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Zytostatikabeschichtete Beads

Verfasst von: Tobias F. Jakobs
Die transarterielle Chemoembolisation (TACE) wird als Standardtherapie bei Patienten mit intermediärem HCC (BCLC-Kriterien) angesehen. Die konventionelle TACE erfolgt mit einem Chemotherapeutikum in Emulsion mit einem öligen Kontrastmittel und nachfolgender Embolisation der tumorversorgenden Arterien. In Studien zeigte sich, dass das Chemotherapeutikum bei der konventionellen TACE zeitnah in die Blutbahn ausgeschwemmt wird und dementsprechend systemische und hepatotoxische Nebenwirkungen gehäuft auftreten. Drug-eluting Beads (DEB) hingegen sind permanent embolisierende Mikrosphären, die das Chemotherapeutikum zeitverzögert abgeben, sodass die Konzentration im Zielgebiet, dem hepatozellulären Karzinom (HCC), deutlich höher ist, während die systemische Belastung signifikant reduziert wird. Eine randomisierte Studie zeigte, dass die DEBTACE zum verbesserten Ansprechen des HCC führt und Nebenwirkungen signifikant weniger auftreten. Daher kann die DEBTACE als wertvolle, besser verträgliche Alternative zur konventionellen TACE beim HCC angesehen werden.

Einleitung

Hepatozelluläres Karzinom
Das hepatozelluläre Karzinom (HCC) ist weltweit die dritthäufigste krebsbedingte Todesursache (Parkin et al. 2001). In den letzten Jahrzehnten ist es zu einer starken Zunahme der HCC-Inzidenz gekommen, für den Zeitraum 1975 bis 2005 wird für die USA sogar zu einer Verdreifachung der altersbezogenen Inzidenz beschrieben (Altekruse et al. 2009). Zwar konnte zwischen 1992 und 2004 eine Verdoppelung der 2- und 4-Jahres-Überlebensraten dokumentiert werden, dies ist aber im Wesentlichen ein Erfolg der Früherkennung, die zu einer früheren Diagnosestellung in lokalen und regionalen Tumorstadien führt. Nichtsdestotrotz werden die meisten HCCs weiterhin in klinisch fortgeschritteneren Stadien diagnostiziert. Da für diese Patienten bisher kaum wirkungsvolle Therapiemöglichkeiten existierten, sind die 1- und 5-Jahres-Überlebensraten mit 50 % bzw. 10 % weiterhin sehr niedrig (Altekruse et al. 2009). Aufgrund der zunehmenden Inzidenz und der weiter niedrigen Überlebensraten bleibt das HCC in den nächsten Jahrzehnten daher weiterhin eine große klinische Herausforderung, die gemeinsamer interdisziplinärer Anstrengungen bedarf.
Risikofaktoren des HCC
90 % aller HCC entstehen auf dem Boden einer vorbestehenden chronischen Lebererkrankung oder Zirrhose. Das höchste Risiko, ein HCC zu entwickeln, haben Patienten mit einer chronischen Virushepatitis. In Ländern der westlichen Welt ist dies im Wesentlichen die Hepatitis C, in Südostasien dagegen die Hepatitis B. So ist die jährliche HCC-Inzidenz bei Patienten mit Hepatitis-C-Virus-(HCV-)assoziierter Leberzirrhose zwischen 2 % und 8 %, und HCV-positive Personen haben ein 20-fach erhöhtes HCC-Risiko (Sun et al. 2003).
Neben der alkoholtoxischen Leberzirrhose, der Hämochromatose und der primär biliären Zirrhose sind der Diabetes mellitus und die Adipositas bedeutsame Risikofaktoren des HCC, die in engem Zusammenhang mit dem Lebensstil in der westlichen Welt stehen. Die dem HCC meist zugrunde liegende Leberzirrhose mit Leberinsuffizienz verkompliziert die Therapie des HCC:
  • So weisen Patienten mit kompensierter Child-Pugh-A-Zirrhose ohne HCC noch 1- und 2-Jahres-Überlebensraten von 95 % und 90 % auf.
  • Bei Child-Pugh-B-Zirrhose fallen die Überlebensraten dagegen schon auf 80 % bzw. 70 % ab (D’Amico et al. 2006).
  • Patienten mit dekompensierter Child-Pugh-C-Zirrhose haben aufgrund ihrer Leberinsuffizienz sogar ein Risiko von 50 % im Laufe des kommenden Jahres zu versterben.
Transarterielle Chemoembolisation
Zur Einschätzung der Prognose und Planung der geeigneten Therapie des HCC hat sich insbesondere das BCLC-System der Barcelona Clinic for Liver Disease bewährt (Abb. 1) (Forner et al. 2018). Nur etwa ein Drittel aller Patienten können mittels Resektion, Transplantation oder lokaler Tumorablation kurativ behandelt werden. In den lokal fortgeschrittenen Fällen (BCLC B) kommt vor allem die transarterielle Chemoembolisation (TACE) zum Einsatz.
Da kurative Therapien nur in 30–40 % der Patienten mit HCC angewandt werden können, stellt die intraarterielle Therapie das am häufigsten eingesetzte Verfahren zur palliativen Behandlung des hepatozellulären Karzinoms dar (Llovet et al. 2003; Llovet und Bruix 2003; Lo et al. 2002).
Zu unterscheiden sind im Wesentlichen drei Techniken (Basile et al. 2012; Marelli et al. 2007):
  • Konventionelle transarterielle Chemoembolisation (cTACE)
  • Transarterielle Embolisation (TAE)
  • Transarterielle Chemoembolisation mit Drug-eluting Beads (DEBTACE)
Am häufigsten wird als Chemotherapeutikum bei der TACE Doxorubicin eingesetzt, gefolgt von Cisplatin, Epirubicin, Mitoxantron und Mitomycin C (Marelli et al. 2007). Bis heute liegen keine Ergebnisse klinischer Studien vor, welche die Überlegenheit eines bestimmten Chemotherapeutikums oder deren Kombination gegenüber der Monotherapie belegen.
Als Embolisat zum Abschluss einer cTACE wird weltweit am häufigsten Gelatine (Gelfoam®) eingesetzt, wodurch eine temporäre Okklusion der tumorversorgenden Arterien für etwa zwei Wochen erreicht wird. Alternativen sind biodegradierbare Stärkemikrosphären (EmboCept®), Polyvinylalkohol-(PVA-)Partikel (Contour SE®) und Mikrosphären (Bead Block®).
Patienten, die für eine kurative Therapie nicht infrage kommen und die keine extrahepatische Metastasierung aufweisen, sollten für eine transarterielle Chemoembolisation evaluiert werden.
Hauptkontraindikationen sind:
  • Pfortaderhauptstammthrombose
  • Portosystemische Anastomosen
  • Hepatofugaler Blutfluss
Die objektiven Ansprechraten auf die TACE liegen zwischen 16 % und 60 %, das Gesamtüberleben nach 1, 2, und 5 Jahren wird mit im Mittel 62 %, 42 % und 19 % angegeben (Marelli et al. 2007).
Der Überlebensvorteil eines Patienten durch die TACE wird ganz entscheidend von der Tumorlast, der Leberfunktion und dem Allgemeinzustand beeinflusst. Die besten Kandidaten für eine TACE sind daher Patienten im Child-Pugh-Stadium A (Abb. 2).
Als häufigste Nebenwirkung der TACE wird das Postembolisationssyndrom (60–80 % der Patienten; transiente abdominelle Beschwerden, Fieber, erhöhte Transaminasen) beschrieben (Sattler et al. 2018). Seltenere Komplikationen sind die Entwicklung eines progredienten Aszites, Leberversagen, gastrointestinale Blutungen, Nierenversagen, Enzephalopathie sowie Leberabszesse.

Konventionelle transarterielle Chemoembolisation

Bei der konventionellen transarteriellen Chemoembolisation (cTACE) werden über die Leberarterien Chemotherapeutika in Kombination mit dem öligen Kontrastmittel Lipiodol® als Trägersubstanz injiziert sowie anschließend ein zusätzliches Embolisat verabreicht.
Die cTACE gilt bei Patienten mit intermediärem, lokal fortgeschrittenem HCC (BCLC B) als Therapiestandard. Diese Empfehlung beruht im Wesentlichen auf zwei systematischen Analysen von randomisierten Studien, welche die cTACE/TAE vs. „best supportive care“ bei Patienten mit nicht resektablem HCC evaluiert haben (Llovet und Bruix 2003).
Bemerkenswert ist, dass nur sieben Studien, alle zwischen 1988 und 2002 publiziert, die Einschlusskriterien für diese Metaanalyse erfüllten und tatsächlich nur zwei Studien auch einen Überlebensvorteil der Patienten, die mittels der cTACE behandelt wurden, belegen konnten.
Nichtsdestotrotz zeigte die systematische Aufarbeitung der Studien einen signifikanten Überlebensvorteil für cTACE-Patienten nach zwei Jahren. Während zwei weitere in der Folge publizierte Metaanalysen den positiven Effekt der cTACE auf das Gesamtüberleben der Patienten im Vergleich zur „best supportive care“ bestätigten, konnte eine Überlegenheit der cTACE gegenüber der TAE bei der Auswertung randomisierter Vergleichs- und Kohortenstudien nicht festgestellt werden (Marelli et al. 2007; Camma et al. 2002; Malagari et al. 2010; Meyer et al. 2013). Die Tatsache, dass in den meisten publizierten Studien die TAE der cTACE bzgl. des Gesamtüberlebens unterlegen war, führte dazu, dass internationale Leitlinien letztendlich die cTACE für das lokal fortgeschrittene, intermediäre HCC als Therapiestandard empfehlen (Heimbach et al. 2018; European Association for the Study of the Liver 2018).
Unabhängig dieser Empfehlung der internationalen Leitlinien bleiben jedoch einige Aspekte der cTACE ungeklärt. Eines der größten Probleme ist, dass die Durchführung der cTACE in den verschiedenen Ländern oder Kliniken nicht vereinheitlicht wurde und dementsprechend eine Vielzahl unterschiedlicher cTACE-Protokolle existieren, welche die Vergleichbarkeit der Ergebnisse und Studien untereinander erheblich erschweren bzw. die Durchführung internationaler, multizentrischer Studien nahezu unmöglich machen. So unterschieden sich zwei positiven cTACE-Studien bzgl. der Dosis des Chemotherapeutikums und des Zeitintervalls zwischen zwei Behandlungen erheblich (Lo et al. 2002; Llovet et al. 2002).
Llovet et al. adjustierten die Dosis des Chemotherapeutikums (Doxorubicin) entsprechend des Bilirubin-Wertes mit Durchführung der cTACE zu Beginn, nach zwei Monaten und nach sechs Monaten, während Lo et al. bei der cTACE Cisplatin als Chemotherapeutikum einsetzten und die cTACE alle zwei bis drei Monate bis zur Tumorprogression, dem Auftreten von schweren Nebenwirkungen oder der hepatischen Dekompensation wiederholten.
Weitere relevante Unklarheiten gibt es auch bei der Technik zur Durchführung der cTACE. So existieren Unterschiede bzgl. der Katheterpositionierung innerhalb der Leberarterien (lobar, segmental, superselektive), wobei dies aber auf die Verträglichkeit und die Wirksamkeit der cTACE durchaus einen erheblichen Einfluss zu haben scheint (Bouvier et al. 2011).

Drug-eluting-Bead-TACE (DEBTACE)

Die Einführung der Drug-eluting-Bead-(DEB-)Plattform erfolgte primär in der Absicht, die Exposition des Tumors mit dem Chemotherapeutikum zu verstärken und gleichzeitig die systemische Toxizität zu minimieren.
DEB sind permanent embolische Mikrosphären (in unterschiedlichen Größen verfügbar), die mit einem Chemotherapeutikum (meist Doxorubicin/Epirubicin) beladen werden können, das dann verzögert an die Umgebung abgeben wird. Diese Eigenschaft erlaubt somit eine lokal hohe Konzentration des Chemotherapeutikums im Tumor bei gleichzeitig deutlich herabgesetzter Konzentration des Therapeutikums im Blutserum.
Studien konnten belegen, dass Patienten, die mit DEBTACE behandelt wurden, im Vergleich zu Patienten, die mit einer cTACE behandelt wurden, eine erheblich niedrigere Serumkonzentration des Chemotherapeutikums aufwiesen (Lewis et al. 2007).
Der Einfluss des Chemotherapeutikums bei der DEBTACE wurde in einer randomisierten Studie untersucht, in der die DEBTACE mit der TAE mit nichtbeladenen Mikrosphären identischer Größe verglichen wurde. Die DEBTACE war
  • mit einer signifikant besseren Tumoransprechrate (CR; 26,8 % vs. 14 %) (Abb. 3),
  • weniger Rezidiven (45,7 % vs. 78,3 %) innerhalb eines Beobachtungszeitraumes von zwölf Monaten und
  • einem verlängerten Zeitraum bis zur Tumorprogression (TTP; 42,4 ± 9,5 Wochen vs. 36,2 ± 9 Wochen)
im Vergleich zur TAE verbunden. Dies favorisiert die Addition eines Chemotherapeutikums im Rahmen der DEBTACE, auch wenn sich in dieser Studie kein Überlebensvorteil für die DEBTACE-Patienten ermitteln lies (Malagari et al. 2010).
In einer weiteren Studie konnten höhere Tumornekroseraten bei der Verwendung von DEB verglichen mit der blanden Embolisation mit nichtbeladenen Beads identischer Größe ermittelt werden (Nicolini et al. 2010).
Dieses Ergebnis wurde durch die histopathologische Auswertung der Tumoren nach Lebertransplantation bestätigt. Eine randomisierte Phase-II-Studie mit 212 Patienten zum Vergleich der konventionellen, Lipiodol®-basierten TACE mit Doxorubicin gegenüber der Behandlung mit DEBTACE zeigte, dass die DEBTACE gegenüber der konventionellen TACE eine höhere Rate an Fällen mit komplettem (27 % vs. 22 %) und objektivem Ansprechen (52 % vs. 44 %) als auch mit Krankheitsstabilisierung (63 % vs. 52 %) erzielte (Lammer et al. 2010), auch wenn der primäre Endpunkt der Studie, Ansprechen des Tumors nach sechs Monaten, nicht erreicht wurde. Ferner wurde ein signifikanter (p = 0,038) Anstieg des Ansprechens bei Patienten mit fortgeschrittener Erkrankung (Child-Pugh B, ECOG-1-Performance-Status, Befall beider Leberlappen, Rezidiv nach kurativer Therapie) beobachtet. Ob die cTACE/DEBTACE überhaupt bei diesen fortgeschrittenen Tumorstadien eingesetzt werden sollte, ist regelmäßig Diskussionsgegenstand und hat bis dato daher in die internationalen Leitlinien auch noch keinen Einzug erhalten.
Der potenziell positive Einfluss der DEBTACE auf das Gesamtüberleben der Patienten wurde in einer weiteren, prospektiv-randomisierten Multicenterstudie im Vergleich zur Lipiodol®-basierten cTACE mit Epirubicin und nachfolgender Okklusion der tumorversorgenden Arterie mit Gelatine (Gelfoam®) untersucht (Golfieri et al. 2014). In diese Studie wurden insgesamt 177 HCC-Patienten mit einer Nachbeobachtungszeit von mindestens 2 Jahren eingeschlossen. Nachdem sich in einer Interimsanalyse bzgl. des Gesamtüberlebens, des radiologischen Ansprechverhaltens und der Nebenwirkungsrate zwischen den beiden Techniken der transarteriellen Chemoembolisation keine signifikanten Unterschiede ergaben, wurde die Studie vorzeitig abgebrochen. Das Auftreten des Postembolisationssyndroms wurde allerdings im DEBTACE-Arm der Studie signifikant seltener beobachtet.
Die Autoren dieser Studie schlussfolgerten daher, dass der Routineeinsatz der DEBTACE aufgrund der Gleichwertigkeit der Ergebnisse bei gleichzeitig höheren Kosten fraglich sei. Es muss allerdings erwähnt werden, dass die maximal erlaubte Doxorubicin-/Epirubicin-Dosis in dieser Studie auf 75 mg limitiert war und die eingeschlossenen Patienten insgesamt eine eher geringe Tumorlast aufwiesen. 46 % der untersuchten Patienten hatten ein „early HCC“ (BCLC A), nur 11 % der Patienten mehr als drei HCC-Herde, nur 20 % der Patienten hatten eine bilobäre Tumorausdehnung, und der mediane Tumordurchmesser betrug nur 2,6 cm.
Entsprechend wurden durch das Studiendesign bzw. die Einschlusskriterien gerade die Patienten ausgeschlossen, die potenziell von den Vorteilen der DEBTACE, namentlich der höheren Dosis des Chemotherapeutikums bei gleichzeitig niedriger systemischer Toxizität bei größerer Tumorlast der Leber, profitieren könnten, wie dies ja auch in der PRECISION-V-Studie demonstriert werden konnte (Lammer et al. 2010). Demnach belegt diese Studie vor allem, dass Patienten mit einer gut erhaltenen Leberfunktion bei wenig fortgeschrittener Leberzirrhose und nur geringer Tumorlast von beiden TACE-Techniken (cTACE und DEBTACE) im gleichen Maße profitieren.
Auch wenn ein Vorteil des Gesamtüberlebens bei Anwendung der DEBTACE gegenüber der cTACE noch nicht abschließend bewiesen werden konnte, sollte die DEBTACE zukünftig aufgrund ihrer stärker standardisierten Durchführungstechnik und damit verbesserten Vergleichbarkeit als auch der geringer systemischen Toxizität und damit verbesserten Patientenverträglichkeit als Therapiemethode der Wahl insbesondere bei der Durchführung klinischer Studien eingesetzt werden.

Heterogenes Patientenkollektiv: Intermediäres HCC

Alle internationalen Leitlinien empfehlen die Anwendung der transarteriellen Chemoembolisation bei HCC-Patienten mit einem intermediärem Tumorstadium (BCLC B). Zum Zeitpunkt der Erstdiagnose erfüllen jedoch nur ca. 10–15 % der Patienten diese Definition. Unabhängig davon ist die TACE weltweit betrachtet eine der am häufigsten eingesetzten Erstlinientherapien für HCC-Patienten, auch wenn die Hälfte der Patienten formal in die Kategorie BCLC C fällt. Selbst wenn die behandelnden Ärzte der Definition des intermediären HCC gemäß den BCLC-Kriterien für die Indikationsstellung zur TACE folgen, ergeben sich doch innerhalb dieser Gruppe erhebliche Unterschiede in Bezug auf Leberfunktion und Tumorlast (Bolondi et al. 2012; Raoul et al. 2011).
Die herausragenden Überlebensraten der HCC-Patienten in einigen DEBTACE-Kohortenstudien mögen eher durch eine enggefasste Patientenauswahl erklärbar sein denn durch entscheidende Fortschritte bei den therapeutischen Optionen (Burrel et al. 2012; Malagari et al. 2012; Takayasu et al. 2012). In der Tat wurden bei diesen Studien vornehmlich Patienten mit einer geringen Tumorlast (BCLC A oder BCLC B gerade außerhalb der Milan-Kriterien) und gut erhaltener Leberfunktion (Child-Pugh A) eingeschlossen. Diese Studien sind z. B. für die Ausdehnung der Resektions- oder Transplantationskriterien für HCC-Patienten gerade außerhalb der Milan-Kriterien bei gut erhaltener Leberfunktion, aber schon intermediärem Tumorstadium (BCLC B) von großer Bedeutung, die von einigen Studien propagiert wird (Zhong et al. 2014).
Diese Studien liefern jedoch keine Antwort auf die Frage, wie mit den verbliebenen Patienten mit einer größeren Tumorlast und einer eingeschränkten Leberfunktion umgegangen werden soll, die aber formal dem intermediärem Tumorstadium entsprechen. Die weiter oben in diesem Kapitel vorgestellten Studien belegen, dass diese Patienten von einer transarteriellen Chemoembolisation profitieren, daher würde eine strengere Indikationsstellung für die TACE die Ergebnisse per se zwar verbessern, würde allerdings auch etwas weiter fortgeschrittene Patienten innerhalb der intermediären HCC-Gruppe von potenziell effektiven Therapieoptionen ausschließen.
Die meisten internationalen HCC Leitlinien empfehlen eine „stage migration“, das einen Wechsel auf die nächste evidenzbasierte Therapiemethode (in der gleichen oder auch anderen BCLC-Gruppe) bedeutet. Ein Patient, der aus den oben genannten Gründen (eingeschränkte Leberfunktion, größere Tumorlast) daher z. B. als „ungeeignet“ für die TACE angesehen wird, würde als nächstes einer systemischen Therapieoption z. B. mit Sorafenib zugeführt werden, das bestenfalls pragmatisch erscheint, denn der Überlebensvorteil für Patienten in einem intermediärem Tumorstadium mit systemischer Therapie, das zeigen randomisierte Daten, ist nur gering ausgeprägt (medianes Gesamtüberleben: 14,5 Monate vs. 11,4 Monate) (Bruix et al. 2012). Dieser geringe Überlebensvorteil muss auch vor dem Hintergrund betrachtet werden, dass in die o. g. SHARP-Studie ausschließlich Patienten mit einer Child-Pugh-A-Zirrhose und dementsprechend guter Leberfunktion eingeschlossen wurden.

Zusammenfassung und Perspektive

Um für jeden HCC-Patienten das für ihn optimale Therapiekonzept zu entwickeln, ist eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit notwendig. Unter Berücksichtigung der Tumorgröße, des Tumorbefallmusters, der Leberfunktion und des Allgemeinzustands muss die Behandlung gewählt werden, die bei akzeptabler Morbidität und Mortalität den bestmöglichen Therapieerfolg ermöglicht. In den meisten Zentren weltweit wird zur Identifizierung der geeigneten Therapieoption häufig das BCLC-System angewendet.
Bei Patienten mit intermediärem HCC (BCLC B) gilt, trotz der inhomogenen Patientengruppe, die transarterielle Chemoembolisation als Therapiestandard. Diese Empfehlung basiert im Wesentlichen auf zwei älteren, prospektiv-randomisierten Studien, die einen Überlebensvorteil der cTACE gegenüber der TAE bzw. „best supportive care“ belegen.
In den letzten Jahren erhielt vermehrt die transarterielle Chemoembolisation mit Drug-eluting Beads Einzug in die Routineversorgung der Patienten. Auch wenn der Nachweis eines Überlebensvorteils bei der Anwendung dieser Technik bisher nicht erbracht werden konnte, zeichnet sich die DEB-Plattform für den Patienten durch einige Vorteile aus:
  • Verzögerte Zytostatika-Freisetzung im Vergleich zur cTACE und damit reduzierte systemische Toxizität
  • Ein weniger deutlich ausgeprägtes Postembolisationssyndrom
  • Überlebensvorteile bei Patienten mit fortgeschrittenerer Tumorlast (bilobär), fortgeschrittener Leberzirrhose (Child-Pugh B) und leicht reduziertem Allgemeinzustand (ECOG 1)
  • Verbesserte Ansprechraten der HCC-Herde
  • Durchführung der DEBTACE im Vergleich zur cTACE ist besser standardisiert und reproduzierbar, wodurch sich die DEB-Plattform insbesondere für die Durchführung zukünftiger Studien anbietet, auch wenn initiale Ergebnisse z. B. in der Kombination mit Sorafenib eher enttäuschend waren (Lencioni et al. 2016)
Durch die stete Weiterentwicklung der DEB-Plattform mit z. B. kleineren und enger kalibrierten Größen, unterschiedlichen Oberflächeneigenschaften sowie modifizierter Pharmakokinetik wird sich der Einsatz in naher Zukunft insbesondere innerhalb klinischer Studien ausdehnen.
Literatur
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