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Hämoglobin S

Verfasst von: H. Baum
Synonym(e)
HbS
Englischer Begriff
hemoglobin S
Definition
Abnormes Hämoglobin mit Mutation in der β-Kette des Hämoglobins und Austausch einer Aminosäure (β6 Glu→Val).
Funktion – Pathophysiologie
Durch eine Mutation in der β-Kette des Hämoglobins kommt es zu einem Aminosäurenaustausch bei β6 Glu→Val. Dies führt, vor allem bei verminderter Sauerstoffspannung, zur Aggregationsneigung des Hämoglobinmoleküls. Die Erythrozyten verlieren dadurch ihre Verformbarkeit und rheologischen Eigenschaften und nehmen eine Sichelform an. Die Mutation wird autosomal dominant übertragen, wobei es jedoch eine Vielzahl von phänotypischen Ausprägungen gibt.
Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen
EDTA-Blut. Es sind keine besonderen Entnahmebedingungen zu beachten.
Probenstabilität
Der Parameter ist stabil und kann mehrere Tage gelagert werden.
Präanalytik
Zur Bestimmung des HbS können verschiedene Verfahren eingesetzt werden:
  • HbS-Löslichkeitstest: Das Hämolysat wird mit Dithionit zum Entzug von Sauerstoff versetzt. Das HbS wird als einziges Hämoglobin ausgefällt und führt zu einer Trübung des Ansatzes. Diese Methode wird meist nur bei in der Hämoglobinelektrophorese nicht eindeutig zu interpretierender Befunde eingesetzt.
  • Hämoglobinelektrophorese: Im alkalischen Milieu wandert das HbS an typischer Stelle zusammen mit dem HbD und HbG. Durch eine zusätzliche Auftrennung im sauren Milieu können dann diese 3 abnormalen Hämoglobine unterschieden werden.
  • Andere Methoden sind die Säulenchromatographie oder die HPLC. Für spezielle Fragestellungen kann auch der molekularbiologische Nachweis der Mutation durchgeführt werden.
Referenzbereich – Erwachsene
Nicht nachweisbar.
Referenzbereich – Kinder
Nicht nachweisbar.
Indikation
  • Anämien nach Ausschluss eines Eisenmangels bei Patienten aus Verbreitungsgebieten
  • Gefäßverschlusserkrankungen bei Patienten aus Verbreitungsgebieten
  • Präventive Fragestellungen, genetische Beratung
  • Partnerscreening in der Schwangerschaft
Interpretation
Der Nachweis des HbS ist beweisend für die Diagnose der Sichelzellanämie. Es können dabei heterozygote und homozygote Merkmalsträger unterschieden werden. Die homozygoten Merkmalsträger zeigen die klinischen Symptome bereits im Kleinkindalter, während heterozygote Merkmalsträger meist erst unter Stress mit Verminderung der Sauerstoffspannung symptomatisch werden (Herzfehler, Nierenerkrankungen, Flug ohne Druckausgleich, große Höhen, Extremsport). Dabei sind die Symptome meist mild ausgeprägt.
Diagnostische Wertigkeit
Der Nachweis dient dem Beweis bzw. Ausschluss einer Sichelzellanämie bei Patienten mit Anämien.
Literatur
Kohne E (2005) Hämoglobinopathien. In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose. Indikation und Bewertung von Laborbefunden für die medizinische Diagnostik, 6. Aufl. TH-Books, Frankfurt am Main, S 499–506