Alkoholmissbrauchskenngrößen
Alkoholmissbrauchskenngrößen
Kenngröße Anstieg bei Alkoholmissbrauch | Pathobiochemischer Mechanismus | Bewertung der diagnostischen Aussagekraft |
---|---|---|
Mittleres Erythrozytenvolumen (MCV) | Anstieg durch Ethanoltoxizität und durch Vitaminmangel (Folsäure, Vitamin B12) | Oft zur Diagnose herangezogen, obwohl vielfältige Zustände zu falsch-positiven Diagnosen führen können, z. B. Vitaminmangel, Retikulozytosen und hämatologische Tumoren, nicht alkoholische Lebererkrankungen, Rauchen und Drogenmissbrauch Diagnostische Aussagekraft zusätzlich reduziert durch verzögerte Ansprechzeit aufgrund der Erythrozytenlebensdauer von ca. 120 Tagen |
Aspartat-Aminotransaminase-(AST-)/Alanin-Aminotransaminase-(ALT-)Aktivitäten im Serum und AST/ALT-Quotient | Anstiege über den Referenzbereich für die einzelnen Enzyme und AST/ALT-Quotienten >2 Einzelenzyme zu unempfindlich und unspezifisch, wenn überhaupt sollte der Quotient betrachtet werden, dennoch zu viele Ursachen für falsch-positive Befunde, z. B. Skelett-und Myokardmuskelerkrankungen, nicht alkoholische Lebererkrankungen | |
Glutamatdehydrogenase-(GLDH-)Aktivität im Serum | Bevorzugte Schädigung der GLDH-reichen Hepatozyten der perivenösen Zone | Diagnostische Sensitivität und Spezifität zu gering, stark beeinflusst durch nicht alkoholische Lebererkrankungen |
Acetaldehydkonzentration in Serum oder Plasma | Acetaldehyd ist Zwischenprodukt des Ethanolabbaus, Abnahme der Aldehyddehydrogenase-Aktivität durch Acetaldehyd-induzierte Mitochondrienschädigung und damit Akkumulation von Acetaldehyd im Blutkreislauf | Geringe diagnostische Wertigkeit aufgrund der raschen Metabolisierung innerhalb weniger Stunden, verbessert bei Betrachtung der Acetaldehydkonzentration in den Erythrozyten |
Acetaldehyd-Amin-Addukte | Bildung von Kondensationsprodukten von Acetaldehyd mit Katecholaminen (Tetrahydroisochinoline) und Tryptamin/Serotonin (Tetrahydro-β-Carbolin) | Geringe diagnostische Spezifität Acetaldehyd-Amin-Addukte sind Bestandteil vieler Nahrungsmittel |
Antikörper gegen Acetaldehyd-Addukte | Im Tiermodell wirken die Addukte antigen | Unzureichend untersucht, erhöhte Titer bei alkoholischen und nicht alkoholischen Lebererkrankungen |
Acetatkonzentration in Serum oder Plasma | Verstärkter Anfall durch Ethanolabbau Induktion der ethanolabbauenden Enzyme durch frequenten Alkoholkonsum mit schnellerem und stärkerem Anstieg des Acetats | Nicht erhöht bei Normalkonsum, noch nicht hinreichend klinisch validiert |
α-Amino-n-Buttersäure und α-Amino-n-Buttersäure/Leucin-Quotient im Plasma | Nutritive und metabolische Einflüsse wirken gleichsinnig auf beide Aminosäuren, während chronischer Alkoholkonsum eher die α-Amino-n-Buttersäure-Konzentration beeinflusst | 2- bis 3-fach erhöhte α-Amino-n-Buttersäure-Konzentration bei Alkoholikern, Anstieg des Quotienten unter Alkoholmissbrauch, falsch-positive Befunde bei Ketoazidose und nicht alkoholischen Lebererkrankungen, reagiert schnell auf Abstinenz und Rückfall, deshalb für Verlaufskontrolle und nicht für Screening propagiert, analytisch aufwendig |
Apolipoproteine AI und AII und HDL-Cholesterin im Serum | Induktion mikrosomaler Enzyme mit gesteigerter AI-, AII- und HDL-Synthese, erhöhter VLDL-Umsatz durch stimulierte Lipoproteinlipase | Können in Kombination mit anderen Kenngrößen diagnostisch wertvoll sein, insgesamt jedoch zu unempfindlich und unspezifisch, Anstieg auch schon bei normalem Alkoholkonsum |
Mitochondriales Isoenzym der AST (mAST) | Weitgehend selektive Schädigung der Hepatozytenmitochondrien durch Ethanol mit Austritt der mAST | Vor allem bei Alkoholikern, aber auch bei nicht alkoholischen Lebererkrankungen erhöht |
Aldehyddehydrogenase-Aktivität der Erythrozytenaktivität | Ethanolinduzierte Enzymschädigung | Schwache Überschneidung zwischen Alkoholikern und Gesunden, deshalb recht spezifisch, zu träge in Bezug auf Abstinenz- und Rückfalldiagnostik |
β-Hexosaminidase-Aktivität im Serum | Unbekannt | Erhöhte Aktivitäten auch bei Schwangerschaft und nicht alkoholischen Lebererkrankungen, erhöhte Aktivität nach 10-tägigem Ethanolkonsum von 60 g Ethanol/Tag |
Beides Metabolite des Serotonins, verstärkte Bildung von 5-HTOL durch ehanolbedingte Hemmung der Aldehyddehydrogenase bzw. Anstieg des NADH/NAD+-Quotienten | Stark von Serotoninaufnahme beeinflusst (viele Südfrüchte sind serotoninreich), Spezifität des 5-HTOL/5-HIES-Quotienten relativ hoch, gute Ergänzung zum CDT, da kurzfristigerer Alkoholkonsum erkannt wird | |
Dolichole im Urin | Unbekannt | Unzureichend |
Begleitsubstanz vieler Spirituosen, verzögerter Abbau in Gegenwart von Ethanol | Wichtig für die sog. Begleitstoffanalytik in forensischen Fragestellungen, wird schnell metabolisiert, für Routineanalytik kaum geeignet |