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Metanephrine

Verfasst von: W. Hubl
Metanephrine
Synonym(e)
Metanephrin; Metadrenalin; Normetanephrin; Normetadrenalin; MN; NMN
Englischer Begriff
metanephrine; normetanephrine
Definition
Metanephrin (MN) ist ein inaktiver Metabolit des Adrenalins und Normetanephrin (NMN) des Noradrenalins. Beide Metabolite werden häufig unter dem Sammelbegriff Metanephrine zusammengefasst (was irreführend synonym zur englischen Bezeichnung von Metanephrin verwendet wird). Die Metanephrine besitzen im Rahmen der Diagnostik des Phäochromozytoms eine herausragende Bedeutung.
Struktur
Metanephrin: 4-(1-Hydroxy-2-Methylaminoethyl)-2-Methoxy-Phenol, C10H15NO3.
Strukturformel Metanephrin:
https://media.springernature.com/b30/springer-static/image/chp%3A10.1007%2F978-3-662-49054-9_2116-1/MediaObjects/77759_0_De_2116-1_Figa_HTML.gif?as=jpg&s=1
Normetanephrin: 4-(2-Amino-1-Hydroxyethyl)-2-Methoxy-Phenol, C9H13NO3.
Strukturformel Normetanephrin:
https://media.springernature.com/b30/springer-static/image/chp%3A10.1007%2F978-3-662-49054-9_2116-1/MediaObjects/77759_0_De_2116-1_Figb_HTML.gif?as=jpg&s=1
Molmasse
Metanephrin: 197,231 g, Normetanephrin: 183,204 g.
Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination
Metanephrin wird durch enzymatischen Abbau des Adrenalins mit Hilfe der Catechol-O-Methyltransferase (COMT) gebildet (s. Abbildung im Stichwort Katecholamine). Analog erfolgt die Umwandlung des Noradrenalins zu Normetanephrin. Der weitere Abbau beider Substanzen erfolgt unter Wirkung der Monoaminooxidase (MAO) zum Endprodukt Vanillinmandelsäure (s. Abbildung im Stichwort Katecholamine). Die freien (nicht zu VMA abgebauten) Metanephrine werden zum überwiegenden Teil mit einem spezifischen Sulfotransferase-Isoenzym (monoamine-preferring sulfotransferase, SULT1A3) in die Sulfatkonjugate umgewandelt und über die Niere ausgeschieden.
Funktion – Pathophysiologie
Die Synthese der Katecholamine sowie die Metabolisierung zu den Metanephrinen erfolgen in Nebennierenmark und extraadrenalem chromaffinen Gewebe, dem sympathischen Nervensystem und im Gehirn. Über 90 % des Plasma-Metanephrins und 24–40 % des Plasma-Normetanephrins stammen aus dem Nebennierenmark. Phäochromozytome weisen eine besonders hohe Aktivität der COMT auf, was zu höheren Konzentrationen der Metanephrine im Plasma im Vergleich zu den Katecholaminen Adrenalin und Noradrenalin führt. Hieraus resultiert die höhere diagnostische Sensitivität der Metanephrine im Plasma für die Detektion eines Katecholamin-produzierenden Tumors im Vergleich zu den Plasma-Katecholaminen selbst. Im Urin liegen die Metanephrine in freier als auch in Sulfatkonjugat-Form vor. Im Unterschied zum Gesunden überwiegen im Urin des Phäochromozytom-Patienten die freien Formen der Metanephrine. Bestimmungsmethoden mit Erfassung nur der freien Metanephrine (und nicht der Summe aus freiem und konjugiertem Metanephrin bzw. Normetanephrin) haben deshalb eine höhere diagnostische Aussagekraft (Sensitivität, diagnostische; Tab. 1).
Tab. 1
Diagnostische Sensitivitäten und Spezifitäten der Metanephrine in Plasma und Urin
Analyt
Phäochromozytomdiagnostik
Diagnostische Sensitivität (%)
Diagnostische Spezifität (%)
Plasma
Freies Metanephrin (MN)
70,8 (49–87)
79,4 (68–88)
Freies Normetanephrin (NMN)
91,7 (73–99,97)
95,6 (88–99,06)
Freie Metanephrine (MN + NMN)
99 (96–100)
93 (80–100)
Harn
Gesamt-Metanephrin
80,0 (52–96)
82 (70–92)
Gesamt-Normetanephrin
93,3 (68–99,83)
86,5 (74–94)
Gesamt-Metanephrine (MN + NMN)
93,3 (90–97)
75,0 (45–90)
Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen
Plasma, 24-Stunden-Sammelurin; 4 Stunden vor der Blutentnahme keine Nahrungsaufnahme, 30 Minuten vor der Abnahme sollte sich der Patient in liegender Position befinden.
Probenstabilität
Die Metanephrine sind im Harn deutlich stabiler als die Katecholamine Adrenalin und Noradrenalin, weshalb hier keine Ansäuerung oder andere Stabilisierung erforderlich ist. Die Haltbarkeit beträgt 1 Tag bei Zimmertemperatur, 1 Woche bei 4 °C; danach sollten die Proben eingefroren werden.
Das EDTA-Plasma sollte innerhalb von 30 Minuten nach der Blutentnahme zentrifugiert und eingefroren werden, wenn die Analyse nicht sofort vorgenommen werden kann.
Präanalytik
Noradrenalinerhöhungen bewirken einen Anstieg von Normetanephrin z. B. physiologischer Stress. Aufrechte Körperhaltung führt zu einem Anstieg des Metanephrins um 30 %.
Medikamenteneinflüsse:
  • Ggf. erniedrigte Metanephrinkonzentrationen nach Röntgenkontrastmittelgabe
  • Ggf. erhöhte Metanephrinkonzentrationen nach Applikation von Alpha-Methyl-Dopa, trizyklischen Antidepressiva, Psychopharmaka (Clozapin, Olanzapin etc.), β-Blocker, α-2-Rezeptorblocker und MAO-Hemmer (Moclobamide, Phenelzine etc.)
Analytik
Immunoassay (RIA, EIA), HPLC, LC-MS/MS.
Konventionelle Einheit
ng/L (pg/mL).
Internationale Einheit
pmol/L.
Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit
Metanephrin: ng/L × 5,07 = pmol/L.
Normetanephrin: ng/L × 5,46 = pmol/L.
Referenzbereich – Erwachsene
Referenzbereich – Kinder
Indikation
  • Diagnostik noradrenerger oder adrenerger Phäochromozytome
  • Bluthochdruckkrisen (Kopfschmerzen, Schweißausbrüche, Herzklopfen)
  • Therapieresistenter Bluthochdruck (2,4 % Phäochromozytom)
  • Inzidentalom (4 % Phäochromozytom)
  • Personen aus Familien mit hereditärem Phäochromozytom: MEN-2, Hippel-Lindau-Syndrom, 2-Neurofibratose Typ I
  • Therapiekontrolle und Rezidiverkennung
Interpretation
Die höchste diagnostische Aussagekraft hat die Bestimmung der freien Plasma-Metanephrine. Steht das entsprechende Analysenverfahren nicht zur Verfügung, sind alternativ (mit etwas geringerer diagnostischer Aussagekraft) die (Gesamt-)Metanephrine im Harn zu bestimmen.
Bei klinischem Verdacht auf ein Phäochromozytom wird ein diagnostisches Stufenschema empfohlen (Abb. 1).
Diagnostische Wertigkeit
Tab. 1 zeigt für das freie Normetanephrin im Plasma die höchsten diagnostischen Sensitivitäten und Spezifitäten (Spezifität, diagnostische) im Rahmen der Einzelparameter. Eine weitere Steigerung der Sensitivität auf 95,8 % ist mit der Kombination der beiden freien Metanephrine (MN + NMN) im Plasma zu erzielen. Allerdings ist dann ein Verlust an diagnostischer Spezifität und daraus folgend eine höhere Anzahl falsch-positiver Resultate zu erwarten.
Häufig wird bei der Bestimmung von Normetanephrin und Metanephrin im Urin die Summe aus freiem und konjugiertem Normetanephrin bzw. Metanephrin gemessen. Aufgrund der o. g. Zusammenhänge (verstärkte Ausscheidung freier Metanephrine bei Phäochromozytom-Patienten) geht hiermit eine geringere diagnostischen Aussagekraft einher, weshalb die Bestimmung der freien Metanephrine im Plasma der Urinanalytik vorzuziehen ist.
Phäochromozytom-Ausschlussdiagnostik: Die hohe diagnostische Sensitivität der freien Metanephrine im Plasma schließt bei einem Normalbefund ein Phäochromozytom mit hoher Wahrscheinlichkeit aus.
Literatur
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Peitzsch M, Prejbisz A, Kroiß M et al (2013) Analysis of plasma 3-methoxytyramine, normetanephrine and metanephrine by ultraperformance liquid chromatography–tandem mass spectrometry: utility for diagnosis of dopamine-producing metastatic phaeochromocytoma. Ann Clin Biochem 50:147–155PubMed
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