Im Rahmen der onkologischen Therapie sind nach wie vor venöse Zugänge
essenziell. Hierbei muss zwischen peripheren venösen Zugängen, zentralvenösen Zugängen und implantierten Kathetersystemen unterschieden werden. Die Entscheidung, welcher Zugang gewählt wird, hängt ab von patientenindividuellen Risikofaktoren (z. B. Venenverhältnisse, Schweregrad der Erkrankung, ambulanter oder stationärer Status des Patienten), substanzsspezifischen Faktoren (z. B. hoch osmolare Lösungen, nekrotisierende Zytostatika, höher konzentrierte Elektrolytlösungen) und klinischer Situation (z. B. Intensivtherapie, zusätzliche Druckmessung erforderlich etc.). Tab.
1 zeigt einen Vergleich der unterschiedlichen Zugangssysteme.
Tab. 1
Vergleich verschiedener venöser Zugänge
Peripherer venöser Zugang | • | • | • | ••• |
Zentralvenöser Katheter | •• | •• | •• | •• |
Portsystem | ••• | ••• | ••• | • |
Zentralvenöse Katheter (ZVK)
Für eine längerfristige Anwendung bzw. die Anwendung gefäßtoxischer, hyperosmolarer Substanzen und nekrotisierender Zytostatika wird die Anlage eines Katheters
in eine größere, zentrale Vene empfohlen. Hierzu stehen verschiedene Typen des zentralvenösen Katheters zur Verfügung. Man unterscheidet generell zwischen
direkt punktierten und
getunnelten Systemen sowie
zentral oder
peripher angelegten zentralvenösen Kathetern. Vorteile zentralvenöser Zugänge sind die verlängerte Nutzungsdauer, die Reduktion des Paravasatrisikos, eine insgesamt niedrige Komplikationsrate sowie die zusätzliche Möglichkeit der
Blutentnahme und damit Verringerung der Zahl schmerzhafter Punktionen für den Patienten.
Die Anlage ist in den Händen eines erfahrenen Arztes relativ risikoarm. Im Jahr treten in Deutschland
20.000 nosokomiale Infektionen mit Erregernachweis im Blutstrom auf. Ursache hierfür sind
häufig infizierte Kathetersysteme, bei Intensivpatienten kommt es im Schnitt pro 1000 ZVK-Tagen zu 1,1 Sepsisfällen. Onkologische Patienten haben aufgrund der tumor- und therapieassoziierten Immunsuppression eine erhöhte Mortalität, weshalb insbesondere bei dieser Patientengruppe die Einhaltung der
Hygienemaßnahmen von immanenter Wichtigkeit ist. Wesentliche Maßnahmen sind
strikte Einhaltung der Händehygiene, Hautdesinfektion vor Anlage, Verwendung von Mantel,
Maske, Haube, Handschuhen und Lochtuch sowie die Vermeidung der Vena femoralis als Anlageort (Witte
2017).
Einfache zentralvenöse Katheter
Die Indikation zur Anlage eines zentralvenösen Katheters besteht im Bereich der Onkologie vor allem für die Applikation gefäßschädigender Medikamente, für Masseninfusion, für parenterale Ernährung sowie für Patienten mit längerer Aplasiedauer.
Mögliche Zugangswege sind die Venen im Halsbereich (Vv. jugulares interna und externa), Armvenen (V. basilica, V. subclavia und V. brachiocephalica) oder der in der Intensiv-und Notfallmedizin häufiger genutzte Zugang über die Leistenbeuge (V. femoralis).
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Für die Anlage sind die chirurgische Hautdesinfektion, die sterile Abdeckung und eine Lokalanästhesie obligat. Soweit verfügbar sollte vorab eine Lokalisation der Vene mithilfe der Sonografie durchgeführt werden.
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Bei Punktionen der V. jugularis bzw. V. subclavia kann die Kopftieflage zu einer Verbesserung der venösen Füllung und damit besserer Punktionsmöglichkeit führen.
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Je nach gewähltem System erfolgt die Anlage direkt oder mithilfe eines Führungsdrahts in Seldinger-Technik.
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Mögliche Risiken bei der Katheteranlage sind arterielle Fehlpunktionen sowie Verletzungen von Pleura und/oder Lunge.
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Mögliche weitere Komplikationen, die jedoch selten sind, sind Luftembolien, Läsionen des Nervenplexus sowie das Auslösen von
Herzrhythmusstörungen bei zu tief liegenden Kathetern oder Führungsdrähten.
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Die Spitze des Katheters sollte im Bereich der oberen Hohlvene liegen und die Klappenebene keinesfalls dauerhaft überschreiten, um Schäden an der Trikuspidalklappe zu vermeiden.
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Zum Ausschluss von Fehllagen sollte die Kontrolle mittels Röntgen-Thorax bzw. EKG-Ableitung über den Führungsdraht erfolgen.
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Bei Punktion der Vena subclavia oder Problemen während der Anlage empfiehlt sich der Ausschluss eines
Pneumothorax mit einem Röntgenbild.
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Vor jeder Nutzung des ZVK sollen eine hygienische Händedesinfektion sowie die Verwendung (steriler) Handschuhe erfolgen.
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Die Desinfektion von Hähnen und Anschlüssen vor jeder Manipulation ist obligatorisch.
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Die Indikation zum Belassen des ZVK sollte regelmäßig hinterfragt werden und ggf. der Wechsel auf einen peripheren venösen Zugang erwogen werden. Dies reduziert die Infektions- und Komplikationsrate (KRINKO
2017).
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Die Datenlage zu antimikrobiell imprägnierten Kathetersystemen zur Verhinderung von Infektionen ist nicht eindeutig. Eine Imprägnierung mit Benzalkoniumchlorid ergab keinen Vorteil, wohingegen die Imprägnierung mit Chlorhexidin und Silbersulfid zur Reduktion der Infektrate führte. Eine Empfehlung für oder gegen die Verwendung von beschichteten Kathetersystemen kann aktuell nicht erfolgen.
Eine Variante von zentralen Kathetern sind die PICC („peripherally inserted central venous catheters“). Nach Punktion der V. cephalica oder V. basilica wird ein einlumiger dünner Katheter bis in die V. cava superior vorgeschoben. Diese Systeme bieten sich für relativ kurze Behandlungszeiten auch im ambulanten Bereich an, da diese mehrere Wochen in situ verbleiben können. Bei Verwendung dieses Kathetersystems ist neben der Infektionsgefahr insbesondere die erhöhte Thrombosegefahr zu beachten und die Einstichstelle regelmäßig auch beim ambulanten Patienten zu kontrollieren.
Getunnelte zentralvenöse Katheter
Bei absehbarer längerer Verweildauer sowie bei Kindern bietet sich der Einsatz von getunnelten Kathetersystemen an. Wie beim mehrlumigen einfachen ZVK ist die gleichzeitige Gabe inkompatibler Substanzen über die getrennten Schenkel dieser Systeme möglich, auch großvolumige Flüssigkeitsgaben sind möglich. Das Infektionsrisiko ist insgesamt niedrig, die getunnelte Implantation ermöglicht längere Verweildauer, ein Nadelwechsel wie bei Portsystemen ist nicht erforderlich.
Die bekanntesten Systeme sind der Hickman-Katheter mit in der Regel 2 Lumen und einem Durchmesser von 1,6 mm sowie der Broviac-Katheter mit nur einem Lumen und einem geringeren Durchmesser von nur 1 mm. Die Kathetersysteme sind aus unterschiedlichen Kunststoffen, z. B. Silikon oder Polyurethan, und zum Teil teflonbeschichtet. An der Hauteintrittsstelle wird der Katheter von einem Dacron-Kragen (sog. „cuff“) abgedichtet.
Für die Anlage ist ein operativer Eingriff erforderlich. Nach Desinfektion und steriler Abdeckung sowie entsprechender Analgesie wird mithilfe eines Trokars der subkutane Tunnel in Richtung V. cephalica bzw. V. subclavia gebahnt. Danach erfolgt die Punktion der Vene und Anlage des Katheters mittels Seldinger-Technik. Üblich ist die direkte Lagekontrolle mittels C-Bogen noch im OP-Bereich.
Wesentliche Komplikationen bei der Anlage sind die arterielle Punktion, Verletzungen der Pleura, Verletzung des Plexus brachialis sowie Luftembolie und Herzrhythmusstörung. Im Weiteren können Thrombosen, Infektionen Dislokationen und Verschlüsse auftreten, selten sind Paravasate und Katheterbruch. Hauptanteil der Komplikationen sind Infektionen mit 60 %.
Portsysteme
Bei onkologischen Patienten mit schlechten Venenverhältnissen, der wiederholten Anwendung von nekrotisierenden Zytostatika sowie für Dauerinfusionen (z. B. 5-Fluorouracil) haben sich Portsysteme
etabliert. Hierzu wird eine Kammer, die mit einer Silikonmembran verschlossen ist, meist im Bereich unterhalb des Schlüsselbeins implantiert und mit einem Katheter, der mit Seldinger-Technik in die V. subclavia eingelegt wurde, konnektiert. Dadurch steht ein geschlossenes System mit Verbindung zu zentralen Venen auch kurzfristig zur Verfügung. Im Vergleich zu peripheren Zugängen besteht die Möglichkeit zur
Blutentnahme und im Vergleich zu einfachen ZVK eine längerfristige Benutzung sowie die Möglichkeit zu duschen bzw. bei abgeheilter Punktion auch zum Baden.
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Die Punktion sollte nur mit speziellen Nadeln (Huber-Nadeln), die nicht zum Ausstanzen von Löchern in der Membran führen, durchgeführt werden. Portkammern können aus Kunststoff oder Titan gefertigt sein. Insbesondere bei Metallkammern sind Artefakte in der radiologischen Diagnostik möglich.
Zu beachten ist außerdem, dass hohe Flussraten aufgrund des niedrigen Durchmessers der Portkatheter nicht möglich sind. Gegebenenfalls müssen ergänzende periphere venöse Zugänge angelegt werden.
Auch die Applikation beispielsweise von CT-Kontrastmittel sollte nicht über übliche Portsysteme erfolgen. Bei onkologischen Patienten mit schlechten peripheren Venen und der Notwendigkeit häufiger Kontrastmittelgaben unter hohem Druck zur Verlaufskontrolle der Metastasen empfehlen sich daher spezielle Hochdruckports. Diese sind verfügbar und als solche ausgewiesen. Die Patienten sollten einen Portausweis ausgehändigt bekommen, damit die Art der Nutzung bekannt ist.
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Üblicher Zugangsweg ist die V. subclavia oder die V. jugularis interna. Hierzu wird der Port meist pectoral eingesetzt. Um Folgekomplikationen zu vermeiden, sollte die Implantationsstelle sorgfältig ausgewählt werden.
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Zu beachten ist, dass bei einem
Mammakarzinom die Implantation auf der kontralateralen Seite erfolgen sollte. Die Lage sollte nicht zu weit medial sowie insbesondere bei Frauen nicht zu tief auf der Brust erfolgen. Der Bereich unter dem Träger des Büstenhalters bzw. Hosenträgers sollte möglichst vermieden werden.
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Bei kutanen Metastasen oder ossären Metastasen an Rippen oder Klavikula sollte ebenfalls die kontralaterale Seite verwendet werden. Ist eine pektorale Implantation nicht möglich (z. B. bei oberer Einflussstauung, vorbestehenden Thrombosen), ist die Implantation auch z. B. am Oberarm oder im Bauchbereich möglich.
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Durch einen Hautschnitt wird die Portkammer auf dem Musculus pectoralis fixiert und ebenfalls durch diesen Hautschnitt die entsprechende Vene in Seldinger-Technik punktiert. Zuletzt wird der Schlauch an der Portkammer konnektiert und die Haut verschlossen. Standard ist es, die Lage des Katheters unmittelbar postoperativ mit Bildwandler zu kontrollieren.
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Jegliche Manipulation am Port soll mit sterilen Materialien erfolgen. Die Verwendung des Systems ist unmittelbar postoperativ möglich. Es empfiehlt sich dann, den Port noch im OP-Saal unter sterilen Bedingungen zu punktieren. Bei richtiger Lage der Portnadel entsteht ein kratzendes Geräusch bzw. ein deutlicher Widerstand, wenn die Portnadel die Hinterwand des Systems trifft.
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Zur Kontrolle der korrekten Lage sollte zunächst Blut aspiriert und das System anschließend mit isotoner Kochsalzlösung gespült werden.
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Für die Injektion über ein nicht Hochdruck-geeignetes Portsystem sollten nur Spritzen mit einem Volumen von 10 ml oder mehr verwendet werden, um die Druckbelastung im System niedrig zu halten. Bei kleineren Spritzen sind die entstehenden Drücke so groß, dass es zu Schäden am Portsystem kommen kann.
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Bei Widerstand bei der Injektion sollte die Portdarstellung erfolgen und keinesfalls die Injektion mit höherem Druck fortgeführt werden.
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Um Thrombosen innerhalb des Systems zu vermeiden, ist nach jeder Verwendung die Spülung erforderlich. Sowohl die ASCO- als auch die ESMO-Leitlinie empfehlen hierzu die Verwendung von 0,9 % NaCl-Lösung; der routinemäßige Einsatz von
Heparinlösungen kann nicht empfohlen werden (Moureau und Lamperti
2013; Randolph und Cook
1998)