Tumoren des Ventrikelsystems entstehen aus den Zellen der Auskleidung des Ventrikelsystems (Ependymom, Subependymom) oder seines Inhalts, des Plexus chorioideus (Plexuspapillom, Plexuskarzinom). Ein seltener Tumor der subependymalen Matrix ist das Neurozytom, das von neuroglialen Vorläuferzellen, die sich zumeist im Bereich der Foramina Monroi befinden, ausgeht. Darüber hinaus finden sich im Plexus auch Hämangioblastome, Ventrikelmeningeome, Metastasen und Tumoren, die sich ausgehend von anderen Lokalisationen in den Ventrikel einstülpen. Letztere sind keine eigentlichen Ventrikeltumoren.
Ventrikeltumoren sind selten und machen nur 1–2 % aller primären intrakraniellen Tumoren aus. Sie sind im Kindes- und Jugendalter häufiger als bei Erwachsenen. Im Erwachsenenalter werden Metastasen im Plexus choroideus häufiger. Tumoren des Plexus choroideus finden sich zu 70 % bei Kindern. Das sehr seltene subependymale Riesenzellastrozytom ist vergesellschaftet mit der
tuberösen Sklerose. Alle Tumoren des Ventrikelsystems müssen regelmäßig kernspintomografisch kontrolliert werden. Dabei ist auf die Wachstumsdynamik von Tumorresten, Rezidive und die Ausbildung eines
Hydrozephalus zu achten. Für anaplastische Tumoren werden kürzere Kontrollintervalle – z. B. 3 Monate – als für besser differenzierte Tumoren – z. B. 6–12 Monate – gewählt. Prognose und Therapie der Ventrikeltumoren
sind abhängig von der Histologie.
Subependymome
Ependymome werden im Kap. „Gliome“ besprochen. Subependymome, WHO-Grad I, entstehen aus der subventrikulären Zone und insofern aus einer etwas anderen Zellmatrix als die Ependymome. Sie machen ca. 8 % der ependymalen Tumoren aus und treten häufiger bei Männern auf. Sie verursachen in der Regel aufgrund einer Blockade der Liquorpassage klinische Symptome. In der MRT-Bildgebung des Kopfes sollte bei einer intraventrikulären Läsion ein Subependymom differenzialdiagnostisch erwogen werden, wenn diese in T1-gewichteten Sequenzen isointens und in T2-gewichteten Sequenzen hyperintens zur Darstellung kommt. Im Gegensatz zu Ependymomen haben Subependymome eine sehr gute Prognose nach vollständiger Resektion. Auch wenn Reste nach einer Resektion verbleiben, sind diese in der Regel über lange Zeit stabil. Der Nutzen einer
Strahlentherapie oder einer Chemotherapie ist unklar. Im Falle eines Rezidivs sollte zunächst die Option einer erneuten Resektion geprüft werden.
Neurozytome
Bei den Neurozytomen handelt es sich ebenfalls um Tumoren aus der subventrikulären Matrix. Sie machen etwa die Hälfte aller intraventrikulären Läsionen bei Erwachsenen aus und werden dem WHO-Grad II oder III zugeordnet. In der Regel treten sie um das Foramen Monroi auf mit Ausdehnung in einen der Seitenventrikel, können aber auch außerhalb im Hirnparenchym lokalisiert sein und werden dann als extraventrikuläre Neurozytome bezeichnet. Trotz der liquornahen Lage kommt es nur in sehr seltenen Fällen zu einer leptomeningealen Aussaat. Auffällig werden die Patienten, die durchschnittlich ca. 30 Jahre alt sind, in der Regel durch intermittierende
Kopfschmerzen, die ihre Ursache in einem partiellen
Hydrozephalus haben.
Sehstörungen und kognitive Auffälligkeiten treten ebenfalls auf. Bildgebend stellen sich Neurozytome häufig in Form einer Kalzifizierung dar. Die Prognose ist sehr gut, wenn die Tumoren komplett reseziert werden können. Dies ist nicht immer möglich. Durch eine postoperative Bestrahlung kann offenbar die Dauer bis zum Progress, nicht jedoch die Gesamtüberlebenszeit verlängert werden (Leenstra et al.
2007). Insgesamt weisen mehr als 30 % aller zentralen Neurozytome nach 10 Jahren Verlauf ein Rezidiv oder einen Progress auf; bei inkomplett resezierten Neurozytomen und Varianten mit erhöhtem Proliferationsindex (insbesondere MIB-1, >4 %) ist die Rezidivneigung am höchsten (Leenstra et al.
2007; Kaur et al.
2013). Wenn es zu einer Rezidiventwicklung kommt oder zum progredienten Wachstum eines kleinen Restes, kann entweder noch einmal operiert werden oder alternativ eine stereotaktische
Strahlentherapie oder eine Radiochirurgie durchgeführt werden, die dann in der Regel zu Langzeitkontrolle führen kann.
Plexuspapillome und Plexuskarzinome
Das Plexuspapillom ist ein sehr langsam wachsender Tumor, der überall dort auftreten kann, wo sich ein Plexus choroideus befindet, allerdings bevorzugt in der trigonalen Region. Die Mehrheit der Tumoren ist gut differenziert, allerdings gibt es anaplastische Varianten, die einen aggressiveren Verlauf aufweisen, sodass auch für Plexuspapillome eine intermediäre Differenzierung entsprechend dem WHO-Grad II vorgeschlagen worden ist. Die Patienten werden auffällig durch eine partielle Blockade der Liquorpassage, also durch intermittierende
Kopfschmerzen. Bei größeren und symptomatischen Plexuspapillomen ist die operative Resektion die Therapie der Wahl. Kleinere und asymptomatische Plexuspapillome können zunächst im Verlauf beobachtet werden. Plexuspapillome können gut reseziert werden und besitzen dann eine gute Prognose. Bei vollständiger Resektion liegt die 10-Jahres-Überlebensrate bei 85 %. Problematisch sind inkomplette Resektionen, die zu wiederholter Rezidivbildung Anlass geben. Eine adjuvante
Strahlentherapie kann im Falle eines Rezidivs oder im Falle von Inoperabilität erwogen werden. Auch bei WHO-Grad-I- oder -II-Tumoren kann es zu einer liquorgenen Dissemination kommen.
Sehr selten finden sich Plexuskarzinome, die dem WHO-Grad III zugeordnet sind und in der Mehrzahl bei kleinen Kindern auftreten. Auch diese Tumoren sollten komplett reseziert werden. Bei inkompletter Resektion ist eine adjuvante
Strahlentherapie zu empfehlen. Bei leptomeningealer Metastasierung sollte die Strahlentherapie die vollständige Neuroachse umfassen. Die Rolle der Chemotherapie ist beschränkt, kann jedoch – nachweislich einer Wirksamkeit bei einem Drittel der Patienten – im Rezidiv erwogen werden. Die 2-Jahres-Überlebensraten bei inkomplett resezierten Tumoren liegen bei 30 %.
Facharztfragen
1.
Benennen Sie die wichtigsten Tumoren des Ventrikelsystems.
2.
Welches sind die Leitsymptome der Tumoren des Ventrikelsystems?
Literatur
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