Hintergrund
Für die Betroffenen bedeuten die Diagnose und Behandlung einer Krebserkrankung in der Regel einen massiven Einschnitt in ihre individuelle Lebenssituation, der vielfach mit einer ganzen Reihe weitreichender physischer, psychischer und sozialer Belastungen verbunden ist. Fortschritte in der Früherkennung, Diagnose und medizinischen Behandlung von Krebserkrankungen haben zwar zu einem Anstieg der Überlebensraten geführt, jedoch bleibt häufig für die Betroffenen die Lebensbedrohung und die Angst vor einem möglichen Rezidiv bestehen. Darüber hinaus sind sie über einen langen Zeitraum mit zahlreichen psychosozialen Folgeproblemen konfrontiert sind, die hohe Anforderungen an die individuelle Verarbeitung und Anpassung an die Erkrankung und deren Folgen stellen.
Psychosozialer Betreuungsbedarf bei Tumorpatienten
Grundlage für die Bestimmung des psychosozialen Betreuungsbedarfs
bildet das heute in der Psychoonkologie
etablierte Modell eines Belastungskontinuums, das die erlebten Belastungen der Patienten auf einem Kontinuum von normalen Befürchtungen, Sorgen etc. auf der einen Seite bis hin zum Erleben hoher Belastung sowie zu ausgeprägten
psychischen Störungen auf der anderen Seite abbildet. Dieses Belastungserleben
kann sich über die Zeit und im Verlauf der Erkrankung sowie der Behandlung verändern.
Studien zur psychiatrischen Komorbidität bei Tumorkranken belegen in ihrer Gesamtheit dass zwischen 25–30 % der Patienten stärkere
psychische Beeinträchtigungen im Sinne einer ICD-Diagnose (
akute Belastungsreaktionen, Angst- und
Panikstörungen, Depression etc.) zeigen (Mehnert et al.
2014; Singer et al.
2010). Darüber hinaus wird heute davon ausgegangen, dass in ca. 40–50 % der Fälle die Belastungen von Tumorpatienten
subsyndromaler Natur sind, d. h. unterhalb der Schwelle einer ICD-Diagnose angesiedelt sind (Singer et al.
2010; Gao et al.
2010). Hierzu zählen:
-
Situative Ängste
-
Angst vor dem Wiederauftreten bzw. Fortschreiten der Krebserkrankung
-
Selbstwertprobleme
-
Beeinträchtigungen des Körperbildes
-
Probleme mit dem Partner oder der Partnerin etc.
Psychosoziale Belastungen zeigen sich jedoch nicht nur bei Tumorpatienten, sondern auch bei
Partnern (siehe Kap. „Belastung und Betreuung der Partner krebskranker Menschen“) und anderen
Angehörigen (siehe Kap. „Psychoonkologische Begleitung Kinder krebskranker Eltern“), die durch die veränderte Lebenssituation, die damit verbundenen Rollenveränderungen oder Sorgen um den Erkrankten sehr stark gefordert sind (Northouse et al.
2012; Rosenberger et al.
2012). Vor diesem Hintergrund sind auch die Angehörigen eine wichtige Zielgruppe für psychoonkologische Beratung und Betreuung.
Die Untersuchung psychosozialer Betreuungsbedürfnisse der Patienten (Sanson-Fisher et al.
2000) zeigt in Übereinstimmung mit Befunden zum Ausmaß subsyndromaler psychischer Beeinträchtigungen und Belastungen, dass die Patienten sich vor allem Unterstützung in Bezug auf die
Krankheitsverarbeitung und die
psychische Stabilisierung sowie
Information zu Erkrankung und Behandlung wünschen (Lam et al.
2011).
In der Regel wird der Behandlungsbedarf über
Selbsteinschätzungen der betroffenen Patienten oder über Fremdeinschätzungen durch das medizinische Personal ermittelt. Für die Indikationsstellung ist es dabei erschwerend, dass sich häufig Diskrepanzen hinsichtlich des Bedarfs aus der Sicht der Experten und den Wünschen bzw. den Bedürfnissen der Betroffenen zeigen. So äußern insbesondere im Akutkrankenhaus die betroffenen Patienten häufig keinen psychoonkologischen Betreuungsbedarf, da sie durch die akuten Belastungen und Anforderungen der medizinischen Behandlung oft überfordert sind und eine Destabilisierung oder zu starke Konfrontation mit der Problematik der Krankheit befürchten (Singer et al.
2010). Die Inanspruchnahme von psychoonkologischen Angeboten variiert je nach Behandlungssetting und kann mit einem Durchschnittswert von ca. 30 % beziffert werden (Bergelt et al.
2010; Faller et al.
2017).
Für die
Ermittlung des psychoonkologischen Betreuungsbedarfs sollten der Grad der psychischen Belastung und die Diagnostik der psychischen bzw. psychiatrischen Komorbidität (siehe Kap. „Psychoonkologische Diagnostik der Belastungen und der psychischen Komorbidität“) herangezogen werden. Darüber hinaus können die Informations-, Beratungs- und Unterstützungsbedürfnisse von Tumorpatienten direkt über Fragebogenverfahren erfasst werden. In der S3-Leitlinie „Psychoonkologie“ wird eine Erfassung der psychosozialen Belastung und der individuellen psychoonkologischen Behandlungsbedürftigkeit mithilfe eines Screeninginstruments empfohlen (AWMF
2014). Als Screeninginstrumente können z. B. das Distress-Thermometer oder die HADS-D eingesetzt werden (Mehnert et al.
2006). Ein
Screening psychosozialer Belastungen sollte so früh wie möglich sowie kontinuierlich im Krankheitsverlauf erfolgen; zugleich sollte der individuelle psychosoziale Unterstützungswunsch des Patienten erfragt und beachtet werden.
Allgemeine Grundlagen psychoonkologischer Interventionen
Die psychologische Beratung und Behandlung von Krebspatienten muss den Erfordernissen der Tumorerkrankung als einer
primär körperlichen Erkrankung Rechnung tragen. Dies bedeutet, dass die psychischen Probleme und Belastungen der Patienten im Kontext der Tumorerkrankung und der damit verbundenen somatopsychischen Wechselwirkungen gesehen werden müssen (Faller
2005). Je nach Phase der Erkrankung sowie Behandlungssetting können auch körperliche Probleme im Vordergrund stehen, die von den behandelnden Therapeuten in der psychologischen Beratung und Betreuung ein hohes Maß an Flexibilität fordern. Der Fokus psychologischer Beratung und Behandlung von Tumorpatienten liegt in der Regel auf der
aktuellen Belastungssituation des Patienten und hat somit primär supportiven Charakter.
Konfliktbearbeitende Therapiestrategien können jedoch in Abhängigkeit vom individuellen Kontext sowie bestehenden Problemlagen auch über die Krebserkrankung hinaus eingesetzt werden. Die wichtigsten psychoonkologischen Interventionen bei Tumorpatienten werden im Folgenden kurz vorgestellt.
Psychologische Einzelbehandlung
Die psychologische Einzelberatung und -behandlung dient dazu, Patienten im Umgang mit der Erkrankung sowie den Neben- und Folgewirkungen der Therapie zu unterstützen sowie individuelle Problemlösungen für Konflikte im persönlichen oder sozialen Bereich im Zusammenhang mit der Erkrankung, aber auch unabhängig von dieser zu erarbeiten.
Aufgrund der Lebensbedrohlichkeit der Erkrankung stehen hierbei oft auch existenzielle und spirituelle Aspekte im Mittelpunkt. Das Spektrum der Einzelbehandlung reicht von intensivierter Beratung in mehreren Sitzungen über Kurzzeittherapie bis hin zur klassischen Psychotherapie.
Problemzentrierte Beratungsgespräche
können den Patienten als niedrigschwellige Angebote helfen, eine erste Orientierung zu finden und Fragen nach einem adäquaten Umgang mit der Erkrankungssituation zu beantworten. Der Fokus liegt auf der Wahrnehmung, Schaffung und Nutzung von personalen und sozialen Ressourcen (Schulz-Kindermann
2013). Dadurch können Patienten lernen, ihre Stärken zu erkennen, diese konstruktiv zu nutzen und Selbsthilfemöglichkeiten weiter zu entwickeln (Weis und Heckl
2005).
Während zur psychologischen Beratung bei Tumorpatienten keine systematischen Wirksamkeitsstudien vorliegen, hat sich die psychoonkologisch-psychotherapeutische Einzelbehandlung in einem systematischen Review als wirksam erwiesen im Hinblick auf die Reduktion von Angst, Depression sowie Verbesserung der
Lebensqualität (Faller et al.
2013).
Psychotherapeutische Paarinterventionen
Wie vergleichende Untersuchungen zeigen
, sind auch die Partner durch die Erkrankung des Patienten stark belastet; die erlebten Belastungen der Partner können sogar höher sein als die der Patienten (Northouse et al.
2001; Couper et al.
2006). Zugleich stellt die Partnerschaft jedoch auch eine wichtige Ressource für die Patienten dar, die allerdings durch die Folgeprobleme der Erkrankung und Behandlung des Patienten stark beansprucht wird (Hodges et al.
2005). Darüber hinaus bleiben die schon vor der Erkrankung bestehenden Konflikte in der Partnerschaft bestehen und können durch die Erkrankung sogar noch verschärft werden. Daher sind Paare in der Ausnahmesituation einer Krebserkrankung für Störungen insbesondere in der Kommunikation (z. B. durch Missverständnisse), aber auch in der wechselseitigen Unterstützung (z. B. durch zu wenig oder übermäßige Fürsorge) sehr anfällig.
Vor diesem Hintergrund wird es verständlich, dass die Partner grundsätzlich in die Behandlung einbezogen werden sollten. Neben der Einbeziehung der Partner in die psychotherapeutische Einzelintervention gibt es im Spektrum psychoonkologischer Interventionen auch spezifische Ansätze der Paarberatung oder -therapie, die auf die Erkrankung und gemeinsame Bewältigung der Folgeprobleme fokussiert sind. Bei diesen Interventionen handelt es sich überwiegend um
kognitiv-verhaltenstherapeutisch ausgerichtete Programme zur Verbesserung der gemeinsamen Verarbeitung der Belastungen und der Optimierung der wechselseitigen Unterstützung (Heinrichs und Zimmermann
2008).
Zu Paarinterventionen liegen systematische Studien vor, die die Wirksamkeit von Paarinterventionen gut belegen können (Faller et al.
2013).
Gruppentherapie
In der Psychoonkologie
wurden auch verschiedene Formen von Gruppeninterventionen entwickelt. Neben
psychoedukativen Gruppeninterventionen (Fawzy und Fawzy
1998) basieren die stärker psychotherapeutisch ausgerichteten Gruppeninterventionen auf
psychodynamischen oder verhaltenstherapeutischen Therapiekonzepten, wobei die Grenzen zwischen den verschiedenen Verfahren eher fließend sind.
Supportiv-expressive Gruppentherapien (Reuter und Spiegel
2016) sind eher auf psychodynamische Prozesse ausgerichtet und zeichnen sich durch längere Dauer (bis zu einem Jahr), geringeren Strukturierungsgrad und stärkeren Fokus auf psychodynamische Aspekte der Krankheitsverarbeitung aus. Speziell auf die Situation von Krebspatienten mit fortgeschrittener Erkrankung wurde die
sinnbasierte Gruppentherapie entwickelt und evaluiert (Breitbart et al.
2015).
Die
psychoedukativen und eher verhaltenstherapeutische ausgerichteten Konzepte sind in der Regel durch einen begrenzten zeitlichen Rahmen von etwa 6–12 Sitzungen charakterisiert und folgen einem strukturierten und in der Regel manualisierten Aufbau (Faller
2016). Spezifische Programme für Tumorpatienten haben das Ziel, die Kompetenz des Patienten im Umgang mit der Erkrankung, der Behandlung oder den Folgeproblemen zu fördern und zu stärken sowie eine aktive und problemorientierte Krankheitsverarbeitung zu unterstützen (Weis et al.
2021). Ebenso werden spezifische Problemfelder wie existenzielle Aspekte der Erkrankung (Kissane et al.
2003), die Rezidivangst (Waadt et al.
2011) bzw. die tumorassoziierte Fatigue (deVries et al.
2011) durch psychoedukative
Programm adressiert. Neben der Vermittlung von Information werden didaktische Methoden zur Bearbeitung der relevanten Themen eingesetzt, und der Austausch der Betroffenen untereinander wird gefördert. Hausaufgaben und praktische Übungen verbessern die Nachhaltigkeit psychoedukativer Konzepte. Sowohl Gruppentherapien als auch
Psychoedukation weisen hinsichtlich ihrer Wirksamkeit in Bezug auf
Lebensqualität und Verbesserung der psychischen Befindlichkeit eine gute Evidenz auf (Faller et al.
2013).
Entspannungstechniken und achtsamkeitsbasierte Interventionen
Entspannungsverfahren und achtsamkeitsbasierte Interventionen
sind wichtige Verfahren zur Selbstkontrolle und zum persönlichen Stressmanagement
, die als hilfreiche Strategien von Krebspatienten in allen Phasen der Erkrankung eingesetzt werden können. Sie sind nach entsprechender Instruktion unter professioneller Anleitung leicht erlernbar und können von den Patienten eigenständig, teilweise unterstützt durch Medien, selbstständig fortgeführt werden. Bei entsprechender Übung können sie erfolgreich zum Abbau emotionaler Anspannungen als Teil des Selbstmanagements helfen und die Fähigkeit zur Emotionsregulation sowie die allgemeine Ressourcenorientierung fördern (Petermann et al.
2009).
Entspannungsverfahren sind für sich gesehen niederschwellige Interventionen und können als Einzel- oder Gruppenintervention durchgeführt werden. Darüber hinaus werden sie auch im Rahmen der
Psychotherapie, z. B. der
kognitiven Verhaltenstherapie oder Hypnotherapie, eingesetzt. Neben den bekannten wissenschaftlich überprüften Entspannungstechniken wie dem autogenen Training oder der progressiven Muskelentspannung nach Jacobsen sind hier insbesondere die Verfahren der gelenkten Imagination zu nennen (Roffe et al.
2005).
Unter den
Imaginationsverfahren werden verschiedene Techniken subsumiert, deren gemeinsame Basis die Arbeit mit inneren Vorstellungsbildern ist. Mithilfe dieser Verfahren könne auch Nebenwirkungen der chemotherapeutischen Behandlung erfolgreich beeinflusst werden (Lotfi-Jam et al.
2008).
Ebenso werden seit einigen Jahren auch die Techniken der
Achtsamkeitsmeditation oder
achtsamkeitsbasierte Stressreduktionsprogramme für Krebspatienten erfolgreich eingesetzt und evaluiert (Zhang et al.
2016).
Insgesamt sind die verschiedenen
Entspannungsverfahren hinsichtlich ihrer Wirksamkeit bei Tumorpatienten durch randomisierte klinische Studien gut belegt (Faller et al.
2013).
Psychosoziale Krebsberatung
Die institutionalisierte ambulante psychosoziale Krebsberatung
stellt eine wichtige Anlaufstelle für Tumorpatienten und ihre Angehörigen in allen Phasen der Erkrankung dar (Wickert et al.
2013). Die
Aufgaben und Leistungen der psychosozialen Krebsberatungsstellen umfassen nicht nur psychologische Unterstützungsangebote wie psychoedukative Interventionen, Entspannungstechniken oder Hilfen zur Stressbewältigung, sondern auch sozialrechtliche Beratung zu Themen wie z. B. Schwerbehindertenrecht und berufliche Reintegration. Insbesondere nach Abschluss der Akutbehandlung haben sie auch eine Lotsen- und Vermittlungsfunktion, zumal sie in vielen Fällen in direkter Kooperation mit Akutkrankenhäusern oder onkologischen Schwerpunktpraxen tätig sind. Sie vermitteln weitergehende Unterstützungsangebote wie z. B. Selbsthilfegruppen, Psychotherapeuten oder Palliativeinrichtungen. Die Beratung kann in unterschiedlicher Form, d. h. im Einzel-, Paar- oder Gruppensetting erfolgen. Aufgrund zum Teil komplexer Problemlagen bei den Ratsuchenden stellt im Einzelfall die Koordination von Hilfen verschiedener weiterer Einzelanbieter psychosozialer Leistungen eine weitere wichtige Aufgabe der psychosozialen Krebsberatung dar (Giesler et al.
2015).
Künstlerische Therapien
Künstlerische Therapien
werden als begleitende Therapiestrategien vor allem in der Rehabilitation und Nachsorge von Krebspatienten eingesetzt. Zentrales therapeutisches Mittel der Künstlerischen Therapien sind die Materialien und Ausdrucksformen der bildenden (Malerei und Plastik) sowie der transitorischen Künste (Musik und Tanz). Durch künstlerische Therapien können seelische, soziale und auch physische Ressourcen aktiviert werden, zugleich werden seelische und geistige Funktionen des Menschen gestärkt (Schulze
2013).
Die häufigsten künstlerischen Therapieformen in der Onkologie sind Musik-, Kunst- und Tanztherapie. Kunsttherapeutische Vorgehensweisen orientieren sich unter anderem an tiefenpsychologischen, verhaltenstherapeutisch-lerntheoretischen, systemischen, anthroposophischen und ganzheitlich-humanistischen Ansätzen.
Die wissenschaftliche Überprüfung der Wirksamkeit der künstlerischen Therapie ist insgesamt noch in den Anfängen begriffen. Für Teilgebiete, wie die
Musiktherapie, liegen jedoch schon Evidenzanalysen vor, die die spezifische Wirksamkeit gut belegen (Bradt et al.
2021).
Psychoonkologische Versorgungsstrukturen
Durch gesundheitspolitische Bemühungen wie z. B. den Nationalen Krebsplan (Bundesministerium für Gesundheit
2017) und die Entwicklung der Psychoonkologie als wissenschaftliche Disziplin konnte in den letzten Jahren die psychoonkologische Versorgung in Deutschland deutlich verbessert werden. Die psychoonkologische Versorgung
erfolgt über unterschiedliche Einrichtungen in den verschiedenen Sektoren der Gesundheitsversorgung.
Im
Akutkrankenhaus wird die psychoonkologische Betreuung über Konsiliar- oder Liaisondienste bzw. integrierte Fachabteilungen (Bergelt et al.
2013) sichergestellt. Im Mittelpunkt stehen hier die psychoonkologische Beratung und Behandlung der Problemlagen vor allem in Zusammenhang mit der Diagnosemitteilung, Krankheitsverarbeitung, Behandlungsentscheidungen oder Nebenwirkungen der Akutbehandlung.
Die Schwerpunkte der psychoonkologischen Versorgung in der
Rehabilitation (ambulant oder stationär) liegen schwerpunktmäßig im Bereich der Beratung,
Psychoedukation, Vermittlung von Entspannungstechniken und Kurzzeitpsychotherapie (Weis und Giesler
2018; Bergelt et al.
2010). Bei Vorliegen von Funktions- und Fähigkeitsstörungen wie z. B. neuropsychologischen Leistungseinschränkungen werden darüber hinaus neuropsychologische Trainingsangebote eingesetzt (Treanor et al.
2016).
Durch die Verkürzung der stationären Liegezeiten kommt der
ambulanten psychoonkologischen Versorgung eine wichtige Aufgabe im Rahmen der psychosozialen Nachsorge zu. Im ambulanten Bereich stehen die psychosoziale Beratung durch die psychosozialen Krebsberatungsstellen und die
psychotherapeutische Versorgung durch spezialisierte niedergelassene Psychotherapeuten zur Verfügung. Darüber hinaus existieren verschiedene
Selbsthilfegruppen als Angebote der nicht-professionellen psychosozialen Unterstützung für Krebspatienten (Englert und Schulte
2013).
Ausblick
Eine Krebserkrankung bedeutet für die betroffenen Menschen sowie ihre Angehörigen einen schweren Einschnitt in ihr Leben und geht mit zahlreichen psychosozialen Problemen einher, die über den gesamten Verlauf einer Krebserkrankung auftreten und den Patienten sowie die Angehörigen belasten können. In der heutigen Krebsmedizin ist die psychoonkologische Beratung und Behandlung ein zentraler Bestandteil eines integrativen Behandlungsansatzes. Das frühzeitige Erkennen psychosozialer Probleme und Belastungen ist Voraussetzung dafür, den Patienten bedarfsgerecht beraten oder behandeln zu können.
Neben der allgemeinen Unterstützung der Krankheitsverarbeitung verfügt die Psychoonkologie heute auch über spezifische, auf einzelne Symptombereiche und Folgeprobleme ausgerichtete Interventionen, die in verschiedenen Behandlungssettings (Akutkrankenhaus, Rehabilitationsklinik, Krebsberatungsstellen, Psychotherapiepraxen) angeboten werden.
Die meisten Interventionen, die in der Psychoonkologie eingesetzt werden, sind durch zahlreiche Studien hinsichtlich ihrer Wirksamkeit gut belegt. Eine Information über die Möglichkeit psychoonkologischer Unterstützung sollte möglichst frühzeitig nach Diagnosestellung sowie über den gesamten Verlauf allen Patienten gegeben werden. Hierzu liegen mittlerweile umfangreiche Informationsmaterialien (Broschüren, Wegweiser etc.) seitens der Deutschen Krebshilfe, einzelner Fachverbände sowie von Selbsthilfeorganisationen vor.
Zur Identifikation der belasteten sowie beratungs- oder behandlungsbedürftigen Patienten stehen heute geeignete standardisierte Verfahren zur Verfügung. Sie helfen, eine angemessene diagnostische Abklärung einzuleiten und auf der Basis der Patientenwünsche die für den Patienten geeigneten Interventionen anzubieten. Ebenso erleichtern sie die Indikationsstellung für die verschiedenen Interventionen.
Die Psychoonkologie hat in den letzten Jahren vielfältige Fortschritte in der Versorgung und Forschung zu verzeichnen. Durch das von der Deutschen Krebsgesellschaft etablierte System der
Zertifizierung von Organzentren sowie onkologische Zentren hat sich die psychoonkologische Versorgung in den zertifizierten Akutkrankenhäusern deutlich verbessert. Trotz vieler Fortschritte und deutlichen Verbesserungen der psychosozialen Versorgung ist in Deutschland eine bedarfsgerechte psychoonkologische Versorgung insbesondere im ambulanten Sektor noch nicht flächendeckend sichergestellt. Daher wird auch im Nationalen Krebsplan der Bundesregierung die Verbesserung der psychosozialen und
psychotherapeutischen Versorgung von Krebspatienten insbesondere im ambulanten Bereich gefordert (BMG
2017; Herschbach und Mandel
2011).