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Orthopädie und Unfallchirurgie
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Publiziert am: 04.03.2024

Ansatztendinopathien: Distales Tractus iliotibialis-Syndrom

Verfasst von: Sarah Schröter und Martin Engelhardt
Das distale Tractus iliotbialis-Syndrom kommt als Überlastungssyndrom insbesondere im Rad- und Laufsport vor. Durch den distalen Verlauf des Tractus iliotibialis über den Epikondylus lateralis des Femurs kann es durch kompressive Kräfte zu Entzündungen in diesem Bereich kommen. Insbesondere anatomische Achsfehlstellungen und trainingsbedingte Faktoren stellen Risiken für die Entstehung des Tractus iliotibialis-Syndroms dar. Die Diagnose wird in der Regel durch eine vollständige und exakte Anamnese sowie durch das Vorliegen einer charakteristischen Klinik in Form von Schmerzen über dem Bereich des lateralen Femurepikondylus gestellt. Die Beschwerden betreffen typischerweise die Außenseite des Kniegelenkes, können jedoch im gesamten Verlauf des iliotibialen Bandes ausstrahlen und sich in seltenen Fällen durch Hüft- oder proximale Oberschenkelschmerzen manifestieren. Eine bildgebende Diagnostik kann hilfreich sein, andere pathologische Entitäten in unklaren Fällen auszuschließen. In der Regel umfasst die Behandlung ein konservatives Management. Hierbei wird der Fokus auf eine Anpassung der sportlichen Aktivitäten, ein physiotherapeutisches Training der Hüft- und Oberschenkelmuskulatur und eine Korrektur der biomechanischen Anomalien gelegt. Typischerweise führen einfache Maßnahmen zu einer Ausheilung des Krankheitsbildes. Eine chirurgische Versorgung ist dennoch in seltenen Fällen von rezidivierenden Verläufen erforderlich.

Einleitung

Das distale Tractus iliotibialis-Syndrom kommt als Überlastungssyndrom insbesondere im Rad- und Laufsport vor. Durch den distalen Verlauf des Tractus iliotibialis über den Epikondylus lateralis des Femurs kann es durch kompressive Kräfte zu Entzündungen in diesem Bereich kommen. Insbesondere anatomische Achsfehlstellungen und trainingsbedingte Faktoren stellen Risiken für die Entstehung des Tractus iliotibialis-Syndroms dar. Die Diagnose wird in der Regel durch eine vollständige und exakte Anamnese sowie durch das Vorliegen einer charakteristischen Klinik in Form von Schmerzen über dem Bereich des lateralen Femurepikondylus gestellt. Die Beschwerden betreffen typischerweise die Außenseite des Kniegelenks, können jedoch im gesamten Verlauf des iliotibialen Bands ausstrahlen und sich in seltenen Fällen durch Hüft- oder proximale Oberschenkelschmerzen manifestieren. Eine bildgebende Diagnostik kann hilfreich sein, andere pathologische Entitäten in unklaren Fällen auszuschließen. In der Regel umfasst die Behandlung ein konservatives Management. Hierbei wird der Fokus auf eine Anpassung der sportlichen Aktivitäten, ein physiotherapeutisches Training der Hüft- und Oberschenkelmuskulatur und eine Korrektur der biomechanischen Anomalien gelegt. Typischerweise führen einfache Maßnahmen zu einer Ausheilung des Krankheitsbilds. Eine chirurgische Versorgung ist dennoch in seltenen Fällen von rezidivierenden Verläufen erforderlich.
Der Tractus iliotibialis stellt als Aponeurose eine flächige Verstärkung der Fascia lata des lateralen Oberschenkels dar. In das iliotibiale Band strahlen von proximal die Sehnen des Musculus tensor fasciae latae, des Musculus gluteus maximus und des Musculus gluteus medius ein (Abb. 1). Distal setzt der Tractus iliotibialis an das Tuberculum Gerdy an, nachdem er den lateralen Femurkondylus gekreuzt hat. Mit dem Femur steht er oberhalb des Epikondylus laterale über die Linea asperta sowie über kräftige fibröse Bänder (proximale und distale Kaplan Fasern) in Verbindung (Godin et al. 2017). Weiter distal bildet er zusätzlich eine Verbindung zum Retinaculum patellae laterale (Vieira et al. 2007). Funktionell ist er als Zuggurtungssystem des proximalen Femurs durch Reduktion von Traktionskräften bei axialen Belastungen und als lateraler Stabilisator bedeutsam (Birnbaum et al. 2004).
Das distale Tractus iliotibialis-Syndrom ist eine Überlastungsverletzung insbesondere im Rad- und Laufsport. Als synonyme Begriffe hierfür werden häufig „iliotibiales Friktionssyndrom“, „iliotibiales Bandsyndrom“, „Tractus-Syndrom“ und „Läuferknie“ bzw. die geläufigere englische Übersetzung „Runner’s Knee“ verwendet. Man sollte zudem das proximale und das distale Tractus-Syndrom differenzieren, welche sich vor allem in der Epidemiologie und Pathogenese unterscheiden. Dieses Kapitel behandelt das kniegelenksnahe, distale Tractus iliotibialis-Syndrom.

Epidemiologie

Das Läuferknie wurde erstmals als Erkrankung von Sportlern und Rekruten in der Literatur von Orava im Jahre 1978 beschrieben (Orava 1978). Epidemiologisch kommt es daher primär beim körperlich aktiven Menschen vor und findet sich überwiegend bei Ausdauersportlern wieder. Besonders häufig sind Aktivitäten mit wiederholten Dauerbelastungen betroffen, weshalb sich das Tractus Iliotibialis-Syndrom vermehrt bei Läufern und Radfahrern findet. Die Inzidenzen aller laufbedingten, distalen Tractus iliotibialis-Syndrome liegen zwischen 1,6 % und 12 % (Ellis et al. 2007; Fredericson und Wolf 2005; Lavine 2010; McNicol et al. 1981; Messier et al. 1995; Van der Worp et al. 2012). Bei Radfahrern macht das Läuferknie in ähnlichen Beobachtungsstudien zwischen 15 bis 24 % aller Überlastungsverletzungen aus (Farrell et al. 2003; Holmes et al. 1993). Neben den Risikosportarten Laufen und Radfahren findet sich das Läuferknie selten auch im Gewichtheben, Skifahren, Basketball, Rudern und Fußball (Clement et al. 1981; Fairclough et al. 2006; Noble 1979; Orava 1978; Orchard et al. 1996). Die Inzidenzen des Läuferknies stehen im Verhältnis 2:1 zwischen Frauen und Männer (Foch et al. 2015).

Pathogenese

Durch den distalen Verlauf des Tractus iliotibialis über den Epikondylus lateralis des Femurs kann es durch überlastende Aktivitäten zu lokalen Entzündungen über der Außenseite des Kniegelenks kommen. Eine bisher angenommene Theorie war, dass es durch wiederholte Reibung während der Knieflexion und -extension zu Friktionskräften und in der Folge zum distalen Tractus iliotibialis-Syndrom kommt. Allerdings konnte dies in biomechanischen Studien nicht bestätigt werden, sodass scheinbar eher kompressive Kräfte bei der Entstehung des Läuferknies beteiligt sind (Brukner 2012; Orchard et al. 1996).
Zwischen dem distalen Tractus iliotibialis und dem lateralen Femurkondylus befindet sich eine hoch vaskularisierte und innervierte Fett- und Bindegewebsschicht (Isusi et al. 2007). Die Annahme, dass eine wiederholte Kompression zu Mikrotraumen und zu einer entzündlichen Veränderung in diesem Gebiet führen könnte, gilt aktuell als wahrscheinlichste Theorie für die Entstehung des distalen Tractus iliotbialis-Syndroms (Fairclough et al. 2007; Grando et al. 2014).
Anatomische Forschungsarbeiten zeigten, dass der Tractus iliotibialis bei 20–30° Kniebeugung als Folge der tibialen Innenrotation eine Kompression gegen den lateralen Epicondylus des Femurs erleidet (Fairclough et al. 2006) (Abb. 1). Dies entspricht klinischen Beobachtungen, in denen eine erhöhte Schmerzentwicklung bei Betroffenen in 30°-Kniebeugung zu beobachten war (Fredericson und Wolf 2005; Orchard et al. 1996). Vorwiegend tritt dies beim Bergablaufen in der Abbremsphase auf (Levin 2003).

Risikofaktoren

Innerhalb der Risikoaktivitäten bzw. -sportarten gibt es einige weitere externe, mechanische Faktoren, die die Entwicklung eines distalen Tractus iliotibialis-Syndroms begünstigen können. Achsfehlstellungen, insbesondere das Genu varum, sowie Beinlängendifferenzen und eine innenrotierte Tibia mit vermehrter Mittelfußpronation fördern die Entstehung eines distalen Tractus iliotibialis-Syndroms (Rubin und Collins 1980). So fanden sich in einer Studie mit Laufsportlern einige Risikofaktoren, die die Wahrscheinlichkeit einer überlastungsbedingten Erkrankung erhöhten. Hierunter galten eine vermehrte Pronation während der ersten 10 % der Standphase, ein vergrößerter Fußgewölbe-Index, ein untaugliches Schuhwerk und ein hohes Spitzendrehmoment während der Knieextension zu den Risikofaktoren des Läuferknies (Duffey et al. 2000).
Des Weiteren wirken sich trainingsbedingte Faktoren, wie eine rapide Steigerung der Trainingsfrequenz und -intensität, ebenfalls begünstigend auf die Entstehung des Läuferknies aus. Zudem ist der Laufuntergrund von Bedeutung: So kann das Laufen auf übermäßig gewölbten Böden eine verstärkte Belastung der lateralen Seite des Knies darstellen und somit das Tractus iliotibialis-Syndrom auslösen bzw. noch verschlimmern. Aktuell weiterhin diskutiert wird ein erhöhtes Risiko durch eine Schwäche der Hüftabduktoren (Van der Worp et al. 2012). Während der Phase der Lastaufnahme kommt es durch eine Schwäche bei der Hüftabduktion zu einer vermehrten Hüftadduktion mit erhöhten exzentrischen Kraftanforderungen an die Hüftabduktoren. Der Tractus iliotibialis fängt die überschüssigen Kräfte ab und es kommt zu einer verstärkten Beanspruchung der lateralen Stabilisatoren des Oberschenkels (Fredericson et al. 2000).

Diagnostik

Für die Diagnostik des distalen Tractus iliotibialis-Syndroms sind die Anamnese, insbesondere der Risikofaktoren, und die klinische Untersuchung mittels Provokationstests entscheidend. In unklaren Fällen kann eine ergänzende Bildgebung helfen, mögliche Differenzialdiagnosen auszuschließen.

Anamnese

Das distale Tractus iliotbialis-Syndrom wird durch ein anfangs dumpfes, im Verlauf dann ein stechendes bzw. brennendes Gefühl am Übergang des Tractus iliotibialis über dem lateralen Femurkondylus symptomatisch. Gelegentlich strahlt der Schmerz nach proximal in Richtung des Hüftgelenks aus. Anfangs können die Betroffenen keinen spezifischen Schmerzpunkt beschreiben und berichten lediglich von einem diffusen Schmerz an der Außenseite des Kniegelenks. Bei persistierenden Beschwerden kann der Ort des stärksten Schmerzes genauer lokalisierbar sein. Die Schmerzen treten meist nur unter Belastung auf. Im fortgeschrittenen Stadium können sie jedoch nach dem Training anhalten. Häufig berichten Betroffene von einer progredienten Symptomatik, ohne einen konkreten Zeitpunkt der Erstmanifestation nennen zu können. Die Anamnese der Risikofaktoren hilft den Verdacht des distalen Tractus iliotibialis-Syndroms zu erhärten.

Klinische Untersuchung

Die Inspektion des betroffenen Beines ist in der Regel unauffällig. Selten findet sich eine ödematöse Schwellung über dem lateralen Femurkondylus. Während der klinischen Untersuchung lassen sich Druckschmerzen ca. 3 cm oberhalb des Epikondylus lateralis des Femurs auslösen. Gelegentlich strahlen diese nach proximal aus.
Aufgrund der Tatsache, dass die Beschwerden hauptsächlich während der sportlichen Aktivität auftreten, sind die Patientinnen und Patienten meist beschwerdefrei bzw. -arm, wenn die körperliche Untersuchung durchgeführt wird. Um dennoch eine zielführende Untersuchung im beschwerdefreien Intervall vornehmen zu können, sollten Provokationstests angewandt werden. So kann durch wiederholte Extension und Flexion im Kniegelenk (E/F 0–0–30°), in Seitenlage oder durch Kniebeugen, der Schmerz reproduziert werden. Ein spezifischer Test zur Schmerzprovokation wird von Noble beschrieben. Die betroffene Person liegt auf der Seite mit einer Kniebeugung von 90°, während der bzw. die Untersuchende einen lokalen Druck auf das iliotibiale Band über den lateralen Femurkondylus anbringt. Im Verlauf des Tests wird im Kniegelenk unter anhaltend appliziertem Druck eine Extension durchgeführt. Der Test wird als positiv gewertet, wenn Schmerzen in einer 30°-Beugung auftreten, da hierbei die stärkste Kompression auf den Tractus iliotibialis einwirkt (Noble 1979).
Ein weiterer, sehr verbreiteter Test für die klinische Untersuchung ist der Ober-Test, der zur Beurteilung einer Verkürzung des Tractus iliotibialis herangezogen werden kann. Es gibt allerdings keine Evidenz für eine Korrelation zwischen einem positiven Test und einem Tractus iliotibialis-Syndrom, nicht zuletzt aufgrund der Vielzahl von Test-Modifikationen (Baker und Fredericson 2016; Gajdosik et al. 2003; Park et al. 2016).

Apparative Diagnostik

In unklaren persistierenden Fällen kann eine ergänzende, radiologische Diagnostik hilfreich sein, um ein distales Tractus iliotibialis-Syndrom zu erkennen. Hierbei ist sowohl die Sonografie als auch die MR-Bildgebung relevant, um den Weichteilstatus einschätzen zu können.
Die Sonografie nimmt eine zentrale Rolle bei der Diagnose und in der Beurteilung des Verlaufs während der Erkrankung ein. Diese Methode ist zum einen kostengünstig und hat eine hohe Verfügbarkeit. Zum anderen wird sie von den Betroffenen gut akzeptiert, da die sonografische Bildgebung schnell durchführbar und mit einer kurzen Wartezeit verbunden ist. Die Sonografie sollte daher als bildgebendes Verfahren der ersten Wahl bei funktionellen Überlastungssyndromen des Knies angesehen werden (Draghi et al. 2008). Mittels Linearschallköpfen wird das iliotibiale Band auf der lateralen Seite des Knies untersucht. Im physiologischen Zustand erscheint es als eine lineare, fibrilläre Struktur, die den Epikondylus lateralis des Femurs überquert und distal in das Tuberculum Gerdy der Tibia einstrahlt (De Maeseneer et al. 2014). Zur einfachen Darstellung und Orientierung wird der Schallkopf in der Mittellinie des Knies platziert, um in Längsachse die Patellasehne darzustellen, und dann mit kleinen Bewegungen parallel nach lateral bewegt. Der Tractus iliotibialis ist die erste identifizierbare, längs verlaufende Struktur, die sich vom lateralen Tibiakondylus nach proximal erstreckt (Alves et al. 2016). Zusätzlich lässt sich der Tractus iliotibialis in der axialen Ebene über dem lateralen Femurepikondylus abbilden. Eine in axialer Ebene durchgeführte, dynamische Beurteilung kann verschiedene Grade der Kompression am lateralen Femurepikondylus zeigen. Die durchschnittliche Dicke des Tractus iliotibialis bei gesunden Personen zeigt eine Dicke von 1,1–1,9 mm in Höhe des lateralen Femurepikondylus und 3,4 mm auf der Höhe des lateralen Tibiakondylus (Goh et al. 2003). Die Dicke ist lediglich von dem Alter der Betroffenen abhängig und nimmt mit steigendem Alter ab (Goh et al. 2003). Zu den pathologischen Ultraschallbefunden gehören ödematöse Weichteilschwellungen sowie diskrete Flüssigkeitsansammlungen (Draghi et al. 2008). Über eine Verdickung des Tractus iliotibialis als Diagnosekriterium wird kontrovers diskutiert und sie ist kein sicheres Zeichen für ein Läuferknie (Gyaran et al. 2011).
Neben der Sonografie ermöglicht die Magnetresonanz-Bildgebung eine präzise Darstellung des distalen Verlaufs des Tractus iliotibialis (Muhle et al. 1999). Geeignete MR-Untersuchungen umfassen Fast-Spin-Echo-, fettgesättigte Fast-Spin-Echo- und T2-Sequenzen (Ekman et al. 1994; Grando et al. 2014; Muhle et al. 1999; Murphy et al. 1992; Nishimura et al. 1997). Weichteilentzündung und/oder Ödeme als Folge lokaler Flüssigkeitsansammlungen zeigen sich als hyperintense Bereiche um den Tractus iliotibialis (Murphy et al. 1992). Der Tractus iliotibialis als solcher zeigt weder Signalveränderungen, noch sind Veränderungen des Durchmessers zu erkennen (Nishimura et al. 1997). Gelegentlich findet sich eine dezente Hyperintensität in der Knochenstruktur des lateralen Femurepikondylus. Dennoch bleibt eine MR-Bildgebung häufig ohne Befund.

Differenzialdiagnosen

Der anteriore, äußere Knieschmerz kann als Folge unterschiedlicher Pathologien auftreten. Aufgrund der Lokalisation des stärksten Schmerzes kann meist zwischen Krankheitsbildern mit anterioren und lateralen Schmerzen differenziert werden. Insbesondere anteriore Schmerzen werden durch retropatellare Pathologien, Tendinopathien der Patellasehne bzw. der distalen Quadrizepssehne, aseptischen Osteonekrosen (Morbus Osgood-Schlatter, Morbus Sinding-Larsen-Johansson), Frakturen und Schleimbeutelentzündungen (z. B. Bursitis pes anserinus) hervorgerufen (Cutbill et al. 1997). Erkrankungen, die vermehrt Schmerzen im lateralen Kniebereich hervorrufen, sind – neben dem Tractus iliotibialis-Syndrom – Enthesiopathien des M. popliteus bzw. des M. biceps femoris, Läsionen des Außenmeniskus und Pathologien am Fibulaköpfchen (Draghi et al. 2008). In unklaren Fällen sollte ein bildgebendes Verfahren durchgeführt werden, um Differenzialdiagnosen ausschließen zu können. Häufig ist die Anamnese und die körperliche Untersuchung allerdings vorher bereits zielführend in der Diagnosestellung des Tractus iliotibialis-Syndroms.

Therapie

Konservative Therapie

Patienten mit dem Tractus iliotibialis-Syndrom sprechen üblicherweise gut auf konservative Maßnahmen an (Rubin und Collins 1980). Die konservative Therapie sollte strukturiert sein und aus unterschiedlichen Phasen mit konkreten Zielen bestehen (Abb. 2).
In der akuten Phase wird eine körperliche Schonung bzw. ein schmerzfreies Alternativtraining, eine lokale Kühlung und eine kurzfristige Gabe von oralen entzündungshemmenden Medikamenten (NSARs) empfohlen (Tschopp und Brunner 2017). Massagen bzw. Dehnungen der Muskulatur (Hüftabduktoren, Knie- und Hüftextensoren) sind im Rahmen einer begleitenden Physiotherapie erst nach Abklingen des akuten Entzündungsintervalls empfohlen. Hierdurch werden Verkürzungen und myofasziale Einschränkungen aufgelöst, um eine nachfolgende Kräftigungsphase gewährleisten zu können. Durch eine anschließende Kräftigung der Hüftabduktoren lassen sich biomechanische Veränderungen beobachten. Diese haben häufig einen positiven Effekt auf die Reduktion von Schmerzen und bei der Verhinderung von Rezidiven (Balachandar et al. 2019). Zudem ist eine Verbesserung der Beinachsenstabilität und der Beweglichkeit, insbesondere der dorsalen Kette, sinnvoll (Miccio et al. 2021). Weiche Orthesen können hierbei angewandt werden, allerdings gibt es keine Evidenz für den Erfolg des Orthesen-Einsatzes. Eine abschließende Phase zur Wiederaufnahme der Sportart beginnt mit einem schrittweise aufgebautem Programm, welches in individuell-angepassten Intervallen durchgeführt wird, wobei Häufigkeit und Intensität allmählich gesteigert werden (Fredericson und Weir 2006). Sollte nach 3 bis 4 Monaten keine Besserung mit den genannten Maßnahmen erreicht werden, können ergänzende Alternativbehandlungen angewendet werden. Die höchste Evidenz der alternativen Therapien besitzt die lokale Glukokortikoid-Injektion (Gunter und Schwellnus 2004), welche heutzutage im Hinblick auf Folgeschäden des Sehnengewebes allerdings kritisch zu sehen ist. Zusätzliche Verfahren können im Einzelfall zur vollständigen Ausheilung führen, haben jedoch keine Evidenz. Hierzu gehört die Elektrotherapie, die manuelle Therapie, die Schockwellen-Therapie und alternativmedizinische Verfahren. In seltenen Fällen, bei Nichtansprechen der konservativen Behandlung, kann eine Operation in Betracht gezogen werden.

Operative Therapie

Es gibt verschiedene operative Verfahren zur Versorgung des Tractus iliotibialis-Syndroms. Am häufigsten werden entlastende Operationen durchgeführt. Beispielsweise gibt es Techniken, die eine dreiecksförmige Resektion auf Höhe des lateralen Femurkondylus in 30°-Beugung beschreiben, posteriore Releasetechniken des Tractus iliotibialis darstellen oder Z-förmige Verlängerungen ausführen (Barber et al. 2007; Drogset et al. 1999; Sangkaew 2007). Die Durchführung einer Z-Verlängerungsplastik ist gut beschrieben und zeigt gute Erfolge (Barber et al. 2007; Richards et al. 2003). Jedoch gibt es aufgrund der seltenen Durchführung wenig Studien zu der Erfolgsquote operativer Verfahren.
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