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Klinische Neurologie
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Publiziert am: 02.11.2017

Psychosomatik in der Neurologie

Verfasst von: G. Heuft
Psychosomatische Störungen sind in der Neurologie häufig. In der Allgemeinbevölkerung ist eine Prävalenz dissoziativer und somatoformer Störungen von bis zu 4,6 % und in der stationären Neurologie von bis zu 10,5 % gezeigt worden. Die Einführung der „Psychosomatischen Grundversorgung“ in die Weiterbildungsordnung zum Facharzt für Neurologie ist insofern folgerichtig. Der Neurologe sollte die Grundlagen psychosomatischer Krankheitskonzepte zur Konversionsneurose, zu den dissoziativen Störungen, zu den somatoformen bzw. funktionellen Störungen und den Artefakterkrankungen mit den entsprechenden psychoanalytischen und kognitiv-behavioralen Modellen kennen. Zahlreiche chronisch verlaufende Störungen in der Neurologie ziehen somato-psychosomatische Störungen nach sich, sodass sich fundierte Kenntnisse der Probleme einer adäquaten Krankheitsverarbeitung (Coping) empfehlen. Das Erlernen der Grundlagen einer psychosomatischen Diagnostik erleichtert den Aufbau einer Arzt-Patient-Beziehung. Zu wissen, welche Möglichkeiten einer ärztlichen Fachpsychotherapie bei den angesprochenen psychosomatischen Störungen heute bestehen, erleichtert die Beratung des Patienten und die Zusammenarbeit mit dem psychosomatischen Konsiliardienst. Insgesamt ist davon auszugehen, dass eine in die Neurologie integrierte psychosomatische Kompetenz die Qualität der Diagnostik und der Versorgung ebenso hebt wie die Zufriedenheit der Patienten.
Psychosomatische Störungen sind in der Neurologie häufig. In der Allgemeinbevölkerung ist eine Prävalenz dissoziativer und somatoformer Störungen von bis zu 4,6 % und in der stationären Neurologie von bis zu 10,5 % gezeigt worden. Die Einführung der „Psychosomatischen Grundversorgung“ in die Weiterbildungsordnung zum Facharzt für Neurologie ist insofern folgerichtig. Der Neurologe sollte die Grundlagen psychosomatischer Krankheitskonzepte zur Konversionsneurose, zu den dissoziativen Störungen, zu den somatoformen bzw. funktionellen Störungen und den Artefakterkrankungen mit den entsprechenden psychoanalytischen und kognitiv-behavioralen Modellen kennen. Zahlreiche chronisch verlaufende Störungen in der Neurologie ziehen somato-psychosomatische Störungen nach sich, sodass sich fundierte Kenntnisse der Probleme einer adäquaten Krankheitsverarbeitung (Coping) empfehlen. Das Erlernen der Grundlagen einer psychosomatischen Diagnostik erleichtert den Aufbau einer Arzt-Patient-Beziehung. Zu wissen, welche Möglichkeiten einer ärztlichen Fachpsychotherapie bei den angesprochenen psychosomatischen Störungen heute bestehen, erleichtert die Beratung des Patienten und die Zusammenarbeit mit dem psychosomatischen Konsiliardienst. Insgesamt ist davon auszugehen, dass eine in die Neurologie integrierte psychosomatische Kompetenz die Qualität der Diagnostik und der Versorgung ebenso hebt wie die Zufriedenheit der Patienten.

Psychosomatik in der Neurologie – eine Standortbestimmung

Die aktuelle Psychosomatik folgt einer holistischen und integrierten Perspektive. Grundsätzlich hat jede Erkrankung in unterschiedlichem Ausmaß unvermeidlich psychosoziale Aspekte (von Uexküll 1992), die eine therapiebedürftige und prognoserelevante Funktion haben können. Eine so verstandene Psychosomatik ist eine Grunddimension moderner Medizin und gehört zur Verantwortung und Kompetenz eines jeden Arztes.
Der Begriff Psychosomatik wird dabei auf unterschiedlichen Bedeutungsebenen verwandt (Eckhardt-Henn et al. 2009):
  • als Bezeichnung einer allgemeinen ärztlichen Grundeinstellung, die die seelische und soziale Situation des Patienten sowohl in der Diagnostik als auch in der Therapie von Krankheiten berücksichtigt,
  • als Oberbegriff einer Forschungsrichtung, die mit biologischen, psychologischen (lerntheoretischen sowie psychodynamischen bzw. psychoanalytischen) und sozialen Methoden seelische und soziale Faktoren in der Entstehung, Aufrechterhaltung und Therapie körperlicher Erkrankungen untersucht,
  • als Bezeichnung eines ärztlichen Versorgungsgebietes, das mit verschiedenen psychotherapeutischen Methoden Patienten behandelt, die an Störungen leiden, deren Ätiopathogenese sich von rein psychogenen Ursachen über psychosomatische Verknüpfungen bis zu Folgezuständen schwerer und chronischer körperlicher Erkrankungen (somato-psychosomatische Störungen) erstreckt.
Alle diese Aspekte werden in der folgenden Kurzdefinition zusammengefasst:
Psychosomatische Medizin ist die Lehre von den körperlich-seelisch-sozialen Wechselwirkungen in der Entstehung, im Verlauf und in der Behandlung von menschlichen Krankheiten. Sie muss ihrem Wesen nach als eine personenzentrierte Medizin verstanden werden.
Dabei gilt im Rahmen einer personenzentrierten Medizin, dass jede Krankheit zwangsläufig psychosoziale Aspekte hat und dass immer Kranke und nicht Krankheiten behandelt werden. Eine integrierte Sichtweise innerhalb der psychosomatischen Medizin berücksichtigt insofern, was bereits im Vorwort des ersten Psychosomatik-Lehrbuchs betont wurde: „… es geht nicht darum, das Soma weniger, sondern darum, die Psyche mehr zu studieren“ (Weiss und English 1943).
Die Neurologie spielt in der Geschichte der Psychosomatik eine besondere Rolle: Trotz der bereits um die Jahrhundertwende beginnenden Trennung der „seelenlosen“ Neurologie von der „körperlosen“ Psychologie war sie neben der inneren Medizin konstitutiv für die Ausbildung der Psychoanalyse und der Psychosomatik. Die Neurologen Charcot und Freud beschäftigten sich sowohl mit vermeintlich psychogenen neurologischen Erkrankungen als auch mit neurologisch anmutenden psychogenen Störungen. Bezeichnend für die damalige Situation war die Diskussion auf der 8. Jahresversammlung Deutscher Nervenärzte 1916 über die Pathogenese der sog. Kriegsneurosen (u. a. „Kriegszitterer“). Während Hermann Oppenheimer eine lokale Kommotion des Gehirns durch ein Trauma als ursächlich ansah, ging Max Nonne von einer Psychogenese solcher Störungen aus.
Solche Auseinandersetzungen um lokalisatorische und funktionell-holistische Vorstellungen über das Nervensystem prägten die wissenschaftliche Diskussion. Durch die Verfolgung jüdischer neurologisch ausgebildeter Psychoanalytiker während der nationalsozialistischen Diktatur und die nicht erfolgte Adaptation der wissenschaftlichen psychosomatisch-neurologischen Ansätze, aber auch durch das Festhalten an einem zu engen Psychogenesebegriff der psychosomatisch Orientierten bei zugleich erfolgreicher Entwicklung pharmakologischer und operativer Behandlungsmöglichkeiten neurologischer Erkrankungen verloren Psychosomatik und Neurologie tendenziell an Kontakt zueinander.
Aktuell werden 5 Phänomengruppen unterschieden:
1.
Psychogene Störungen, die neurologischen Erkrankungen ähneln, aber affektiven Gesetzmäßigkeiten folgen (z. B. Konversionssyndrome, dissoziative Störungen)
 
2.
Situativ-psychogene Fluktuationen neurologischer Erkrankungen und (seltener) ihre biografische Auslösung
 
3.
Sekundäre Psychogenisierung neurologischer Erkrankungen, die durch psychische Mechanismen (Konversion und Somatisierung) in ihrer Ausprägung und Symptomatik so verändert werden, dass sie keinen neurologischen Gesetzmäßigkeiten mehr folgen
 
4.
Psychische Manifestationen zerebraler Erkrankungen (neuropsychologische Störungen)
 
5.
Reaktive psychische Störungen und Probleme, die bei Bewältigungs- und Verarbeitungsvorgängen von lebensbedrohlichen und/oder invalidisierenden neurologischen Erkrankungen auftreten
 
Werden diese in der Neurologie häufig auftretenden Phänomene nicht ausreichend erkannt und berücksichtigt, werden – zumeist apparative – Zusatzuntersuchungen veranlasst, die neben der unnötigen Belastung wirtschaftlicher Ressourcen evtl. vermeintlich pathologische, klinisch jedoch nicht relevante Ergebnisse erbringen. Zu denken wäre z. B. an einen Patienten mit einem chronischen Rückenschmerz, bei dem der Segmentbezug der Schmerzsymptomatik nicht mit der Lokalisation einer vermeintlichen Diskusprotrusion in den bildgebenden Verfahren übereinstimmt. Dem Patienten wird damit die richtige Diagnose und eine seiner psychischen Situation entsprechenden Therapie vorenthalten. Im ungünstigen Falle wird ein CT-Befund operiert – und der Patient hat postoperativ keinesfalls weniger Schmerzen.
In diesem Sinne bringt die Einführung der „Psychosomatischen Grundversorgung“ in die Weiterbildungsordnung zum Facharzt für Neurologie und in die kassen- und vertragsärztliche Versorgung auch eine Kompetenzerweiterung des in der Krankenversorgung tätigen Neurologen. Sie ist damit ein wichtiger Schritt in Richtung auf eine patientenorientierte neurologische Medizin und ergänzt das technisch und biologisch orientierte Krankheitsverständnis. Bei ausreichender Adaptation in die tägliche praktische Arbeit kann einer iatrogenen Chronifizierung psychisch (mit-)bedingter Körpersymptome entgegengesteuert werden. Es kann darüber hinaus aber auch die in der Neurologie seit jeher immanente ganzheitliche psychosomatische Betrachtungsweise wiederbelebt werden, die neben der Kunst der neurologischen Lokalisationsdiagnose auch psychische und soziale Aspekte des an einer neurologischen Erkrankung leidenden Menschen berücksichtigt.

Psychosomatische Krankheitskonzepte

Die Grundaussage der psychosomatisch orientierten Betrachtungsweise der Medizin ist gemäß der oben genannten Definition, dass es bei jeder Krankheit komplexe Wechselwirkungen biologischer, psychischer und sozialer Faktoren gibt. Verschiedene Konzeptionen versuchen, den Modus dieser Wechselwirkungen zu beschreiben. Keine ist für sich allein in der Lage, die Wirklichkeit psychosomatischer Erkrankungen vollständig abzubilden, spiegeln sie doch auch den jeweils begrenzten Kenntnisstand der medizinischen Theoriebildung wider. Im Folgenden werden zunächst ohne Anspruch auf Vollständigkeit diejenigen Theorieansätze aufgeführt, die sich unter dem Aspekt einer psychosomatischen Medizin in der Neurologie als hilfreich erweisen können. In einem weiteren Schritt werden dann die therapeutischen Möglichkeiten genannt, die der Facharzt für Neurologie kennen sollte – sowohl, um sie direkt selbst anzuwenden, als auch als Hintergrundinformation mit dem Ziel, den Patienten bei einer konsiliarischen Vorstellung auch über die adäquaten Behandlungsmöglichkeiten informieren und mit den psychosomatischen Fachkollegen in einen kompetenten Dialog eintreten zu können.
Die auch als „Ausdruckserkrankungen“ bekannten psychogenetischen Störungen, die durch ihre motorische, sensible oder sensorische Symptomatik einen intrapsychischen Konflikt in eine körperlich ausgedrückte Symbolik überführen (Konversion), imitieren auf diese Weise neurologische Erkrankungen. Diese Störungen stehen damit am Anfang einer neurologischen Psychosomatik, aber auch am Beginn der psychoanalytischen Theoriebildung. Der körperliche Ausdrucksgehalt der sog. somatoformen bzw. funktionellen Störungen ist, da sie zum größten Teil das vegetative Nervensystem betreffen, deutlich geringer, archaischer, leibnäher. Das Konzept der Resomatisierung beinhaltet deutliche Parallelen zum neurobiologischen Verständnis der Ausreifung des Nervensystems und des Wiederauftretens sog. „Primitivreaktionen“ mit pathologischen Reflexen bei organischer Schädigung. Die Notwendigkeit der Anpassung biologischer Systeme an veränderte äußere und/oder innere Gegebenheiten sind Ausgangspunkt für verschiedene Stressmodelle, die wiederum den theoretischen Hintergrund darstellen für die Diskussion der vor allem praktisch bedeutsamen Problematik der Krankheitsverarbeitung und -bewältigung. Obwohl lange Zeit reduktionistisch reflexphysiologisch konzipiert, sind zur Aufrechterhaltung und/oder Verstärkung neurologisch nicht mehr ausreichend erklärbarer Krankheitssymptome lerntheoretische Modelle von großer praktischer Relevanz. Außerdem stellt die Psychoneuroimmunologie ein theoretisch hoch interessantes Bindeglied zwischen Psyche und Soma dar, dessen Bedeutung für die zukünftige neurologische Medizin noch nicht abzuschätzen ist. – Die Bedeutung einer psychischen Traumatisierung in der Lebensgeschichte wird beispielhaft in Abschn. 4.1 und 4.3 behandelt.
Im Folgenden werden die für den Neurologen relevanten Störungskonzepte vorgestellt. Es werden, auch im Hinblick auf die historische Dimension der Konzepte, nur einige wesentliche Literaturstellen angegeben, die bei Interesse ein vertieftes Selbststudium ermöglichen sollen. Die entsprechenden Therapieansätze, deren theoretische Kenntnis in den Grundzügen erwartet werden kann, werden später diskutiert.

Dissoziative Störungen (Konversionsstörungen)

Die Zusammenfassung der dissoziativen und der Konversionsstörungen in der ICD-10 gründet auf der Beobachtung, dass die gleichen psychischen Mechanismen bei dieser diagnostischen Kategorie (F44) eine entscheidende Rolle spielen. 1895 entdeckten S. Freud und J. Breuer die psychogenen Ursachen der Hysterie, die bis dahin als neurologische Erkrankung interpretiert wurde. Heute gilt für die hysterische Symptombildung, dass die Abwehr unbewusster Konflikte in der unten beschriebenen Weise spezifisch ausgestaltet ist, jedoch die zugrunde liegenden Konflikte vielfältiger Natur (Abhängigkeits- vs. Autonomiekonflikte oder ödipale oder narzisstische Konflikte etc.) sein können.
Diese Konfliktspannungen treten als Folge eines neurotischen Konfliktes auf. Neurosen sind suboptimale Verarbeitungsversuche ursprünglich sozialer interaktioneller Konflikte zwischen dem Kind und seinen Primärobjekten. Diese werden aufgrund repetitiver Muster über die Zeit internalisiert. Zusätzlich spielen zu starke oder zu schwache Lernvorgänge und die genetische Grundausstattung des Individuums eine wesentliche Rolle. Die Spannungsreduktion durch die Symptombildung sowie ggf. die Herausnahme aus der konfliktträchtigen Situation stellen für den Patienten den primären Krankheitsgewinn dar. Der sekundäre Krankheitsgewinn ergibt sich aus den Reaktionen der Umwelt (Familie, Arbeitswelt etc.), wenn sie den vermeintlich organisch Kranken chronifizierend beachtet und schont.
Falls die Symptomatik die gesamte Persönlichkeit Ich-synton bestimmt, spricht man allgemein von einer Persönlichkeitsstörung. Im Falle einer konversionsneurotisch konfigurierten Persönlichkeit liegt eine histrionische Persönlichkeit vor. Merkmale einer histrionischen Persönlichkeit sind:
  • theatralisches Verhalten
  • leichte Beeinflussbarkeit
  • Selbstbezogenheit
  • „übertriebener“ Gefühlsausdruck
  • erhöhte Kränkbarkeit
  • manipulatives Verhalten, um eigene Bedürfnisse zu befriedigen
Aufgrund der Ich-syntonen Symptomatik ist es für Persönlichkeitsstörungen im Allgemeinen eher typisch, dass zunächst die Umwelt mehr unter den Ausprägungen leidet als der Betroffene selbst. Erst über die daraus erwachsenden sozialen Konflikte (z. B. zunehmende Streitigkeiten mit wichtigen Bezugspersonen) entsteht ein Leidensdruck, der u. U. auch zu einer Behandlungsmotivation wird. Dagegen wird bei der Konversionsneurose die Symptomatik (z. B. eine Lähmung der rechten Hand) Ich-dyston empfunden und damit direkt Anlass für eine Konsultation. Typischerweise ermöglicht die Symptomatik (Lähmung) dem Patienten den Rückzug aus dem Konfliktfeld, z. B. mit seinen Vorgesetzten („Krankmeldung“), bringt jedoch auf verschlüsselte Weise den unbewussten Konflikt etwa einer unterdrückten Wut durch den vermeintlichen „Tatarm“ zum Ausdruck („Mit meiner Hand ist etwas nicht in Ordnung …“).
Dissoziation
Der Begriff Dissoziation geht auf P. Janet (1907) zurück und meint den
teilweisen oder völligen Verlust der normalen Integration, die sich auf Erinnerungen an die Vergangenheit, Identitätsbewusstsein und unmittelbare Empfindungen sowie die Kontrolle von Körperbewegungen bezieht. Von den dissoziativen Störungen wird angenommen, dass die Fähigkeit zur bewussten und selektiven Kontrolle in einem Ausmaß gestört ist, das von Tag zu Tag oder sogar von Stunde zu Stunde wechselt. (ICD-10, S. 161)
Interessanterweise wechselt auch die typische Symptombildung über die Jahrzehnte. Heute ist der „arc de cercle“ als eine typische Erscheinungsform dieser Ausdruckskrankheit kaum noch zu beobachten. Diskutiert wird, dass die Veränderung im Erscheinungsbild mit gesellschaftlichen Wandlungen und dem Wissen um den Ausdrucksgehalt einhergeht. Gewisse Ausdrucksformen eignen sich damit nicht mehr zur unbewussten Mitteilung – es droht vielmehr eine peinliche öffentliche Szene. Auf diesem Hintergrund wird weiter unten die zunehmende Bedeutung von Schmerzsyndromen zu diskutieren sein. Beispielhaft für die Dissoziative Störungen seien genannt:
Dissoziative Sensibilitätsstörungen
Die Symptomatik der dissoziativen Sensibiltätsstörungen erlaubt oft schon auf Anhieb eine entsprechende Verdachtsdiagnose: die Sensibilität ist entlang dem Kleiderschema (handschuh- oder strumpfförmig, ab der Gürtellinie, genau ab der Mittellinie des Körpers) verändert.
Dissoziative Bewegungsstörungen
Sie betreffen immer die quer gestreifte Muskulatur – oft als „Negativsymptomatik“ (inkl. der psychogenen Aphonie), seltener auch als Bewegungsverstärkung (z. B. Zuckungen), ohne dass ein neurologisches Korrelat gefunden werden kann.
Dissoziative Amnesie
Bei der dissoziativen Amnesie versagt das Gedächtnis im Sinne einer spezifischen Erinnerungsstörung an belastende aktuelle Ereignisse. Zur vertiefenden Übersicht über die dissoziativen Bewusstseinsstörungen sei auf die Monografie von Eckhardt-Henn und Hoffmann (2004) verwiesen.
Fugue
Wenn eine komplexe, zielgerichtete Ortsveränderung im Zustand eines „anderen Bewusstseins“ auftritt, der verschieden lange dauert, kann eine Fugue vorliegen. In einer Fugue sind die Handlungen im Hinblick auf die andere Identität in sich stimmig und geordnet; für die Episode besteht in der Regel eine Amnesie. Die Motorik kann partiell (z. B. Lähmungserscheinungen bei den Konversionsstörungen) oder total (dissoziativer Stupor) betroffen sein.
Unter epidemiologischen Aspekten ist nach den vorliegenden Studien davon auszugehen, dass dissoziative Störungen sehr oft in neurologischen Kliniken behandelt werden.
In der Allgemeinbevölkerung ist von einer Prävalenz von 1,4–4,6 % auszugehen (Franz et al. 1993). Im stationären psychiatrischen Bereich kann man eine Prävalenz von 4,5–6,5 % und im stationären neurologischen Bereich um 8,1–10,5 % (Lempert et al. 1990) annehmen. Bei konsequenter stationärer psychosomatisch-psychotherapeutischer Krankenhausbehandlung haben dissoziative Störungen oft eine gute Prognose.

Somatoforme bzw. funktionelle Störungen

Seit Beginn der medizinisch-psychiatrischen Klassifikation und Nosologie bestehen Schwierigkeiten, Patienten mit körperlichen Symptomen ohne organische Grundlage zu beschreiben und einzuordnen. Für diese Störungsbilder sind seit Mitte des 18. Jahrhunderts Begriffe wie „Hysterie“, „Hypochondrie“, „funktionell“ oder „Neurasthenie“ mehr oder weniger synonym benutzt worden. Im 19. Jahrhundert wurde der Begriff „Neurasthenie“ für organisch erklärbare Symptome bevorzugt. Seit Freuds Arbeit „Über die Berechtigung, von der Neurasthenie einen bestimmten Symptom-Komplex als Angstneurose abzutrennen“ (1895), beschrieb man mit Neurasthenie nur noch eher konstitutionelle Defektsyndrome. „Funktionelle Syndrome“ blieben auch weiterhin eine Art Ausschlussdiagnose.
Der in jüngster Zeit eingeführte Begriff „Somatisierung“ bzw. „somatoforme Störung“ (im DSM-III) geht auf Stekel (1908) zurück. Gemeint ist hiermit eine
Tendenz, körperliche Missempfindungen und Symptome, die nicht durch medizinische Untersuchungsbefunde erklärt werden können, zu erleben und mitzuteilen und weiterhin diese Beschwerden einer körperlichen Erkrankung zuzuschreiben sowie aufgrund dieses Erlebens ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen (zit. n. Lipowski 1988).
Funktionelle Schmerzsyndrome
In ICD-10-Reliabilitätsstudien zeigte sich (Heuft und Schüßler 1993), dass eine nur symptombezogene Diagnostik der Vielfalt und Komplexität z. B. eines Patienten mit einer „Schmerzstörung“ nicht gerecht wird. Das folgende Fallbeispiel verdeutlicht dies.
Fallbeispiel
Der 25-jährige Student der Betriebswirtschaft kam mit einem atypischen Gesichtsschmerz widerwillig in die Ambulanz der Klinik für Psychotherapie und Psychosomatik, nachdem sowohl von neurologischer als auch von HNO-ärztlicher Seite einschließlich der bildgebenden Verfahren kein pathologischer Befund erhoben werden konnte. Der Schmerz hinter der Stirn kribbele wie bei einer Allergie, ziehe dann über die Wangen bis hinter die Kieferwinkel und von dort aus über den ganzen Körper. Sein naturheilkundlich orientierter Hausarzt habe zu einer Darmsanierung mit mehreren Spülungen und anschließendem „Wiederaufbau“ der Darmflora geraten. Die Kosten dafür müssten seine Eltern tragen. Außerdem habe der Hausarzt eine „schwere Funktionsstörung der Galle“ und das Überwiegen eines speziellen Pilzes im Darm diagnostiziert. Der Patient gab an, sich selbst umfangreich mithilfe von Fachliteratur belesen zu haben: Der „Pilzbefall“ im Darm könne zu Veränderungen des Zinkhaushaltes führen, wodurch wiederum die Schmerzen im Gesicht erklärt seien. Ultimativ forderte er eine Überweisung in die Schmerzambulanz. Er brauche eine organische Behandlung. Auf jeden Fall werde er weitere Ärzte aufsuchen, da er so nicht weiterstudieren könne. Die genannten weitreichenden Diagnosen wurden geradezu enthusiastisch verteidigt, während Angebote, seine übrige Lebenssituation zu besprechen, auf Abwehr stießen. So war z. B. aufgefallen, dass der junge Mann außer einer kurzen Freundschaft mit 17 Jahren noch nie eine heterosexuelle Beziehung gewagt hatte: „Hätte ich die Schmerzen nicht, sähe alles anders aus. Aber so kann ich mich ja auf kein persönliches Gespräch konzentrieren.“ Die persistierende enge Bindung an die Eltern als Jüngster von drei Geschwistern wird – wie alle weiteren bezogenen Gefühle – verleugnet. In der Familienanamnese fällt die langjährige Migräne-Symptomatik der Mutter, die sehr „scheu“ sei, auf. Hypothesen am Ende der Diagnostik waren: Identifikation mit der Mutter als Grund der ausbleibenden Trennung im Sinne eines Abhängigkeits-Autonomie- sowie eines ödipalen Konfliktes – beide im passiven Modus (Arbeitskreis Operationalisierte Psychodynamische Diagnostik OPD-2 2006); Lernen am Modell.
Neben der Kategorie F45.4 (anhaltende somatoforme Schmerzstörung) lässt die kurze Fallskizze zusätzlich zur Tendenz einer iatrogen gestützten Selbstschädigung (z. B. durch „Darmspülungen“) als weitere Störungsbereiche mindestens eine Ablösungsproblematik vom Elternhaus, Schwierigkeiten in der Beziehung zum anderen Geschlecht (evtl. mit Sexualängsten) und Studienprobleme erkennen. Diese Zusammenhänge sind dem Patienten naturgemäß zum größten Teil unbewusst. Im Gegensatz zu den Konversionsneurosen ist der Konflikt verschlüsselter, archaischer (Mentzos 1984). Damit wird deutlich, dass die zu planende psychosomatisch-psychotherapeutische Intervention sich vielen Bereichen auch mit ihren sozialen Implikationen wie Studienfinanzierung bei drohendem Semesterverlust etc. stellen muss.
In der Praxis des niedergelassenen Neurologen können solche Patienten zu unterschiedlichen Zeiten akute und subakute wechselnde Hauptbeschwerden angeben, die immer wieder zu neuen diagnostischen und therapeutischen Eingriffen „verführen“ können. Oft deckt erst die Kooperation mit den weiteren behandelnden Ärzten das ganze Ausmaß der parallel laufenden Maßnahmen auf. Eine generelle Indikation zur Pharmakotherapie gibt es nicht.
Für Patienten mit funktionellen Schmerzsyndromen, die noch nicht chronifiziert sind, gibt es heute sehr gut ausgearbeitete verhaltenstherapeutische Schmerzbewältigungsprogramme. Ziel einer solchen Behandlung ist u. a., sich unterstützt von Entspannungsverfahren kognitiv vom Schmerzerleben weg auf andere Inhalte konzentrieren zu können. Die kognitive Verhaltenstherapie hat sich in Studien effektiver als z. B. eine reine Amitriptylin-Therapie erwiesen (zur Übersicht: Ahrens et al. 1995; Hasenbring 1995). Durch ein stufenweises Erlernen der situativen Schmerzwahrnehmung gelingt dem Patienten oft ein neues Gefühl der Selbstwirksamkeit, wodurch die weitere psychosomatisch-psychotherapeutische Arbeit gefördert wird. Als Alternative kommt – vor allem bei gering ausgebildeter Fähigkeit zur Wahrnehmung eigener Gefühle und Konflikte – auch eine psychosomatisch-psychotherapeutische Krankenhausbehandlung in Frage.

Resomatisierung und zweiphasige Abwehr

Das motorische System eines Neugeborenen ist kaum strukturiert und differenziert. Motorische Schablonen laufen als Instinktbewegungen ab, die der willkürlichen Kontrolle nicht zugänglich sind, aber im Zusammenspiel mit der Mutter das Überleben gewährleisten. Mit zunehmender Ausreifung des ZNS und vor allem der Myelinisierung der langen aszendierenden und deszendierenden Bahnen werden diese primär automatischen motorischen Bewegungseinheiten in komplexere Handlungsabläufe eingebaut und so auch der Willkürmotorik, und damit dem Bewusstsein und der Kontrolle, zugänglich. Bei zentralnervösen Schädigungen treten die entwicklungsgeschichtlich früheren, „archaischen“ Schablonen – z. B. als pathologische Reflexe – wieder zutage.
Ähnlich beschreibt Schur (1955) die Entwicklungs- und Reifungsvorgänge des gesunden Kindes als einen Prozess der Desomatisierung. Auf Störungen der Homöostase reagiert der Säugling „somatisch“ mit unbewussten, unkoordinierten Bewegungen. Affekte, Gefühle, Stimmungen und Bedürfnisse werden undifferenziert „ausgelebt“ und unmittelbar in körperliche Abläufe und Befindlichkeiten umgesetzt. Mit erfolgender Reifung (der zentralnervösen organischen Strukturen) und Entwicklung (der metaphysischen intrapsychischen Strukturen) ist zunehmend die Möglichkeit eines „psychischen“ Umgangs mit diesen körpernahen und undifferenzierten Lust- und Unlustgefühlen gegeben. Es kommt zu einer weiteren Differenzierung dieser primären Affekte, die Indikator- und Reglerfunktion der „Körpersprache“ kann zunehmend von emotionalen Zuständen und ihrer Ausdrucksweise in Mimik und Gestik übernommen werden. Konflikte und Bedürfnisse als Bedrohung der intraindividuellen Homöostase oder der interpersonellen Interaktion können so wahrgenommen und mitgeteilt werden, ohne dass dies zu groben Änderungen psychovegetativer oder motorischer Abläufe führen muss.
Unter bestimmten Bedingungen ist dieser Prozess umkehrbar. Es kann z. B. ein chronischer Konflikt, der die dem Individuum zur Verfügung stehenden psychoneurotischen und/oder psychosozialen Abwehrmechanismen überfordert (1. Phase der Abwehr), zu einer Resomatisierung führen. Auf diese Weise findet in einer 2. Phase der Abwehr der dazugehörige Affekt wieder Anschluss an psychovegetative und/oder psychomotorische Schablonen. Unangenehme Affekte und nicht stillbare Bedürfnisse führen so wieder – wie in der frühen Ontogenese – zu körperlichen Symptomen. Durch das Unbewusstwerden des Konfliktes wird das Individuum im Sinne des primären Krankheitsgewinns psychisch entlastet. In seinem Konzept der zweiphasigen Verdrängung postuliert Mitscherlich (1970) ebenfalls eine weitere Verdrängung ins Somatische, nachdem die Verdrängung eines Konfliktes ins Unbewusste entweder wegen der Schwere des Konfliktes oder wegen der Unfähigkeit der Ich-Strukturen, den Belastungen standzuhalten, auf der neurotischen (Symptom-)Ebene nicht mehr gelingt. Diese regressive Wiederbelebung infantiler somatischer Affektkorrelate führt also dazu, dass sich dann bei entsprechender somatischer Disposition belastende und dysfunktionale körperliche Symptome einstellen. Dies ist der „Preis“ der für das Individuum in jedem Fall suboptimalen vorläufigen „Lösung“ des Konfliktes.

Stress und Stressbewältigung

Im Gegensatz zu dieser Theorie der De- und Resomatisierung ist die Konzeption von „Stress“ und Stressmodellen wesentlich bekannter und – zumindest als Vokabel – auch in Laienkreisen akzeptiert. Die Psychophysiologie hat eine Reihe von Arbeiten hervorgebracht, die mit naturwissenschaftlichen Methoden Interaktionen von Umgebungsbedingungen, Prozesse des Zentralnervensystems, der endokrinen Funktionen und des beobachtbaren Verhaltens erfassen und systematisieren (vgl. Übersicht bei Schonecke und Hermann 1996). Stress meint „die unspezifische Reaktion des Körpers auf irgendeine Anforderung“, ist daher ubiquitär und kann nicht vermieden werden: „Komplette Freiheit von Stress ist Tod“ (Selye 1981). Stress meint jedoch nicht – wie im Alltagsgebrauch häufig verwandt – eine belastende äußere Bedingung, sondern den Aspekt der Beziehung zwischen für den Organismus bedeutsamen Umgebungsfaktoren (Stressoren) und körperlichen Anpassungs- und Reaktionsmustern.
Generelles Adaptationssyndrom
Selye (1956) zeigte in seinem generellen Adaptationssyndrom drei Phasen der körperlichen Reaktion auf verschiedene noxische Einflüsse auf.
1.
Zu der Alarmreaktion kommt es bei Auseinandersetzung des Organismus mit einer Umweltsituation, an die er nicht angepasst ist. Ein sympathisches Erregungsmuster führt zu vermehrter Ausschüttung von Adrenalin und Noradrenalin, von adrenokortikotropem Hormon (ACTH) und Kortikoiden.
 
2.
In der Widerstandsphase kommt es zu einer Anpassung an die belastende Situation mit Erhöhung des Zuckerstoffwechsels, Steigerung der Empfindlichkeit der Gefäßmuskulatur sowie Dämpfung der Schilddrüsen- und Sexualfunktionen, wobei jedoch die Reaktionsmöglichkeiten auf andere Stressoren eingeschränkt sind.
 
3.
Dauert die Belastung zu lange an und/oder ist sie zu stark, kommt es in der Erschöpfungsphase zur Funktionseinbuße wichtiger physiologischer Funktionen wie Immunabwehr, Wachstum und Reproduktion mit auch organischen Veränderungen. Nach Selye ist der Zustand des Organismus zu jedem Augenblick von der Einwirkung verschiedenster Belastungen abhängig, an die er sich anpassen muss. Dabei ist der Effekt kumulativ. Anpassung an die eine Belastung beeinträchtigt die Auseinandersetzung mit einer anderen Belastung.
 
Life-Event-Forschung
Dieser Unspezifität körperlicher Reaktionen auf belastende Umweltbedingungen folgend, versuchte die Life-Event-Forschung, statistische Zusammenhänge zwischen der Häufigkeit kritischer Lebensereignisse, die eine deutliche Veränderung der Lebensumstände mit sich bringen (Tod eines nahen Angehörigen, Ehescheidung, Arbeitslosigkeit oder Berufswechsel, Hochzeit oder Umzug etc.), und der Häufigkeit von Krankheiten aufzuzeigen. Die lediglich eindimensionale Betrachtungsweise und Gewichtung solcher Lebensereignisse („Schwellensituationen“) erbrachte jedoch trotz teilweise deutlichen Zusammenhängen zwischen Anzahl der Belastungen und Krankheitshäufigkeit nur eine sehr geringe Vorhersagbarkeit für einen individuellen Krankheitsausbruch. Auch konnte die Frage nicht beantwortet werden, warum die gleiche Belastungsintensität bei der einen Person zu einer Erkrankung führt und bei der anderen nicht.
Moderatorvariablen
Die Einführung sog. Moderatorvariablen (Johnson und Sarason 1978) wie z. B. „soziale Unterstützung“ erbrachte nähere Zusammenhänge zwischen bestimmten belastenden Lebenssituationen und Krankheit. So untersuchten Goodkin et al. (1992) bei HIV-infizierten homosexuellen Männern den Zusammenhang zwischen der Art der Verarbeitung negativer Lebensereignisse, sozialer Unterstützung und der Zytotoxizität der Killerzellen. Dabei verringerte soziale Unterstützung und ein aktiver Umgang mit Belastung den negativen Einfluss von Lebensbelastung auf das Immunsystem.
Chronische Alltagsbelastung
Auch chronische Alltagsbelastungen wie berufliche Überforderung, schwere Erkrankung eines Angehörigen oder Beziehungsprobleme in der familiären Lebensgemeinschaft erhöhen das Erkrankungsrisiko für bestimmte kardiovaskuläre und immunsystemvermittelte Erkrankungen und haben einen wichtigen modifizierenden Einfluss auf den Krankheitsverlauf chronischer Erkrankungen. So fanden Hasenbring et al. (1993) bei Krebspatienten unter Chemotherapie stärkere Nebenwirkungen und eine höhere Rezidivrate der Patienten, die bei Behandlungsbeginn höhere Belastungen im privaten und beruflichen Alltag angegeben hatten. Hasenbring zeigte ebenfalls, dass bei Patienten mit akuter Lumboischialgie bei entsprechender Belastung ein erhöhtes Risiko für eine spätere Chronifizierung der Schmerzen besteht (Hasenbring 1992).
Aber auch hier gilt die Frage, warum verschiedene Individuen auf die gleiche (Alltags-)Belastung unterschiedlich und mit verschiedenen Organsystemen reagieren, warum einige krank werden, während andere gesund bleiben. Die Untersuchung des individuellen Erlebens, des Verarbeitens und der Bewältigung von (Alltags-)Belastungen wird in Zukunft eventuell helfen, die individuelle Resilienz (Widerstandsfähigkeit) besser zu verstehen.
Transaktionales-interaktionales Konzept
Der Stressbegriff wurde in dem transaktionalen-interaktionalen Konzept (Lazarus und Folkman 1984) insofern erweitert, als nicht nur psychische und/oder somatische Reaktionen eines Individuums auf ein Ereignis isoliert berücksichtigt werden. Es interessieren vielmehr die Wechselwirkungen der individuellen Reaktionen mit dem belastenden Ereignis in bidirektionaler Beziehung: Reaktionen und Bewältigungsmechanismen in einer belastenden Situation wirken auf diese zurück und verändern diese, was zu erneuten Reaktionen führt. Dabei werden kognitive Bewertungsmuster, emotionale Reaktionsweisen und individuelle Bewältigungsmechanismen auf rein phänomenologischer Ebene untersucht. Nicht die Frage, warum eine Person auf eine belastende konkrete Situation gerade auf ihre besondere Weise reagiert, interessiert, sondern wie sie es tut.
Kognitive Aspekte der Situationswahrnehmung und ihrer Beurteilung rücken dabei in den Vordergrund: Eine neue spezifische Situation (z. B. die Diagnose einer körperlichen Erkrankung) wird in einer ersten Einschätzung über kognitive und affektive Komponenten als bedrohlich oder herausfordernd, nützlich oder irrelevant für das eigene Wohlbefinden vom Patienten bewertet. In einer zweiten Einschätzung werden in einer als bedrohlich erlebten Situation Beziehungen zwischen Anforderung, eigenen Handlungsmöglichkeiten und erwartetem Ausgang hergestellt. Solche kognitiven Prozesse wirken auf die Bewertung einer Situation zurück: Werden die eigenen Handlungsmöglichkeiten als ausreichend zur Bewältigung der Situation eingeschätzt, wird diese nicht mehr als Bedrohung, sondern als Herausforderung angesehen, wodurch sich u. U. auch die affektive Reaktion ändert. Erst nach solchen sowohl unbewusst wie bewusst ablaufenden Gedankenprozessen kommt es zu Handlungskonsequenzen, dem eigentlichen Coping-Verhalten.
Dieser als Bewältigungsprozess zu verstehende Ablauf bedient sich grundsätzlich zweier verschiedener Mechanismen: Besonders in als unveränderbar eingeschätzten und also zu ertragenden Situationen verändern sich selbstregulativ die eigenen subjektiven Erlebnisweisen und körperlichen Vorgänge (emotionszentriertes Coping); dagegen werden Veränderungen der Umwelt oder eigener Handlungsweisen intendiert, wenn eine Bedrohung als kontrollierbar beurteilt wird (problemorientiertes Coping).
Dieser Bewältigungsprozess ist auf 3 Ebenen störbar:
1.
Eine Person kann eine spezifische Situation primär falsch einschätzen. Wird z. B. nicht zwischen Bedrohung im Sinne eines Schadens oder Verlustes und einer Herausforderung unterschieden, wird diese Situation also zu Unrecht als nicht kontrollierbar eingestuft, liegt der Schwerpunkt beim emotionszentrierten Coping, ohne die vorhandenen Möglichkeiten, problemorientiert eine Änderung der Situation herbeiführen zu können, ausreichend wahrzunehmen.
 
2.
In der zweiten Einschätzungsphase können eigene Handlungsmöglichkeiten unterschätzt werden, was zu der Bewertung der Unkontrollierbarkeit einer Situation führen kann (erlernte Hilflosigkeit; Seligman und Groves 1970); wiederum ist problemorientiertes Coping nur gering ausgeprägt.
 
3.
Die dritte Störungsebene ist geprägt durch das Missverhältnis zwischen Erleben und Kognition sowie den resultierenden Handlungen. Kann z. B. bei einer als existenzielle Bedrohung eingeschätzten Erkrankung, auch wenn medizinische Behandlung und Hoffnung auf Heilung möglich ist, dem zunächst auftretenden Angstaffekt aufgrund der sozialen Situation kein Ausdruck verliehen werden, entsteht für das Individuum eine weitere bedrohliche Situation, deren Bewältigung inadäquat sein bzw. zu erhöhtem psychischem Kraftaufwand führen kann.
 
Solche Aspekte der Verarbeitung von bedrohlichen Situationen sind für die Neurologie von großer Bedeutung. Der Verlauf chronischer Erkrankungen mit z. T. erheblichen Einschränkungen im Alltags- und Berufsleben und mit drohender Invalidisierung unterschiedlichen Ausmaßes wird durch die beschriebenen Bewältigungsprozesse modifiziert. Maladaptive Bewältigungsmöglichkeiten verschlechtern die emotionale Situation der Patienten, verringern die Compliance im Umgang mit medizinischen Maßnahmen und können zur Chronifizierung und zur Entstehung von Rezidiven beitragen. Auf die besonderen Probleme und Aspekte beim Bewältigungsverhalten von neurologisch erkrankten Menschen wird weiter unten eingegangen.

Lerntheoretische und verhaltenstherapeutische Störungskonzepte

Eine lerntheoretisch ausgerichtete Konzeptualisierung psychosomatischer Medizin ist deswegen von Bedeutung für das oben beschriebene biopsychosoziale Krankheitsmodell, da sie nicht die sonst übliche prinzipielle Unterscheidung in psychisch und somatisch impliziert. Schon in den frühen linearen Lernmodellen werden Änderungen biologisch-organischer Zustände auf situative äußere Bedingungen hin beschrieben. Im Verständnis der klassischen Konditionierung, die auf Pawlows Untersuchungen in den 1930er-Jahren zurückgeht, stellt diese Verknüpfung zwischen (situativem) Stimulus (S) und angeborener Reaktion (R) den Hintergrund dar. Eine Verknüpfung des ursprünglichen Stimulus mit zeitlich und räumlich gekoppelten Situationen führt dazu, dass diese neue Situation als bedingter (konditionierter) Stimulus später allein die Reaktion auslösen kann. Pawlow zeigte dies an der Konditionierung der Magensaftsekretion von Hunden an einen Glockenton. Zentrales Merkmal solcher Konditionierungsphänomene ist das Prinzip der Stimulussubstitution, wodurch beliebige Umgebungseindrücke so zum Auslöser vegetativ-autonomer Reaktionen im Organismus werden können.
Eine andere Beziehung zwischen Verhalten und Umgebung rückt im Verständnis der operanten Konditionierung in den Vordergrund. Spontan auftretende Verhaltensweisen werden durch die Art und Regelmäßigkeit nachfolgender Konsequenzen der Umgebung geformt. Sind diese positiv („Belohnung“ als positive Verstärker), wird dieses Verhalten verstärkt und wiederholt, bei negativen „Konsequenzen“ („Strafe“ als negativer Verstärker) wird es unterlassen.
Auch eine Kombination beider Modelle blieb zunächst in einem linearen Zusammenhang: Menschliches Verhalten ist eingebettet in Stimulusbedingungen (S), die – durch individuumspezifische Variablen (Organismusvariable: O) vermittelt – Wirkungen auf menschliches Verhalten (Reaktionen: R) ausüben. Gleichzeitig wird dieses Verhalten durch die Erfahrung von Konsequenzen (C) modifiziert.
Die Differenzierung des Verhaltensbegriffes und der Aspekt der Dynamik und Rückkopplung sind wichtige Weiterentwicklungen des klassischen S-O-R-C-Schemas. Verhalten kann – entsprechend dem biopsychosozialen Modell – auf der organisch-physiologischen, auf der emotional-kognitiven und auf der subjektiv-motorischen Ebene beschrieben werden.
Im Systemmodell der Regulation menschlichen Verhaltens (Abb. 1) werden entsprechende α-, β- und γ-Variablen der Stimuli und des Verhaltens eingeführt, die über ein Selbstregulationssystem miteinander interaktiv und rückgekoppelt verbunden sind. Die gleichen Variablen spielen in der Differenzierung der Konsequenzen eine Rolle, die ein korrigierendes Feedback auf das Verhalten ausüben. Die α-Ebene bezeichnet die externen situativen Bedingungen, die auf das Individuum einwirken und auf die dessen Verhalten einwirkt. Die β-Ebene fasst die nichtbiologischen intrapsychischen Ereignisse und Prozesse (Gedanken, Gefühle, Einstellungen), die auf persönliche und soziokulturelle Erfahrungen zurückgehen, zusammen, während mit der γ-Ebene sowohl die überdauernden genetisch-konstitutionellen als auch die aktuell somatischen Bedingungen gemeint sind.
Im für das spezifische Verhalten eines Individuums zentralen Selbstregulationssystem werden sowohl eine somatische Ebene (γ-Variable) als auch eine β-Ebene mit Merkmalen der Lerngeschichte und aktuellen kognitiven Bedingungen wie Erwartungen und Befürchtungen unterschieden.
Dieser komplexe systemische Ansatz dient als theoretischer Hintergrund verhaltenstherapeutisch orientierter Diagnostik und Therapie auch im Rahmen neurologischer Störungen.
Funktionale Analyse
Die den Patienten beeinträchtigende Krankheitssymptomatik wird als „Problem“ verstanden, was in der sog. funktionalen Analyse auf den drei Ebenen (organisch-physiologisch, emotional-kognitiv, motorisch-verhaltensmäßig) beschrieben werden kann.
Im Gegensatz zum medizinischen wie psychoanalytischen Denken wird nicht vorrangig versucht, die Ursachen des „Problems“ zu identifizieren. Vielmehr wird nach vorausgehenden und begleitenden Bedingungen gesucht, deren Änderung zu einer Veränderung des Problems (Bedingungsanalyse) und damit zu einer Modifikation der gegebenen Symptomatik führen. Therapeutische Ansätze beziehen sich dann auf diejenigen Bedingungen, die das Problem beeinflussen und die durchaus von den Bedingungen unterscheidbar sein können, die für die eigentliche Genese des Problems verantwortlich waren.
Eine funktionale Analyse zeigt auch auf, welche Bedingungen überhaupt beeinflussbar sind. Gleichzeitig werden die Ebenen möglicher therapeutischer Interventionen deutlich. Konsequent beachtet heißt das, dass ein von einem Patienten vorgebrachtes Krankheitssymptom zunächst auf den verschiedenen Ebenen gleichwertig beschrieben werden sollte. In einem zweiten Schritt wären dann die das Problem beeinflussenden Bedingungen – ebenfalls auf den verschiedenen Ebenen – zu analysieren, während schließlich in einem „multimodalen“ oder interdisziplinären Therapieansatz die verschiedenen Bedingungen der jeweils in Frage kommenden Ebenen modifiziert werden könnten. Dazu ein klinisches Beispiel:
Fallbeispiel
Herr S., 53 Jahre, ein erfolgreicher Geschäftsmann, leidet seit 4 Jahren an einem tremordominanten Parkinson-Syndrom. Während die akinetisch-rigide Symptomatik durch die dopaminerge Substitutionstherapie befriedigend beeinflusst werden kann, leidet er zunehmend an dem „Problem“ Tremor, das zunächst besonders in sozial belastenden Situationen verstärkt auftrat, nun aber auch das gemeinsame Essen mit der Familie unmöglich macht. Eine genaue Anamnese erbringt, dass erstmals in einem Restaurant bei einem Essen mit Geschäftsfreunden der Tremor so deutlich wurde, dass das Löffeln der Suppe nicht möglich war, während zuhause in dieser Hinsicht noch keine Probleme bestanden. Da es Herrn S. auch bei nachfolgenden Geschäftsessen nicht möglich war, seine Suppe „unauffällig“ zu essen, „verzichtet“ er seitdem auf eine solche Vorspeise, was ihm zunächst die Angst vor solchen Verabredungen genommen hat (operantes Konditionieren durch negative Verstärkung). Gleichzeitig kam es aber nun auch zuhause zu deutlichen Schwierigkeiten beim Essen (Stimulussubstitution im Rahmen der klassischen Konditionierung), während vergleichbare feinmotorische Anforderungen wie Zähneputzen oder Rasieren nach wie vor gut möglich waren. Da es der Ehefrau bald peinlich wurde, wenn Freunde zum Essen da waren, begann Herr S. seine Gewohnheit, bei solchen Gelegenheiten die Speisen alleine in der Küche zu sich zu nehmen (weitere negative Verstärkung).
Die funktionale Analyse erbringt folgende Zusammenhänge: Auf der α-Ebene des Stimulus (S-α) ist die Nahrungsaufnahme in Gemeinschaft zu nennen, gleichzeitig die kulturabhängige Variable der Wichtigkeit gesellschaftlicher Anlässe für geschäftlichen Erfolg. S-β kann die Vorstellung sein: „Als erfolgreicher Geschäftsmann darf ich keine körperlichen Schwächen zeigen“, während S-γ die biologische Realität des tremordominanten Parkinson-Syndroms darstellt.
Die β-Ebene des Selbstregulationssystems kann im weiteren Verlauf den Charakter von pessimistisch-antizipierenden Kognitionen annehmen: „Auch heute wird es spätestens beim Essen der Suppe auffallen, dass ich nervenkrank bin“; „Wer nicht einmal richtig essen kann, kann auch im Beruf nicht erfolgreich sein“; und als weitere Katastrophisierung: „Meine Frau schämt sich so sehr meinetwegen, dass sie sich sicher bald trennen wird“. Die biologische Ebene des Selbstregulationssystems meint z. B. die durch die soziale Belastung aus der Balance geratenen Transmitterinteraktionen bei katecholaminerger Stimulation.
R-α meint den zunehmenden Tremor beim Essen in Gesellschaft mit späterem Rückzug, R-β beispielsweise verzweifelte Selbstvorwürfe und Erleichterung nach erfolgtem Verzicht oder Rückzug. Die Konsequenzen auf der α-Ebene sind negative Verstärkung und Vermeidung, genauso wie es auch auf der biologischen Ebene zu einer solchen negativen Verstärkung kommt, da der Rückzug aus der sozialen Situation zu einem Nachlassen des Tremors führt. C-β wäre die Kognition: „Meine Parkinson-Krankheit schließt mich aus dem beruflichen und privaten Leben aus“.
In einem multimodalen Therapieansatz kann eine Intervention auf der α-Ebene z. B. durch Aufklärung des Ehepaares und „Üben“ des gemeinsamen Essens (Erleben des Erfolges – positive Verstärkung) erfolgen. Damit könnte die Erfahrung gemacht werden, dass ein Essen mit der Ehefrau nicht per se zu einer Verstärkung des Tremors führt. Die affektive Situation mit Aufregung und psychosozialer Belastung mit einer negativen Verstärkung durch die ersichtliche Scham der Ehefrau könnte aufgelöst werden. Ebenso könnte Herr S. die gewohnte Verknüpfung „Geschäftsabschluss“ mit „Essen im Restaurant“ insofern modifizieren, dass die wichtigen Vertragsgespräche im Vorfeld in seinem Büro und das Essen nach Abschluss des Geschäfts in entspannter Atmosphäre stattfinden. Interventionen auf der β-Ebene könnten die Kognitionen bearbeiten (z. B. die Verknüpfung „Erfolg“ mit „körperlicher Stärke“). Eine Medikation (z. B. β-Blocker) und/oder das Erlernen von Entspannungsverfahren wäre auf der γ-Ebene zu diskutieren. Durch Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe oder an einem Selbstsicherheitstraining könnten Prozesse des Modelllernens angestoßen werden, die Herrn S. zu einer aktiveren Auseinandersetzung mit seiner Krankheit und deren Symptomen anregen würden.
Lerntheoretische und verhaltenstherapeutische Aspekte haben in einer psychosomatischen Neurologie deswegen einen speziellen Ansatzpunkt, da sie gerade bei chronischen Erkrankungen diagnostische und therapeutische Konzeptionen bieten. Da die somatische Behandlung oft nicht zu der ersehnten Heilung führen kann, ist das gemeinsame Ziel eines somato-psychosomatischen Therapieansatzes die Bewältigung der Erkrankung bei einem für die zukünftige Lebensqualität akzeptablen Umgang mit der Krankheit.

Psychoneuroimmunologie

Die Psychoneuroimmunologie beschäftigt sich als relativ neues Forschungsgebiet mit den Wechselbeziehungen zwischen seelischem Erleben und Verhalten, dem endokrinologischen sowie dem Nerven- und dem Immunsystem (Abb. 2). Für die psychosomatische Theoriebildung ist die Psychoneuroimmunologie auch deswegen von Bedeutung, da durch sie Forschungsergebnisse aufgrund älterer klinischer Beobachtungen einer wechselseitigen Beeinflussung der drei genannten Systeme wissenschaftlich erklärbar werden. Die für die psychosomatische Medizin grundlegende Annahme einer Vernetzung von Umwelt, Erlebnis und physiologischen Prozessen kann durch die Psychoneuroimmunologie auf physiologischer Ebene sichtbar gemacht werden. Da das Nervensystem dabei die zentrale Schaltstelle im Schnittpunkt biologischer und psychosozialer Faktoren ist, ist die Psychoneuroimmunologie auch und gerade für die naturwissenschaftlich orientierte Neurologie ein interessantes Forschungsgebiet. Allerdings sind aus den bisherigen Kenntnissen präventive und/oder therapeutische Maßnahmen noch nicht ableitbar.
Efferente Beziehungen zwischen dem Nervensystem und dem Immunsystem bestehen direkt oder über Vermittlung des neuroendokrinen Systems: Acetylcholin und Katecholamine oder Hormone wie ACTH (und Kortikoide), luteinisierendes Hormon (und Östrogen, Androgen, Progesteron), Wachstumshormon, Prolaktin und Endorphine wirken über Rezeptoren unmittelbar auf Lymphozyten und akzessorische Zellen. Darüber hinaus sprechen anatomische Befunde dafür, dass lymphatisches Gewebe (Thymus, Milz, Lymphknoten) durch Fasern des autonomen Nervensystems innerviert sind. Diese vegetative Innervation bezieht sich nicht nur auf die Vasoregulation und damit auf die Beeinflussung der Durchblutung, sondern entsprechend der anatomischen Befunde ist auch eine direkte neurohumorale Modulation immunkompetenter Zellen denkbar (Felten und Felten 1991).
Neben diesen efferenten nervösen Modulationsmöglichkeiten gibt es im Rahmen einer Wechselbeziehung afferente Verbindungen, durch die immunologische Prozesse neuronale Strukturen beeinflussen. α-Interferon z. B. verändert nach systemischer Gabe oder intrazellulärer Injektion die Aktivität verschiedener Neuronenpopulationen (Dafny et al. 1985), kann zu psychischen Veränderungen wie Schläfrigkeit und Apathie, depressiven Störungen sowie zur Suizidalität führen und macht zumindest eine engmaschige Beobachtung solcher Patienten erforderlich. Werden die Lymphozytenproliferationsrate und die Aktivität natürlicher Killerzellen als Funktionsparameter eines durch verschiedene Stressoren beeinflussten Immunsystems untersucht, sprechen die Ergebnisse verschiedener Tierexperimente und Humanstudien für eine solche Modulationsmöglichkeit, wobei hemmende Einflüsse auf die oben genannten Parameter überwiegen.
Konditionierbarkeit immunologischer Reaktionen
Ein gewichtiges Argument für die postulierten bidirektionalen Modulationsmöglichkeiten zwischen Nerven- und Immunsystem und den darin enthaltenen Mechanismen der Beeinflussung physiologischer Abläufe durch Umgebungsfaktoren ist die Konditionierbarkeit immunologischer Reaktionen. In Weiterführung des Konzepts der klassischen Konditionierung vegetativ-autonomer Abläufe konnte gezeigt werden, dass auch Immunreaktionen auf einen ehemals unspezifischen Stimulus hin konditioniert werden können. Versuchstieren wurde gleichzeitig zu dem zytostatisch und immunsuppressiv wirkenden Cyclophosphamid eine Saccharinlösung zum Trinken angeboten. Abhängige Variable war die Menge von Antikörpern gegen Schafserythrozyten als Antigen. Im Folgenden wirkte die Gabe des konditionierten Stimulus (Saccharinlösung) allein immunsuppressiv mit der Konsequenz einer verminderten Antikörperproduktion nach Injektion des Antigens (Ader und Cohen 1975). Die gleichen Autoren wiesen auch auf eine mögliche Beeinflussbarkeit autoimmunologischer Erkrankungen durch konditionierte Immunreaktionen hin (1982).

Somato-psychosomatische Störungen und Krankheitsverarbeitung

Entsprechend der durch die moderne Medizin möglich gewordenen erfolgreichen Behandlung akuter Erkrankungen ist der Anteil chronischer Krankheiten – auch aufgrund der veränderten Alterspyramide – größer geworden. Gerade die Neurologie behandelt Erkrankungen, die für den Patienten und seine Angehörigen eine lebenslange Beeinträchtigung bedeuten können. Der integrative Ansatz der modernen Psychosomatik berücksichtigt die biologischen, sozialen und psychischen Faktoren und deren Einfluss auf Beginn und Verlauf solcher chronischen Erkrankungen. Der Fokus der ärztlichen Tätigkeit auf die erkrankten Organe und Zellsysteme wird damit erweitert um die Perspektive der Wirkung von Symptomatik und Erkrankung auf den Patienten, auf sein familiäres Umfeld und auf seine soziale (auch berufliche) Existenz.
Organische Erkrankungen können sekundär zu (behandlungsbedürftigen) psychischen Erkrankungen führen. Der somatische Kliniker spricht dann oft abschätzig von „psychogener Überlagerung“. Sachgerecht wäre, von einer somatopsychischen Störung oder Komorbidität zu sprechen. Zur Diagnose einer solchen Störung müssen die folgenden Voraussetzungen erfüllt sein:
1.
Es muss eine organisch verursachte Grunderkrankung vorhanden sein.
 
2.
Diese muss von nennenswerter Schwere und Dauer sein und/oder muss gravierende und alterierende therapeutische Maßnahmen nach sich ziehen.
 
3.
Die sekundäre Störung muss in Symptomwahl und Verlauf in einer nachvollziehbaren Beziehung zur Grunderkrankung stehen.
 
Als Beispiel wäre eine junge MS-Patientin zu nennen, die an einer schubförmigen Verlaufsform der Erkrankung mit bisher vollständigen Remissionen leidet. Sie entwickelt eine dauerhafte ängstliche Besorgnis, die zu einer zunehmenden Selbstbeobachtung und Suche nach körperlichen Auffälligkeiten im Intervall führt. Diese Ausgestaltung der Grunderkrankung, die zu starken Spannungen in der Beziehung zu ihrem Lebenspartner und zu beruflichen Schwierigkeiten aufgrund häufiger Fehlzeiten führt, kann als eine sekundäre Hypochondrie im Sinne einer somato-psychosomatischen Störung bezeichnet werden.
Somatopsychische Probleme im weiteren Sinn sind Fragen der Bewältigung ( Coping ) chronischer Erkrankungen und Behinderungen. Die theoretischen Wurzeln dieses psychosomatischen Aufgabengebietes sind in der Stressforschung und der Beschäftigung mit „Life Events“ (s. oben) sowie in der psychoanalytischen Abwehrlehre zu suchen.
Auf den an einer chronischen neurologischen Erkrankung leidenden Menschen kommt eine Vielzahl von Belastungen und Bedrohungen zu, wie folgende Übersicht zeigt:
Mögliche Belastungen durch neurologische chronische Erkrankungen (in Anlehnung an Muthny et al. 1997)
  • Lebensbedrohung (subjektiv, objektiv)
  • Unklare Prognose, Irreversibilität, Progredienz
  • Reduzierte körperliche Leistungsfähigkeit, Einschränkung der körperlichen Integrität
  • Bedrohung des Selbstbildes
  • Bedrohung des emotionalen Gleichgewichts, Stimmungsveränderung
  • Bedrohung von Sozialbeziehungen und Einschränkungen in der Erfüllung von Rollen
  • Abhängigkeit von Ärzten, Personal, Angehörigen, Pflegepersonen
  • Bedrohung von Zukunfts- und Lebensplanung, auch beruflicher Möglichkeiten
  • Körperliche Stigmata (z. B. Paresen, unwillkürliche Bewegungen, Ataxie) und entsprechende stigmatisierende Reaktionen der Umwelt
  • Spezielle Funktionseinbußen (z. B. Impotenz bei Polyneuropathie)
  • Besondere Einschränkungen der Lebensführung (z. B. Unerreichbarkeit bestimmter Orte durch Rollstuhlpflichtigkeit)
Adaptiver Prozess
Solche in der Übersicht aufgeführten Belastungen überfordern nicht selten die gewohnten Regulationssysteme des betroffenen Menschen, die sonst eine Passung zwischen den individuellen Handlungskompetenzen und den von der Umwelt an das Individuum herangetragenen Handlungsanforderungen herstellen. Der Patient gerät an die Grenzen seiner personalen und sozialen Ressourcen. Die Welt ist nicht mehr die, die sie einmal war, und auch er ist nicht mehr derselbe wie vor Beginn der Erkrankung (Filipp und Aymanns 1996). Auf den Patienten kommen Bewältigungsaufgaben zu, die sich auf die Krankheit selbst, auf die eigene Person und auf die Umwelt beziehen. Ziel dieser adaptiven Bewältigungsvorgänge ist eine neue Passung des Subjektes und seiner Umwelt, ein neues Gleichgewicht der gestörten Subjekt-Umwelt-Beziehung, um eine individuell bestmögliche Lebensqualität zu erreichen und/oder zu erhalten. Es ist Aufgabe der psychosomatischen Neurologie, den Patienten und seine Angehörigen bei diesem adaptiven Prozess zu unterstützen. Dazu kann auch eine Kooperation mit Institutionen im Grenzbereich der Medizin wie Sozialarbeit, Selbsthilfegruppen und Seelsorge notwendig werden.
Diese Adaptationsbemühungen des Patienten lassen sich in intrapsychisch ablaufende Abwehrprozesse und psychosoziale Coping-Prozesse unterteilen. Beide Formen zielen darauf ab, Handlungsfähigkeit aufrechtzuerhalten oder neu herzustellen. Beide sind verschiedene Ebenen eines umfassenden kognitiv-affektiven Regulations- und Steuerungssystems (Schüßler 1993). Die Abwehr ist eine wichtige Ich-Funktion, die dazu dient, das Selbst vor einem traumatischen Verlust der basalen Sicherheit und der Kohärenz zu schützen, während Bewältigungsvorgänge den flexiblen Umgang mit den wechselnden Anforderungen der Außenwelt gewährleisten. Erst das Ineinandergreifen beider Prozesse sichert die Anpassung und damit die Integration schwer belastender, krankheitsbedingter Lebensereignisse (Steffens und Kächele 1988). Dabei sei betont, dass Abwehrprozesse nicht per se pathologisch sind, sondern – solange sie flexibel und durch Erfahrung modifizierbar bleiben – die Voraussetzung für ein adäquates Bewältigungsverhalten darstellen. Die nachstehende Übersicht enthält eine Auswahl von Abwehrmechanismen mit Beispielen. Die Art der Krankheitsbewältigung wird durch subjektive Krankheitskonzepte und schon prämorbid vorhandene Persönlichkeitseigenschaften beeinflusst. Diese subjektiven Krankheitskonzepte weichen nicht selten von den naturwissenschaftlichen Konzepten der behandelnden Ärzte ab.
Auswahl von Schutz- und Abwehrmechanismen
  • Krankheit, Symptome, Folgen etc. verleugnen, nicht wahrhaben wollen (Verleugnung)
  • Gefühle verdrängen, die Probleme nur rational betrachten (Verdrängung, Rationalisierung)
  • Eigene Gefühle und Wünsche bei anderen sehen, z. B. nur die Sorgen der Angehörigen betrachten (Projektion)
  • Gefühle und Wünsche verschieben, z. B. Ärger gegen unbeteiligte Menschen richten (Verschiebung)
  • Sich forciert in angstauslösende Situationen begeben (kontraphobisches Verhalten)
  • Alles vermeiden, was Angst macht (Vermeidung)
  • Die Wut gegen sich selbst richten, sich selbst Vorwürfe machen, statt andere anzuklagen (Identifikation mit dem Aggressor)
  • Das Leben entwerten, damit kein Neid gegenüber Gesunden entsteht (Entwertung)
  • Andere Menschen als allmächtige Beschützer sehen und zu diesen in enger Abhängigkeit leben (Sehnsucht nach dem idealisierten Selbstobjekt)
  • Sich ganz den Wünschen anderer Menschen anpassen und sie umsorgen (altruistische Abtretung)
Lipowski (1970) stellt verschiedenen subjektiven Krankheitskonzepten entsprechende Bewältigungsmuster gegenüber:
  • Wird Krankheit als Herausforderung gesehen, folgt eine adäquate Trauerreaktion mit einer flexiblen, angepassten Bewältigung.
  • Ist die Krankheit eher ein Feind und eine Bedrohung, kommt es zu Wut und Angst, und das Coping ist geprägt von Kampf und evtl. Kapitulation.
  • Eine depressive Haltung des Patienten kann eintreten, wenn die Krankheit vor allem Verlust und Selbstwertschädigung bedeutet; dann ist das resultierende Verhalten gekennzeichnet durch Rückzug.
  • Bedeutet die Erkrankung auch einen Gewinn, kommt es zu anklammerndem und jammerndem Verhalten, zu einem Verharren in der Erkrankung.
  • Ist die Krankheit im Empfinden des Patienten eine Schwäche, wird vorrangig Scham empfunden, was zu Verleugnung und Überanpassung führt.
  • Eine Konnotation der Krankheit mit dem Erleben von Strafe ruft Affekte von Schuldgefühl, Depression und Angst hervor und führt zu einem Bewältigungsverhalten, das von passiver Hinnahme geprägt ist.
Neben diesen verschiedenen subjektiven Krankheitskonzepten haben auch bestimmte kognitive Persönlichkeitsvariablen, die sog. Kontrollüberzeugungen, Einfluss auf das Bewältigungsverhalten. Die internale Kontrollüberzeugung ist dadurch gekennzeichnet, dass das Individuum der Überzeugung ist, selbst für sein Schicksal und für die Krankheit verantwortlich zu sein und sein Leben grundsätzlich auch beeinflussen zu können. Ein Patient mit einer externalen Kontrollüberzeugung dagegen meint, keinen Einfluss zu besitzen und äußeren Kräften ausgeliefert zu sein. Er fühlt sich hilflos und ohnmächtig oder begibt sich anklammernd in passiv-abhängige Beziehungen zu Ärzten und Angehörigen.
Narzisstische Kränkung durch Krankheit
Jede Erkrankung bedeutet auch eine narzisstische Kränkung, die viele neurologisch Erkrankte belastet (vgl. Bränholm et al. 1996). Bestehen schon prämorbid Selbstwertprobleme, ist dies ein Locus minoris resistentiae, der ein adaptives Reagieren auf diese Belastung verhindern kann. So konnte z. B. Ritter (1984) zeigen, dass MS-Patienten mit deutlichen Selbstwertproblemen in der Vorgeschichte maladaptive Bewältigungsmechanismen wählen wie: „Verleugnen“, „Verheimlichen“, „Krankheitsbetonung als Mittel zur Bestätigung und Selbstwertstabilisierung“. Ähnliches gilt für durch die Erkrankung hervorgerufene Angst vor Beziehungsverlust (privat, beruflich) oder für die individuellen Verarbeitungsmöglichkeiten von Angst, Wut und Enttäuschung.
Interventionsansätze
Wie psychosomatische Interventionsansätze zur Unterstützung eines adaptiven Bewältigungsverhaltens in der Praxis aussehen können, haben Muthny et al. (1997) zusammengefasst. Initial geht es häufig um den Abbau von (realen oder phantasierten) Ängsten, die sich auf Ereignisse beziehen, die mit der Erkrankung zusammenhängen, und auf Veränderungen im sozialen Umfeld. Im Behandlungsverlauf kann auch eine Verbesserung der Compliance angestrebt werden. Der Patient kann sich entweder selbst um eine Verbesserung der Compliance bemühen, oder die Behandler/das Team erkennen das Problem. Lösungen können in einem psychosomatisch orientierten Gespräch mit dem Patienten direkt von den Behandlern erarbeitet werden, oder die neurologischen Behandler wenden sich an einen psychosomatischen Konsiliararzt. Stationsteams, die sich ständig mit sehr schweren Krankheitsverläufen auseinandersetzen müssen, wünschen teilweise auch eine regelmäßige fallbezogene Supervision im Sinne eines psychosomatischen Liaisondienstes, um die eigenen Emotionen von Überlastung, Hilflosigkeit und Trauer konstruktiv bewältigen zu können.
Supportive Psychotherapie
Für den Patienten können konkrete Hilfen bei der emotionalen und kognitiven Verarbeitung der Erkrankung v. a. durch die supportive Psychotherapie angeboten werden, deren Behandlungsstufen in der folgenden Übersicht aufgeführt sind:
Behandlungsschritte der supportiven Psychotherapie bei chronisch körperlich Kranken (nach Freyberger et al. 1996)
1.
Aufbau einer das Selbstwertgefühl stabilisierenden Objektbeziehung
 
2.
Thematisierung von krankheitsreaktiven Traumainhalten: Verbalisierung der emotionalen Schockreaktion und der sekundären Hypochondrie
 
3.
Ansprechen der Frustrationsaggression
 
4.
Ansprechen von (auch krankheitsunabhängigen) Konflikten
 
5.
Notfallpsychotherapeutische Präsenz
 
6.
Ermunterung zum Suchen von sozialer Unterstützung
 
7.
Ergänzende systemische (ehe-)partner- bzw. familienbezogene Gespräche (zur optimalen Mobilisierung vorhandener Ressourcen des familiären Systems)
 
Unterstützung bei der Klärung von Konflikten, die sich auf die aktuelle Behandlung, aber auch auf den partnerschaftlich-familiären Bereich beziehen, kann ggf. genauso wichtig sein wie das Angebot einer Paar- und Familientherapie zum Abbau von durch die Erkrankung entstandenen oder evident gewordenen Belastungen. Schließlich kann auch eine Sterbebegleitung im Arbeitsfeld der psychosomatisch orientierten Medizin liegen.
Kommunikation zwischen Organmedizin und Psychosomatik
Über diese patienten- und familienbezogenen Interventionsziele hinaus bestehen weitere Ansatzmöglichkeiten in der Veränderung des institutionalisierten Rahmens: Konkrete Kommunikationsstrukturen zwischen Organmedizin und Psychosomatik könnten verbessert werden. Die Bearbeitung von Konflikten im Behandlungsteam könnte sich positiv auf das interpersonale Arbeitsklima auswirken mit unmittelbarer Rückwirkung auf die Patienten. Ferner könnten Angebote psychosozialer Fortbildung für verschiedene Berufsgruppen gemacht und die Moderation/Verantwortung für Patientenselbsthilfe- und Angehörigengruppen übernommen werden.
Durch zahlreiche Untersuchungen ist belegt, dass der Patient die Kommunikation mit „seinem“ Arzt umso zufriedenstellender einschätzt, je adäquater dieser Belastungen anspricht, die sich durch Untersuchungen oder durch die Erkrankung selbst ergeben. Oft steht die Bewertung des gesamten Behandlungsverlaufs aus Patientensicht unter dem Eindruck dieser Arzt-Patient-Kommunikation. Ein gelungenes Gespräch bedarf nicht unbedingt eines hohen Zeitaufwandes. Dies wird vor allem in Abschn. 5 herausgearbeitet und ist im Rahmen der Ausbildung in psychosomatischer Grundversorgung trainierbar.

Spezielle Psychosomatik

In den folgenden drei Abschnitten werden spezielle psychosomatische Themen angesprochen, deren Kenntnis für den Neurologen wichtig sein kann.

Psychisches Trauma vs. neurotischer Konflikt

In Abschn. 2 ist eine Definition des neurotischen Konfliktes als Resultat von Internalisierungsprozessen ursprünglich sozialer, interaktioneller Konflikte gegeben worden. Der Neurologe ist darüber hinaus auch mit Patienten konfrontiert, die psychisch gesund waren, bis sie einer traumatischen Lebenssituation ausgesetzt waren.
Trauma wird in Anlehnung an die ICD-10 definiert als ein Lebensereignis, das in seiner Schwere praktisch jeden Menschen nachhaltig in seiner Persönlichkeit erschüttern würde. Beispiele für Traumatisierungen sind sexueller Missbrauch, Vergewaltigung, Geiselhaft, Folter, KZ-Haft, Verschüttungen bei Naturkatastrophen, schwere Unfälle etc. Folge ist im schlimmsten Fall eine posttraumatische Belastungsstörung („posttraumatic stress disorder“, PTSD) mit Albträumen, Flashbacks der traumatischen Situation, Affekteinengung und Vermeidungsreaktion. Psychische Traumata können umso schwerer bewältigt werden, je schwerer die Verletzung der körperlichen Unversehrtheit ist und je planmäßiger diese durch Menschen herbeigeführt wurde.
Der Neurologe ist mit den Folgen von Traumatisierungen vor allen nach Unfällen und im Rahmen von Begutachtungen konfrontiert. Bei Verdacht auf eine solche Problematik sollte ein fachpsychosomatisches Zusatzgutachten angefordert werden. Die Behandlungsmöglichkeiten für traumatisierte Patienten sind in Deutschland je nach Bundesland sehr unterschiedlich: in NRW wurden beispielsweise flächendeckend Traumaambulanzen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) durch die Versorgungsämter in Kooperation mit den Regierungspräsidien eingerichtet. Dort erhalten Traumaopfer innerhalb kürzester Zeit Termine zur Notfallbehandlung.

Artefakterkrankungen

Patienten, die bewusst, jedoch heimlich körperliche Schäden herbeiführen, um diese dann zur Behandlung zu präsentieren, gibt es in praktisch allen Fachgebieten. Eine Sonderform stellt das sog. Münchhausen-Syndrom dar, bei dem Beschwerdebilder und Symptome typischer Krankheitsbilder imitiert werden, wodurch die Ärzte zur Verwechslung mit bekannten Krankheitsbildern verleitet werden (Pseudologia phantastica). Beispiel für ein Münchhausen-Syndrom ist z. B. eine 24-jährige Medizinstudentin, die mit einer erheblichen Anämie in die Poliklinik kam und angab, über den Stuhlgang Blut zu verlieren. Als sie sich einer Darmspiegelung unterziehen sollte, brach die Patienten den Kontakt ab. Im Gegensatz dazu läge bei der gleichen Patientin eine Artefaktstörung vor, wenn sie sich tatsächlich eine körperliche Schädigung selber heimlich zugeführt hätte. Wenn sich also z. B. durch einen Zufall herausstellen würde, dass eine anämische Patientin sich dranghaft selbst Kanülen legt, um in großen Mengen Blut ins Waschbecken abfließen zu lassen.
In der Neurologie können Artefaktsyndrome z. B. mit anfallsähnlichen Symptomen kombiniert sein. So wurde eine 28-jährige Patientin mit einem schweren Partnerkonflikt zur stationären psychosomatischen Behandlung aufgenommen, nachdem sie zu Hause immer wieder „umfiel“ und sich dabei erhebliche Verletzungen wie Schnittwunden an den Händen durch bei den Stürzen zerbrechendes Porzellan zuzog. Die sorgfältige neurologische Abklärung war ohne pathologischen Befund geblieben. Auf der Station konnte dann beobachtet werden, dass die Patientin immer „umfiel“, wenn gerade niemand in der Nähe war, und dass die Lokalisation der Beulen oder Schnittwunden nicht zum angegebenen Sturzverlauf passen konnte. So verdichteten sich durch die Krankenbeobachtung zunehmend die Hinweise auf eine Artefakterkrankung.
An dieser Stelle kann nicht ausführlich auf die komplexe intrapsychische Psychodynamik dieser Patienten eingegangen werden. Häufig sind es Menschen, die in ihren Entwicklungsjahren schwere Traumatisierungen durchgemacht haben, die sie nun dem Arzt wie in einem szenischen „Nachspielen“ unbewusst zu präsentieren scheinen: „Seht her, so wie ich mir jetzt bei den Stürzen weh tue, so bin ich immer wieder geschlagen worden.“
Therapeutisch macht es wenig Sinn, mit Artefaktpatienten konfrontativ über ihre Symptomatik zu sprechen. Dabei fühlt der Arzt oft den aggressiven Impuls, dem Patienten nach der Entdeckung manipulativer Techniken einmal richtig die Meinung zu sagen, da er sich selbst missbraucht und in seiner therapeutischen Rolle entwertet fühlt. So erlebt sich der Arzt in einer ähnlich hilflosen und ausgelieferten Situation, wie sie der Patient möglicherweise früher erlebt hat (siehe auch konkordante Gegenübertragung; Abb. 3; Abschn. 5.1). Es bleibt nur der geduldige Beziehungsaufbau, zunächst ohne „Geständnisse“ zu erhalten. Wenn die Patienten schließlich über ihr Tun sprechen können, ist oft schon sehr viel gewonnen, da sie es wagen, sich auf eine neue Qualität von Beziehung einzulassen. Die Prognose bei Artefaktpatienten bleibt jedoch insgesamt ernst, da die Patienten nicht selten die Grenzen so weit austesten, dass sie bleibenden Schaden nehmen.

Aspekte einer Gerontopsychosomatik

Bis vor Kurzem wurde auch von der Fachpsychotherapie die Meinung vertreten, Menschen jenseits des 50. Lebensjahres seien mit psychotherapeutischen Mitteln nicht mehr behandelbar. Wir wissen heute, dass die Prognose wesentlich weniger vom Alter des Patienten als von der Chronifizierung der Störung abhängt. Bei alten Patienten, die im statistischen Durchschnitt mit 65 Jahren 5 organische Diagnosen auf sich vereinigen, besteht vor allem die Gefahr, dass neu auftretende psychosomatische Störungen übersehen werden. Der diagnostische Kurzschluss „Alter – weitere Organkrankheit“ kann fatale Folgen haben, da die Subsumierung akuter funktioneller Störungen unter dem Multimorbiditätsaspekt alter Menschen zu einer Indikationszensur für diese Bevölkerungsgruppe führt. Da die angesprochenen Störungen jedoch oft mit einem hohen Leidensdruck einhergehen, werden nicht selten unkritisch Tranquilizer verordnet.
Interessanterweise wird das konfliktzentrierte Verständnis schon in der Diagnostik alter Patienten immer noch rasch verlassen, um auf die Bewältigung von Verlusterlebnissen oder somatisch bedingten Einschränkungen abzuheben. Die Indikationsstellung steht dann unvermittelt vor einer eher defizitären oder kontemplativen Sicht des Alterns, die u. a. auf der fehlenden theoretischen Ausbildung, der daher mangelnden spezifischen Empathie, dem eigenen Abstand zum höheren Lebensalter und den in der Ausbildung nicht eingeübten Behandlungserfahrungen beruht. Die oben angesprochenen aktuellen gerontologischen Ergebnisse einer bis ins hohe Alter erhaltenen Kompetenz und Lernfähigkeit und Konzepte stets neuer Entwicklungsaufgaben im Lebenslauf können sich gegen vorurteilsbeladene Auffassungen, die alten Menschen Genitalität und sexuelle Identität zu Lasten von Regression absprechen, nur langsam Gehör verschaffen.
Die Abb. 4 zeigt eine Typologie akuter Somatisierungen in der 2. Hälfte des Erwachsenenlebens (Heuft et al. 2006).
  • Interessanterweise gibt es neurotische Kernkonflikte, die durch eine besondere Konstellation (Auslösesituation) im höheren Alter erstmals manifest werden.
  • Im Gegensatz zum repetitiven Muster neurotischer Konflikte definiert die Operationalisierte Psychodynamische Diagnostik (Arbeitskreis OPD-2 2006), ein psychodynamisches Diagnosemanual, den Aktualkonflikt als einen bewusstseinsnahen, emotional wichtigen, jedoch unlösbaren Konflikt, der mit psychodynamischen Konzepten beschrieben werden kann. Das Konzept des Aktualkonfliktes (Heuft et al. 1997) ermöglicht die Antragsformulierung für eine psychodynamische Psychotherapie auch ohne eine auffindbare Frühgenese mit evidenter psychodynamischer Hypothesenbildung und einer etwaigen Auslösesituation. Man vergibt sich und dem Patienten keine Möglichkeit, wenn man während der Behandlung eines Aktualkonfliktes doch noch ein relevantes repetitives Konfliktmuster entdeckt; ggf. muss man in einem solchen Fall die Indikation im Einverständnis mit dem Patienten erweiternd verändern.
  • Eine akute Somatisierungsstörung kann auch durch die Reaktivierung traumatischer Lebenserfahrungen auftreten. Ursächlich ist, dass der körperliche Alternsprozess von einigen Menschen per se bedrohlich erlebt wird – wie die emotionale Situation während der früheren traumatischen Situation.
Die therapeutischen Möglichkeiten werden in Abschn. 5 erläutert. Die Prognose ist bei relativ akut auftretenden Störungen auch im Alter gut, sodass der Neurologe sich in der Frage einer differenziellen Therapieplanung nicht vom Geburtsdatum der Patienten leiten lassen sollte. Es ist davon auszugehen, dass die nachwachsenden Alterskohorten den psychotherapeutischen Behandlungsmöglichkeiten aufgrund anderer Sozialisationserfahrungen offener gegenüberstehen und viel aktiver entsprechende differenzialdiagnostische und therapeutische Maßnahmen erwarten werden.

Diagnose und Therapie im Rahmen der psychosomatischen Grundversorgung

Biopsychosoziale Differenzialdiagnose – mit welchem Ziel?

Genauso wie die neurologische Diagnostik muss auch die psychosomatische Untersuchung zu einer positiven Diagnosestellung kommen. Während in der Neurologie neben handwerklichem Geschick und profundem anatomischem Wissen heute v. a. auch Kenntnisse apparativer Methoden gefordert sind, stützt sich der psychosomatische Untersucher auf die objektiv und subjektiv beobachteten „Daten“ seiner Beziehung mit dem Patienten, die biografische Anamnese, das Krankheitskonzept des Patienten und die Evaluation der Lerngeschichte, die Beurteilung seiner Ich-Funktionen, die Regulation seines Selbstwertsystems sowie die Evaluation etwaiger repetitiv-dysfunktionaler Konflikte (Arbeitskreis OPD-2 2006). Dazu benötigt der Untersucher einen definierten Raum und eine umschriebene Zeit, in der er mit dem Patienten konzentriert an diesen Fragen arbeiten kann. Klingelt etwa ohne Unterlass das Telefon, hört der Zimmernachbar mit oder sitzen beide in einem Durchgangszimmer, wird der Untersucher letztlich nicht sicher klären können, ob der Patient sich z. B. aus Scham oder aus Verweigerung nicht emotional öffnet. Die Untersuchung ist damit genauso gestört, als wären beim CCT strahlenabsorbierende Metallgegenstände über dem Schädel befestigt – man „sieht“ nichts!
Grundsätzlich anzustreben ist die Klärung, ob es sich um ein psychogen (mit-)begründetes Krankheitsbild oder ein Problem der Krankheitsverarbeitung handelt. Der diagnostische Prozess sollte dem Patienten idealerweise Einsichten in seine Situation und evtl. in pathogenetische Zusammenhänge ermöglichen. Er sollte eine Ahnung davon bekommen, wodurch sein Zustandsbild ausgelöst wurde und welche Faktoren die Situation aufrechterhalten.
Auf einer solchen Basis wird der Patient als „Experte in eigener Sache“ in die Lage versetzt, selbst die Motivation für eine psychosomatisch-psychotherapeutische Intervention zu entwickeln. Er kann nach Beratung durch den Untersucher mitentscheiden, ob ihm eher eine psychische Ursachenbehandlung durch Einsichtsvermittlung (psychodynamisch orientierte Behandlung), eine übende Behandlung (kognitiv-behaviorale Psychotherapie), eine Paartherapie oder ein Entspannungsverfahren bzw. eine stützende Psychotherapie zur Verbesserung seiner psychosomatischen bzw. somatopsychischen Situation dient.
In Vorbereitung auf die differenzielle Psychotherapie-Indikation muss sich der Diagnostiker auch über die Realisierbarkeit der durch die geplante Intervention angestrebten Therapieziele klar werden. Ist eine Symptomminderung auf der somatischen Ebene erreichbar (z. B. bei funktionellem Kopfschmerz)? Wird eine Besserung der (angst-)neurotischen Störung angestrebt? Soll der Patient mit seinen Angehörigen in einen intensiveren Austausch treten?

Psychosomatische Anamnese

Wenn der Neurologe Hinweise auf eine psychosomatische Störung hat, sollte er zunächst selbst diese diagnostischen Eindrücke genauso ernst nehmen wie andere, organisch begründete Verdachtsdiagnosen. Realität im Bereich der ambulanten Versorgung ist aufgrund der noch zu wenig ausgebauten vernetzenden Kooperation verschiedener Fachrichtungen, dass der niedergelassene Neurologe in der Regel zunächst seine fachspezifische Diagnostik abschließen wird, bevor er den Patienten zur weiteren Klärung der Differenzialdiagnose etwa einem Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie vorstellen wird. Wie Abschn. 3 deutlich gemacht hat, stellen gerade chronische neurologische Erkrankungen mit ihren somato-psychosomatischen Störungen und Coping-Problemen u. U. über viele Monate die Aufgabe einer abgestimmten Kooperation zwischen der neurologischen und der psychosomatischen Fachkompetenz. Hier gilt es, im Umfeld einer neurologischen Praxis entsprechende Kooperationsstrukturen unter einer langfristigen Perspektive zu erarbeiten.
Einbindung des psychosomatischen Konsiliardienstes
Im Bereich der stationären neurologischen Diagnostik erscheint es angesichts der immer kürzer werdenden stationären Aufenthalte wichtig, einen funktionsfähigen psychosomatischen Konsiliardienst zu etablieren, der den Patienten bei einer gegebenen Verdachtsdiagnose möglichst frühzeitig parallel zur laufenden neurologischen Differenzialdiagnose untersucht. Diese Einbettung in den diagnostischen Ablauf verhindert, dass der Patient „plötzlich“ am Entlassungstag noch schnell in der Psychosomatik vorgestellt wird, wo er doch die ganze Zeit selber von einer organisch begründeten Erkrankung ausgegangen ist. Kein Wunder, wenn das erste Gespräch in der Psychosomatik dann unter der Überschrift steht: „Wie überwinde ich die Kränkung, keine ‚ordentliche‘ neurologische Krankheit zu haben?“
Bei Problemen der Krankheitsverarbeitung sind Fragen zur „Lerngeschichte“ des Patienten weiterführend: Wie ging er bisher in seinem Leben mit Belastungen um? Hat er grundsätzlich das innere Bild von sich, Anforderungen bewältigen zu können, oder folgt er eher einem verleugnenden Coping-Stil, der dann auch ständige Compliance-Probleme erwarten lässt? Aufgrund empirischer Studien lässt sich begründet vermuten, dass diejenigen Patienten, die in ihrem Leben Belastungen erfolgreich bewältigen konnten, am ehesten auch mit neuen, krankheitsbedingten Belastungen zurechtkommen. Dagegen zweifeln diejenigen, die subjektiv noch nie besonders belastet waren, bei einer ersten schweren Belastung möglicherweise sehr rasch an ihrer Bewältigungskompetenz. Eine besondere Risikogruppe stellen diejenigen dar, die in ihrem Leben bereits vielfache Belastungen erlebt haben, sich jedoch bei der Bewältigung nicht ausreichend von außen unterstützt fühlten. Diese Gruppe bedarf einer höheren Aufmerksamkeit hinsichtlich ihrer eingeschränkten Kapazität der Krankheitsverarbeitung.
Fallbeispiel
Ein 65-jähriger Patient leidet nach einem ischämischen Insult an einer Hemiplegie. Aus neurologischer Sicht und nach Einschätzung der Krankengymnastik hat der Patient gute Aussichten, wieder gehen zu lernen. Der vital wirkende Mann ist sehr motiviert zur Mitarbeit. Sobald jedoch die krankengymnastischen Übungen beginnen, tritt eine Spastik auf, sodass jeder Trainingserfolg in Frage steht. Erst ein ausführliches Gespräch mit dem Patienten klärt die Hintergründe: Er ist verheiratet mit einer 15 Jahre jüngeren, attraktiven Frau und besitzt ein schönes Eigenheim in Hanglage, erreichbar nur über eine Treppe. Er befürchtet nun, dass seine Frau ihn als Behinderten verlassen könne bzw. dass er wegen der Zuwegung nicht nach Hause zurückkehren könne. So wurde für das ganze Behandlungsteam nachvollziehbar, dass der Patient hinter seiner freundlichen Motivation mit massiven Ängsten, Selbstwertzweifeln und narzisstischer Wut kämpfte. Daraus resultierte ein übermäßiger Ehrgeiz in der Krankengymnastik, der zu der unvermeidlichen Spastik führte. Durch gezielte Anwendung von Entspannungsverfahren und einige konfliktzentrierte Gespräche erreichte der Patient eine größere Kompetenz im Umgang mit seinen durch die Erkrankung hervorgerufenen Emotionen und konnte damit die krankengymnastischen Übungen wesentlich besser für sich nutzen.
Bei psychogenen Störungen wird der Untersucher einerseits die Lerngeschichte erheben (Fallbeispiel in Abschn. 2.2, in dem die Mutter des Schmerzpatienten bereits unter einer langjährigen Migräne litt). Andererseits kann der Untersucher bemerken, dass er vom Patienten in eine Szene hineingezogen wird, die sich nicht vollständig aus der Gegenwart erklären lässt. In seiner Gegenübertragung (Abb. 3) nimmt der diagnostizierende Arzt Gefühle wahr, die er beim Patienten vermuten kann (konkordante Gegenübertragung): „Wenn ich dem Patienten so zuhöre, spüre ich hinter seinem Lächeln eine erhebliche Traurigkeit.“ Außerdem registriert er Aspekte der komplementären Gegenübertragung: „Der Patient nimmt mich so streng und autoritär wahr, wie er möglicher Weise seinen Vater erlebt hat – unabhängig davon, dass ich mich um einen empathischen Umgang mit ihm bemühe.“ Diese Gegenübertragungswahrnehmungen sind Ausdruck der Übertragung des Patienten. Übertragen werden Selbst- und Objektrepräsentanzen – innere Bilder, die der Patient von sich selbst bzw. von früheren signifikanten Objekten insbesondere aus der Primärfamilie hat. Abgrenzen muss der Diagnostiker diese Übertragungswahrnehmung von seinen eigenen Gefühlen, Vorurteilen etc., der Eigenübertragung. Wenn er von sich weiß, dass er z. B. Angehörige einiger Jugendkulturen sehr schnell „überdreht und nervig“ empfindet, kann er sich durch ein entsprechendes Training besonders in dieser Hinsicht reflektieren lernen. Er wird es damit tendenziell vermeiden können, seine eigenen Werturteile („die eigenen blinden Flecken“) als dem Patienten zugehörig misszuverstehen.
Als besonders geeignet, die Wahrnehmung solcher Zusammenhänge zu trainieren, haben sich Balint-Gruppen erwiesen, die auch im Rahmen der Ausbildung in Psychosomatischer Grundversorgung vorgesehen sind. Unter dem Schutz eines ausgebildeten Leiters berichten die 8–10 teilnehmenden Ärzte sich wechselseitig von ihren Beobachtungen und Problemen im Umgang mit einem ihrer Patienten. Durch die Wahrnehmung der anderen Teilnehmer in der Balint-Gruppe erhält der Vortragende weitere Aspekte und Überlegungen zu seinem „Fall“. Er kann sich bei einer regelmäßigen Arbeit in der Balint-Gruppe nach einiger Zeit auch selbst fragen, ob er mit einem bestimmten Typus von Patient eher mehr Schwierigkeiten hat als mit einem anderen, um so sein Wissen über sich zu erweitern.

Biografische Anamnese

Für eine biografische Anamnese unter tiefenpsychologischen Gesichtspunkten wird der Arzt sich bemühen, die gesamte Kommunikation des Patienten mit ihm wahrzunehmen. Dies gilt auch für Haltung, Gestik und Mimik, die gesamte „nonverbale“ Kommunikation. So wird vielleicht rasch deutlich, ob der Patient etwa widerwillig zum Gespräch kommt, sich geschickt fühlt oder ob er voller Erwartung, ja vielleicht idealisierend an den Lippen des Untersuchers „hängt“.
Dieses szenische Verständnis wird ergänzt durch objektive Informationen wie die Zahl der Geschwister, das Schicksal der Eltern, die eigene schulische und berufliche Ausbildung, den eigenen Familienstand etc. Allerdings sollte man mit Angehörigengesprächen hinter dem Rücken des Patienten sehr vorsichtig sein. Eher empfiehlt es sich, mit dem Patienten und seinem Partner gemeinsam zu sprechen, um z. B. etwas über den Umgang mit der Erkrankung zu erfahren: „Können Sie mir bitte mal schildern, was Ihrer Meinung nach für Ihren Mann die größte Belastung im Rahmen seiner Erkrankung darstellt?“
Objektive und subjektive Informationen
Wenn eine 42-jährige Patientin mit einem chronischen Schmerzsyndrom über den beruflichen Werdegang des Vaters, eines ehemaligen Angehörigen der Waffen-SS, berichtet, sind dies objektive, „nachprüfbare“ Daten. Erfährt der Arzt im weiteren Gespräch dann, dass die Patientin, solange sie als Kind zurückdenken könne, von ihrem Vater nur zynisch behandelt worden sei, weil sie niemals seinen Idealen habe entsprechen können, während die Mutter hilflos zugeschaut habe, ist dies eine subjektive Information. Da die Primärfamilie davon nichts nach außen dringen ließ und die Mutter seit einigen Jahren verstorben ist, kann kein anderer darüber Auskunft geben. Werden jedoch in der Untersuchungssituation der Schrecken und die ausgestandene Angst für den Arzt in der konkordanten Gegenübertragung (Einfühlung in das Selbst des Patienten) „spürbar“, dann wird diese subjektive Information „evident“. Dies gilt umso mehr, wenn etwa der Anfang des Gespräches sehr stockend war und die gesamte Szene die Furcht der Patientin vor erneuter zynischer Ablehnung durch den Arzt, der sich sicher gleich wegen ihrer ungeklärten Schmerzen über sie lustig machen würde, deutlich machte. Dies entspräche dann einer Wahrnehmung der komplementären Gegenübertragung (was macht der Patient mit mir als Objekt?), nämlich der Vater-Übertragung auf den Arzt. Das Schmerzsyndrom bringt zunächst nonverbal eine permanent erfahrene seelische Verletzung „zur Sprache“, die der Patientin naturgemäß in ihrer vollen emotionalen Auswirkung nicht deutlich ist. Neben ihren Schmerzen bemerkt sie lediglich noch, dass sie sich generell auf keine feste Bindung zu einem Mann einlassen kann, obwohl sie sich eigentlich seit Jahren die Gründung einer Familie wünscht. Die Zusammenhänge sind ihr unbewusst. Im Behandlungsverlauf kann sie wieder Zugang zu ihren authentischen Gefühlen in dieser familiären Konfliktlage finden, indem sie sich ihre eigene Biografie „zueignet“, so wie diese für sie war (Desomatisierung; Abschn. 2.3). Damit kommt sie aus den neurotischen Verstrickungen frei und kann sich dann nach einer Phase der Trauer dem eigenen Leben zuwenden.
Dokumentationsschema
Wie die Übersicht zeigt, steht folgendes Dokumentationsschema am Ende einer biografischen Anamnese:
Dokumentationsschema einer biografischen Anamnese
  • Überweisung
  • Äußere Erscheinung und Auftreten des Patienten
  • Beschwerden/Symptomatik
  • Auslösesituation
  • Emotionale Einstellung des Patienten zu seinen Beschwerden
  • Wichtige biografische Daten
  • Vorstellungen des Patienten über sich selbst
  • Vorstellungen des Patienten über andere wichtige Bezugspersonen
  • Entwicklung der Arzt-Patient-Beziehung
  • Ergebnisse und Beurteilung
  • Vorläufige Diagnose
  • Prozedere
Nach Schilderung des Überweisungsweges („Überweisungs-Odyssee“?; „aggressive“ Überweisung eines ratlosen Kollegen?; Notfalluntersuchung?) werden die ersten szenischen Eindrücke festgehalten. Bei Schilderung der Beschwerden wird untersucht, ob eine Auslösesituation vorgelegen hat. Unter Auslösesituation werden ein Lebensereignis oder Lebensumstände verstanden, die für diesen Menschen in seiner aktuellen Lebenssituation einen biografisch relevanten Konflikt reaktivieren. Dabei ist es unumgänglich, genauer nachzufragen, seit wann die Symptomatik besteht und ob seinerzeit besondere Lebensumstände bestanden.
Fallbeispiel
Ein 27-jähriger Mann erlitt nach einem aggressiven Konflikt mit seinem Chef, der ihn in den letzten Monaten zunehmend mehr an seinen autoritären Vater erinnerte, eine funktionelle Lähmung des rechten Armes (dissoziative Bewegungsstörung). In der Behandlung verstand er, dass er die Lähmung gerade noch „rechtzeitig“ entwickelt hatte, bevor er zuschlagen konnte (primärer Krankheitsgewinn).
Das Auffinden einer spezifischen Auslösesituation gelingt in einer psychosomatischen Ambulanz bei rund 30–40 % der Patienten. Oft wird damit eine auch für den Betroffenen offensichtliche Relevanz des biografischen Materials erreicht, die zu einer Behandlungsmotivation mit guter Prognose führt.
In der Dokumentation ist gerade die Schilderung der emotionalen Einstellung zu den Beschwerden bei psychosomatischen Patienten wichtig (besteht z. B. noch eine persistierende Überzeugung, organisch krank zu sein?). Die Gliederung der Lebensdaten des Patienten wird ergänzt durch eine systematische Charakterisierung des eigenen Selbstbildes und die Vorstellungen über andere wichtige Bezugspersonen. Die Arzt-Patient-Beziehung wird v. a. hinsichtlich der beschriebenen Übertragungs-Gegenübertragungs-Dynamik reflektiert, bevor die Beurteilung mit der anschließenden Diagnose und der vorgeschlagenen Indikation folgt.

Spezielle Therapieverfahren

In Deutschland sind sowohl die psychoanalytischen (psychodynamischen) als auch die kognitiv-behavioralen (verhaltenstherapeutischen) Therapieverfahren zur Kassenbehandlung zugelassen, da die Wirksamkeit dieser beiden Verfahren nachgewiesen ist. Zusätzlich zu diesen beiden Verfahren werden nachstehend kurz die Möglichkeiten paar- und familientherapeutischer Arbeit und die Chancen der Entspannungsverfahren angesprochen.
Psychoanalytische (psychodynamische) Therapieverfahren
Der Hauptindikationsbereich psychoanalytischer Psychotherapie liegt bei den psychoneurotischen Erkrankungen. Als differente Behandlungsverfahren innerhalb der analytischen Behandlungsmethoden lassen sich unterscheiden:
Psychoanalytisches Standardverfahren
Das psychoanalytische Standardverfahren (≥3 h/Woche, in der Regel im Liegen) spielt für Patienten mit psychosomatischen Problemen Störungen nur eine geringe Rolle. Für den Interessierten sei auf die gemeinsame Schilderung des Behandlungsverlaufs aus Therapeuten- wie Patientensicht von Radebold und Schweizer (2001) hingewiesen: In einem Buch haben nach Abschluss der psychoanalytischen Behandlung der Psychoanalytiker seine Stundenprotokolle einschließlich der Arbeit an den Träumen und eigenen Assoziationen und die bei Behandlungsbeginn 65-jährige Patientin ihre Tagebuchaufzeichnungen einander chronologisch gegenübergestellt. Mit der angefügten Katamnese steht somit eine umfassende Dokumentation eines erfolgreich verlaufenen psychoanalytischen Prozesses bei einer Patientin in der zweiten Hälfte des Erwachsenenlebens zur Verfügung. Damit kann auf eindrucksvolle Weise auch nachvollzogen werden, dass der Einsatz der hier vorgestellten Therapieverfahren nicht auf ein bestimmtes Lebensalter beschränkt ist.
Psychodynamische Psychotherapie
Die psychodynamische Psychotherapie (1–2 h/Woche, in der Regel im Sitzen, über einige Monate bis zu 2 Jahren) stellt die Bearbeitung vorbewusster und aktueller Konflikte in den Vordergrund. Die in Abschn. 4.3 angesprochenen Aktualkonflikte sind oft auch mit einer psychodynamischen Kurz- bzw. Fokaltherapie (bis max. 25 h Dauer) gut behandelbar. Die Abb. 5 skizziert die Grundkonzeption der Fokaltherapie. Jedes Individuum durchläuft im Rahmen seiner Frühgenese charakteristische Entwicklungskrisen mit zugehörigen Triebkonflikten, deren Spuren sich als Kernkonflikte im seelischen Apparat niederschlagen. Die neurotische oder psychosomatische Symptomatik entsteht am Schnittpunkt der vertikalen Achse der Lebensgeschichte mit der horizontal verlaufenden Achse der Aktualgeschichte in dem Moment, in dem soziokulturelle und sozioökonomische Gegebenheiten, soziales Umfeld, interpersonelle Konstellationen und schicksalshafte Ereignisse für den Betroffenen individualspezifisch bedeutsame Versagungen bedingen. In einer solchen Auslösesituation werden die Abbilder der Kernkonflikte auf der horizontalen Achse in einer neuen Weise „beleuchtet“. Und durch die Arbeit an diesen abgeleiteten Konflikten gelingt es unter günstigen Bedingungen, eine neurotische oder funktionelle Symptomatik aufzulösen.
Die in Abschn. 4.3 angesprochenen Traumareaktivierungen im Alter werden erfolgreich entweder mit einer fokalisierenden, niederfrequenten ambulanten psychodynamischen Psychotherapie (1–2 h/Woche für ½ Jahr) oder mit einer stationären Therapie behandelt.
Stationäre psychodynamische Fokaltherapie
Die stationäre psychodynamische Fokaltherapie stellt eine Sonderform der Fokaltherapie dar, da der zeitliche Rahmen von 6–12 Wochen in der Regel der maximale Rahmen einer stationären psychosomatisch-psychotherapeutischen Krankenhausbehandlung ist. Die Indikation für eine solche Behandlung besteht:
  • bei starkem Leidensdruck, der sich ambulant und im hausärztlichen Bereich nicht halten lässt;
  • auch zur Einleitung einer weiteren, dann erst möglichen ambulanten Behandlung;
  • wenn die stationäre fokaltherapeutische Behandlung erwartungsgemäß bei dem Patienten zu keiner weiteren regressiven Fixierung führt;
  • wenn eine zeitweilige Herauslösung aus dem gewohnten Umfeld erwünscht ist;
  • wenn trotz Akuität der Symptomatik nicht rasch genug eine qualifizierte ambulante Behandlungsmöglichkeit besteht (als relative Indikation).
Fallbeispiel
Eine 43-jährige, sehr attraktive Patientin kam mit häufig wiederkehrenden Synkopen zur stationären Aufnahme. Die Diagnostik hatte einen schweren Rivalitätskonflikt mit der 17-jährigen Tochter ergeben, in dem die Patientin sich hilflos und entmachtet fühlte. Die neurologischen Befunde waren unauffällig. Eine ambulante verhaltenstherapeutische Behandlung war gescheitert, da die Patientin wegen ihrer Synkopen oft die Stunden absagen musste und auch das Gefühl hatte, nicht richtig weiterzukommen. Vor allem der in die Konfliktlage und Symptomatik sehr eingespannte Ehemann drang auf eine stationäre Behandlung. Durch die stationäre Aufnahme war zunächst die häusliche Situation entspannt. Die Patientin versuchte, auch in den zahlreichen einzel- und gruppentherapeutischen Angeboten auf der Station über ihre Wut kognitiv mehr Klarheit zu gewinnen. Gleichzeitig fiel sie immer wieder v. a. auf stationsöffentlichen Plätzen (wie im Flur) um. Durch die Symptomatik alarmiert, kümmerten sich zunächst – wie zu Hause der Mann – viele Mitpatienten um sie. Nach ein paar Tagen und bei weiterer Fortführung der gruppentherapeutischen Gespräche konfrontierten die Mitpatienten sie jedoch damit, dass sie immer umfalle, wenn ihr etwas nicht gepasst habe. Fortan ließen sie sie liegen, was schließlich zu einer heftig erlebten Wut der Patientin über diese „unverschämten Menschen“ führte. Da sie sich gleichzeitig mit ihren Beschwerden jedoch vom ganzen Stationsteam angenommen fühlte, verstand sie dann unter Tränen, dass sie, wenn sie sich durch ihre freche Tochter wieder einmal gedemütigt fühlte, sich eigentlich Schutz und Hilfe wünschte. Das habe sie nicht sagen können. Die Symptomatik hatte dies zum Ausdruck gebracht, wenn sie so hilflos auf dem Boden lag. Über dieses Verständnis erarbeitete sich die Patientin innerhalb einer 6-wöchigen stationären Behandlung alternative Strategien, mit ihren Gefühlen und Wünschen umzugehen, sodass sie beschwerdefrei wurde.
Eine solche intensive stationäre psychosomatisch-psychotherapeutische Krankenhausbehandlung ist ohne eine entsprechende Konzeption und ohne qualifizierte Mitarbeiter im ärztlichen wie pflegerischen Bereich nicht zu leisten. Der besondere Vorteil der stationären Behandlung liegt neben der höheren Gesprächsfrequenz i. S. einer Hochdosispsychotherapie in der Möglichkeit der Methodenkombination (Einschluss auch nonverbaler Therapieelemente wie Bewegungs-, Gestaltungstherapie) und der Einbeziehung des gesamten stationären Milieus in den Therapieverlauf. Die sorgfältige ambulante Vorklärung zusammen mit den somatischen Kollegen und ein ausgearbeitetes Arbeitsprogramm des Behandlungsteams garantiert am ehesten den Behandlungserfolg für die Patienten, die sich zu einer solchen „hoch dosierten“ psychosomatisch-psychotherapeutischen Krankenhausbehandlung entscheiden.
Supportive psychodynamische Psychotherapie
Bei großer Variabilität der Dauer einzelner Sitzungen und der Gesamtbehandlung gelingt über den Ich-stützenden und kompetenzfördernden Ansatz einer supportiven psychodynamischen Psychotherapie die Begleitung somatopsychisch Schwerkranker. Hier kann die Frage nach dem Behandlungsende u. U. gekoppelt sein mit einem begleiteten Sterbeprozess. Durch die auch in diesen therapeutischen Begegnungen wirksame Übertragungs-Gegenübertragungs-Dynamik kann es zu einer erwünschten Aktivierung positiver Selbstobjekte kommen, die auch vereinsamten Menschen helfen kann, ihre Einsamkeit z. B. über eine langfristige, sehr niederfrequente Therapie zu tragen.
Psychodynamische Gruppenpsychotherapie
Die psychoanalytische oder psychoanalytisch orientierte Gruppenpsychotherapie wird von manchen Patienten eher abfällig als die „billigere“ Therapie bewertet. Gerade die realen Beziehungserfahrungen in der Gruppe können jedoch über Identifikationsprozesse beim Aufbau eines neuen Selbstwertgefühls und bei der Verarbeitung von Lebensbelastungen bzw. Konflikten helfen. Als wesentliche Modifikation für alte Patienten wird in der Literatur vorgeschlagen, auch außerhalb der Gruppensitzung reale Kontakte der Teilnehmer untereinander eher zuzulassen bzw. zu fördern. Vergleiche zwischen psychoanalytischen und kognitiv-behavioralen Gruppentherapien zeigen indikationsbezogen gleich gute Ergebnisse.
Kognitiv-behaviorale Psychotherapie
Die Indikationsstellung der verhaltenstherapeutischen Methoden erfolgt symptom- bzw. störungs- und ressourcenbezogen. Veränderungen werden entweder durch eigene Lern- und Umlernprozesse oder durch aktive Veränderungen der Umgebung erreicht. Die Sitzungsfrequenz beträgt im ambulanten Bereich in der Regel 1 h/Woche. Zwischen den Sitzungen müssen „Hausaufgaben“, die in den Behandlungsstunden verabredet wurden, bearbeitet werden. Diese können sich auf praktische Übungen, z. B. gegen phobisches Vermeidungsverhalten oder auf Veränderung kognitiver Prozesse, beziehen. Bei somatoformen Schmerzstörungen werden mit dem Aufbau eines individuellen Schmerzmodells die Stärkung der Kontroll- und Selbsteffizienzüberzeugung und die Modifikation dysfunktionaler Gedanken („Ich bin ein Schmerzpatient, dem nicht zu helfen ist!“) angestrebt.
Die veränderte Lernfähigkeit älterer Patienten korreliert wenig mit dem chronologischen Alter, eher mit Variablen wie der individuellen Lerngeschichte, dem Training und der Motivation. Lernvorgänge werden erleichtert durch individuelles Tempo, kleine Schritte und bedeutungsvolle Aufgaben. Der Trainingsaspekt wird als besonders geeigneter Therapieansatz für psychosomatische Patienten angesehen, da er zeitbegrenzt, zielorientiert und konkret an der Lösung auch alltäglicher Probleme arbeitet und nicht stigmatisiert (Moberg und Lazarus 1990). Ellis (1990) hat 12 irrationale Denkstile zusammengestellt, die Gegenstand der Therapie sein können (z. B. die Vorstellung, man müsse in allen Bereichen äußerst kompetent, intelligent und erfolgreich sein). Als altersspezifische Konzepte können die Auseinandersetzungen mit negativen Altersbildern (etwa: Inaktivität = Nutzlosigkeit) und die notwendige Anpassung an Alternsvorgänge (z. B. Gefühl der Kongruenz zwischen erstrebten und erreichten Zielen) angesehen werden (Freedman 1986; Thomae 1970). Therapieziel wäre dann z. B., ein Gleichgewicht zwischen den kognitiven und den motivationalen Systemen des Individuums zu finden. Interessant wären z. B. Untersuchungen im Hinblick auf die motivationalen Systeme von Erwachsenen verschiedener Lebensalter (Kanfer et al. 2000).
Methodenspektrum der Verhaltenstherapie
Die Verhaltenstherapie verfügt über ein breites Methodenspektrum zur einzel- und gruppentherapeutischen Behandlung. Stimuluskontrolle und operantes Konditionieren wird selbst bei institutionalisierten dementen Patienten eingesetzt, wobei sich die Anwender hierbei der strikten Beobachtung ethischer Regeln verpflichtet fühlen müssen, da die Patienten keine freie Therapiewahl mehr haben. Das Realitätsorientierungstraining (ROT) (Folsum und Taulbee 1966; Haag und Noll 1996) verbindet verhaltenstherapeutische und milieutherapeutische Elemente mit dem Ziel einer besseren Orientierung, dem Erhalt von Selbstständigkeit und einem Selbstsicherheitstraining. Bei Einschränkungen des Kurzzeitgedächtnisses wird der verstärkte Einsatz von selbst angefertigten Protokollen oder Hausaufgabenheften und das Vermeiden von Zeitdruck empfohlen.
Paar- und Familientherapie
Bei jüngeren Paaren stehen oft persistierende Ablösungsprobleme von der Herkunftsfamilie im Vordergrund. In Familien kann der Konsultationsgrund die Symptomatik eines Kindes, des sog. „Index-Patienten“ sein. Unter familiendynamisch-systemischen Aspekten trägt ein solches Kind nicht selten unbewusst die Last eines schwelenden Partnerkonfliktes seiner Eltern: „Solange ich krank bin, streiten meine Eltern nicht mehr miteinander und Vater ist mehr zu Hause.“
Von der Familientheorie wurde das Konzept des Lebenszyklus in erster Linie im Hinblick auf die Entstehung psychischer Störungen diskutiert. Die Verflechtung entwicklungsbedingter Anforderungen steht oft in einem generationsübergreifenden Kontext. Auch bei alten Paaren gewinnt die Betrachtung des Systems Familie einschließlich der Beziehungsbiografie und des Beziehungsnetzes an Bedeutung (Johannsen 1992). Dabei kann das Paar die anstehenden Entwicklungsaufgaben etwa als positiv zu gestaltende „nachelterliche Gefährtenschaft“ oder als „Empty-nest-Syndrom“ erleben.
Entspannungsverfahren
Der Einsatz von Entspannungsverfahren im Rahmen kognitiv-behavioraler Psychotherapie wurde bereits angesprochen. Neben anderen körperorientierten Behandlungsverfahren v. a. in multimodalen stationären Behandlungssettings wird das Autogene Training sowohl als psychotherapeutische Intervention als auch in der somato-psychosomatischen Rehabilitation (z. B. nach Schlaganfällen, beim Parkinson-Syndrom) empfohlen (Hirsch 1995).

Krisenintervention und Notfallbehandlung

Es gibt auch in der Neurologie akute psychische Krisensituationen, die ein rasches und wirkungsvolles Eingreifen erfordern, um zu verhindern, dass der Patient in einer psychischen Ausnahmesituation durch Agieren Fakten schafft, die nicht mehr veränderbar sind und ihm selbst oder/und anderen Schaden zufügen. Typische Beispiele für solche Notfallsituationen sind intrapsychische Krisen (z. B. ein akuter Angstanfall), psychosoziale Krisen (z. B. familiäre Krisensituation), Notfälle durch akute Traumatisierungen, psychosomatische Krisen (z. B. akute Konversionssymptomatik oder Notfälle bei Artefaktpatienten) suizidale und somatopsychische Krisen beispielsweise bei akuten Problemen der Krankheitsverarbeitung.
Nicht jede psychische Krise entspricht einem Behandlungsnotfall, da Krisen als normale Reifungsphasen in der psychosozialen Entwicklung jedes Menschen vorkommen können (vgl. Lebenskrisen z. B. in der Adoleszenz oder bei der Partner- und Berufswahl). Hier werden jedoch insbesondere Notfallsituationen im engeren Sinne angesprochen.
Kennzeichnend für Notfallbehandlungen ist stets eine kurzzeitige intensive Annäherung zwischen Patient und Arzt, aus der sich beide bald wieder lösen müssen und die eine „Trauerarbeit“ von der ersten Begegnung an erforderlich macht. Diese Trauerarbeit schützt vor Größen- und Verschmelzungsfantasien in der Situation der größten Not („Sie sind der einzige Mensch auf der Welt, dem ich vertrauen kann …“) und ermöglicht die Lösung von unbewussten Verklammerungstendenzen. Bei allem geforderten ärztlichen Engagement muss die Möglichkeit einer Öffnung der Dyade stets mitgedacht werden. Das bedeutet, dass im Einzelfall eine konsiliarische psychosomatisch-psychotherapeutische Mitbehandlung oder auch eine stationäre psychiatrische Notfalleinweisung sinnvoll oder gar unumgänglich sein kann.
Kommt der Behandler zu dieser Indikationsentscheidung, ist für die therapeutische Beziehung Eindeutigkeit im Prozedere wichtig: „Ich schlage vor, dass wir die Möglichkeit einer Aufnahme in einer schützenderen stationären Umgebung, als es zu Hause zurzeit möglich ist, prüfen.“ Wenn der Patient den Behandler daraufhin mit heftigen negativen Übertragungsaffekten konfrontiert („Sie wollen mich ja nur loswerden und Ihre Ruhe haben, Sie lehnen mich ab wie alle anderen auch!“), sind Rechtfertigungen des Behandlers in dieser Situation Ausdruck seiner eigenen Ambivalenz, seines „schlechten Gewissens“ darüber, dass er möglicherweise tatsächlich froh ist, wenn er die Verantwortung teilen kann.
Grenzen des Behandlers
Es spricht nichts dagegen, als Behandler offen einzugestehen, nach sorgfältiger Abwägung aufgrund der akuten psychischen Symptomatik hier und jetzt an eine Grenze gekommen zu sein, ab der andere Wege beschritten werden müssen, um zunächst im Extrem ein Überleben zu ermöglichen. Ehrlichkeit hat, wenn sie von wirklichem Interesse am anderen getragen ist, noch keinem Patienten geschadet. Omnipotenzgebaren des Arztes zwingt – z. B. bei suizidalen Krisen – nicht selten Patienten dazu, weiter an der Eskalationsschraube zu drehen, um die Bedrohung des eigenen Selbstwertes und der Autonomie zu verteidigen.
Psychotrope Medikamente
Wenn aus neurologischer Sicht in Notfallsituationen psychotrope Medikamente eingesetzt werden müssen, wird man sich in der Regel auf wenige Substanzgruppen, mit denen man im Laufe der Facharztausbildung dann auch genügend Erfahrung gesammelt hat, stützen können.
Tranquilizer
Bei akuten Angstanfällen oder agitiert depressiven Krankheitsbildern sind Tranquilizer hochwirksame Notfallmedikamente, die aufgrund ihres raschen Wirkungseintrittes in der Regel auch oral schnell genug wirken.
Wegen der Steuerbarkeit sollte man sich eher für Präparate mit einer allenfalls mittellangen Halbwertszeit entscheiden, um Additionseffekte zu vermeiden. Ein weiterer Vorteil der Tranquilizer ist die gute kardiale und zentrale Verträglichkeit (z. B. bei Patienten mit Anfallsgefahr) im Vergleich zu den Neuroleptika (Cave: ältere Patienten benötigen generell oft geringere Dosen psychotroper Medikamente).
Cave
Tranquilizer sollten nie länger als 4 Wochen gegeben werden wegen der ausgeprägten Gefahr einer Abhängigkeitsentwicklung.
Das gilt auch für ältere Menschen, die unter einer Low-dose-Tranquilizerabhängigkeit komplexe psychopathologische Bilder entwickeln können, bei denen Interesselosigkeit und Dysphorie im Vordergrund stehen.
Niederpotente Neuroleptika
Bewährt haben sich in psychischen Krisen auch niederpotente Neuroleptika, deren sedierende Eigenschaften v. a. bei Unruhezuständen, Schlafstörungen und ängstlicher Anspannung dem Patienten zu einer inneren Distanzierung verhelfen.
Antidepressiva
Die Neueinstellung auf Antidepressiva ist dagegen eher Aufgabe eines Facharztes für Psychiatrie oder u. U. auch eines Facharztes für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, da neben der erforderlichen Erfahrung mit einer heute großen Zahl von Wirkprinzipien Antidepressiva als Notfallmedikamente nicht wirklich nutzen. Ihr Wirkungseintritt hängt grundsätzlich von einem ausreichenden Spiegel ab und benötigt mindestens mehrere Tage (bis zu 4 Wochen). Hinzu kommt die Gefahr, dass bei endogen depressiv Erkrankten die erforderliche Tagesdosis oft unterschritten (z. B. bei Compliance-Problemen) und dann bei einer solchen Unterdosierung eine vermeintliche Unwirksamkeit des Medikamentes festgestellt wird.

Ausblick

Aufgrund der starken Wissensvermehrung auf allen Gebieten der Medizin ist die Spezialisierung der Fachdisziplinen ein unvermeidliches Faktum. So ist vom Facharzt für Neurologie nicht zu erwarten, dass er sich selbst in der Lage fühlt, die beschriebenen psychosomatisch-psychotherapeutischen „Operationen“ durchzuführen. Umgekehrt würde auch niemand von einem Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie eine kompetente neurologische Diagnostik und Therapie erwarten. Daher seien die spezieller interessierten Neurologen ausdrücklich auf die zitierten weiterführenden Lehrbücher hingewiesen.
Was ein Patient unter dem Gesichtspunkt einer hochstehenden Qualität in der Neurologie erwarten kann, ist eine komplette Differenzialdiagnose seiner Symptomatik. Auf die Bedeutung möglicher psychischer Störungen, diese zu erkennen und in Zusammenarbeit mit dem psychosomatischen oder psychiatrischen Konsiliardienst bzw. in der kollegialen Praxiskooperation abzuklären, wird auch in den Leitlinienempfehlungen zur Diagnostik neurologischer Symptome hingewiesen. Gleiches gilt auch für die interdisziplinäre Zusammenarbeit bei komplexen gutachterlichen Fragen.

Facharztfragen

1.
Unter die dissoziativen Störungen werden auch die dissoziativen Sensibilitäts- und Empfindensstörungen gefasst. Welches „Verteilungsmuster“ ist für eine dissoziative Sensibilitätsstörung typisch?
 
2.
Somatoforme Störungen sind in der ICD-10 operationalisiert und gehören zu den häufigen Erkrankungen in der allgemeinärztlichen und der neurologischen Praxis. Welches sind typische Merkmale somatoformer Störungen?
 
3.
Patienten mit einer somatoformen Schmerzstörung können von einem verhaltenstherapeutischen Interventionsprogramm gut profitieren. Nennen Sie Interventionen, die zu einem verhaltenstherapeutischen Interventionsprogramm gehören.
 
4.
Bei dissoziativen Störungen kommt es zu motorischen oder sensiblen Ausfällen ohne neurologisch fassbares Korrelat. Wozu dienen dissoziative Störungen aus psychodynamischer Sicht am ehesten?
 
5.
Ein 50-jähriger Patient leidet seit 3 Jahren unter Schmerzen im HWS- und LWS-Bereich. Sämtliche somatischen Untersuchungsergebnisse sind unauffällig. Es liegen gleichzeitig ausgeprägte berufliche sowie familiäre Belastungen vor. Darüber hinaus bestehen keine körperlichen Symptome. Als was ist das Krankheitsbild am ehesten zu diagnostizieren?
 
6.
Somatoforme Störungen bewirken oft einen erheblichen Leidensdruck bei den Betroffenen. Ist eine medikamentöse Behandlung somatoformer Störungen immer erforderlich? Welche Substanzen kommen in Frage?
 
7.
Die Arzt-Patient-Beziehung wird häufig durch eine Übertragungs-Gegenübertragungs-Dynamik mitbestimmt. Was versteht man in der psychosomatischen Grundversorgung aus Sicht der psychodynamischen Theorie unter Übertragung?
 
Literatur
Zitierte Literatur
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