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Liquor-Zellreaktionen

Verfasst von: T. O. Kleine
Liquor-Zellreaktionen
Synonym(e)
Leukozyten-Reaktionen im Liquor cerebrospinalis (CSF)
Englischer Begriff
Reaction of white blood cells (WBC) in CSF
Definition
Zelluläre Reaktionen in CSF, detektiert als Veränderung der relativen Anteile von lymphozytären, monozytären, granulozytären Leukozyten in % der CSF-Leukozyten, sind zelluläre Kenngrößen in CSF, die verschiedenartige Krankheitsprozesse im Zentralnervensystem (ZNS) anzeigen (Liquor cerebrospinalis).
Untersuchungsmaterial
>0,5 mL frischer Ventrikel-, Subokzipital-(SOP-), Lumbal-Liquor oder (subdurale) Zystenflüssigkeit.
Analytik
Präanalytik: durchsichtige, farblose Polypropylenröhrchen, steril mit Verschluss.
Probenstabilität: Lagerung bei 4 °C, <1–2 Stunden, lichtgeschützt.
Referenzbereich
Referenzbereiche von Leukozytenpopulationen in % im Lumballiquor von Erwachsenen in Abhängigkeit von Präparationstechniken A–E (Mittelwerte bzw. 5.–95. Perzentil; Σ aller differenzierbaren Leukozyten = 100 %); s. folgende Tab. 1.
Table 1
Differenzierung und Ausbeute von Leukozyten in Lumbal-Liquor von Erwachsenen mittels 5 Verfahren A-E
Verfahren
Zellart
Lymphozytäre (%)
Monozytäre (%)
Nichtdifferenzierbare* (%) (Ausbeute in %)
A: Phasenkontrastmikroskop nativer Zellen
63–99
0–28
0–9
1 (52–74)
79
18
3
4 (>50)
C: Zytozentrifuge Cytospin I, II (Shandon)**
70
29
1
11 (<10, <50)
D: Zytozentrifuge (Hettich) PDDA-beschichtete Objektträger**
77–91
8–22
15 (37–59)
E: Sedimentierkammer nach Sayk, nicht beschichtete Objektträger**
33
67
>25 (<10)
*Nichtdifferenzierbare Zellen (Zellschatten) wurden bei Differenzierung nicht berücksichtigt
**Liquor-May-Grünwald-Giemsa-Färbung
Referenzbereiche von Leukozytenpopulationen im SOP- und Ventrikel-Liquor von Erwachsenen (Zytozentrifugen-Verfahren, Pappenheim-Färbung):
CSF
Lymphozytäre Zellen (%)
Monozytäre Zellen (%)
SOP-Liquor
80–95
20–5
Ventrikelliquor
90–100
10–0
∑ aller differenzierbaren Leukozyten = 100 % ohne Berücksichtigung von liquorraumbegrenzenden Zellen
Bewertung
Ausreichende Validität der Leukozyten-Differenzierung im Lumbal-Liquor, der Zellausbeuten, der differenzierten Zellen und nicht differenzierten Zellen:
  • Zelluläre Kenngröße von akuter ZNS-Entzündung: granulozytäre Reaktion mit segmentkernigen und stabförmigen granulozytären Leukozyten bei ≥50 % der differenzierten CSF-Leukozyten
  • Zelluläre Kenngröße von subakuter ZNS-Entzündung: lymphozytäre Reaktion mit kleinen, großen und transformierten (lymphoiden) lymphozytären Zellen bei >80 % der differenzierten CSF-Leukozyten
  • Zelluläre Kenngröße von meningealer Reizung: monozytäre Reaktion mit monozytären, aktivierten monozytären Zellen und Makrophagen bei >40 % der differenzierten CSF-Leukozyten
  • Zelluläre Kenngröße von streuendem Prozess im ZNS: Zellen der granulozytären, lymphozytären und monozytären Reaktion zu etwa gleichen Teilen (gemischtzellige Reaktion auch bei sich wiederholenden Reizeinwirkungen im ZNS)
  • Zelluläre Kenngröße von Fremdkörperreaktion im ZNS: eosinophilem Granulozyten bis zu >50 % der differenzierbaren CSF-Leukozyten (eosinophile Reaktion)
  • Zelluläre Kenngröße von neuroimmunologischen Reaktionen im ZNS: Plasmazellen und große, transformierte (lymphoide) neben kleinen lymphozytären Zellen (plasmazelluläre Reaktion) bis zu >80 % der differenzierbaren CSF-Leukozyten
  • Zelluläre Kenngröße von Gewebeabbau im ZNS: monozytäre Reaktion mit Speicherzellen (Lipophagen, Siegelring-Zellen u. a.)
  • Zelluläre Kenngrößen von Blutungen in die Liquorräume Liquor-Erythrophagen, Liquor-Siderophagen
  • Zelluläre Kenngröße von Tumoren in ZNS Liquor-Tumorzellen
Literatur
Lehmitz R, Kleine T O (1999) Routine cytodiagnosis and immune-cytodiagnosis in cerebrospinal fluid (CSF). In: Melo E (ed) XX World Congress of Pathology and Laboratory Medicine. IV Mercosil, XXXIII Brazilian III Laboraotry Management. Monduzzi Editore International Proceedings Division, Bologna, S 157–161