Tagen pro Monat über mindestens 3 Monate eingenommen, liegt ein Übergebrauch vor (Kap. „Sekundäre Kopfschmerzsyndrome“).
Facharztfragen
1.
Wann sollte die Diagnose einer chronischen Migräne gestellt werden?
2.
Welche apparative Zusatzdiagnostik ist für die Diagnose Migräne erforderlich?
3.
Was sind die Charakteristika einer Migräne-Aura?
4.
Welche Substanzen zur Akuttherapie der Migräne kennen Sie?
5.
Worüber klären Sie Patienten auf, wenn Sie Akutmedikation zur Therapie der Migräne verordnen?
6.
Wann besteht die Indikation für eine prophylaktische Therapie?
7.
Welchen Stellenwert haben die neuen CGRP-(Rezeptor-)Antikörper in der Therapie der Migräne?