Die verzweigtkettige Hydroxycarbonsäure staut sich bei Defekten im Stoffwechsel der verzweigtkettigen Aminosäure Leucin an.
Struktur
C5H10O3; Strukturformel:
×
Molmasse
118,13 g.
Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination
Verschiedene Enzymdefekte im Katabolismus der verzweigtkettigen Aminosäure Leucin, die sich in unterschiedlichen klinischen Erscheinungsformen darstellen, führen zur pathologisch vermehrten Bildung von 3-Hydroxyisovaleriansäure:
Im Fall der pathologischen Akkumulation von Isovaleryl-CoA, einem Intermediat im Stoffwechsel der Aminosäure Leucin, bei einem Defekt der Isovaleryl-CoA-Dehydrogenase werden durch alternative Reaktionswege (Isovalerianazidurie) anormale Metabolite gebildet, unter anderem durch (ω-1)-Oxidation die 3-Hydroxyisovaleriansäure.
Nach Anreicherung von 3-Methylcrotonyl-CoA infolge eines 3-Methylcrotonyl-CoA-Carboxylasedefekts (3-Methylcrotonylglyzinurie) oder von Defekten der beiden darauffolgenden Enzyme wird 3-Hydroxyisovaleriansäure durch die Wirkung einer Crotonase mit nachfolgender Hydrolyse des CoA-Esters gebildet.
Bei Funktionsstörungen im Biotinstoffwechsel (Biotinidase- oder Holocarboxylase-Synthetasemangel) kommt es durch eine verringerte Carboxylasenaktivität zur Akkumulation von 3-Methylcrotonyl-CoA (s. o.).
Die 3-Hydroxyisovaleriansäure verteilt sich in allen Körperflüssigkeiten. Sie wird effizient renal ausgeschieden.
Funktion – Pathophysiologie
Die 3-Hydroxyisovaleriansäure ist ein Intermediärmetabolit im Abbau von Leucin und hat keine bekannte physiologische Funktion. Erhöhte Konzentrationen hemmen den mitochondrialen Energiestoffwechsel (Laktatazidose, Hyperammonämie) und die Entwicklung granulopoetischer Stammzellen (Panzytopenie).
Unerklärte Ketoazidosen, vor allem im Säuglings- und Kleinkindesalter, Hypoglykämie oder Hyperammonämie, Gedeihstörung, progrediente psychomotorische Retardierung.
Interpretation
Erhöhte Ausscheidungen von 3-Hydroxyisovaleriansäure im Urin werden bei Leucinabbaudefekten sowie bei Biotinstoffwechselerkrankungen gefunden. Eine Differenzierung ist möglich durch die Konstellation weiterer pathologischer Metabolite:
Bei einer Isovalerianazidurie infolge eines Defekts der Isovaleryl-CoA-Dehydogenase werden neben 3-Hydroxyisovaleriansäure auch Isovaleriansäure und v. a. Isovalerylglyzin erhöht gefunden.
Bei einer 3-Methylcrotonylglyzinurie infolge eines Defekts der 3-Methylcrotonyl-CoA-Carboxylase (MCC) wird 3-Methylcrotonylglyzin als weiterer Metabolit nachgewiesen.
Bei der 3-Methylglutaconazidurie Typ I infolge eines Defekts der 3-Methylglutaconyl-CoA-Hydratase werden neben 3-Hydroxyisovaleriansäure 3-Methylglutaconsäure und 3-Methylglutarsäure ausgeschieden.
Bei der 3-Hydroxy-3-Methylglutarazidurie infolge eines Defekts der 3-Hydroxy-3-Methylglutaryl-CoA-Lyase werden neben 3-Hydroxyisovaleriansäure, 3-Methylglutaconsäure und 3-Methylglutarsäure und besonders die 3-Hydroxy-3-Methylglutarsäure vermehrt gebildet. Des Weiteren lässt sich 3-Methylcrotonylglyzin im Urin nachweisen.
Im Fall eines Biotinidase- oder Holocarboxylase-Synthetasemangels werden zusätzlich zu Derivaten des 3-Methyl-Crotonyl-CoAs vermehrt Laktat und Derivate des Propionyl-CoAs gebildet.
Diagnostische Wertigkeit
Erhöhte Konzentrationen von 3-Hydroxyisovaleriansäure sind obligat als pathologisch zu werten und Ausdruck einer monogenen Leucin- bzw. Biotinstoffwechselstörung.
Die weitere Differenzierung erfordert Kenntnisse über die o. g. weiteren Metabolite bzw. die enzymatische oder molekularbiologische Bestätigungsdiagnostik.
Literatur
Blau N, Duran M, Gibson KM, Dionisi-Vici C (Hrsg) (2014) Physician’s guide to the diagnosis, treatment, and follow-up of inherited metabolic diseases. Springer, Berlin/Heidelberg