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Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik
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Publiziert am: 08.07.2025 Bitte beachten Sie v.a. beim therapeutischen Vorgehen das Erscheinungsdatum des Beitrags.

Hepatitis E-Virus (HEV)

Verfasst von: A. Ehling, B. Gierten und T. Arndt
Hepatitis E-Virus (HEV)
Synonym(e)
HEV
Englischer Begriff
hepatitis E virus
Beschreibung des Erregers
Das Hepatitis E Virus ist ein nicht umhülltes ikosaedrisches ca. 32–34 nm großes Virus mit einzelsträngiger RNA. Es wird der Familie Hepeviridae und der Gattung Orthohepevirus zugeordnet. Die wichtigsten humanpathogenen Hepatitis E Viren gehören zur Spezies Orthohepevirus A. Diese Spezies zählt bisher 8 Genotypen (HEV 1-8). HEV-1 und -2 kommen vor allem in asiatischen und afrikanischen Ländern mit niedrigem Hygienestandart endemisch vor und verursachen dort immer wieder größere Hepatitis E Ausbrüche. Sie werden meist über kontaminiertes Trinkwasser oder Lebensmittel übertragen. Auch eine Übertragung von Mensch-zu-Mensch ist bei diesen Genotypen z. B. durch Schmierinfektion möglich. Der Mensch ist der einzige Wirt von HEV-1 und HEV-2. Die Genotypen HEV-3 und HEV-4 haben neben dem Menschen vor allem Schweine und andere Säugetiere als Wirt. Da eine Tier-zu-Mensch Übertragung z. B. durch den Verzehr von kontaminiertem und nicht ausreichend durchgegartem Schweinefleisch stattfinden kann, zählen sie zu den Zoonosen. HEV-3 ist weltweit verbreitet und in Deutschland und anderen Industrieländern häufigste Ursache einer Hepatitis E Infektion. Genotyp 4 ist in einigen Teilen Asiens anzutreffen. Von Genotyp 7, dessen Hauptwirt Kamele sind, ist ebenfalls eine Übertragung auf den Menschen nach Genuss von Kamelmilch und -fleisch beschrieben.
Erkrankungen
HEV wird fäkal-oral übertragen. In Deutschland liegt die Seroprävalenz nach Angaben des Robert Koch Instituts bei 16,8 %, wobei die meisten Infektionen asymptomatisch verlaufen. Nach einer Inkubationszeit von 15–64 Tagen kann es in symptomatischen Fällen zu akuten Hepatitiden mit zunächst unspezifischen Symptomen wie Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Erbrechen, Muskel- und Gelenkschmerzen kommen. Es können sich Ikterus und Pruritus anschließen. Auch diverse neurologische Symptome wie periphere Neuralgien, Guillain-Barré-Syndrom und Meningitiden können auftreten. Die Erkrankung ist in der Regel selbstlimitierend. Sehr selten endet eine akute Hepatitis E Infektion letal. Bei Schwangeren und Patienten mit hepatischen Vorerkrankungen kommt es in Regionen, in denen HEV-1 endemisch auftritt, gehäuft zu fulminanter Hepatitis. Für den in Deutschland vorrangig verbreiteten Genotyp HEV-3 konnte bei Schwangeren ein vermehrtes Auftreten fulminanter Hepatitiden bisher nicht beobachtet werden. HIV-Infizierte und Patienten unter immunsuppressiver Therapie haben ein erhöhtes Risiko eine chronische Hepatitis E zu entwickeln. Diese kann bereits nach wenigen Jahren zu schweren Leberschäden führen. Therapeutisch ist bei Immunsupprimierten mit chronischer HEV-Infektion Ribavirin eine Therapieoption. Allerdings kommt es in einigen Fällen unter Ribavirin zum Anstieg der Viruslast mit potenziell lebensbedrohlichen Folgen. Ein Impfstoff ist seit 2012 nur in China zugelassen, in Europa derzeit jedoch nicht verfügbar.
Analytik
Kultur: Die kulturelle Anzucht ist als Routineverfahren nicht geeignet.
Direktnachweis: RNA lässt sich mittels NAT (Nukleinsäureamplifikationstechnik) in Plasma und Stuhl nachweisen. Genotypisierung zur Aufklärung von Infektionsketten ist in Speziallaboren möglich.
Serologie: IgG- und IgM-Antikörpernachweis im Serum mittels Immunoassay und Immunoblot.
Untersuchungsmaterial und Probenstabilität
Direktnachweis: Lagerung der Stuhlproben bei +4 °C oder −20 °C; EDTA-Blut bei +4 °C, besser zentrifugieren und Plasma bei −20 °C einfrieren
Serologie: Serum und Plasma für den Nachweis der Antikörper sind bei +4 °C bis zu vier Wochen und bei −20 °C ein Jahr stabil.
Diagnostische Wertigkeit
HEV RNA ist ungefähr 10 bis 14 Tage vor Symptombeginn im Blut und etwa eine Woche vorher im Stuhl nachweisbar. Die Ausscheidung des Erregers mit dem Stuhl dauert etwa 3 bis 4 Wochen an, in einzelnen Fällen bis zu mehreren Monaten. Bei einer Virämie, die länger als 3 Monate anhält spricht man von einer chronischen HEV-Infektion. Mit Symptombeginn sind bei Immunkompetenten meist HEV-IgM-Antikörper nachweisbar und das Maximum der Transaminaseaktivität ist erreicht. Häufig sind auch schon HEV-IgG-Antikörper detektierbar. Spezifische IgM-Antikörper lassen sich in der Regel für 3–6 Monate, IgG-Antikörper mehrere Jahre nachweisen. Der Nachweis von IgG-Antikörpern ohne Nachweis von IgM-Antikörpern spricht für eine zurückliegende Infektion. Noch nicht geklärt ist die Frage, ob die Infektion eine lebenslange Immunität hinterlässt. Werden HEV-IgG-Antikörper bei Säuglingen nachgewiesen, ist an mütterliche Leihantikörper zu denken. Der Antikörpernachweis mittels Immunoblot dient als Bestätigungsanalyse des Immunoassays. Bei Immunsupprimierten lassen sich Antikörper nicht zuverlässig nachweisen, weshalb der RNA-Nachweis vorzuziehen ist. Es existieren teilweise erhebliche Unterschiede in der Sensitivität und Spezifität der serologischen Testsysteme, die unter anderem durch die unterschiedlichen Genotypen bedingt sind. Die Folge sind falsch-negative oder falsch-positive Resultate. Hier besteht weiterhin Verbesserungsbedarf. Daher sollte in nicht eindeutigen Fällen der RNA-Nachweis zur Klärung herangezogen werden.
Erklärung zu konkurrierenden Interessen
Der/die Autor(en) hat/haben keine Interessenkonflikte zu erklären, die für den Inhalt dieses Manuskripts relevant sind.
Literatur
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