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Pankreolauryltest

Verfasst von: A. M. Gressner und O. A. Gressner
Pankreolauryltest
Synonym(e)
Fluoreszeindilaurat-Test; FDL-Test
Englischer Begriff
fluorescein dilaurate (FDL) test; pancreolauryl test
Definition
Indirekter Funktionstest des exkretorischen (digestiven) Pankreas, bei dem das oral applizierte synthetische Substrat Fluoreszeindilaurat (FDL) durch Arylesterasen des Pankreas in freies Fluoreszein gespalten wird, das nach Resorption renal eliminiert und im Sammelurin quantifiziert wird.
Durchführung
Nach Blasenentleerung wird die farblose, schwer wasserlösliche, daher nicht resorbierbare Testsubstanz FDL (Dilaurinsäureester des Fluoreszeins, Molmasse 697, 2 mg; s. nachfolgende Abbildung) zusammen mit einem genormten, die Pankreassekretion stimulierenden Frühstück oder einer Lundh-Probemahlzeit (Lundh-Test) (pro Liter Wasser: 60 g Fett, 50 g Proteine, 150 g Kohlenhydrate) spezifisch durch pankreatische Arylesterasen (EC 3.1.1.2) in Gegenwart von Gallensäuren in freies, wasserlösliches, resorbierbares Fluoreszein und 2 Moleküle Laurinsäure hydrolysiert.
Fluoreszeindilaurat: https://media.springernature.com/b30/springer-static/image/chp%3A10.1007%2F978-3-662-49054-9_2337-1/MediaObjects/77759_0_De_2337-1_Figa_HTML.gif?as=jpg&s=1
Fluoreszein wird nach Resorption z. T. in der Leber konjugiert und über die Nieren eliminiert. Die im 10-Stunden-Sammelurin ausgeschiedene Fluoreszeinmenge wird nach Alkalihydrolyse kolorimetrisch quantifiziert.
Die schematische Darstellung der Testdurchführung zeigt folgende Abbildung: https://media.springernature.com/b30/springer-static/image/chp%3A10.1007%2F978-3-662-49054-9_2337-1/MediaObjects/77759_0_De_2337-1_Figb_HTML.gif?as=jpg&s=1
Um Störungen der Resorption und renalen Elimination als Ursachen für falsch positive Ergebnisse auszuschließen, wird 2 Tage später reines Fluoreszein-Natrium (94 mg) als Kontrolle oral verabreicht und dessen Ausscheidungsmenge im Urin als Bezugsgröße gemessen.
Eine Testvariante mit Messung des Fluoreszeinkonzentrationsanstiegs im Serum in 30-Minuten-Intervallen über einen Zeitraum von 4 Stunden nach Gabe der Testsubstanz ist ebenfalls in (seltener) Anwendung.
Funktion – Pathophysiologie
Die hydrolytische Spaltung des FDL erfolgt nicht durch Lipase (Lipase, pankreatische), sondern durch pankreatische Arylesterasen, die in diesem Funktionstest als Kenngrößen der exkretorischen Pankreasfunktion dienen. Sie benötigen zur Aktivität Gallensäuren. Resorbiertes Fluoreszein hat eine kurze Halbwertszeit, wird teilweise in der Leber zum Fluoreszeinglukuronid konjugiert und renal schnell eliminiert. Einschränkungen der durch ein standardisiertes Probefrühstück stimulierten Sekretion von Arylesterasen sind hinweisend auf eine exkretorische Pankreasinsuffizienz.
Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen
10-Stunden-Sammelurin.
Präanalytik
Konservierung bei 4 °C, vollständige Urinsammlung, korrekte Testdurchführung,
Analytik
Nach Mischung des Sammelurins exakte Volumenbestimmung und alkalische Hydrolyse eines Aliquots bei 70 °C zur Spaltung des farblosen Kopplungsproduktes Fluoreszeinglukuronid in freies Fluoreszein. Spektrometrische Messung bei 492 nm und Berechnung der prozentualen Fluoreszein-Ausscheidung nach der Formel: https://media.springernature.com/b30/springer-static/image/chp%3A10.1007%2F978-3-662-49054-9_2337-1/MediaObjects/77759_0_De_2337-1_Figc_HTML.gif?as=jpg&s=1
Die Berechnung des Test (T)/Kontroll (K)-Quotienten erfolgt nach der Formel: https://media.springernature.com/b30/springer-static/image/chp%3A10.1007%2F978-3-662-49054-9_2337-1/MediaObjects/77759_0_De_2337-1_Figd_HTML.gif?as=jpg&s=1
T = Farbstoffausscheidung nach der Testsubstanz (FDL)
K = Farbstoffausscheidung nach der Kontrollsubstanz (Fluoreszein)
Referenzbereich – Erwachsene
T/K-Quotienten (Referenzbereiche):
Interpretation
T/K-Quotient
Normalfunktion
>30
Pankreasinsuffizienz
<20
Grauzone
20–30 (Wiederholung empfohlen)
Indikation
Interpretation
Der von Meyer-Bertenrath et al. entwickelte Test diagnostiziert nur die mittelschwere und schwere exokrine Pankreasinsuffizienz, während bei leichter oder mäßiger Insuffizienz falsch normale Ergebnisse erhalten werden können. Interferenz mit hoch dosierten Vitamin B2- (Riboflavineigenfarbe) und Sulfasalazinpräparaten, die ebenso wie Pankreasenzyme 5 Tage vor der Untersuchung abzusetzen sind. Falsch pathologische Ergebnisse bei Cholestasen (mangelhafte enzymatische Hydrolyse des Esters durch Gallensäuremangel), nach Billroth-II-Magenresektion und bei entzündlichen Darmerkrankungen (Malabsorption) sind möglich (s. Tabelle).
Ursachen für Fehlinterpretationen des FDL-Tests:
Ergebnisse
Falsch normal
Falsch pathologisch
Leichte exokrine Pankreasinsuffizienz
Enzymsubstitution nicht abgesetzt
Hoch dosierte Gabe von Riboflavin (Vitamin B2)
Medikation mit Sulfasalazinpräparaten
Resorptionsstörungen (z. B. Zöliakie, chronisch entzündliche Darmerkrankungen)
Gallenabflussstörungen (mangelhafte Esterhydrolyse)
Zustand nach Billroth-II-Operation
Diagnostische Wertigkeit
Bei manifester Insuffizienz beträgt die Sensitivität 67 % und die Spezifität 89 %. Diagnostische Sensitivität und Spezifität werden mit 67 % bzw. 40–60 % angegeben, was bei zusätzlich fehlender allgemeiner Standardisierung der Testdurchführung die diagnostische Aussagekraft erheblich einschränkt. Bei manifester Insuffizienz beträgt die Spezifität 89 %. Bei nur grenzwertig eingeschränkter Pankreasfunktion ist die Sensitivität 38 %, (noch) normale Testergebnisse schließen leichtere Insuffizienzen nicht aus. Ein normaler Test macht hingegen eine mäßige bis schwere Insuffizienz des exokrinen Pankreas unwahrscheinlich. Deutlich höhere diagnostische Zuverlässigkeitskriterien hat die Bestimmung der pankreasspezifischen Elastase (Elastase, pankreasspezifische) im Stuhl.
Literatur
Funktionsdiagnostik in der Gastroenterologie, Medizinische Standards (Stein J, Wehrmann T, Hrsgb), 2. Auflage, 2006, Springer Medizin Verlag, Heidelberg
Greiling H, Gressner AM (Hrsg) (1995) Lehrbuch der Klinischen Chemie und Pathobiochemie, 3. Aufl. Schattauer Verlag, Stuttgart/New York
Lawson N, Chesner I (1994) Tests of exocrine pancreatic function. Ann Clin Biochem 31:305–314CrossRefPubMed