Verfahren der Funktionsdiagnostik, bei denen nach oraler oder parenteraler Applikation einer mit dem stabilen Kohlenstoffisotop 13C markierten Substanz (13CO2-Atemtest nach Laktose) oder eines Kohlenhydrats, das durch Bakterien im Gastrointestinaltrakt zu H2-Gas und anderen Abbauprodukten metabolisiert wird (H2-Atemteste), die Metabolisierung der Testsubstanz anhand der
13CO2-Anreicherung oder
H2-Menge in der Atemluft
verfolgt wird.
Durchführung
13C-Atemteste: Nach oraler oder parenteraler Applikation einer mit dem stabilen Kohlenstoffisotop 13C markierten Substanz wird deren Metabolisierung durch Bestimmung der 13CO2-Anreicherung in der Ausatmungsluft gemessen. Hierzu werden in bestimmten zeitlichen Intervallen Proben von Ausatmungsluft gewonnen und analysiert. Einzelheiten s. Beschreibung der unterschiedlichen 13C-Atemteste. Die Verwendung des radioaktiven Kohlenstoffisotops 14C (14CO2-Atemtest nach Laktose) zu klinischen Zwecken ist verboten.
H2-Atemteste: Nach oraler Applikation des Testkohlenhydrats wird dieses bei fehlender oder nicht quantitativer Resorption im Dünndarm durch Kolonbakterien abgebaut, wobei H2-Gas freigesetzt wird. Das Ausmaß der bakteriellen Metabolisierung wird in bestimmten zeitlichen Intervallen durch Bestimmung der H2-Menge in der Ausatemluft bestimmt. Einzelheiten s. Beschreibung der unterschiedlichen H2-Atemteste.
Funktion – Pathophysiologie
13C-Atemteste: Abhängig von den eingesetzten 13C-markierten Testsubstanzen sind an deren Stoffwechsel von der Aufnahme der Testsubstanz bis zur Abatmung des Stoffwechselendprodukts 13CO2 unterschiedliche Teilschritte beteiligt: orale Aufnahme und Magenpassage, Metabolisierung im Gastrointestinaltrakt, Resorption durch die intestinale Bürstensaummembran, spätere Metabolisierungsprozesse, Transport zur Lunge und Ausatmung. Mittels des Atemtests wird der geschwindigkeitsbestimmende, d. h. mutmaßlich pathologisch veränderte Schritt unter der Annahme erfasst, dass alle weiteren Stoffwechselschritte vernachlässigt werden können.
H2-Atemteste: Die Teste beruhen darauf, dass im menschlichen Organismus H2-Gas ausschließlich im Gastrointestinaltrakt durch den bakteriellen Abbau von Kohlenhydraten entsteht. Eine H2-Bildung durch bakteriellen Abbau wird beobachtet bei
fehlender oder nicht quantitativer Resorption einer Testsubstanz im Dünndarm, Passage in den Dickdarm und Metabolismus durch Kolonbakterien (z. B. bei Laktasemangel),
bakterielle Fermentation bereits im Dünndarm bei bakterieller Fehlbesiedlung und
Zufuhr physiologischerweise nicht resorbierbarer Kohlenhydrate wie z. B. Laktulose oder nicht abbaubarer pflanzlicher Oligosaccharide.
Das im Gastrointestinaltrakt gebildete H2-Gas wird zu etwa 10–20 % über die Darmwand resorbiert und gelangt via Blutstrom in die Lunge, wo es ca. 4–8 Minuten nach seiner intestinalen Bildung abgeatmet wird. Die mit der Atemluft abgeatmete Menge an H2-Gas korreliert nicht linear mit seiner Bildung im Darm und nicht linear mit dem Grad der Malresorption des Testkohlenhydrats. In 5–10 % der Bevölkerung ist keine H2-Abatmung nachzuweisen (Non-Responder), wobei ein Fehlen wasserstoffbildender Bakterien, die Abhängigkeit des Bakterienwachstums vom pH im Kolon und eine besonders effektive H2-Verwertung durch Methanbildung als Ursachen diskutiert werden.
Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen
Ausatmungsluft.
Analytik
13C-Atemteste: Isotopenverhältnis-Massenspektrometrie (IR-MS; s.Massenspektrometrie) oder nicht dispersive isotopenselektive Infrarot-Spektrometrie.
H2-Atemteste: Elektrochemisch oder gaschromatographisch (Gaschromatographie).
Referenzbereich – Erwachsene
S. Beschreibung der unterschiedlichen Atemteste.
Indikation
13C-Atemteste: Mit unterschiedlichen 13C-markierten Testsubstanzen können Transport- und Verdauungsprozesse, metabolische und sekretorische Organfunktionen, die intestinale Resorption oder bakterielle enzymatische Aktivitäten untersucht werden. Indikationen sind Störungen der
Nachweis einer bakteriellen Überwucherung des Dünndarms.
H2-Atemteste: Verdacht auf primäre oder sekundäre Störung der Kohlenhydratassimilation, Verdacht auf bakterielle Fehlbesiedlung des Dünndarms, Bestimmung der Mund-Zökum-Transitzeit (mit Laktulose als Testsubstanz).
Interpretation
S. Beschreibung der einzelnen unterschiedlichen Testverfahren.
Diagnostische Wertigkeit
Die Nichtinvasivität der Methode und die relativ einfache Atemluft-Probengewinnung sind wesentliche Vorzüge des analytisch anspruchsvollen Verfahrens.
Literatur
Braden B, Lembcke B, Caspary WF (2003) Nichtinvasive Funktionsdiagnostik aus der Atemluft mit 13C-Atemtests. Dtsch Ärztebl 100:A3376–A3381
Henning BF, Doberauer C, Tepel M, Gillessen A (1997) H2-Atemtests. Internist Prax 37:745–757