Einleitung
Die Gesamtdosis, die in der Radioonkologie sicher appliziert werden kann, hängt überwiegend von der
Toleranz des das Zielvolumen umgebenden Normalgewebes ab. Um chronische Strahlenfolgen am Normalgewebe zu vermeiden, ist die Strahlendosis bei der perkutanen Radiotherapie daher oft begrenzt. Die mechanische Verlagerung empfindlicher Strukturen aus dem Bestrahlungsvolumen heraus oder die Mobilisierung des Tumors an die Strahlenquelle heran waren die ursprüngliche Motivation, die Bestrahlung während der Operation im Sinne der intraoperativen Radiotherapie (IORT)
vor zirka 100 Jahren zu entwickeln.
Die IORT wird daher definiert überwiegend als die Anwendung einer hohen Bestrahlungseinzeldosis während der Operation oder in Einzelfälle auch als die Platzierung von Kathetern während der Operation und die Bestrahlung mit einer hohen Einzeldosis mittels Brachytherapie unmittelbar nach der Operation. Hierbei charakterisiert darüber hinaus die besondere Biologie der Bestrahlung mit hohen Einzeldosen und der unmittelbare zeitliche Zusammenhang zur Operation diese spezielle Therapieform.
Durch IORT können sehr hohe Einzeldosen aufgrund der Tatsache appliziert werden, dass
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anatomische Strukturen mechanisch aus dem Zielvolumen herausbewegt werden,
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bestrahlte Volumina meist klein sind,
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der Dosisgradient extrem steil ist und
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keine Dosis auf dem Weg von der Haut zum Zielvolumen deponiert werden muss.
Darüber hinaus kann die Bestrahlung intraoperativ durch direkte Visualisierung des Tumorbetts und ohne zeitliche Verzögerung zum frühest möglichen Zeitpunkt erfolgen (kein „geographic or temporal miss“).
Neue Bestrahlungsgeräte haben die Verfügbarkeit und Verbreitung der IORT in den letzten 15–20 Jahren deutlich verbessert. Durch den Einsatz mobiler und teilweise miniaturisierter Geräte kann die IORT auch in Operationsräumen mit weniger kostenintensivem Strahlenschutz oder teilweise gar keiner speziellen Abschirmung eingesetzt werden. Anstatt die Patienten zum Beschleuniger zu transportieren, können die mobilen Geräte einfach zum Operationstisch gebracht werden.
Mobile Elektronengeräte erzeugen Elektronen mit Energien zwischen 3–9 MeV und erreichen eine Behandlungstiefe von 2–3 cm. Die Feldgröße liegt zwischen 5–7 cm im Durchmesser bei einer reiner Behandlungszeit für die IORT von 2–5 Minuten, bei allerdings langer Rüstzeit. Miniaturlinearbeschleuniger erzeugen 30-kV- bis 50-kV-Röntgenstrahlen, haben Behandlungstiefen von bis zu 1–2 cm und z. B. kugelförmige oder flache Applikatoren von 1,5–5,0 cm Durchmesser. Die Behandlungszeit der IORT hängt von der Größe des Applikators ab und liegt zwischen 10–45 Minuten, bei kurzer Rüstzeit. Insgesamt verlängert sich bei der IORT die OP-Dauer um 30–60 Minuten. Die intraoperative Brachytherapie kann entweder mit Einzelpunktquellen oder mit mehreren Kanälen und Verweilpunkten („dwell points“) durchgeführt werden.
Die IORT braucht immer die Interdisziplinarität; der enge Kontakt vor, während und nach dem Eingriff zwischen den behandelnden Disziplinen Radioonkologie, Medizinphysik, chirurgische Onkologie, Radiologie und Pathologie ist zwingend erforderlich. Die IORT wird aktuell hauptsächlich verwendet, um hohe Dosen im Tumorbett nach Resektion von Brustkrebs,
Rektumkarzinomen und Sarkomen im Retroperitoneum oder der Extremitäten zu verabreichen (Krengli et al.
2013). Das Indikationsspektrum weitet sich jedoch zunehmend aus, wie z. B. IORT der Wirbelsäule während der Kyphoplastie bei Knochenmetastasen und IORT für
Glioblastome, Pankreas-, Prostata-, gastrointestinaIe und
Kopf-Hals-Tumoren.
IORT bei Brustkrebs
In der brusterhaltenden Therapie (BET) wird die
Strahlentherapie nach brusterhaltender Operation in der Regel als fraktionierte Ganzbrustbestrahlung über mehrere Wochen oder in ausgewählten Fällen mit geringem lokalen Rezidivrisiko auch als (beschleunigte) Teilbrustbestrahlung über wenige Tage eingesetzt („accelerated partial breast irradiation“, APBI).
Da das Tumorbett das Gebiet mit der höchsten Wahrscheinlichkeit für ein Rezidiv in der Brust ist, haben gezielte Dosiserhöhungen durch einen Tumorbett-Boost gezeigt, dass die lokale Rezidivrate speziell für junge Patientinnen reduziert werden kann. Diese lokale Dosiseskalation von etwa 10–16 Gy wird routinemäßig durch perkutan applizierte Elektronen und/oder Photonen oder alternativ auch als interstitielle HDR-Brachytherapie angewendet. Seit 1997 wird zunehmend eine neue Technik propagiert, bei der die Boostdosis durch die IORT mit einer hohen Einzeldosis von Elektronen (IOERT) oder mit 50-kV-Röntgenstrahlen verabreicht wird.
Im Vergleich zu herkömmlichen Boosttechniken hat die IORT speziell beim
Mammakarzinom einige offensichtliche Vorteile: Vermeidung von „geographic und temporal miss“, geringe Behandlungsvolumina und niedrige Hautdosis tragen zu einem besseren kosmetischen Ergebnis bei und verkürzen die Gesamtbehandlungszeit um bis zu 1,5 Wochen. Ebenso kann bei onkoplastischer Resektion das Tumorbett sicher vor der Durchführung der plastischen Gewebeverschiebung identifiziert und bestrahlt werden.
Für die alleinige, einmalige IORT als APBI wurden beide intraoperativen Techniken in randomisierten prospektiven Studien mit einer Dosis von 20–21 Gy im Vergleich zur mehrwöchigen postoperativen Ganzbrustbestrahlung getestet: die ELIOT-Studie mit Elektronen bzw. die TARGIT-Studie mit 50-kV-Röntgenstrahlen (Vaidya et al.
2014). Das Verfahren ist inzwischen bei älteren Patientinnen mit kleinem Brustkrebs in den Leitlinien etabliert und kann eine mehrwöchige Bestrahlungsserie ersetzen.
IORT bei Weichteilsarkomen
Die IORT wurde seit den späten 1980er-Jahren intensiv in der Behandlung von primären und rezidivierenden
Weichteilsarkomen („soft tissue sarcoma“, STS) untersucht. Die theoretische Grundlage für die IORT ist hier vor allem eine Dosiseskalation in Regionen mit hohem Risiko für knappe/positive Schnittränder zu erreichen, während gleichzeitig die Dosis für angrenzende Risikoorgane gering und das Boostvolumen klein gehalten wird, um relevante Spättoxizitäten bei diesen oft sehr ausgedehnten Operationen zu vermeiden. Es werden typischerweise 10–20 Gy (verschrieben an die umgebende 90 %ige Isodose oder die Applikatoroberfläche) appliziert.
Eine zusätzliche perkutane Radiotherape („external beam radiotherapy“) wird normalerweise als präoperative, fraktionierte Therapieserie mit moderaten Dosen von zirka 50 Gy großvolumig appliziert. Die Operation mit IORT erfolgt dann meist 6–8 Wochen nach der neoadjuvanten Radiotherapie.
IORT-basierte Ansätze führten zu hohen Organerhaltungsraten der Extremitäten (80–100 %) und zu einem guten funktionellen Ergebnis (60–85 %). Die Haut sollte strikt außerhalb des IORT-Bereichs gehalten werden, um Wundheilungskomplikationen zu vermeiden. Die Dosis an den großen Nerven sollte auf 12,5 Gy beschränkt sein, um das Risiko einer Neuropathie zu reduzieren. Ebenso sollten die Harnleiter und Darmabschnitte wenn möglich verlagert oder abgeschirmt werden, um strahleninduzierte Stenosen bzw. Strukturen zu verhindern.
Die IORT wurde auch in der Behandlung von Desmoidtumoren mit Risikofaktoren wie knappen oder positiven Schnitträndern oder unvollständigen Resektionen untersucht und ergab gute lokale Kontrollraten (LC, 3 Jahre, 70–100 %) in Kombination mit moderaten Dosen von EBRT.
IORT bei pelvinen und retroperitonealen, lokal fortgeschrittenen Tumoren und Lokalrezidiven
Zahlreiche IORT-Studien zu
Rektumkarzinomen (Haddock
2017; Krengli et al.
2017) zeigen eine positive Wirkung der IORT auf die lokale Kontrolle von lokalisierten und rezidivierenden Tumoren, die üblicherweise nicht mit weiten Sicherheitssäumen operativ entfernt werden können. In den meisten Fällen wurde die IORT kurativ eingesetzt und war Teil eines multidisziplinären Konzepts.
In einer deutschen prospektiven Studie wurde die IORT mit 10 Gy bei resezierbaren, lokal fortgeschrittenen
Rektumkarzinomen eingesetzt. Die perkutane Dosis wurde auf 41,4 Gy reduziert. In einer medianen Nachbeobachtungszeit von 61 Monaten wurde eine lokale Tumorkontrollrate in 93 % erreicht.
Die einzige randomisierte Studie, in der eine konventionelle präoperative
Strahlentherapie mit derselben Therapie mit IORT verglichen wurde, zeigte allerdings keinen signifikanten Vorteil für den experimentellen Arm. Auf der anderen Seite ergab eine europäische, gepoolte Analyse eine lokale Rezidivrate von nur 12 % bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem
Rektumkarzinom, die eine multimodale Behandlung mit IORT erhielten.
Bei lokal rezidivierendem
Rektumkarzinom konnte eine 5-Jahres-Überlebensrate von 20 % durch die Kombination aus EBRT und IORT erreicht werden. Wie beim primären Rektumkarzinom ist der wichtigste Faktor, der mit der Krankheitskontrolle und dem Überleben in der IORT-Serie in Zusammenhang steht, die Vollständigkeit der chirurgischen Resektion. In diesen Serien wird die lokale Kontrollrate für die R0-, R1- und R2-Resektion im Bereich von 60–80 %, 30–60 % und 30–50 % und die 5-Jahres-Überlebensrate im Bereich von 40–50 %, 20–30 % bzw. 15–25 % angegeben. Die IORT wird in der Regel nach Entfernung des Tumors als Boost in die Präsakralregion oder im lateralen OP-Bett mit 10 Gy für die R0 Resektion und bis zu 20 Gy für die R2 Resektion durchgeführt.
Die Verwendung der IORT in der Therapie von
Endometrium- und Zervixkarzinomen wurde in mehr als 15 Studien untersucht. Literaturdaten unterstützten die Verwendung der IORT bei rezidivierendem Endometrium- und
Zervixkarzinom zur Verbesserung der lokalen Kontrolle (etwas höhere lokale Kontrolle bei Patienten mit radikaler Resektion) (LC 11–73 %, Gesamtüberleben [OS] 42–70 %). Allerdings ist die IORT bei primär lokal fortgeschrittenem Endometrium- und Zervixkarzinom umstrittener. Die intraoperative Strahlendosis lag zwischen 6–30 Gy, mit einer höheren Dosis bei makroskopisch positiven Schnitträndern (R2).
Bei lokal fortgeschrittenen oder rezidivierenden Nierentumoren kann mit der IORT eine gute lokale Kontrolle erreicht werden. Die IORT-Dosen variierten von 10–25 Gy, abhängig von der Größe des Resttumors nach der maximal möglichen Resektion und der Dosis der kombinierten EBRT (40–50,4 Gy). Das akute und späte Toxizitätsprofil war gering.
IORT beim Magenkarzinom
Die komplette Resektion bleibt die einzige kurative Option beim
Magenkarzinom. Mehrere randomisierte Studien haben gezeigt, dass Bestrahlung mit/ohne Chemotherapie die lokale Kontrolle bei vollständig reseziertem oder nicht resezierbarem Magenkrebs im Vergleich zur Beobachtung oder Chemotherapie verbessern kann.
Die IORT mit dem Ziel, die lokale Kontrolle von Magentumoren zu verbessern, wurde von zahlreichen Gruppen überwiegend in Asien nach makroskopischer R0- oder R1-Resektion zur Dosisaufsättigung des Operationsbetts- und/oder der Lymphknotenregionen verwendet. Andere haben die IORT auch nach R2-Resektion mit makroskopischem Resttumor eingesetzt.
Der Hauptvorteil der Verwendung der IORT während der Magenkrebsoperation ist die Möglichkeit, strahlenempfindliche Dünndarmanteile aus dem zu bestrahlenden Bereich zu dislozieren. Das IORT-Zielvolumen umfasst üblicherweise die oberen abdominalen Lymphknotenregionen (Tr. coeliacus, obere paraaortale Region, peripankreatische Region) und das Tumorbett, falls identifizierbar. Wenn EBRT-Dosen im Bereich von 55–70 Gy wegen eines mikroskopischen oder makroskopischen Restes nach einer R1- oder R2-Resektion benötigt werden, um das Magenbett zu behandeln, ist die kombinierte IORT plus EBRT wahrscheinlich das einzige Mittel, um eine lokale Krankheitskontrolle mit akzeptablen Magen- und Dünndarmtoleranzen zu erreichen.
In einer prospektiven Studie, die 78 Patienten randomisierte, die präoperativ entweder 5x 4 Gy, gefolgt von einer Operation mit einem IORT-Boost von 20 Gy, oder die nur eine Operation erhielten, konnte ein Überlebensvorteil für Patienten mit einem nodalpositiven Stadium oder einer extragastrischen Tumorausbreitung gezeigt werden. Aufgrund des Fehlens einer Chemotherapie ist der Aussagewert dieser Studie für gegenwärtige Behandlungsüberlegungen jedoch begrenzt.
Eine kürzlich veröffentlichte
Metaanalyse bestätigte eine Verbesserung der lokoregionären Kontrolle durch die Verwendung der IORT (Hazard-Ratio [HR] 0,40; 95 %-Konfidenzintervall [CI] 0,26–0,62; p< 0,001), konnte jedoch keine Überlebensvorteile nachweisen (HR 0,97; 95 %-CI 0,75–1,26; p=0,837). Die Frage nach zusätzlicher Morbidität bleibt noch unklar, da Studien mit erhöhter Toxizität anderen ohne höhere Komplikationsraten entgegenstehen.
Zusammenfassend gibt es beim fortgeschrittenen
Magenkarzinom keine zwingenden Beweise dafür, dass Patienten, die an IORT-Studien teilnehmen, ein höheres Risiko für perioperative Morbidität und Mortalität haben als Patienten, die alleinig operiert wurden, wobei die lokoregionäre Kontrolle durch die IORT erhöht werden kann.
IORT beim Pankreaskarzinom
Beim
Pankreaskarzinom wurde die IORT für inoperable Tumoren zur lokalen Tumorkontrolle und Linderung von Schmerzen sowie für resektable Tumoren eingesetzt, um die lokale Kontrolle und das Überleben nach der Operation zu verbessern. In der kürzlich veröffentlichten ISIORT-Europe-Datenbankanalyse belegte das Pankreaskarzinom den fünften Platz unter den Indikationen für die IORT.
Typischerweise werden 10–15 Gy appliziert, um das Tumorbett/den Resttumor nach Resektion oder bei inoperabler Erkrankung mit 15–20 Gy abzudecken, wobei die zusätzliche, perioperative EBRT (präoperativ bevorzugt) mit moderaten Dosen von 40–50 Gy dosiert wird. Die meisten Studien berichteten über keinen signifikanten Unterschied in den Operationszeiten,
postoperativen Komplikationen oder operativen Morbiditäten bei Resektion mit IORT.
Resezierbare Krankheit
Die lokalen Rezidivraten liegen bei Patienten mit resezierten Erkrankungen bei 50–80 %. Mehrere Studien konnten zeigen, dass eine Dosiseskalation in der
Strahlentherapie zu einer verbesserten lokalen Kontrolle in Kombination mit einer potenziell kurativen Resektion führte. Die Wirksamkeit der EBRT beim
Pankreaskarzinom ist begrenzt durch die Limitierung adäquater Strahlendosen, durch die Dosistoleranzgrenzen von Dünndarm, Rückenmark, Magen, Niere und Leber. IORT-Techniken ermöglichen die Applikation von hohen Strahlendosen, während ein Teil oder die Gesamtheit der nahegelegenen dosislimitierenden, radiosensiblen Strukturen disloziert oder abgeschirmt werden können. Daher ist die effektive Strahlendosis erhöhbar und die lokale Tumorkontrolle verbessert.
In einer prospektiven, randomisierten Studie, die am National Cancer Institute (NCI) durchgeführt wurde, wurden 24 Patienten randomisiert, um IORT (20Gy) mit EBRT (Stadium II–IV) zu erhalten. Unter Ausschluss von sieben perioperativen Todesfällen wurde bei den Patienten, die eine IORT erhielten, eine Verbesserung der lokalen Kontrolle und des medianen Überlebens beobachtet (OS 18 vs. 12 Monate; p=0,01).
Alle anderen Daten bezüglich einer IORT bei resezierbaren
Pankreastumoren beschränken sich auf retrospektive einzel- oder multiinstitutionelle Serien. Fast alle von ihnen zeigen einen Nutzen aufgrund des reduzierten lokoregionären Rezidivs durch die zusätzliche IORT um 40–80 %.
Lokal fortgeschrittene Krankheit
Bei lokal fortgeschrittenem („locally advanced pancreatic cancer“, LAPC) oder sogar metastasiertem
Pankreaskarzinom haben viele Studien sowohl die Sicherheit als auch die gute Schmerzkontrolle mit einer IORT dokumentiert, was in 75–90 % der Fälle zu einer vollständigen Schmerzremission führen kann.
Die meisten Daten bezüglich der IORT beim LAPC beschränken sich auf retrospektive einzel- oder multiinstitutionelle Serien. Fast alle von ihnen zeigen einen Nutzen durch eine signifikant reduzierte Rate lokoregionärer Rezidive durch die Zugabe von IORT um 30–80 %.
Lokal rezidiviertes Pankreaskarzinom
Bei lokalisiertem Rezidiv führt die Kombination von IORT mit externer Radiochemotherapie und möglichst sekundärer Resektion zu ermutigenden Ergebnissen hinsichtlich lokaler Kontrolle und Überleben.
Zusammenfassend zeigen die verfügbaren Daten, dass eine IORT eine sichere Ergänzung zur Behandlung von
Pankreaskarzinome und standardisierten, neoadjuvanten oder adjuvanten Therapien darstellt, mit dem Ziel, die lokale Kontrolle bei Patienten mit resezierbarem Pankreaskarzinom zu verbessern. Eine Reihe von Patienten mit inoperablem Pankreaskarzinom zeigen, dass die meisten Patienten Schmerzlinderung und eine verbesserte lokale Kontrolle erfahren. In ausgewählten Studien führte die IORT zu einer verbesserten Überlebensrate. Verbesserte Ergebnisse mit neuen Chemotherapieschemata führten wiederum zu einer erhöhten Aufmerksamkeit auf die Rolle der lokalisierten
Strahlentherapie, da eine lokale Tumorprogression eine signifikante Morbidität und Mortalität bei Patienten verursacht. IORT-Techniken ermöglichen die Erhöhung der effektiven Strahlendosis und Verbesserung der lokalen Tumorkontrolle. Gegenwärtig definieren jedoch keine Phase-III-Daten eindeutig die Rolle der IORT bei der Behandlung von Bauchspeicheldrüsenkrebs.
IORT bei Tumoren des Zentralnervensystems
Seit den späten 1960er-Jahren wird die IORT zur Behandlung von malignen
Hirntumoren eingesetzt. Die meisten veröffentlichten Daten stammen aus der Zeit von 1984–2006.
Die IORT wird in der Resektionshöhle für hochgradige
Gliome und maligne
Meningeome nach einer Operation als Dosisaufsättigung vor der konventionellen
Strahlentherapie (extern) und in der Rezidivsituation bei einem bösartigen Hirntumor bei Erwachsenen und Kindern nach Salvage-Operation mit/ohne EBRT mit/ohne Chemotherapie eingesetzt.
Die Hauptmotivation für die Anwendung einer IORT im Zentralnervensystem ist die gezielte Verabreichung hoher Dosen in das Tumorbett, während umliegendes gesundes Gewebe aufgrund steiler Dosisgradienten verschont bleibt, was eine lokale Dosiseskalation in Kombination mit EBRT ohne stark erhöhte Neurotoxizität ermöglicht.
Elektronen (3–22 MeV), Röntgenstrahlen (50 kV) und Hochdosisrate-(HDR-)Brachytherapie sind die häufigsten Behandlungsmodalitäten. Angewandte Dosen liegen zwischen 10–40 Gy auf der 80–90 %-Isodoselinie für Elektronen und 12–40 Gy auf der Oberfläche des Applikators für Röntgenstrahlen. Mehrere meist kleine retrospektive Studien haben eine erhöhte lokale Kontrolle und ein besseres Überleben gezeigt. Internationale Multicenterstudien sind derzeit im Gange.
Für Patienten mit Hirnmetastasen
, die mit einer neurochirurgischen Resektion behandelt werden, stellt die IORT eine weitere Möglichkeit dar, eine lokalisierte
Strahlentherapie ohne Ganzhirnbestrahlung (WBRT) zu erhalten, die die lokale Kontrolle ohne die möglichen Spätfolgen einer WBRT erhöht. Angewandte Dosen liegen zwischen 16–24 Gy auf der Oberfläche des Applikators für Röntgenstrahlen und zwischen 16–20 Gy relativ zu der 90 %-Isodoselinie für Elektronen. Eine lokale Kontrollrate von über 70 % wurde in einer nicht randomisierten prospektiven amerikanischen Studie mit einer applizierten Dosis von 14 Gy in 2 mm (d. h. 17–22,5 Gy auf der Oberfläche des Applikators) erreicht. In einem Follow-up-Zeitraum von mindestens fünf Jahren betrug das Gesamtüberleben nach Resektion und IORT der solitären Hirnmetastasen durchschnittlich 30±32 Monate (Bereich 1–96 Monate).