Skip to main content

Autoantikörper gegen Glutamat-Rezeptoren Typ AMPA

Verfasst von: W. Stöcker
Autoantikörper gegen Glutamat-Rezeptoren Typ AMPA
Synonym(e)
AMPA-Rezeptor-Autoantikörper; Anti-AMPA-Rezeptor-Antikörper
Englischer Begriff
AMPA receptor autoantibodies; anti-α-amino-3-hydroxy-5-methyl-4-isoxazol-propionic acid receptors
Definition
Autoantikörper gegen α-Amino-3-Hydroxy-5-Methyl-4-Isoxazol-Propionsäure-(AMPA-)Rezeptoren; s. a. Autoantikörper gegen neuronale Antigene.
Funktion – Pathophysiologie
AMPA-Rezeptoren bilden eine Untergruppe der Glutamatrezeptoren, der am weitesten verbreiteten Neurotransmitterrezeptoren im Zentralnervensystem. Sie sind aus 4 Untereinheiten mit einer Masse von jeweils etwa 100 kDa aufgebaut, die mit GluR1 bis GluR4 („alternativ gria1-gria4“) bezeichnet werden. AMPA-Rezeptoren sind wichtig für die synaptische Plastizität. An vielen Synapsen, wie z. B. im Hippocampus oder im Kleinhirn, wird die Dichte der AMPA-Rezeptoren in der postsynaptischen Membran abhängig von der Aktivität der Synapse reguliert.
Analytik
Autoantikörper gegen AMPA-Rezeptoren lassen sich durch indirekte Immunfluoreszenz (IIFT, Immunfluoreszenz, indirekte) bestimmen: Bei positiver Reaktion zeigt sich eine charakteristische Anfärbung der Molekularschicht des Hippocampus, der Körner- und Molekularschicht des Kleinhirns sowie der Purkinje-Zellen. Zum monospezifischen Nachweis werden AMPA-Rezeptoren-exprimierende transfizierte HEK-(„human embryonic kidney“-)Zellen als Substrat eingesetzt.
Untersuchungsmaterial
Serum oder Liquor.
Probenstabilität
Autoantikörper sind bei +4 °C bis zu 2 Wochen lang beständig, bei −20 °C über Monate und Jahre hinweg.
Diagnostische Wertigkeit
Autoantikörper gegen die Untereinheiten GluR1 und GluR2 der AMPA-Rezeptoren finden sich bei einer Untergruppe von Patienten mit einer autoimmunvermittelten limbischen Enzephalitis, Entzündung des medialen Temporallappens, der Corpora amygdalea und des orbitofrontalen Kortex. Charakteristische Symptome sind eine Störung des Kurzzeitgedächtnisses, Verhaltensauffälligkeiten und epileptische Anfälle. Bei 50–70 % der Patienten mit Antikörpern gegen AMPA-Rezeptoren liegt zusätzlich ein Bronchialkarzinom, Mammakarzinom oder malignes Thymom vor (paraneoplastisches Syndrom).
Mit Antikörpern gegen die Untereinheit GluR3 ist die Rasmussen-Enzephalitis assoziiert, eine Enzephalitis des Kindesalters, die sich als chronisch-progressive Epilepsie manifestiert. Sie beschränkt sich auf nur eine Großhirnhemisphäre und kann zur Atrophie ganzer Gehirnregionen führen. Die Patienten verlieren im Laufe der Zeit zunehmend an motorischen und sprachlichen Fähigkeiten. Hinzu kommt eine progressive Demenz. Der Antikörpertiter korreliert mit der Häufigkeit der Anfälle und ein Plasmaaustausch führt zur Besserung. Aber allein eine chirurgische Exzision der betroffenen Region verhindert, dass die Krankheit fortschreitet (Theodore Rasmussen, 1910–2002, war ein berühmter Neurochirurg in Montreal).
Literatur
Granata T (2003) Rasmussen’s syndrome. Neurol Sci Suppl 4:239–243CrossRef
Lai M, Hughes EG, Peng X, Zhou L, Gleichmann AJ, Shu H, Matà S, Kremens D, Vitaliani R, Geschwind MD, Bataller L, Kalb RG, Davis R, Graus F, Lynch DR, Balice-Gordon R, Dalmau J (2009) AMPA receptor antibodies in limbic encephalitis alter synaptic receptor location. Ann Neurol 65:424–434CrossRefPubMedPubMedCentral
Rogers SW, Andrews PI, Gahring LC et al (1994) Autoantibodies to glutamate receptor GluR3 in Rasmussen’s encephalitis. Science 265:648–651CrossRefPubMed