Das Kryptantigen T ist ein Kohlenhydratantigen auf der Erythrozytenoberfläche, das als antigene Determinante im Normalfall nicht präsent ist bzw. maskiert vorliegt und erst nach Behandlung mit Neuraminidase als Antigen auftritt. Infektionen mit Neuraminidase-bildenden Bakterien und Viren führen zu einer Freisetzung des Enzyms Neuraminidase in der Blutzirkulation. Die Neuraminidase spaltet die endständigen Neuraminsäurezucker auf Glykoproteinen auf der Erythrozytenoberfläche ab, wodurch das normalerweise verdeckte T-Antigen entsteht. Das T-Antigen besteht aus den unverzweigten Zuckerresten Galaktose-β1,3-N-Acetylgalaktosamin, die über eine α-glykosidische Bindung mit den Aminosäuren Serin oder Threonin von Glykoproteinen auf der Erythrozytenoberfläche verbunden sind. Aufgrund der Immunogenität des T-Antigens und der hohen Frequenz von Infektionen mit Neuraminidase-produzierenden Viren und Bakterien sind Antikörper gegen das T-Antigen in annähernd allen Seren von Erwachsenen zu finden. Die Freilegung des T-Antigens durch Neuraminidasen bei Infektionen mit Neuraminidase-produzierenden Pathogenen ist ein transientes Ereignis, das jedoch zu autoimmunhämolytischen Anämien (s. Autoimmunhämolytische Anämie) und Problemen bei der Blutgruppenbestimmung führen kann.
Literatur
Mueller-Eckhardt C, Kiefel V (Hrsg) (2004) Transfusionsmedizin: Grundlagen – Therapie – Methodik, 3. Aufl. Springer, Berlin/Heidelberg/New York
Strobel E (2000) Erworbene Veränderungen der erythrozytären Merkmale. Infus Ther Transfus Med 27:80–89