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Ernährung bei besonderen Folgeerscheinungen der Tumorerkrankung

Verfasst von: Viktoria Mathies, Luca Schmidt, Christine Reudelsterz und Jutta Hübner
Aufgrund der Tumorerkrankung oder der antitumoralen Behandlung können bei den PatientInnen unterschiedliche Folgeerscheinungen auftreten.
Aufgrund der Tumorerkrankung oder der antitumoralen Behandlung können bei den PatientInnen unterschiedliche Folgeerscheinungen auftreten.
Im Folgenden werden einige wichtige Folgeerscheinungen aufgeführt und es werden entsprechende Ernährungsempfehlungen gegeben.

Pankreasresektion

Jährlich erkranken in Deutschland etwa 20.000 Menschen an einem Pankreaskarzinom. Aufgrund der wenigen und unspezifischen Frühsymptome, wie beispielweise Gewichtsverlust, abdominelle Schmerzen und Appetitverlust, wird der Tumor in den meisten Fällen erst in einem fortgeschrittenen Stadium entdeckt (Robert Koch-Institut 2021b). Daher ist eine operative Entfernung des Tumors nur in etwa 15 % der Fälle möglich (White und Lowy 2017). Hierbei kann eine partielle Pankreasresektion oder eine totale Pankreatektomie erfolgen.
Bei Operationen von Tumoren im Pankreaskopf wird zwischen
  • der klassischen Whipple Operation: Resektion des Pankreaskopfes, Duodenums, distalen Magens, Hauptgallengangs und der Gallenblase
  • und der pyloruserhaltenden Whipple Operation: Resektion des Pankreaskopfes, Duodenums und Hauptgallengangs
unterschieden.
Bei Tumoren im Pankreasschwanz wird in den meisten Fällen der Pankreasschwanz und die Milz reseziert (Petzel und Hoffman 2017).

Folgen

Die Folgen der Pankreasresektion unterscheiden sich je nach Lage des Tumors und Ausmaß der Operation (siehe Tab. 1).
Tab. 1
Häufige Folgeerkrankungen nach einer Pankreasresektion/Pankreatektomie.
 
Folgeerkrankungen
Pankreaskopfresektion
Exokrine Pankreasinsuffizienz:
Maldigestion und Malabsorption
➔ Steatorrhoe ➔ Gewichtsverlust
Pankreasschwanzresektion
Endokrine Pankreasinsuffizienz:
Keine/reduzierte Insulinsekretion
➔ pankreopriver DM
Totale Pankreatektomie
Exokrine und endokrine Pankreasinsuffizienz:
Maldigestion, Malabsorption, keine/reduzierte Insulinsekretion
➔ Gewichtsverlust + pankreopriver DM
Die Folgen einer Resektion des Pankreas können sein:
  • exokrine Pankreasinsuffizienz
  • (fortschreitender) Gewichtsverlust
  • Maldigestion
  • Malabsorption
Der pankreoprive Diabetes mellitus äußert sich, aufgrund des Verlusts an Pankreasparenchym, in einem kompletten Fehlen von Insulin. Die periphere Insulinsensitivität der PatientInnen ist, im Vergleich zum Diabetes mellitus (DM) Typ 2, unverändert (Petzel und Hoffman 2017).
Besonders die exokrine Pankreasinsuffizienz, gekennzeichnet durch eine Steatorrhoe, steht in Zusammenhang mit einer Mangelernährung und einer daraus folgenden erhöhten Morbidität. Diese wiederum führt zu einer Abnahme der Lebensqualität sowie einer erhöhten Mortalität. Daher ist die Therapie der exokrinen Pankreasinsuffizienz ein wichtiger Schritt die Malabsorption und damit den Ernährungsstatus zu verbessern (Chaudhary et al. 2020).

Ernährungstherapie

Im Allgemeinen gibt es keine spezifischen Ernährungsempfehlungen bei Pankreaskarzinomen und nach einer Pankreasresektion. Einige Punkte sollten jedoch beachtet werden.
Der Kostaufbau sollte möglichst früh nach der Operation mit Fruchtjoghurt, Suppe und/oder oraler Trinknahrung begonnen werden. Dabei sollte die individuelle Toleranz der PatientInnen und die Art der Operation beachtet werden (Weimann et al. 2013). Außerdem sollte auf eine ausreichende Nährstoff- und Energiezufuhr geachtet werden, um einem weiteren Gewichtsverlust entgegenzuwirken. Hier liegen die Zufuhrempfehlungen für Energie bei 25–30 kcal/kg Körpergewicht pro Tag und für Eiweiß bei 1,2–1,5 g/kg Körpergewicht pro Tag (Arends et al. 2015; Muscaritoli et al. 2021). Zur Steigerung der oralen Nahrungsaufnahme und zur Gewichtsstabilisierung sollten die PatientInnen generell und insbesondere vor großen abdominalchirurgischen Eingriffen orale Trinknahrung erhalten (Weimann et al. 2013; Arends et al. 2015; Pezzilli et al. 2020). Ist die orale Nahrungsaufnahme jedoch nicht ausreichend möglich, sollte mit einer partiellen oder totalen enteralen Ernährung (PEE; TEE) begonnen werden (Leitlinienprogramm Onkologie 2021a). Ist auch dies nicht mehr (bedarfsdeckend) möglich, sollte die parenterale Ernährung (supportiv) verabreicht werden (Arends et al. 2015). Wenn möglich sollte hierbei immer eine minimale enterale Ernährung, zur Nährstoffversorgung der Epithelzellen der Zotten und zur Vorbeugung einer Zottenatrophie, verabreicht werden. Außerdem sollte bei schwer mangelernährten PatientInnen an das Risiko eines Refeeding-Syndroms gedacht werden. Beim Refeeding-Syndrom handelt es sich um eine schwere metabolische Komplikation mit einer schwerwiegenden Verschiebung des Elektrolyt- und Flüssigkeitshaushalts. Diese tritt innerhalb von 2–4 Tagen nach Beginn einer oralen, enteralen oder parenteralen Ernährungstherapie bei schwer mangelernährten PatientInnen auf. Nach Wiederaufnahme der Nahrungszufuhr kommt es zu einer Hypophosphatämie, Hypokalzämie, Hypokaliämie und Hypomagnesiämie sowie einem Thiaminmangel, welche potenziell letal sein können (Valentini et al. 2013; Zauner et al. 2020). Zur Prophylaxe und Therapie des Refeeding-Symdroms sind folgende Punkte zu beachten (Zauner et al. 2020):
  • Langsame Steigerung der Nahrstoffzufuhr: zu Beginn max. 10 kcal/kg KG und Tag, danach Steigerung über 4–7 Tage in den Zielbereich
  • Vitalparameter und Blutzuckerwerte engmaschig kontrollieren
  • Serumelektrolyte (Natrium, Kalium, Magnesium, Phosphat) engmaschig kontrollieren und bei Bedarf ausgleichen
  • Thiaminsubstitution (200–300 mg pro Tag)

Die Therapie der exokrinen Pankreasinsuffizienz

Die Therapie der exokrinen Pankreasinsuffizienz erfolgt mittels Pankreasenzymsubstitution (Leitlinienprogramm Onkologie 2021a). Die intensive Schulung der PatientInnen bezüglich der korrekten Enzymeinnahme ist dabei unabdingbar (Reudelsterz et al. 2019). Die Dosierung entspricht etwa 2000 IE pro 1g Fett zu allen Mahlzeiten und ist dementsprechend von der Zusammensetzung der Speisen anhängig (Erickson et al. 2017). Die internationalen Empfehlungen für die Dosierung bewegen sich bei Hauptmahlzeiten zwischen 25.000 und 75.000 IE sowie bei Zwischenmahlzeiten zwischen 10.000 und 50.000 IE (Chaudhary et al. 2020). Die Einnahme der Enzymkapseln erfolgt während der Nahrungsaufnahme, um eine Durchmischung der Kapseln mit dem Speisebrei und somit die bestmögliche Wirkung der Pankreasenzyme zu ermöglichen (Petzel und Hoffman 2017). Patienten mit mangelnder oder fehlender Magensäure (z. B. nach klassischer Whipple-OP oder Gastrektomie) sollten die Kapseln vor dem Verzehr öffnen. Dabei sollten die PatientInnen den Kapselinhalt mit einem Löffel der Speise zügig zu sich nehmen, um Schleimhautschäden im Mund zu vermeiden. Außerdem sollte eine ballaststoffreiche Ernährung bei gleichzeitiger Enzymeinnahme vermieden werden, da es zu einer Abschwächung der Enzymwirkung kommen kann (Pezzilli et al. 2020).
Eine generelle Restriktion der Fettzufuhr ist mit einer gut eingestellten Enzymsubstitution jedoch nicht notwendig (Petzel und Hoffman 2017).
Die Zufuhr von mittelkettigen Fettsäuren (Medium chained trigylcerides; MCT-Fette) in Form von Streichfett und Öl ermöglicht den PatientInnen eine Fettzufuhr ohne notwendige Einnahme von Pankreasenzymen. Jedoch ist der Gebrauch von MCT-Fetten bei gut eingestellter Enzymtherapie nicht notwendig. Falls die Enzymtherapie jedoch nicht die gewünschten Effekte erzielt oder die PatientInnen die Zufuhr von MCT-Fetten wünschen, kann darauf zurückgegriffen werden. Hierbei sollte auf die langsame Steigerung der Menge geachtet werden, um Beschwerden wie Blähungen oder Durchfälle zu vermeiden. Dabei sollte der Verzehr täglich um 10–20 g gesteigert und auf maximal 60 g/Tag begrenzt werden (Overbeck 2012).

Die Therapie des pankreopriven Diabetes mellitus

Die Therapie des pankreopriven Diabetes mellitus sollte, aufgrund des Mangels an Insulin, durch eine Insulinsubstitution nach den gängigen Prinzipien erfolgen (Leitlinienprogramm Onkologie 2021a). Hierbei sollten engmaschige Kontrollen und eine interdisziplinäre Zusammenarbeit mit DiabetologInnen, Diabetes- und ErnährungsberaterInnen stattfinden.

Empfehlungen

Bei PatientInnen mit einer Pankreasresektion wird eine individuelle, qualitätsgesicherte Ernährungstherapie empfohlen, um den krankheits- und therapiebedingten Folgen entgegenzuwirken. Ziel dabei ist die Gewichtsstabilisierung sowie die Verbesserung der Prognose und der Lebensqualität (Reudelsterz et al. 2019). Wichtig ist dabei vor allem die langfristige, weiterführende und auch ambulante Betreuung der PatientInnen durch eine Ernährungsfachkraft (Overbeck 2012). Die Ernährungstherapie sollte von einem multidisziplinären Team, bestehend aus qualifizierten Ernährungsfachkräften und ÄrztInnen, durchgeführt werden (Pezzilli et al. 2020). Außerdem sollten in regelmäßigen Abständen die fettlöslichen Vitamine (A, D, E, K), Vitamin B12 sowie Eisen und Calcium kontrolliert werden, um einen möglichen Mangel rechtzeitig erkennen und beheben zu können (Petzel und Hoffman 2017).

Gastrektomie

Die Inzidenz der Mangelernährung bei PatientInnen mit einem Magenkarzinom liegt bei 65–85 %. Der Ernährungsstatus kann sich durch die Erkrankung selbst, während des Krankenhausaufenthalts und während der Behandlung verschlechtern (Son et al. 2017). Zusätzlich sind die PatientInnen mit einer Magenresektion besonders in den ersten post-operativen Monaten von einem Gewichtsverlust betroffen (Stahl 2020), der durch die Anorexie, Diarrhoe, eingeschränkte Nahrungsaufnahme und die Malabsorption begünstigt wird (Carrillo Lozano et al. 2021). Das Risiko für eine Mangelernährung steigt mit höherem Lebensalter, bei offener Chirurgie und ist auch vom präoperativen Gewichtsverlust abhängig (Rosania et al. 2016). Obwohl sich das Gewicht innerhalb der zweiten Jahreshälfte stabilisieren kann (Stahl 2020), benötigt die Regeneration des Ernährungsstatus bis zu 12 Monate nach der Operation (Rosania et al. 2016).
Das liegt insbesondere an den Folgen der Magenresektion, die sich auf die Absorption von Makro- und Mikronährstoffen auswirkt. Durch die Entfernung der Parietalzellen des Magens kann kein Intrinsic Factor gebildet werden, wodurch es zu einem Vitamin B12 Mangel kommt. Dabei sind PatientInnen mit einer totalen Gastrektomie deutlich häufiger betroffen als mit einer partiellen Resektion (100 % vs. 15,7 % bei vier Jahren nach der Operation) (Carrillo Lozano et al. 2021). Es wird daher empfohlen PatientInnen nach der Gastrektomie lebenslang in regelmäßigen Abständen parenteral Vitamin B12 zu verabreichen (Leitlinienprogramm Onkologie 2019b). Darüber hinaus gelten die Nährstoffe Eisen, Folsäure und Zink als kritisch, die überwacht und ggf. supplementiert werden sollten (Carrillo Lozano et al. 2021), um Mangelerkrankungen (z. B. Anämien) zu vermeiden (Rosania et al. 2016).
Eine weitere Folge der Gastrektomie ist die exokrine Pankreasinsuffizienz, die bis zu 75 % der PatientInnen betrifft und sich auf die Verdauung auswirken kann (Carrillo Lozano et al. 2021). Daher wird eine Substitution von Pankreasenzymen bei PatientInnen mit Fettstühlen empfohlen (Leitlinienprogramm Onkologie 2019b). Die Enzyme sollen zu einer Mahlzeit gegeben werden, die je nach Schwere der Symptome und dem Fettgehalt der Mahlzeit anzupassen ist (Carrillo Lozano et al. 2021). Dies ist wichtig, um neben der Energieaufnahme, eine ausreichende Resorption der fettlöslichen Vitamine A, D, E und K zu gewährleisten. Ein Defizit an Vitamin D kann, in Zusammenhang mit einem Calcium-Mangel, das Osteoporose-Risiko erhöhen (Stahl 2020; Carrillo Lozano et al. 2021).
Bei der Magenresektion entfällt der Magen als Speichervolumen für die Nahrung teilweise oder gänzlich (Stahl 2020), wodurch es zu einer schnellen Passage des hyperosmolaren Chymus in den Dünndarm kommt (Carrillo Lozano et al. 2021). Infolgedessen kann das sog. Dumping-Syndrom verursacht werden. Innerhalb der ersten Stunde nach der Nahrungsaufnahme kann das Früh-Dumping eintreten, das sich in gastrointestinalen (z. B. abdominale Schmerzen, Durchfall) und vasomotorischen (z. B. Diaphorese, Palpitationen) Symptomen äußert. Im Gegensatz dazu tritt das Spät-Dumping ein bis drei Stunden nach der Nahrungsaufnahme ein und ist durch die erhöhte Insulinausschüttung gekennzeichnet. Diese äußert sich insbesondere in den vasomotorischen Symptomen der Hypoglykämie (Carrillo Lozano et al. 2021).

Ernährungstherapie

Nach der Gastrektomie kann innerhalb von 24 h mit der enteralen Substratzufuhr begonnen werden (Leitlinienprogramm Onkologie 2019b). Dabei wird die Überwachung des Ernährungsstatus sowie ernährungsmedizinische Verlaufskontrollen gegebenenfalls mit einer Wiederholung der Ernährungsberatung empfohlen (Son et al. 2017; Leitlinienprogramm Onkologie 2019b). Besteht das Risiko, dass die PatientInnen mehr als sieben Tage post-operativ nicht oral ernährt werden können oder die Energiezufuhr an mehr als zehn Tagen bei weniger als 60–75 % des benötigten Bedarfs liegt, wird eine künstliche Ernährung ohne Verzögerung empfohlen (Bischoff et al. 2013). Diese kann auch im ambulanten Bereich frühzeitig initiiert werden, wenn ein Risiko für eine Mangelernährung oder Appetitverlust vorliegt (Bischoff et al. 2013). Für die Aufrechterhaltung bzw. Verbesserung der Nahrungsaufnahme ist immer die orale und/oder enterale Ernährung vorzuziehen. Falls dies nicht ausreichend oder möglich ist, soll parenteral, unter der Beachtung möglicher Komplikationen, ernährt werden (Weimann et al. 2013; Rosania et al. 2016; Son et al. 2017; Leitlinienprogramm Onkologie 2019b; Xin et al. 2019; Kubota et al. 2020; Muscaritoli et al. 2021). Allgemeine und symptomspezifische Ernährungsempfehlungen für PatientInnen nach Gastrektomie sind in (Tab. 2, 3) zu finden.
Tab. 2
Allgemeine Ernährungsempfehlungen für PatientInnen nach Gastrektomie (Weimann et al. 2013; Institut für Ernährungsmedizin TU München 2016; Deutsche Krebshilfe 2019; Leitlinienprogramm Onkologie 2019b; Deutsches Krebsforschungszentrum 2020; Stahl 2020; Carrillo Lozano et al. 2021)
 
Allgemeine Empfehlungen
Mahlzeiten
− kleine Mahlzeiten: ca. 5–10 Portionen täglich
− nach Uhrzeiten essen: Hunger- und Sättigungsgefühl entfällt nach einer totalen Gastrektomie
Nahrungs-aufnahme
− gründliches Kauen, langsames Essen und körperwarme Temperatur der Speisen: verbessert die Vorverdauung und reduziert die Belastung des Darms
− nach Essen für mind. 15 bis 30 min sitzen bleiben oder sich mit aufgerichtetem Oberkörper (ca. 45 Grad) hinlegen
Bedarfs-deckung
− ca. 20–30 % erhöhter Energiebedarf durch mangelnde Nährstoffresorption
− Empfehlung von Trinknahrung: sowohl präoperativ als auch postoperativ und unabhängig vom Ernährungsstatus
Nährstoffe
− Proteinreiche Kost; vermeiden von schnellresorbierbaren Kohlenhydraten
− ausgewogenes Verhältnis der Makronährstoffe der Mahlzeiten
Flüssigkeiten
− Einnahme nicht zu den Mahlzeiten: 15 min vor bzw. frühestens 30 min danach
− täglich 1,5 Liter Flüssigkeit (bei Diarrhoe und Fieber: bedarfsangepasste Zufuhr)
− stilles Mineralwasser, Kräuter- oder Früchtetee und schwacher schwarzer Tee möglich; andere Getränke auf die individuelle Verträglichkeit testen
Ballaststoffe
− lösliche Ballaststoffe (z. B. aus Apfel): Reduktion der Darmpassagezeit
− unlösliche Ballaststoffe (z. B. aus Vollkorngetreide) zunächst meiden: begünstigt vorzeitige Sättigung, Flatulenzen mit ggf. Schmerzen
Mikronährstoffe
− parenterale Vitamin B12-Gabe
− kritische Nährstoffe: Folsäure, Zink, die fettlöslichen Vitamine A/D/E/K
Medikamente
− bei PatientInnen mit Fettstühlen: Substitution mit Pankreasenzymen
− bei totaler Gastrektomie: Kapseln öffnen und Inhalt auf Löffel mit etwas Speise zu sich nehmen
Lebensmittel-hygiene
− Lebensmittel ausreichend waschen und Fleisch, Fisch sowie Eier gut garen, da die Magensäure als Infektionsschutz fehlt
Tab. 3
Ernährungsempfehlungen für KrebspatientInnen nach Gastrektomie mit spezifischen Symptomen und Folgen (Institut für Ernährungsmedizin TU München 2016; Leitlinienprogramm Onkologie 2019b; Deutsches Krebsforschungszentrum 2020; Carrillo Lozano et al. 2021)
Symptom/Folge
Symptomatisch bezogene Informationen und Empfehlungen
Gewichtsabnahme
− Nahrungsaufnahme mit möglichst viel Energie bei möglichst kleinem Volumen
− Trinknahrung: siehe Tab. 2 Bedarfsdeckung
Frühdumping
− siehe: Tab. 2 Nahrungsaufnahme sowie Flüssigkeiten
− sehr salzige und sehr süße Speisen vermeiden
Spätdumping
− meiden von schnell resorbierbaren Kohlenhydraten
− ausgewogenes Verhältnis der Makronährstoffe der Mahlzeiten
− Fruchtzucker und Zuckeraustauschstoffe vermeiden, Süßstoffe gelten als unbedenklich
Mangelhafte Fettverdauung
− falls unzureichende Menge an Pankreasenzymen: Enzymsubstitution empfohlen
− ggf. MCT-Fette mit 10–20 g/d und langsamer Steigerung aus MCT-Margarine oder -Öl in der Ernährung
Diarrhö
durch Laktoseintoleranz:
− Verzehr von laktosefreien/-armen oder Calcium-angereicherten Lebensmitteln
− Verzehr von klassischen Milchprodukten (z. B. stichfester Joghurt) ist je nach Verträglichkeit möglich
durch Lebensmittelinfektion: siehe Tab. 2 Lebensmittelhygiene
durch mangelhafte Fettverdauung (Steatorrhoe): siehe Tab. 3
Osteoporose
− bei Calcium-Mangel: siehe Tab. 2 Diarrhö (Laktoseintoleranz)
− ggf. Substitution von Calcium und Vitamin D3

Empfehlung

Der Ernährungsstatus sollte bei allen TumorpatientInnen bei jeder stationären Aufnahme und bei ambulanten Terminen, beispielsweise mit dem Nutritional Risk Screening (NRS 2002), beurteilt werden (Weimann et al. 2013; Leitlinienprogramm Onkologie 2019b). Hierbei sollte auch die orale Nahrungsaufnahme dokumentiert sowie das Gewicht und der BMI regelmäßig erhoben werden (Weimann et al. 2013). Bei der sog. „perioperativen Chemotherapie“, bei der vier Chemotherapiezyklen prä- und vier postoperativ gegeben werden, sollte in allen Phasen der Behandlung besonders auf eine Mangelernährung geachtet werden. Daher sollten PatientInnen bereits präoperativ eine Ernährungstherapie erhalten und auch postoperativ sollten ernährungsmedizinische Verlaufskontrollen mit einer Wiederholung der Ernährungsberatung erfolgen (Leitlinienprogramm Onkologie 2019b). Dabei wird die regelmäßige Überwachung der PatientInnen durch ein multidisziplinäres Ernährungsteam empfohlen (Leitlinienprogramm Onkologie 2019b; Xin et al. 2019; Kubota et al. 2020).

Enterostoma

Beim Enterostoma handelt es sich um einen künstlichen Darmausgang. Bei onkologischen PatientInnen mit einem Tumor im Darm oder im Abdomen kann es aufgrund einer Resektion oder einer tumorbedingten Stenose zur Notwendigkeit der Anlage eines Stomas kommen. Bei einem Enterostoma unterscheidet man, je nach Lage, zwischen einem Dünndarmstoma und einem Dickdarmstoma (Kolostoma). Die Verweildauer kann permanent oder temporär sein (Keller 2021).

Folgen

Die Folgen sind abhängig von dem Ausmaß der OP und der Lage des Stomas. Bedingt durch die kürzere (nutzbare) Darmlänge und aufgrund der onkologischen Erkrankung, kann es bei StomapatientInnen zu einer Gewichtsabnahme kommen, die in einer Mangelernährung resultieren kann (Moraes et al. 2019). Die Mangelernährung wiederrum hat einen negativen Einfluss auf das Therapieansprechen, die Lebensqualität und die Prognose (Castillo-Martinez et al. 2018).
Bei PatientInnen mit einem Dünndarmstoma kann es, aufgrund der reduzierten Absorption und fehlenden Eindickung des Stuhls im Dickdarm, zu hohen Flüssigkeit- und Elektrolytverlusten kommen, auf die besonders geachtet werden muss (Moraes et al. 2019). Außerdem kann ein sog. High-output Stoma auftreten, bei dem die Stomafördermenge > 2000 ml pro Tag beträgt und der oder die PatientIn den Flüssigkeits- und Elektrolytverlust nicht kompensieren kann. Die Folgen sind eine Dehydrierung und ein akutes Nierenversagen (Jehle 2019).
PatientInnen mit einem Dickdarmstoma haben meist weniger Probleme. Hier kann es jedoch zu einer erhöhten Geruchsentwicklung und Windabgängen kommen, die die Lebensqualität beinträchtigen.
Zusätzlich können bei allen Stomaarten Hautirritationen, -reizungen oder -entzündungen auftreten (Bertz und Zürcher 2014).

Ernährungstherapie

Im Fokus der Ernährungstherapie bei StomapatientInnen steht eine Stabilisierung der Stuhlbeschaffenheit und -frequenz sowie der Umgang mit individuellen Unverträglichkeiten (Erickson et al. 2017). Hierbei kann das Führen eines Ernährungstagebuchs hilfreich sein. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, langsam zu essen, gut zu kauen und regelmäßige Mahlzeiten einzuhalten (Hauner 2016).

Dünndarmstoma

PatientInnen mit einem Dünndarmstoma sollen vor allem auf die individuellen Unverträglichkeiten achten. Aufgrund der höheren Ausscheidung von Flüssigkeit sollen PatientInnen besonders darauf achten ca. 3 Liter Flüssigkeit pro Tag zu sich zu nehmen. Jedoch sollte nicht zu schnell und zu viel Flüssigkeit auf einmal getrunken werden. Zusätzlich sollte die Kochsalzaufnahme 6–9 g pro Tag betragen (Bertz und Zürcher 2014). Um eine Stoma-Blockade zu vermeiden, sollte auf langfaseriges Obst und Gemüse, wie beispielweise Spargel, Blattspinat, Pilze, Zitrusfrüchte und Nüsse, sowie auf die Haut von Tomaten oder Paprika, verzichtet oder durch verschiedene Zubereitungsarten (z. B. Pürieren oder Zerhacken) gut verdaulich gemacht werden (Hauner 2016).
Beim High-output Stoma besteht die Behandlung aus diätetischen Maßnahmen (siehe Tab. 4), aber auch aus antisekretorischen und motilitätshemmenden Medikamenten. Sollte der Flüssigkeitsausgleich mit isotonischen Getränken oral nicht mehr ausreichend sein, muss supportiv parenteral ergänzt werden (Jehle 2019).
Tab. 4
Ernährungsempfehlungen für StomapatientInnen (Bertz und Zürcher 2014; Hauner 2016; Hauner et al. 2019; Jehle 2019; Keller 2021)
Bevorzugen
Meiden
Flüssige Stuhlkonsistenz
− Andickende Lebensmittel:
 Geriebener Apfel, gekochte Karotten und Kartoffeln, Banane, getrocknete Heidelbeeren, Toast, Zwieback, Flohsamen
− Isotone Getränke
− Zu den Mahlzeiten trinken
− Zu schnell und zu viel trinken
− Stark gezuckerte/mit Zuckerzusatzstoffen gesüßte Limonaden
Blähungen
− Blähungshemmende Lebensmittel:
Kümmel/-tee, Fencheltee, Anis, Heidelbeeren/-saft, Preiselbeeren/-saft, Joghurt
− Blähende Lebensmittel:
 Kohlensäurehaltige Getränke, koffeinhaltige Getränke, frisches Obst, Kohlgemüse, Hülsenfrüchte, Knoblauch, Zwiebeln, Paprika, frisches Brot, Lauch
Geruchsbildung
− Geruchsmindernde Lebensmittel:
Buttermilch, Joghurt, Petersilie, Heidelbeeren/-saft, Preiselbeeren/-saft, grüner Salat
− Geruchsfördernde Lebensmittel:
Kohlgemüse, Bohnen, Erbsen, Linsen, Pilze, Zwiebeln, Knoblauch, Eier, Fleisch/-erzeugnisse, tierische Fette, Fisch, Käse
Hautirritationen
− Hautschutz
− Hautpflege
− Reizende Lebensmittel:
 Zitrusfrüchte, saure Säfte, scharfe Gewürze

Dickdarmstoma

Bei einem Kolostoma ist keine festgelegte Diät notwendig. Die PatientInnen sollten jedoch auf individuelle Unverträglichkeiten achten. Das Ziel ist eine Stabilisierung der Stuhlbeschaffenheit sowie ein regelmäßiger Entleerungsrhythmus (Erickson et al. 2017). Sollte es zu einer vermehrten Bildung von Blähungen und Gerüchen kommen, sollten die Ernährungsempfehlungen, wie in Tab. 4 beschrieben, befolgt werden.
Beim Auftreten von Hautirritationen kann das Meiden bestimmter, reizender Lebensmittel zu einer Schonung und Beruhigung der betroffenen Hautpartien führen (Keller 2021).
Die Ernährungsempfehlungen sind in Tab. 4 zusammengefasst.

Empfehlungen

Um das Komplikationsrisiko nach einer Stomaanlage zu reduzieren, sollen laut der S3-Leitlinie „Kolorektales Karzinom“ Patientinnen bereits präoperativ Informationen von ÄrztInnen und StomatherapeutInnen erhalten. Auch der Austausch mit Betroffenen aus einer Selbsthilfegruppe wird empfohlen. Des Weiteren sollte den PatientInnen nach einer Stomaanlage psychoonkologische Betreuung angeboten werden. Bei dieser soll die psychische Belastung ermittelt und ggf. behandelt werden, um die Lebensqualität der PatientInnen zu erhalten oder zu verbessern (Leitlinienprogramm Onkologie 2019a).

Kurzdarmsyndrom

Das Kurzdarmsyndrom (Short Bowel Syndrome, SBS) tritt meist nach einer ausgedehnten operativen Darmresektion auf (Muff et al. 2022).
In der S3-Leitlinie „Chronisches Darmversagen“ wird das SBS wie folgt definiert:
„Der Begriff Kurzdarmsyndrom bezeichnet ein Darmversagen nach ausgedehnter Resektion mit der Unfähigkeit wegen einer eingeschränkten resorptiven Kapazität des Darms […], die Protein-, Energie-, Flüssigkeits- und Mikronährstoffbilanz mit einer konventionellen Diät aufrechtzuerhalten.“ (Lamprecht et al. 2014)
Nach der operativen Resektion verläuft die Adaptation des Restdarms in 3 Phasen (Pape et al. 2013; Massironi et al. 2020):
Phase I (Hypersekretion; 1 bis 4 Wochen):
In der ersten Phase kommt es zu einer Hypersekretion mit erheblichen Wasser- und Elektrolytverlusten, die kontrolliert werden sollten. Es ist eine totale parenterale Ernährung (TPE) und soweit möglich eine minimale enterale Ernährung (EE), zur Versorgung der Epithelzellen der Zotten mit Nährstoffen und zur Vorbeugung einer Zottenatrophie, notwendig. Es ist auf eine ausreichende Versorgung mit Makro- und Mikronährstoffen sowie mit Flüssigkeit zu achten.
Phase II (intestinale Adaption; 4 Wochen bis 2 Jahre):
In der zweiten Phase kommt es zu einer intestinalen Adaptation mit einer Oberflächenvergrößerung durch Hyperplasie der Villi und einer Verlängerung der Transitzeit durch Abnahme der Darmmotilität. Der Flüssigkeitsverlust reduziert sich. Die EE wird notwendig, um eine Zottenatrophie zu vermeiden und die Adaptation zu verbessern. Zusätzlich kann mit partieller parenteraler Ernährung (PPE) ergänzt werden. Wenn möglich sollte in dieser Phase mit der oralen Ernährung begonnen werden.
Phase III (Stabilisierung; nach 3 Monaten bis 2 Jahre):
In der dritten Phase kommt es zu einer Stabilisierung mit einem weiteren Rückgang der Diarrhoen. Eine orale Ernährung ist möglich. Dabei sollte jedoch auf Mangelzustände geachtet und wenn nötig mit EE, TPE, PPE oder gezielter parenteraler Nährstoffsubstitution ergänzt werden.

Folgen

Das Ausmaß des Kurzdarmsyndroms ist abhängig vom genauen Resektionsort, der Resektionslänge des Dünndarms sowie von der Fähigkeit des Restdarms, sich entsprechend anzupassen und den resezierten Teil zu kompensieren (Massironi et al. 2020).
Initial sollten folgende Fragen geklärt werden:
  • Welche Dünndarmabschnitte wurden reseziert?
  • Ist das Ileum, die Ileozökalklappe und/oder das Kolon noch vorhanden?
  • Welche Nährstoffe werden in welchem Darmabschnitt resorbiert? Kann die Resorption kompensiert werden?
Proximale Dünndarmresektionen werden meist besser toleriert, da das Ileum fast alle Funktionen kompensieren kann. Die Ausnahmen sind jedoch Calcium, Magnesium und Eisen: Hier findet die Resorption nur im proximalen Dünndarm statt. Bei diesen drei Stoffen sollte auf eine ausreichende Versorgung geachtet werden. Die Resorption der Folsäure, der Vitamin B Komplexe und der Spurenelemente findet im gesamten Dünndarm statt. Hier ist ein möglicher Mangel abhängig vom Ausmaß der Resektion (Bertz und Zürcher 2014).

Jejunumresektion

Das Jejunum ist hauptsächlich für die Resorption der Makronährstoffe zuständig. Bei einer Resektion des Jejunums kann die Resorption der Nährstoffe meist gut vom Ileum übernommen werden. Es kann jedoch, aufgrund der fehlenden physiologischen Hemmung, zu einer beschleunigten Magenentleerung kommen (Amasheh et al. 2007). Außerdem kann es durch den Mangel an Laktase zu einer Laktoseintoleranz kommen. Hierbei sollte die bakterielle Fermentation der Kohlenhydrate im Kolon, aufgrund der Resorptionsstörung im Dünndarm, beachtet werden. Dabei wird D-Laktat gebildet, das zu einer Laktazidose mit neurologischen Symptomen, wie Sehstörungen, Verwirrtheit und Gangunsicherheit, führt (Wittenburg 2015).

Ileumresektion

Die Resorption von Vitamin B12 und Gallensäuren findet nur im terminalen Ileum statt. Wird dieser Teil reseziert, ist die Resorption der beiden Stoffe nicht mehr möglich. Es kommt zu einem Vitamin B12-Mangel und zu einem Gallensäureverlustsyndrom. Gelangen die Gallensäuren in das Kolon kommt es aufgrund der bakteriellen Dekonjugation zur Chloridsekretion. Dies hat eine sog. chologenen Diarrhoe zur Folge, welche in einem zusätzlichen Flüssigkeitsverlust sowie einer Fettmaldigestion und -malabsorption resultiert (Amasheh et al. 2007; Weimann et al. 2019). Kommt es zu einer Steatorrhoe, ist damit eine Resorptionsstörung der fettlöslichen Vitamine A, D, E und K verbunden (Amasheh et al. 2007). Zusätzlich führt die Fettmalabsorption zu einer Bindung von Calcium, welches folglich nicht mehr der Komplexbildung von Oxalat zur Verfügung steht. Dadurch kommt es zu einer erhöhten Oxalatresorption und einem erhöhten -spiegel, welcher eine Oxalatnephrolithiasis zur Folge hat (Massironi et al. 2020).

Ileozökalklappenresektion

Kann bei der Resektion die Ileozökalklappe nicht erhalten werden, kommt es zu einer verkürzten Transitzeit und einer damit einhergehenden verringerten Kontaktzeit des Darminhalts mit der Dünndarmoberfläche (Amasheh et al. 2007).
Außerdem kann es zu einer Keimaszension aus dem Kolon, mit der Folge der Bakterienüberwucherung des Dünndarms, kommen. Die Folgen sind eine Entzündung der Mukosa, der bakterielle Abbau von Kohlenhydraten im Dünndarm sowie die Dekonjugation von Gallensäuren mit der Folge einer Fettmalabsorption. Die PatientInnen weisen Symptome wie beispielweise Bauchschmerzen, Blähungen, Diarrhoe, Steatorrhoe sowie einen Mangel der fettlöslichen Vitaminen A, D, E und selten K auf (Muff et al. 2022).

Kolonresektion

Kann das Kolon erhalten bleiben, ist die Flüssigkeitsresorption meist ausreichend. Bleibt zusätzlich das terminale Ileum erhalten, treten keine chologenen Diarrhöen auf.
Wird jedoch, zusätzlich zur Dünndarmresektion, eine Kolonresektion durchgeführt, kommt es aufgrund der mangelnden Flüssigkeits- und Elektrolytrückresorption zu einer negativen Flüssigkeitsbilanz aufgrund starker, schlecht therapierbarer Diarrhoen. Hier ist eine parenterale Flüssigkeitssubstitution unabdingbar. Außerdem entfällt die zusätzliche Energiegewinnung durch die Aufnahme von bakteriell fermentierten kurzkettigen Fettsäuren (Weimann et al. 2019).

Ernährungstherapie

Das wichtigste Ziel der Ernährungstherapie ist das Vermeiden einer Mangelernährung und das Ausgleichen von Nährstoffdefiziten (Bertz und Zürcher 2014). Dafür sind die zu klärenden Fragen (siehe Abschnitt „Folgen“) unbedingt zu beachten. Grundsätzlich sollte bei allen SBS-PatientInnen bei jeder Vorstellung das Körpergewicht und in regelmäßigen Abständen alle Spurenelemente und Vitamine (über Blutuntersuchungen und/oder 24-h-Urin) kontrolliert werden (Lamprecht et al. 2014). Sollten sich hier Mangelzustände zeigen, sollten diese durch Supplementation ausgeglichen werden (Wittenburg 2015). Vor allem im Falle einer Resektion des terminalen Ileums ist eine i. m. Supplementation von Vitamin B12 lebenslänglich notwendig (Pape et al. 2013).

Enterale und parenterale Ernährung

Die parenterale Ernährung ist ein wichtiger Bestandteil der Ernährungstherapie des SBS und ist vor allem in der Hypersekretions- und Adaptionsphase sowie bei ausgedehnten Resektionen unumgänglich. Es sollten jedoch mögliche Komplikationen der parenteralen Ernährung, wie Infektionen des Katheters, Thrombosen, Leber- und Nierenprobleme sowie das Refeeding-Syndrom (siehe Abschn. 1 „Pankreasresektion“), nicht außer Acht gelassen werden (Massironi et al. 2020).
Sollte jedoch auch nach der Adaptionsphase keine ausreichende orale Flüssigkeits- und/oder Nährstoffversorgung möglich sein, ist weiterhin eine parenterale Supplementation notwendig (Bertz und Zürcher 2014). Ziel ist es jedoch, eine vollständige Autonomie des Restdarms und somit die Unabhängigkeit von einer dauerhaften parenteralen Ernährung zu erreichen (Muff et al. 2022).

Orale Ernährung

Ist die orale Ernährung für den oder die PatientIn möglich, wird eine generelle Vollkost empfohlen. Um eine Mangelernährung auszugleichen, sollten die PatientInnen zur Hyperphagie animiert werden, welche beispielweise mit oraler Trinknahrung ermöglicht werden kann. Der generelle Verzicht von laktosehaltigen Produkten ist nicht notwendig, nur bei einer nachgewiesenen Laktoseintoleranz sollten laktosefreie Produkte verzehrt werden. PatientInnen mit erhaltenem Kolon wird eine Ernährung mit komplexen Kohlenhydraten empfohlen. Außerdem sollten sich diese PatientInnen möglichst fettarm ernähren und etwa 50 % der Zufuhr von langkettigen Triglyceriden durch mittelkettige Triglyceride (MCT-Fette) ersetzen (Cuerda et al. 2021). Weist der oder die PatientIn Steatorrhoen auf, ist eine kohlenhydratreiche Kost und zusätzlich die Gabe von Pankreasenzymen sowie eine langsame Erhöhung der MCT-Fette (50–75 % der Gesamtfettzufuhr) empfohlen (Lamprecht et al. 2014). Erfolgt ein Ersatz mit MCT-Fetten, ist auf eine ausreichende Versorgung mit essenziellen Fettsäuren sowie mit fettlöslichen Vitaminen zu achten (Cuerda et al. 2021).
Um eine Nephrolithiasis zu vermeiden, sollten oxalatreiche Lebensmittel, wie Spinat, Rhabarber, Mangold, Rote Beete, Pilzsorten und Schokolade, reduziert werden (Bertz und Zürcher 2014; Cuerda et al. 2021). Eine calciumreiche Kost kann protektiv gegen Nierenoxalatsteine wirken (Bertz und Zürcher 2014).
Des Weiteren ist eine Supplementation von Glutamin, Probiotika und anderen ergänzenden Nährstoffen, mit dem Ziel die intestinale Rehabilitation zu fördern, nicht empfohlen (Cuerda et al. 2021).
Zudem sind weitere allgemeine Punkte zu beachten (Lamprecht et al. 2014):
  • Aufnahme von täglich mehrfachen (6–9-mal) kleinen Mahlzeiten
  • Zeitlich Trennung von Essen und Trinken sollten voneinander
  • Reduktion von Mono- und Disacchariden (z. B. Haushaltszucker)
  • Verdünnung von hyperosmolaren Fruchtsäften und Softdrinks mit Wasser im Verhältnis 1:3
  • Vermeiden von langfaserigem Gemüse (z. B. Spargel), blähendem Obst und Gemüse (z. B. Kohlsorten) sowie schwer aufzuschlüsselnden Nahrungsmitteln, wie Rohkost und Hülsenfrüchte.
  • Berücksichtigung individueller Unverträglichkeiten und Wünsche

Empfehlungen

Das SBS ist eine sehr komplexe Folgeerkrankung, bei der eine individuelle Ernährungstherapie durch eine erfahrene Fachkraft notwendig ist (Cuerda et al. 2021). Diese Ernährungstherapie sollte außerdem durch die Zusammenarbeit eines multidisziplinären Teams aus GastroenterologInnen und Ernährungsfachkräften erfolgen (Massironi et al. 2020).

Gewichtszunahme

Nicht nur eine Gewichtsabnahme, sondern auch eine ungewollte Gewichtszunahme kann eine Folgeerkrankung von onkologischen PatientInnen sein. Besonders häufig tritt diese bei hormonabhängigen Tumorarten (Mamma- und Prostatakarzinom) auf. Aber auch bei gynäkologischen Tumoren (z. B. Ovarialkarzinom) sowie bei Tumoren des zentralen Nervensystems kann es zu einer ungewollten Zunahme des Gewichts kommen (Erickson et al. 2017).
Es gibt zahlreiche Ursachen, die zu einer Gewichtszunahme während einer Tumorerkrankung führen können. Dazu zählen beispielweise (Demark-Wahnefried et al. 2012; Erickson et al. 2017):
  • Endokrine Therapie und veränderter hormoneller Status (veränderte Östrogen- und Testosteronspiegel, (therapieinduzierte) Menopause)
  • langfristige oder wiederholte mehrtägige Steroidgabe
  • übermäßige Kalorienzufuhr
  • Abnahme der körperlichen Aktivität

Folgen

Die Gewichtszunahme bei KrebspatientInnen ist ein prognostischer Faktor und ist mit einem negativen Outcome assoziiert (Playdon et al. 2015; von Grundherr und Reudelsterz 2021).
Zum einen macht sich die Gewichtszunahme in einer Änderung der Körperzusammensetzung bemerkbar: Es kommt zu einer Zunahme der Fettmasse bei gleichzeitiger Abnahme der fettfreien Masse (hauptsächlich Muskelmasse). Hierbei spricht man von der sogenannten sarkopenischen Adipositas, die mit einer Einschränkung der Mobilität und Muskelkraft einhergeht (Demark-Wahnefried et al. 2012). Gerade mit Blick auf das Risiko der sarkopenen Adipositas ist die Erhöhung der körperlichen Aktivität von KrebspatientInnen ein essenzieller Bestandteil der Therapie.
Zum anderen konnte in einem systematischen Review aus 2015 gezeigt werden, dass Patientinnen mit einer Gewichtszunahme nach einer Brustkrebsdiagnose ein höheres Gesamtmortalitätsrisiko aufwiesen als Patientinnen ohne Gewichtszunahme. Bei einer Gewichtszunahme von mehr als 10 % des Körpergewichts waren diese Effekte sogar noch deutlicher sichtbar (Playdon et al. 2015). Diese Ergebnisse zeigen die Notwendigkeit des Gewichtsmanagement bei KrebspatientInnen.

Ernährungstherapie

Im Fokus der Behandlung stehen die Anpassung der Kalorienzufuhr sowie die Erhöhung der körperlichen Aktivität (von Grundherr und Reudelsterz 2021). Dabei sollte beachtet werden, dass während der akuten antitumoralen Therapie eine Gewichtsstabilisierung das Ziel der Ernährungstherapie ist (Erickson et al. 2017).
Die Ernährung sollte reich an Obst und Gemüse, Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten und arm an gesättigten Fetten sein. Die Alkoholzufuhr sollte streng limitiert werden. Zusätzliche sollten zuckerhaltige Getränke reduziert, im besten Fall vermieden, werden.
Außerdem ist es für die PatientInnen unabdingbar energiedichte, d. h. kalorienreiche, Lebensmittel möglichst zu vermeiden und die körperliche Aktivität individuell, so weit möglich, zu erhöhen. Hierbei sollte besonders darauf geachtet werden, die Muskelmasse zu erhalten bzw. zu erhöhen und die Fettmasse zu reduzieren. Die generelle Einnahme von Vitamin- oder Spurenelementsupplementen in Form von Einzel- oder Kombinationspräparaten wird nicht empfohlen (Hauner et al. 2011; Arends et al. 2015; Arends et al. 2017). Gründe dafür sind die nicht eindeutige Studienlage und die möglichen Interaktionen mit der antitumoralen Therapie (Hauner et al. 2011). Liegt jedoch ein spezifischer Mangel vor, sollte entsprechend supplementiert werden.
Die PatientInnen sollten durch eine individuelle Ernährungsberatung darin unterstützt werden (Leitlinienprogramm Onkologie 2021b). Dabei soll ein moderater Gewichtsverlust angestrebt werden, um das Gewicht langfristig zu halten.
Die Empfehlungen sind in Tab. 5 in Kurzform zusammengefasst.
Tab. 5
Ernährungsempfehlungen für KrebspatientInnen mit einer Gewichtszunahme (Bertz und Zürcher 2014; Erickson et al. 2017; Leitlinienprogramm Onkologie 2021b)
Empfohlen
Obst und Gemüse
Vollkornprodukte
Hülsenfrüchte
Eiweißreiche Kost (Geflügel, Fisch etc.)
150min moderate oder 75 min anstrengende körperliche Aktivität pro Woche
Nicht empfohlen
Zuckerhaltige Getränke
Kalorienreiche Lebensmittel
Alkohol
Generelle Einnahme von Vitamin- und/oder Spurenelementsupplementen

Empfehlungen

Mit der Möglichkeit das Mortalitätsrisiko zu senken, sollte eine Therapie zum Gewichtsmanagement für alle PatientInnen, nicht nur für Übergewichtige und Adipöse, in Betracht gezogen werden (Playdon et al. 2015).
Während der akuten Therapie (z. B. Radio-/Chemotherapie) sollte in erster Linie eine Gewichtsstabilisierung angestrebt werden um eine Mangelernährung zu vermeiden. Eine Gewichtsabnahme in den Normalbereich sollte erst nach Abschluss der dieser Therapiephase in Betracht gezogen werden (Erickson et al. 2017). In beiden Fällen sollten die PatientInnen eine regelmäßige, individuelle Ernährungsberatung erhalten und dadurch beim Gewichtsmanagement unterstützt werden (Erickson et al. 2017, Leitlinienprogramm Onkologie 2021b).
Dieser Abschnitt beschäftigt sich mit der Ernährung von PatientInnen mit einer Gewichtszunahme während bzw. direkt nach der Therapie. Für Empfehlungen bei Survivors und in der Rezidivprävention siehe Kapitel „Ernährung für Survivors/Ernährung in der Rezidivprävention“

Hochdosischemotherapie und Stammzelltransplantation – Keimarme Ernährung

Folgen der Stammzelltransplantation

Die Prävalenz der Malnutrition nach einer autologen Stammzelltransplantation (SZT) liegt bei ca. 35 % der PatientInnen (Atkins et al. 2019). Bei einer allogenen SZT tritt sie bei bis zu 60 % der PatientInnen auf (Morello et al. 2020). Dazu tragen insbesondere die Nebenwirkungen der intensiven Radio-/Chemotherapie bei. Diese sind u. a. Übelkeit, Erbrechen, Mukositis und Diarrhoe, die zur symptomatisch-bedingten Mangelernährung führen können (Arends et al. 2017).

Erhöhtes Infektionsrisiko

Bei der Therapie wird das Immunsystem der PatientInnen stark geschwächt und weist daher gegenüber Erregern eine erhöhte Anfälligkeit auf (Deutsche Krebsgesellschaft 2014). Während bei der autologen SZT für 12–16 Tage ein erhöhtes Infektionsrisiko besteht (Stiftung Deutsche Leukämie- & Lymphom-Hilfe 2021), dauert es bei der allogenen SZT ca. zwei bis drei Monate bis zur Erholung des Immunsystems (Sahin et al. 2016). Dieses Infektionsrisiko ist insbesondere dann erhöht, falls nach der Stammzellinfusion eine Neutropenie eintritt (Sahin et al. 2016).
Das Infektionsrisiko ist für die Etablierung der keimarmen Ernährung (Synonym: Neutropenie-Diät) verantwortlich, die definiert ist als: „Explizite Vermeidung jeglicher Nahrungsmittel, die über eine Kontamination mit und Übertragung von fakultativ pathogenen oder opportunistischen Mikroorganismen Infektionen bei immunsupprimierten Patienten auslösen können“ (Robert Koch-Institut 2021a).
Jedoch kann für diese Ernährungsform explizit keine Empfehlung ausgesprochen werden, da keine wissenschaftliche Evidenz dafür existiert und die Lebensqualität der PatientInnen durch einseitige Nahrungsmittelauswahl beeinträchtigt wird (Robert Koch-Institut 2021a; Schmidt et al. 2022).

Graft-versus-Host-Reaktion (GvHD)

Um bei einer allogenen SZT eine mögliche Graft-versus-Host-Reaktion (GvHD) der Immunzellen zu unterdrücken, werden den PatientInnen prophylaktisch Immunsuppressiva verabreicht (Universitätsklinikum Regensburg 2021). Dadurch wird auf der einen Seite das Risiko einer Immunreaktion gegen Darm, Leber und Haut des Empfängers verringert, auf der anderen Seite verlängert sich jedoch der Zeitraum des Infektionsrisikos zusätzlich (Deutsche Krebsgesellschaft 2014; Universitätsklinikum Regensburg 2021).
Tritt eine gastrointestinale GvHD auf, kann diese zu Erosionen und Ulzerationen der Schleimhäute des Gastrointestinaltrakts mit möglichen Strikturen führen (Ayuk et al. 2016) und eine Anpassung der Ernährung notwendig machen (siehe Tab. 1). Falls die Dünndarmmukosa betroffen ist, kann das zu einer Malabsorption führen (Ayuk et al. 2016), die zu einer Mangelernährung und Unterversorgung an Mikronährstoffen führt (Beelen et al. 2016).

Ernährungstherapie

RisikopatientInnen sollten bereits bei stationärer Aufnahme auf eine Malnutrition gescreent und im Aufenthaltsverlauf überwacht werden (Baumgartner und Schuetz 2019). Dies gilt auch während der intensiven Chemotherapie und nach der Stammzellzelltransplantation, bei der auf eine ausreichende, ausgewogene Nährstoffaufnahme geachtet werden sollte (Arends et al. 2017; Deutsche Krebshilfe 2018). Falls die Nährstoffaufnahme nicht gewährleistet werden kann, ist eine künstliche Ernährung zu empfehlen. Diese ist indiziert, wenn die Kalorienaufnahme weniger als 60–70 % des Energiebedarfs in drei aufeinanderfolgenden Tagen beträgt (Zama et al. 2021). Diese kann enteral und/oder parenteral erfolgen (Arends et al. 2017).
Im Rahmen der Ernährungstherapie ist die Schulung der PatientInnen von Bedeutung. Dabei sollte es um die Basishygienemaßnahmen beim Einkauf, der Lagerung und der Zubereitung von Lebensmitteln gehen, um das Infektionsrisiko mit Pathogenen zu minimieren (Robert Koch-Institut 2021a). Dafür sollte beispielsweise frisches Obst und Gemüse ausreichend gewaschen, Rohmilchprodukte und rohes Fleisch sowie Fisch und draus gewonnene Produkte gemieden werden. Ein weiteres Augenmerk gilt der Küchenhygiene (U.S Food And Drug Administration 2020). Das Robert Koch-Institut publizierte 2021 orientierende Hinweise zur Vermeidung Nahrungsmittel-assoziierter Erkrankungen und stellt ausgewählte Regeln der Basishygiene im Umgang mit Nahrungsmitteln vor (Robert Koch-Institut 2021a). Diese Maßnahmen in der Lebensmittel und Küchenhygiene sind notwendig und ausreichend, weshalb eine „keimarme“ Ernährung nicht empfohlen ist (Robert Koch-Institut 2021a; Schmidt et al. 2022). Die entsprechenden Ernährungsempfehlungen sind in (Tab. 6) zusammengefasst.
Tab. 6
Ernährungsempfehlungen für PatientInnen mit Hochdosischemotherapie oder nach SZT (Beelen et al. 2016; Arends et al. 2017; Baumgartner und Schuetz 2019)
 
Empfehlung
Ernährung
− 130–150 % des basalen Energiebedarfs (ca. 30–35 kcal/kg KG/d)
− orale Nahrungsaufnahme bevorzugen (Arends et al. 2017)
− ggf. mit protein-/energiereichen Snacks oder oraler Trinknahrung ergänzen
− bei totaler parenteraler Ernährung: mind. 1,5 g/kg Körpergewicht Protein
− bei gastrointestinaler GvHD und zeitgleich einem Diarrhoevolumen von <500 ml/d: langsamer Beginn der oralen, fett-, ballaststoff-, laktosearmen Nahrungszufuhr
Vitamine und Spurenelemente
− der Vitaminstatus sollte überwacht werden
− basale Vitaminversorgung ist empfohlen; bei einem Mangel entsprechend erhöhen
− bei gastrointestinaler GvHD auf Vitamin D, Vitamin B12, Magnesium und Zink achten
Hygiene
− Basis- und Küchenhygiene beachten

Empfehlung

PatientInnen sollten bei der stationären Aufnahme ein Mangelernährungsscreening durchlaufen. Während des Aufenthalts zur SZT sollte wöchentlich die ausreichende Energie- und Nährstoffaufnahme sowie die ausreichende körperliche Aktivität überwacht werden (Arends et al. 2017). Dafür kann das NRS 2002 herangezogen werden (Baumgartner und Schuetz 2019). Droht ein Risiko für oder besteht bereits ein Defizit, sollte dieses mit oraler Nahrungsergänzung, enteraler und/oder parenteraler Ernährung vermieden oder verringert werden (Arends et al. 2017). Um der Fehlernährung entgegenwirken zu können, benötigt es ein multidisziplinäres Team, das ebenfalls die körperliche Aktivität sowie einen optimalen Ernährungsstatus der PatientInnen fördert (Fuji et al. 2015).

Cancer-related Fatigue

Unter der Cancer-related Fatigue (tumorassoziierte Müdigkeit) versteht man ein Müdigkeits- und Erschöpfungssyndrom bei PatientInnen mit onkologischen Erkrankungen. Die Prävalenz liegt während und am Ende der Therapie zwischen 59 % und 100 %. Als Langzeitfolge sind schätzungsweise 30 % der PatientInnen betroffen (Weis et al. 2017).
Das National Comprehensive Cancer Network (NCCN) definiert die Cancer-related Fatigue als „ein belastendes, anhaltendes, subjektives Gefühl der körperlichen, emotionalen und/oder kognitiven Müdigkeit und Erschöpfung im Zusammenhang mit Krebs oder einer Krebsbehandlung, das nicht im Verhältnis zur aktuellen Aktivität steht und die gewohnte Funktion beeinträchtigt.“ (Berger et al. 2015) (englisches Original, eigene Übersetzung). Die Folgen sind unter anderem eine Beeinträchtigung der Lebensqualität sowie eine Einschränkung der alltäglichen Aktivitäten. Jedoch können eine ausreichende Regeneration und die Beseitigung der Beschwerden nicht durch Ruhe und Schlaf erreicht werden.
Die genauen Ursachen der Cancer-related Fatigue sind bisher noch nicht ausreichend geklärt. Sie werden jedoch als multifaktoriell eingeschätzt (Sleight et al. 2022).
Die Deutsche Fatigue Gesellschaft gliedert die Symptome in drei Gruppen, die in Tab. 7 dargestellt sind.
Tab. 7
Gliederung der Symptome der Cancer-related Fatigue (Deutsche Fatigue Gesellschaft 2022)
Körperliche Symptome
Reduzierte körperliche Leistungsfähigkeit
Schwäche, Kraftlosigkeit, Erschöpfung
Gliederschwere
Plötzliche, starke und dauerhafte Müdigkeit
Anhaltendes Unwohlsein nach körperlicher Belastung
Seelische Symptome
Traurigkeit, Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit
Ängste
Anspannung, Frust, Reizbarkeit
Desinteresse an Dingen, die früher Spaß machten
Wunsch, sich zurückzuziehen
Geistige Symptome
Konzentrationsstörungen
Ablenkbarkeit
Wortfindungsstörungen
Verringerte Merkfähigkeit
Geringe Aufmerksamkeitsspanne

Ernährungstherapie

Eine spezielle Ernährungstherapie zur Behandlung der Fatigue gibt es nicht. Jedoch kann es aufgrund der Symptome wie Schwäche, Antriebslosigkeit oder Konzentrationsschwäche zu einer verringerten Nahrungsaufnahme kommen. Diese Symptome können wiederum zu einer Mangel- oder Fehlernährung führen, die selbst eine mögliche Ursache der Fatigue ist. Daher empfiehlt das NCCN ein Ernährungsassessment um beispielweise Gewichtsveränderungen, eine unzureichende Kalorienzufuhr, Veränderungen des Vitaminstatus, Elektrolytungleichgewichte oder eine Anämie zu erkennen und diese mit einer individuellen Ernährungsberatung und -therapie entsprechend zu behandeln (Berger et al. 2015).

Empfehlungen

Zur Behandlung und Prävention der Cancer-related Fatigue wird onkologischen PatientInnen unter und nach der Therapie körperliche und sportliche Aktivität empfohlen (Leitlinienprogramm Onkologie 2021c).
Das American College of Sports Medicine (ACSM) empfiehlt in den „Exercise Guidelines for Cancer Survivors“ ein mindestens 12-wöchiges Trainingsprogramm mit zwei bis drei Trainingseinheiten (je nach Intensität) pro Woche. Dabei können aerobes Training und/oder Widerstandsübungen mit einer Dauer von mindestens 30 min je Trainingseinheit empfohlen werden (Campbell et al. 2019).
Tab. 8
Weitere Informationsmöglichkeiten
 „eat what you need – Was essen bei Krebs?“: Website mit Ernährungsempfehlungen für Krebserkrankte
 Die Blauen Ratgeber der Deutsche Krebshilfe
 Arbeitskreis der Pankreatektomierten e. V. (AdP e. V.)
 Deutsche ILCO e. V. (Selbsthilfevereinigung für Stomaträger und Menschen mit Darmkrebs)
 Deutsche Leukämie-& Lymphom-Hilfe
 Frauenselbsthilfe Krebs (FSH) Bundesverband e. V.
 Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe e. V.

Weiterführende Informationen

In Tab. 8 finden Sie weiterführende Informationsmöglichkeiten zu ernährunsgrelevanten Folgeerkrankungen und Hilfsangeboten für PatientInnen.
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