Bei der Chromosomenanalyse oder konventionellen Karyotypisierung werden i. d. R. Metaphasechromosomen, stark spiralisierte und dicht gepackte Chromatinbündel, analysiert. Hierzu werden Gewebestücke, Wangenabstriche oder vor allem mit dem Antikoagulant Lithium-Heparin versehene Blutproben verwendet. Blutproben werden Jugendlichen und Erwachsenen durch Venenpunktion, Babys als Kapillarblutprobe auch aus Fingerbeere oder Ferse entnommen. Die Proben werden anschließend in einem Kulturmedium unter Zugabe von Kälberserum und einem Mitogen, wie z. B. Phytohämagglutinin (PHA), für insgesamt 72 Stunden bei 37 °C und einem pH-Wert 7,0–7,4 inkubiert. Hierbei werden die Zellen in ihrem Zellzyklus optimalerweise synchronisiert und während der mitotischen Teilung dann in der Metaphase durch das Spindelgift Colchizin arretiert, was auch den auszuwertenden Mitoseindex erhöht. Anschließend werden die Zellen durch Behandlung mit einer hypotonen Lösung (0,075 M KCl-Lösung) zum Anschwellen gebracht, wobei innerhalb des Zellkerns auch die
Chromosomen auseinanderdriften. Die Zellen werden danach mit einem Gemisch aus Alkohol (
Ethanol oder
Methanol) und Eisessig fixiert und entweder manuell aus einer Höhe von 40–80 cm auf Objektträger aufgetropft oder mittels bestimmter Zytofugen auf die Objektträger zentrifugiert. Bei beiden Methoden platzen die Zellkerne und lassen die Chromosomen frei. Die Objektträger werden luftgetrocknet und die Chromosomen so fixiert. Anschließend werden die Chromosomen je nach Fragestellung mit unterschiedlichen Protokollen gefärbt. Als Beispiele seien folgende Färbemethoden genannt:
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G-Banden: Die Chromosomen werden mit
Trypsin vorbehandelt und anschließend mit Giemsa gefärbt, wobei die GTG-Bänderung erzeugt wird. Helle Banden sind G/C-reich und angereichert mit Genen.
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R-Banden: Die Chromosomen werden in Salzlösung hitzedenaturiert und anschließend mit Giemsa gefärbt. Durch die Hitzebehandlung gehen die A/T-reichen Abschnitte auseinander, sodass die G/C-reichen Abschnitte bevorzugt gefärbt werden und damit die Umkehrung der G-Banden darstellen. Eine Alternative zur Giemsa-Färbung ist hierbei eine Färbung mit Acridinorange.
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Q-Banden: Die Chromosomen werden mit einem interkalierenden Fluoreszenzfarbstoff wie Quinacrin, DAPI oder Hoechst33258 gefärbt, wobei sich bevorzugt die A/T-reichen Regionen anfärben lassen. Eine Auswertung erfolgt mit dem Fluoreszenzmikroskop. Die Banden entsprechen im Wesentlichen den G-Banden.
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C-Banden: Mit dieser Färbung werden die Zentromerregionen und das konstitutive
Heterochromatin angefärbt. Hierbei werden die Chromosomen vor der Giemsa-Färbung mit einer gesättigten Bariumhydroxidlösung denaturiert.
Die eigentliche Karyotypanalyse erfolgt mikroskopisch und i. d. R. mithilfe eines digitalen Auswertesystems. Dies ermöglicht eine Sortierung der
Chromosomen entsprechend Größe und Referenzbandenmuster und die Erstellung des Karyogramms. Die pro Chromosom darstellbare Anzahl an Banden ist im Wesentlichen von der Länge und der
Auflösung der Chromosomen abhängig. Durch Standardisierung (International System of Cytogenetic Nomenclature, ISCN, 1981) werden Bandenauflösungsstufen von 400, 550 und 850 (Prometaphase) Banden pro haploiden Chromosomensatz definiert, wobei eine
Hochauflösung der Bänderung für eine Feinstrukturanalyse die besten Ergebnisse ergibt. Ziel der Analyse ist es, neben numerischen Aberrationen insbesondere feinstrukturelle Auffälligkeiten, wie z. B. Inversionen,
Deletionen,
Insertionen oder Translokationen, aufzufinden. Der unauffällige männliche
Karyotyp wird als 46,XY, der weibliche als 46,XX beschrieben. Bei der Beschreibung feinstruktureller Auffälligkeiten wird die ISCN-Richtlinie angewendet. So werden der kurze Chromosomenarm als p-Arm, der lange als q-Arm definiert. Die Banden werden, jeweils vom Zentromer ausgehend, mit dem Präfix des Chromosoms und des Arms gezählt, wie z. B. 2q21.2, was Chromosom 2, langer Arm, Bande 21, Subbande 2 bedeutet. Dies ermöglicht eine exakte und auch in anderen Laboratorien reproduzierbare Beschreibung der Auffälligkeit.