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Serum-Amyloid A

Verfasst von: G. Töpfer
Serum-Amyloid A
Synonym(e)
SAA
Englischer Begriff
Definition
Wird bei einer Akute-Phase-Reaktion wie Entzündungen und Abstoßreaktionen schneller gebildet und langsamer abgebaut als C-reaktives Protein (CRP), ist strukturell bei einer Molmasse von 12 kDa an HDL gebunden und stellt das Vorläuferprotein des Gewebe-Amyloid-AA-Proteins dar, das bei chronischen Entzündungen abgelagert werden kann.
Struktur
SAA enthält 104 Aminosäuren, wobei N-terminal die Aminosäuren 45–83 mit jenen des Protein-AA extrahiert aus den Fibrillen von Amyloid A identisch sind. Die Aminosäuren 38–58 sind in allen Spezies, in denen es vorkommt, gleich. Ratten haben kein messbares SAA wegen Fehlens der genetischen Kodierung von Teilen des Gens, sodass sich bei Entzündungen Teilstücke in der Leber ansammeln. Eine andere Form des SAA, die auch bei Tieren vorkommt, hat ein zusätzliches Oktapeptid zwischen den Aminosäuren 70 und 77, es verhält sich nicht als Akute-Phase-Protein (s. Akute-Phase-Proteine). Im Blutserum des Menschen kommen SAA1 und SAA2 vor mit zu 93 % identischer Aminosäuresequenz. Der Anteil der SAA1-Isoform beträgt gleichbleibend bei Gesunden und bei der Akute-Phase-Reaktion 75 %. Stimuli durch IL-1β am Promotorgen sind bei der SAA-Synthese stärker und Stimuli von IL-6 gleich stark wirksam auf die Synthese von SAA und CRP. Nach seiner Sekretion aus der Bildungszelle assoziieren alle Formen des SAA auf der hydrophoben N-terminalen Seite mit HDL. Der Hauptträger für SAA ist HDL-3, auch andere HDL-Fraktionen sowie LDL und VLDL binden SAA. Während der Akute-Phase-Reaktion kann SAA in der HDL-Fraktion um das 1000-Fache ansteigen, wobei Apolipoprotein A-I, Apolipoprotein A-II und Apolipoprotein C-III aus dem Komplex verdrängt werden.
Molmasse
12 kDa.
Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination
Die Leber ist der Hauptsyntheseort, extrahepatische Synthese erfolgt noch in Fibroblasten und Makrophagen. Interleukin-1, Interleukin-6 und Tumornekrosefaktoren (s. Tumornekrosefaktor-α) induzieren die Synthese, wobei Kortikosteroide diesen Effekt auf zellulärer Ebene verstärken. Bei Gesunden ist SAA nur in sehr geringen Konzentrationen im Plasma vorhanden (<10 mg/L). Der Abbau geschieht in der Leber möglicherweise durch die Aufnahme der HDL-Partikel von den Hepatozyten. Während der Akute-Phase-Reaktion ist der Abbau um etwa 30 % reduziert. Das könnte die Ursache für die Steigerung der Konzentration bei der Akute-Phase-Reaktion um das 2000-Fache sein (CRP-Steigerung dabei nur um das 1000-Fache bei verstärktem Abbau des CRP in der akuten Phase). Peak-Werte werden für SAA etwa 50 Stunden nach dem akuten Ereignis erreicht.
Funktion – Pathophysiologie
Chronisch erhöhte Serumkonzentrationen des SAA sind eine der notwendigen Voraussetzungen zur Bildung von AA-Amyloid. Bei Tieren gibt es Isoformen des SAA, die mehr zur Amyloidablagerung neigen, dies ist beim Menschen nicht der Fall. Die Prävalenz einer derartigen Amyloidose beträgt bei Autopsien 0,5–0,7 %. Bei Patienten mit rheumatischen Erkrankungen beträgt die Prävalenz der Amyloidose 4,5 %. Die bisherigen Erkenntnisse zur Funktion und Pathophysiologie des Lipidstoffwechsels und der Abwehrfunktion im Zusammenhang mit SAA befinden sich überwiegend noch im Stadium des Tierexperiments. IL-18 stimuliert die SAA-Bildung von rheumatoiden Synovialzellen. SAA löst Apo E aus der HDL-Mizelle des Liquors bei Entzündungen. Damit wird Amyloid-β-(AB-)Fragment (1–42) nicht mehr an HDL gebunden. Die Aβ-Clearance ist gestört. SAA von Maus und Mensch binden das fettlösliche Retinol. Wie gegen CRP wurden auch Autoantikörper gegen SAA nachgewiesen.
Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen
Probenstabilität
Proben möglichst frisch analysieren.
Serum bei 2–8 °C 8 Tage stabil, bei −20 °C 3 Monate stabil.
Präanalytik
Trübungen in den Proben stören bei Immunnephelometrie/Immunturbidimetrie. Entfernung von Partikeln oder Lipidtrübungen bei 15.000 × g über 10 Minuten, dann noch trübe Proben werden nicht analysiert. Frier-Tau-Zyklen sind zu vermeiden.
Analytik
Radioimmunoassay (RIA), latexverstärkte Immunnephelometrie, Enzyme-linked Immunosorbentassay (ELISA), Dot-Blot. Internationaler (WHO-)Standard ist seit 1998 verfügbar. Bei der latexverstärkten Immunnephelometrie beträgt der Messbereich 3–200 mg/L (Verdünnung 1/400) bzw. bis 1000 mg/L bei Verdünnung des Serum von 1/2000.
Konventionelle Einheit
mg/dL.
Internationale Einheit
mg/L.
Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit
mg/dL × 10 = mg/L.
Referenzbereich – Erwachsene
Latexverstärkte Immunnephelometrie: <6,4 mg/L oder nach Whicher und Chir (1996) <8–10 mg/L (Median: 1–2 mg/L) (methodenunabhängig).
Referenzbereich – Kinder
Latexverstärkte Immunnephelometrie (n = 35): Nabelschnurblut <3 mg/L (Median 0,76 mg/L), Neugeborene (3–7 Tage) >10,6 mg/L (Median 1,5 mg/L) (Lannergard et al. 2005).
Indikation
  • Entzündungsmarker, Aktivitätsmarker bei rheumatoider Arthritis
  • Marker für Transplantatabstoßung
  • Abklärung einer Amyloidose
  • Indikationen ähnlich dem CRP wie Diagnostik von Herzattacken, Neugeboreneninfektionen.
Interpretation
SAA zeigt auch bei Virusinfektionen in der Regel Anstiege über den Referenzbereich, beispielsweise bei zwei Drittel der gewöhnlichen Erkältungskrankheiten, während das bei CRP nur in etwa der Hälfte der Virusinfektionen beobachtet wird. Allerdings fehlen diese Anstiege des SAA bei Hepatitis-B- und -C-Infektionen. Auch Lupus erythematodes und ulzerative Kolitis zeigen keine SAA-Erhöhungen.
Bei malignen Tumoren steigt SAA an, wobei metastasierende Tumoren höhere Konzentrationen aufweisen.
Besondere Bedeutung weist SAA bei der Beurteilung des Aktivitätsgrades der rheumatoiden Arthritis (RA) auf, wo es den anderen Akute-Phase-Proteinen überlegen scheint, auch im Hinblick auf die Abschätzung des Risikos, bei hohen SAA-Serumkonzentrationen Amyloid A abzulagern. Allerdings ist die hohe Konzentration nur eine Voraussetzung für die Amyloidablagerung. Bei Frauen mit RA sind hohe SAA-Spiegel mit Symptomen einer fortgeschrittenen Atherosklerose verbunden.
Etabliert hat sich SAA zur Erkennung von Abstoßungsreaktionen von transplantierter Niere, Leber, Pankreas. Bedeutung kommt dem SAA auch für die Erkennung der Abstoßung transplantierter Herzen zu, allerdings nur mit einer diagnostischen Sensitivität (Sensitivität, diagnostische) von <70 %.
Zur Differenzialdiagnostik von Virusinfektionen und Rejektionskrisen wird vielfach Neopterin im Urin und/oder Serum empfohlen. Gleichzeitig mögliche bakterielle Infektionen stellen zusätzlich weiterhin ein differenzialdiagnostisches Problem dar, das allerdings möglicherweise über die Procalcitonin-Bestimmung abklärbar ist (allerdings fehlen bisher dazu Publikationen).
Bei stabiler Angina pectoris und Herzinfarkt weist SAA eine ähnliche, wenn nicht bessere Empfindlichkeit wie CRP (im unteren Messbereich) auf. Arbeiten über die Bedeutung bei Neugeboreneninfektionen sollten den diagnostischen Wert von SAA für diese Fragestellung klären, zumal der Parameter SAA nunmehr besser verfügbar und seit der Einführung eines internationalen Standards 1998 gut vergleichbar zu messen ist. Bei nekrotisierender Enterokolitis von Frühgeborenen zeigte sich SAA in gleicher Weise wie Procalcitonin und CRP zur Erstdiagnostik und Verlaufskontrolle geeignet, SAA war aber gegenüber dem CRP für die Erkennung nosokomialer Infektionen von Frühgeborenen unterlegen.
Diagnostische Wertigkeit
Die Hoffnung, dass sowohl virale als auch bakterielle Infektionen vollständig erfassbar sind, hat sich nicht erfüllt. Da der Anstieg bei Virusinfektionen, Abstoßungskrisen und chronischen Entzündungen besser diagnostisch nutzbar erscheint als der des CRP, sollte ein breiterer Einsatz an der Stelle oder zusätzlich zu CRP (und u. a. von Zytokine) erfolgen. Weiterhin ist die Bestimmung von SAA bei der Fragestellung „Amyloidose“ sinnvoll. Eine SAA-Konzentration von >10 mg/L kann bei Ausschluss anderer Ursachen auf eine koronare Herzerkrankung hinweisen.
Literatur
Lannergard A, Friman G, Ewald U, Lind L, Larsson A (2005) Serum amyloid A (SAA) protein and high -sensitivity C-reactive protein (hsCRP) in healthy newborn infants and healthy young through elderly adults. Acta Paediatr 94:1198–1202CrossRefPubMed
Whicher JT, Chir B (1996) Serum amyloid A. In: Ritchie RF, Navolotskaia O (Hrsg) Serum proteins in clinical medicine. Band 1: Laboratory section, 1. Aufl., Foundation for Blood Research, Scarborough, S 1–5