Die Lipoproteinelektrophorese von Serum erfolgt unter ähnlichen Bedingungen wie die Serumprotein-Elektrophorese in Celluloseacetatfolien oder Agarosegelen. Der Unterschied liegt in der Nachweistechnik, die sich spezifischer Farbstoffe für den Lipidanteil bedient, wie z. B. Sudanschwarz B oder Ölrot O.
Physikalisch-chemisches Prinzip
Mit der Lipoprotein-Elektrophorese erhält man maximal 4 Fraktionen: Chylomikronen, β-Lipoproteine (LDL), Prä-β-Lipoproteine (VLDL) und α-Lipoproteine (HDL). Die elektrophoretischen Mobilitäten (Mobilität, elektrophoretische) steigen mit dem Proteinanteil.
Die Chylomikronen haben die geringste Dichte, sind die größten Moleküle und haben die geringste Eigenladung; sie bleiben an der Auftragsstelle liegen. Die β-Lipoproteine bilden die Fraktion mit dem höchsten Cholesteringehalt (45 %). Die Prä-β-Lipoproteine enthalten ca. 20 % Cholesterin, ca. 50–60 % Triglyzeride und ca. 20 % Phospholipide und laufen hinter der schnellsten Fraktion, den α-Lipoproteinen. Letztere haben den höchsten Protein- (50 %) und den höchsten Phospholipidanteil (24 %).
Aufgrund der spezifischen Anfärbung der Lipide werden nur die Lipoproteine detektiert.
Sensitivität
Die Empfindlichkeit liegt im μg-Bereich.
Fehlermöglichkeit
Vielfältige Fehlermöglichkeiten bei der Selbstherstellung von Agarosegelen durch falsches Einwiegen von Agarosepulver, Verwenden von Agarose mit falscher Elektroendosmose oder zu hohem Wasseranteil, zu kurzes Aufkochen, mechanische Belastung der Agarosemoleküle durch Mischer, ungleichmäßige Gelschicht, falsche Pufferzusammensetzung.
Im klinisch-chemischen Labor kommen gewöhnlich kommerzielle Fertiggele und Celluloseacetfolien mit gebrauchsfertigen Pufferlösungen zum Einsatz, die die Fehlerquellen deutlich reduzieren.
Celluloseacetatfolien sollen durch Auflegen („Floaten“) der Folien auf die Pufferoberfläche gleichmäßig mit Puffer getränkt werden. Folien dürfen nur mit Pinzetten und Gummihandschuhen berührt werden (sonst Einschleppung von Verunreinigungen von der Hautoberfläche).
Praktikabilität – Automatisierung – Kosten
Kommerzielle Lipoprotein-Elektrophoresereagenzien und automatisierte Elektrophorese- und Densitometersysteme erleichtern den Einsatz in der klinisch-chemischen Routineanalytik.
Bewertung – Methodenhierarchie (allg.)
Der Nachweis von Chylomikronen gilt als Hinweis auf eine Blutentnahme nach Nahrungsaufnahme oder auf eine morphologische Störung der Lymphbahnen, z. B. infolge einer Operation. Durch die Zuordnung der einzelnen Banden α, prä-β und β zu HDL, VLDL und LDL lassen sich qualitative, bei Einsatz eines Densitometers auch semiquantitative Aussagen zum Anteil dieser Lipoproteinfraktionen am Gesamtcholesterin machen. Eine mitunter detektierbare weitere Fraktion zwischen der Prä-β- und α-Bande wird dem Lipoprotein(a) zugeordnet. Die Lipoprotein-Elektrophorese hat heute für Routineanwendungen kaum noch Bedeutung, da die einzelnen Lipoproteinfraktionen gewöhnlich durch mechanisierte, nasschemische Verfahren quantitativ bestimmt werden.
Literatur
Michov B (1996) Elektrophorese – Theorie und Praxis. W. de Gruyter, Berlin/New York, S 295–298