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Orthopädie und Unfallchirurgie
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Publiziert am: 15.06.2023 Bitte beachten Sie v.a. beim therapeutischen Vorgehen das Erscheinungsdatum des Beitrags.

Epiphyseolysis capitis femoris (ECF)

Verfasst von: Hermann Josef Hellmich und Andreas H. Krieg
Die Epiphyseolysis capitis femoris (ECF) ist die bedeutsamste nicht traumatische Hüfterkrankung des Jugendalters, die in fast allen Fällen einer operativen Behandlung zugeführt werden muss. Die Epiphysenlösung kann einem Frakturgeschehen ähneln, meist ist die klinische Symptomatologie aber schleichend und eine Verzögerung in der Diagnosestellung beinahe die Regel. Die Ätiologie umfasst genetische, endokrinologische, histochemischen und biomechanische Aspekte. Die Pathogenese der ECF ist einförmig und entspricht einem mechanischen Versagen bei zunehmender Instabilität unter Belastung. Unbehandelt entsteht eine dreidimensionale Fehlstellung der Hüfte mit hohem Risiko zur Entwicklung eines femoroacetabulären Impingements (FAI) und langfristig einer sekundären Koxarthrose. Die avaskuläre Femurkopfnekrose (AVN) ist die gefürchtetste Komplikation sowohl der Erkrankung selbst, wie auch der Therapie. Aktuelle Forschungsergebnisse untermauern die Einschätzung, dass die klassische Fixation in situ als Goldstandard der operativen Versorgung anzusehen ist, da sie in vielen Fällen ein ausreichendes Remodelling und eine gute Langzeitprognose ermöglicht. Die sofortige Wiederherstellung der lokalen Anatomie, beispielhaft vertreten in der modifizierten Dunn-Osteotomie, sollte tendenziell schweren chronischen Verlaufsformen der ECF und Zentren mit hoher Expertise in hüftnaher Chirurgie vorbehalten bleiben.

Einleitung

Synonyme: Hüftkopfepiphysenlösung, juvenile Hüftkopflösung, Coxa vara epiphysarea. Im angloamerikanischen Sprachraum „slipped capital femoral epiphysis“ (SCFE).
Die Epiphyseolysis capitis femoris (ECF) ist definiert als nicht traumatische Lockerung in der proximalen Wachstumsfuge des Femurs, in deren Folge es zu einer gleitenden Ablösung des Schenkelhalses gegenüber der Hüftkopfepiphyse kommt. In der Regel verschiebt sich der Schenkelhals auf der ligamentär und azetabulär gut fixierten Epiphyse nach anterolateral und kranial. Akuität und Ausmaß dieses Gleitvorganges können sehr unterschiedlich sein, klinisch stumme Verlaufsformen sind ebenso bekannt wie ein chronischer oder akuter Abrutsch. Biomechanisch resultiert eine dreidimensionale Deformität mit dem Risiko erheblicher Folgeprobleme. Die große Mehrzahl der Fälle präsentiert sich im akzelerierten Wachstum während der Pubertät, die Epiphysenlösung gilt als häufigste bedeutsame Hüfterkrankungen bei Jugendlichen. Die Ätiologie ist multifaktoriell und umfasst genetische, endokrinologische, histochemische und biomechanische Aspekte. Pathogenetisches Grundprinzip der ECF ist ein Missverhältnis zwischen mechanischer Festigkeit der Wachstumsfuge und den am Ort einwirkenden Belastungsimpulsen (Hefti 2015). Das Krankheitsbild zeigt charakteristische Besonderheiten und ist in mancher Hinsicht einzigartig.

Historie

In einem Werk von 1572 differenziert der bedeutende französische Militärchirurg Ambroise Paré zwischen hüftnaher Fraktur und Luxation, trotz ähnlicher Diktion handelt sich jedoch nicht um die Erstbeschreibung einer ECF im heutigen Sinne. Ort und Funktion der Epiphysenfuge als isolierte Wachstumszonen wurden erst im 18. Jahrhundert von Steven Hales und John Hunter durch Tierversuche nachgewiesen. Nachdem frühe Erklärungsversuche angeborene Störungen, Mangelzustände und Überlastungen reflektierten, verfasste 1888 Müller die erste grundsätzliche Abhandlung über die „Verbiegung des Schenkelhalses im Wachstumsalter“ (Müller 1888). Eine präzisere Analyse des Krankheitsablaufes wurde dann seit 1895 durch die epochale Entdeckung der Röntgenstrahlung möglich. Die „Coxa vara“ wurde zum Oberbegriff unterschiedlicher pathologischer Phänomene am Hüftgelenk. Im älteren orthopädischen Schrifttum entspricht die „Coxa vara epiphysarea“ der heute durchgängig als Epipyseolysis capitis femoris bezeichneten Entität. Eine umfassende Differenzierung des Krankheitsbilds gelingt erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Im angloamerikanischen Sprachraum spielten pathoanatomische Vorstellungen über eine „Epiphyseal coxa vara“ zunächst ebenfalls eine Rolle, wobei sich der Begriff der „Slipped capital femoral epiphysis“ (SCFE) dann aber zunehmend durchsetzte (Howorth 1966; Hellmich und Krieg 2019).

Häufigkeit

Die Inzidenz liegt bei 2–10/100.000 Jugendlichen pro Jahr, allerdings zeigen epidemiologische Studien geografisch und ethnisch bedeutsame Unterschiede. Eine größere Anfälligkeit konnte für Bevölkerungsgruppen afrikanischer oder afroamerikanischer Herkunft nachgewiesen werden (Loder und Skopelja 2011). Die Erkrankungshäufigkeit wird vermutlich unterschätzt, da sehr milde Verlaufsformen der Diagnostik entgehen. Weltweit nimmt die Inzidenz zu, wobei hier ein Zusammenhang mit der gleichfalls ansteigenden Rate von Adipositas im Kindes- und Jugendalter gesehen wird (Murray und Wilson 2008).
Die hüftnahe Epiphysenlösung ereignet sich zu 90 % im pubertären Wachstumsschub. Dieser tritt individuell sehr unterschiedlich auf, sodass wir Patienten in einer Alterspanne von 9–16 Jahren sehen. Der chronologische Altersgipfel liegt bei Jungen um das 13. und bei Mädchen um das 11,5. Lebensjahr (Lehmann et al. 2006). Bei endokrinologischen Begleiterkrankungen ist allerdings ein altersuntypisches Auftreten der ECF pathognomonisch. Insgesamt ist das männliche Geschlecht eindeutig häufiger betroffen, das Verhältnis (m/w) wird mit 2–3 : 1 angegeben. Das Erkrankungsrisiko endet naturgemäß mit dem Verschluss der Wachstumsfuge.
Langzeitstudien belegen, dass das Phänomen der EFC in mehr als 50 % der Fälle beide Hüftgelenke betrifft. Dies überrascht nicht, da die prädisponierenden Faktoren ja auf beide Hüften einwirken. Ein späterer Abrutsch der nicht prophylaktisch stabilisierten Gegenseite ereignet sich meist in den ersten 1,5 Jahren nach Diagnosestellung. Unabhängig davon scheint initial die linke Hüfte etwas häufiger betroffen zu sein. Eine gleichzeitig bilateral ausgeprägte Lyse ist deutlich seltener anzutreffen (Loder und Skopelja 2011).

Klassifikation und Nomenklatur

Symptomdauer, Belastungsfähigkeit des betroffenen Beines, der Grad des Abrutsches sowie weitere radiologisch erkennbare Umbauvorgänge bilden die Grundlage der seit langem etablierten Klassifikationen (Zilkens et al. 2010). Sie greifen im klinischen Alltag ineinander und beeinflussen den konkreten Behandlungsalgorithmus (Tab. 1).
Tab. 1
Klassifikation nach der Symptomdauer. (Fahey und O’Brien 1965)
 
Anamnese
Symptomdauer
Röntgenbefunde
Akute ECF
Plötzlich auftretender, starker Schmerz. Nicht selten wird ein Unfallereignis angeschuldigt (Gelegenheitsursache)
Unter 3 Wochen. Allerdings finden sich häufig diskrete Prodromalsymptome, die 1–3 Monate zurückreichen
Vollbild der ECF mit Verschiebung des Schenkelhalses im Verhältnis zum Femurkopf durch die Epiphysenfuge
Chronische ECF
Phasenhaftes Auftreten von Schmerzen im Hüft- oder Kniegelenk, der Leiste oder dem Oberschenkel
Die Beschwerden bestehen länger als 3 Wochen, häufig schon seit Monaten (bis Jahre)
Vollbild der ECF mit variablem Dislokationswinkel; Nachweis von knöchernen Umbauvorgängen
Akut-auf-chronische ECF
Plötzliche Schmerzverstärkung bei bereits länger andauernden Beschwerden
> 3 Wochen, häufig viele Monate
Vollbild der ECF mit variablem Dislokationswinkel. Umbauvorgänge meist nachweisbar
Die Unterscheidung zwischen stabiler und instabiler Form der ECF wurde 1993 von Loder vorgestellt und beruht auf dem Kriterium der Gehfähigkeit. Sie ist weltweit verbreitet und von therapeutischer wie prognostischer Relevanz. Während bei der instabilen ECF ein hohes Risiko für die Entwicklung einer avaskulären Femurkopfnekrose besteht, ist diese Rate bei der stabilen ECF minimal (Loder et al. 1993) (Tab. 2).
Tab. 2
Klassifikation nach der Stabilität
Stabilität
Klassifikation
stabil
Geh- und stehfähig, kein Erguss, Remodelling möglich
instabil
Nicht geh- und stehfähig, Ergussbildung, kein Remodelling bei akutem Abrutsch
Die bekannteste radiologische Klassifikation beruht auf der Bestimmung des Abrutschwinkels in einer axialen Röntgenaufnahme (Southwick 1967). Die Einteilung in milde, moderate und schwere Formen hat großen Einfluss auf die operative Technik (Tab. 3).
Tab. 3
Radiologische Klassifikation
Einteilung
Abrutschwinkel
Mild (Grad I)
Abrutsch < 30°
Moderat (Grad II)
Abrutsch 30–50°
Schwer (Grad III)
Abrutsch > 50°
Die Häufigkeit der ECF hinsichtlich der Beschwerdedauer kann aus der Tabelle 4 entnommen werden. (Aadalen et al. 1974; Wensaas et al. 2011) (Tab. 4).
Tab. 4
Häufigkeitsverteilung
Epiphysenlösung
Häufigkeit
Akute Epiphysenlösung (ECF acuta):
ca. 10 % aller Fälle
Chronische Epiphysenlösung (ECF lenta):
ca. 75 % aller Fälle
Akut-auf-chronische Epiphysenlösung
(ECF acuta ad lentam):
ca. 15 % aller Fälle

Ursachen

Die ECF ist das Resultat einer mechanischen Insuffizienz der proximalen, hüftkopfnahen Wachstumsfuge des Femurs. Die Ätiologie der Erkrankung ist multifaktoriell und beruht im Wesentlichen auf einer spezifischen Wechselwirkung biomechanischer und biochemischer Einflüsse während der Pubertät (Krauspe et al. 2004).

Endokrinologische Aspekte

Mit Beginn der Adoleszenz kommt es zu einer Aktivierung der Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse mit Anstieg der Geschlechtshormone, Somatotropin und IGF-1. Dies führt zu einer erhöhten Aktivität und Erweiterung der Wachstumsfugen durch vermehrte Proliferation der Chondrozyten. Latent geschwächt ist dabei ist vor allem die Region des metaphysennahen Säulen- und Blasenknorpels, wobei diese Vorgänge zunächst grundsätzlich als physiologisch anzusehen sind. Während Testosteron die mechanische Belastbarkeit vermindert, führen Östrogene zur Festigung der Fuge. Darin mag die Ursache dafür liegen, dass Mädchen insgesamt weniger anfällig sind und die ECF nach Eintritt der Menarche praktisch nicht mehr zu beobachten ist (Aronsson et al. 2006; Witbreuk et al. 2013).
Der klassische Patient ist männlich, übergewichtig, pubertär und schnell wachsend (Abb. 1). Traditionell wird in vielen Publikationen auf besondere Konstitutionstypen hingewiesen (adiposogenitales Syndrom) und ein endokriner Skelettschaden postuliert. Tatsächlich ereignen sich 90 % der Fälle in einer Phase der entwicklungsbedingten Imbalance, allerdings ohne eindeutig nachweisbare endokrine Störungen. Wir sprechen hier von der primären, idiopathischen Form der ECF.
Abb. 1
Männlich, 13 J, ECF links. (Krankengut UKBB)
Im Kontrast dazu steht die sekundäre, atypische Form der ECF, die mit definierten endokrinen Erkrankungen einhergeht und sich auch deutlich jenseits der klassischen Adoleszenz präsentieren kann (vor dem 9. oder nach dem 16. Lebensjahr) (Tab. 5). Oft sind hier beide Hüften zeitlich parallel betroffen. Somatotropin und Thyroxin spielen eine entscheidende Rolle. Sekundäre Epiphysenlösungen sind selten, ihr Anteil am Gesamtaufkommen der ECF dürfte bei unter 10 % liegen (Witbreuk et al. 2013). Die Unterscheidung zwischen primärer und sekundärer ECF entspricht einer ätiologischen Klassifikation.
Tab. 5
Ursachen atypische ECF. Quelle: (Hellmich und Krieg 2019)
Prädispositionen sekundäre, atypische ECF
Ursachen:
 
 
Wachstumshormonmangel/auch im Rahmen der Wachstumshormontherapie
 
Gigantismus mit Wachstumshormonüberschuss
 
Panhypopituitarismus
 
 
Sekundärer Hyperparathyreoidismus (z. B. durch Niereninsuffizienz, Malabsorptionssyndrome)
 
Sonstige Vitamin-D- und Vitamin-C-Mangelzustände
 
 
Morbus Fröhlich (adiposogenitales Syndrom)
 
 
Rubinstein-Taybi-Syndrom
 
Kleinefelter-Syndrom
 
 
Sämtliche epidemiologische Studien belegen eine ausgeprägte Koinzidenz von Übergewicht und ECF. Über die Hälfte der Betroffenen zeigt ein Gewicht oberhalb der 95. Perzentile, die Adipositas ist somit der bedeutsamste prädisponierende Faktor, was sich auch in steigenden Inzidenzzahlen widerspiegelt (Murray und Wilson 2008). Allerdings ist ein nicht geringer Anteil der Patienten normalgewichtig, teils sogar sportlich. In jüngster Zeit wird das Proteohormon Leptin als möglicher Co-Faktor für die ECF diskutiert. Erhöhte Konzentrationen konnten hier im Serum von Patienten unabhängig von ihrem Körpergewicht festgestellt werden. Die Bedeutung ist noch unsicher (Halverson et al. 2017).
Endokrinologische Vorgänge betreffen das gesamte Skelettsystem. Dies lenkt den Blick auf die besondere Architektur des Hüftgelenks.

Biomechanische Aspekte

Die Vulnerabilität am proximalen Femur beruht auf der dort wirksamen Bogenkonstruktion, die am ganzen Skelettsystem nahezu einzigartig ist. In Kombination mit dem aufrechten Gang führt schon der natürliche Kraftfluss zu einer akzentuierten lokalen Scherbelastung. Nachdem die hüftnahe Epiphysenfuge in der Kindheit senkrecht zur Belastung steht, ergibt sich im pubertären Wachstumsschub auch eine akzentuierte Detorsion des Schenkelhalses. Die Fuge gerät so in eine relative Schrägstellung mit Hauptbelastungsrichtung nach hinten unten. Verstärkt werden die Impulse, wenn als Ausgangssituation bereits eine verminderten femoralen Antetorsion besteht (Normwert bei Geburt 30–40°, Erwachsene ca. 15°, s. Abb. 2). Dies konnte signifikant häufiger bei adipösen Jugendlichen und insbesondere bei Patienten mit ECF beobachtet werden konnte. Die Kräfte können ausreichend sein, um eine ECF auszulösen (Morscher 1961; Kandzierski et al. 2012).
Abb. 2
a Antetorsion und b Schenkelhalswinkel. (Quelle: (Kasch und Kessler 2008))
Ähnliche Risikofaktoren ergeben sich für die Coxa vara, die Coxa profunda, eine Retroversion des Azetabulums, oder eine geringe Pelvic Incidence (Gebhart et al. 2015). Nach epidemiologischen Kriterien können Adipositas in Kombination mit verminderter femoraler Antetorsion als Hauptrisikofaktor für die Entwicklung einer ECF gelten.

Histologische Aspekte

Veränderungen im histologischen Aufbau konnten in der Wachstumsfuge von ECF-Patienten festgestellt werden. Es zeigte sich eine Störung der normalerweise longitudinalen Ausrichtung der Knorpelzellen, wie auch der Quervernetzung von Kollagenfibrillen. Ob diese Befunde allerdings als vorbestehende, ursächliche Schwächung oder eher als Folge des Gleitvorgangs anzusehen sind, muss offen bleiben (Aronsson et al. 2006).

Genetische Aspekte

Unterschiedliche Inzidenzen bei verschiedenen Ethnien lassen eine genetische Prädisposition vermuten, ein exakter Nachweis hierzu besteht aber nicht. Allerdings sind familiäre Häufungen der ECF und insbesondere das Auftreten der Erkrankung bei eineiigen Zwillingen beschrieben (Bednarz und Stanitski 1998).

Trauma

Unfallbedingte Epiphysenlösungen am Hüftgelenk im Sinne einer Salter-Harris-I-Verletzung sind eine Rarität, treten fast nur im früheren Kindesalter auf und sind an eine erhebliche Verletzungsenergie gebunden. Die akute ECF kann klinisch und radiologisch zwar einer traumatischen Fugenlösung ähneln, dennoch geht ihr eine initiale Erweiterung der Fuge voraus, die sich anamnestisch im Nachweis von Prodromalsymtomen widerspiegelt. Als mechanisch mitbedingende Teilursache des Gleitvorgangs kann das Trauma eine Rolle spielen, ist aber für die ECF nicht kausal (Geiger et al. 2001).

Pathogenenese

Da die Resistenz von Knorpelgewebe gegenüber Scherkräften grundsätzlich deutlich limitiert ist, stellt die Auflockerung der Fugen im pubertären Wachstumsspurt ein natürliches Risiko dar. Metabolische Veränderungen der Chondrozyten und der extrazellulären Matrix haben hierbei eine Starterfunktion. Am Schenkelhals wird auch der fibröse perichondrale Ring geschwächt, der die Fuge zur Metaphyse hin verstärkt. Man muss davon ausgehen, dass diese physiologischen Vorgänge bei der ECF verstärkt sind und in eine „preslip“-Phase (ECF imminens) mündet. Bei abnehmender interner Zügelung in der Zone des hypertrophen Knorpels kommt es nun im Fall der chronischen Epiphysenlösung zu einem schleichenden Abgleiten des Schenkelhalses von der Epiphyse. Der Femurkopf bleibt weitgehend im Acetabulum zentriert, der Schenkelhals verschiebt sich durch den Muskelzug am Femur nach kranial und ventral und dreht sich dabei nach außen. Im Verhältnis dazu befindet sich der Hüftkopf distal, posterior und medial des restlichen Femurs (Abb. 3). Es handelt sich um die Rotation um eine exzentrische Achse. Das Periost kann sich dabei sukzessive vom Schenkelhals lösen, der Defekt füllt sich mit Reparationskallus. Ossäre Umbauprozesse („Remodelling“) finden wir auch im vorderen oberen Abschnitt des Femurhalses, wo sich eine konvexe knöcherne Vorwölbung („Bump“) bilden kann (Abb. 4). Ein gegenläufiges (valgisches) Abgleiten ist bei der ECF beschrieben, aber selten (Herring 2020).
Abb. 3
CT-Scan, 3-D-Rekonstruktion; a und b normale Situation, c und d chronische ECF mit Dislokation der Metaphyse nach vorne und oben im Verhältnis zur jetzt im Sagitalschnitt schräg stehenden Epiphysenfuge. (Quelle: UKBB)
Abb. 4
RÖ-Lauenstein Projektion: Chronische ECF. Retroversion der Epiphyse, Kranialisierung und Vorwölbung („Bump“) der Metaphyse. (Quelle: Krankengut UKBB)
Bei der akuten Form der ECF geschieht der Gleitvorgang plötzlich und im Prinzip ungehemmt. Das vordere Periost reißt ein und der Hüftkopf verkippt in unterschiedlich starkem Ausmaß vom Schenkelhals. Ein Remodelling findet nicht statt, allenfalls eine Defektheilung (Hefti 2015).
Bei der akut-auf-chronischen Form sind diese Vorgänge kombiniert. Es besteht bereits ein relevanter, bislang aber nur langsam schleichender Gleitvorgang, ehe es dann zu einem plötzlichen weiteren Abrutsch kommt.

Diagnostik

Anamnese

Das klinische Erscheinungsbild bei der ECF ist durchaus variabel. Die Patienten werden typischerweise mit Beschwerden im Bereich der Leiste, des Oberschenkels und/oder des Kniegelenks vorgestellt. Starke Schmerzen und kurze Anamnesedauer können auf eine instabile ECF hindeuten. Schmerzursache sind Gelenkerguss oder Hämatom, Synovitis oder lokale Ischämie. Bei der chronischen, stabilen Verlaufsform können hüftnahe Beschwerden allerdings fehlen oder nur sehr milde ausgeprägt sein. Häufig wird ein leichtes Trauma oder eine Überlastung als Ursache vermutet. Hier besteht die Gefahr der Verharmlosung. In der Klinik präsentieren sich die Jugendlichen dann nicht selten nach wochen-, teils sogar monatelanger Fehleinschätzung und Fehlbehandlung. Ursachen sind: die unkritische Bewertung von Symptomen, die fehlende routinemäßige Untersuchung der Hüftgelenke bei Angabe von Knieschmerzen, die scheinbare Verbesserung bei konservativen Maßnahmen, mitunter auch die ungenügende radiologische Diagnostik (Hosseinzadeh et al. 2017).

Klinik/Befund

Die betroffenen Jugendlichen zeigen meist ein hinkendes Gangbild, die Beweglichkeit der betroffenen Hüfte ist eingeschränkt, vor allem die Innenrotation und die tiefe Flexion; auch die Abduktion kann limitiert sein. Gelegentlich findet sich eine leichte Beugekontraktur. Deutliche Beschwerden bei der passiven Bewegungsprüfung sind ein Warnsymptom, um diese nicht zu forcieren. Die Patienten gehen typischerweise mit außenrotiertem Bein und entsprechend einseitig vergrößertem Fußöffnungswinkel. Bei stärkerem chronischem Abrutsch ist ein Watschelgang mit positivem Trendelenburg-Zeichen erkennbar. Das klassische Drehmann-Zeichen (s. Abb. 5) beschreibt eine spontane Außenrotation bei passiver Hüftflexion, dessen Ursache das anteriore metaphysäre Impingement am Acetabulum ist (Drehmann 1979). Bei beidseitiger Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke ist an einen bilateralen Abrutsch zu denken. Gehunfähige Patienten sind suggestiv für die instabile Form der ECF (Bittersohl et al. 2019).
Abb. 5
a Drehmann-Zeichen: Ungestörte Flexion der rechten Hüfte; b unwillkürliche Außenrotation bei Beugung der betroffenen linken Hüfte. (Quelle: Krankengut UKBB)
Der klassische ECF-Patient ist adipös, pubertär und befindet sich in der Phase schnellen Wachstums (s. Abb. 1). Mitunter gibt es Anzeichen einer retardierten Sexualreife. Ein Teil der Patienten ist aber auch normalgewichtig mit unauffälligem Körperbau. Risikobehaftet sind ferner leistungsorientierte Jugendliche vor allem im Bereich der Stop-and-go-Sportarten (Krieg et al. 2017).

Diagnostik/Bildgebung

Röntgen

Bei jedem klinischen Verdacht auf eine Epiphysenlösung muss eine Röntgenaufnahme des Beckens a.p. sowie der Hüftgelenke axial nach Lauenstein angefertigt werden (im angloamerikanischen Sprachraum „frog-leg lateral view“). Die Darstellung beider Hüften ist zum Vergleich und zur Bestimmung des möglichen Abrutsches unerlässlich. Der Patient befindet sich hierbei in Rückenlage, die Hüften werden um 45° gebeugt und um 45° abgespreizt. Andere Techniken mit sehr guter Standardisierung (Dunn-Rippstein, Imhäuser) sind möglich, spielen im klinischen Alltag aber eine untergeordnete Rolle, da sie eine Hüftbeugung von 90° voraussetzen, was insbesondere bei der akuten ECF problematisch ist (Wirth 2011). Die Cross-table-Aufnahme (axiales, tischparalleles Bild mit kaudokranialem Strahlengang auf das Leistenband zentriert, betroffenes Bein leicht innenrotiert, Gegenseite angehoben) stellt bei schmerzgeplagten Patienten eine schonende Alternative dar (Hesper et al. 2017). In der a.p.-Aufnahme kann eine Fugenlösung leicht übersehen werden, weshalb die ergänzende axiale Projektion obligat ist. In den meisten Fällen ist so die konventionelle Röntgendiagnostik für Diagnosestellung und Therapieplanung ausreichend und weiterhin als Goldstandard anzusehen (Bittersohl et al. 2019).
Bei der ECF finden sich folgende charakteristische Befunde:
a)
In der a.p. Projektion
Initial spricht eine Verbreiterung und Unschärfe der Epiphysenfuge für die Strukturauflockerung. Diese findet sich auch bei der akuten ECF. Ein relativer Höhenverlust (Offsetverminderung) ergibt sich, sobald der Gleitvorgang eingesetzt hat. Bei Röntgenveränderungen der Fuge ohne erkennbaren Abrutsch sprechen wir von der Epiphyseolysis imminens („preslip“). Bei eben beginnendem Abrutsch von der Epiphyseolysis incipiens.
Hat sich der Abrutsch realisiert, steht die Epiphyse typischerweise im Verhältnis zum Schaft posterior-inferior. Metaphyse und Schaft stehen varisch, extendiert und außenrotiert. Im a.p. Bild wird dies durch die Klein-Linie repräsentiert, welche als Tangente an der äußeren Kontur des Schenkelhalses angelegt wird und die betroffene Epiphyse nicht schneidet (s. Abb. 6).
Als Hinweis für die veränderte Stellung gilt auch eine sichelförmigen Transparenzminderung an der medialen proximalen Schenkelhalsbegrenzung, das Steel-Zeichen (Steel 1986).
 
b)
Axiales Bild
Neben dem Abrutsch ergeben sich Hinweise für die Dauer der Pathologie. Periostreaktion und ossäre Umbauprozesse sprechen für die chronische ECF, sie fehlen beim akuten Abrutsch.
Remodelling-Phänomene: knöcherne Abstützreaktion (Kallus) am posteromedialen Übergang zwischen Schenkelhals und Epiphyse sowie Knochenabbauvorgänge ventral mit Abrundung der ventralen Schenkelhalsmetaphyse (Maranho et al. 2018; Rebich et al. 2018). Ähnlich der Frakturheilung dauert es ca. 3–4 Wochen, bis solche Adaptationsreaktionen auf den Röntgenbildern sichtbar werden, weshalb ihr Fehlen eine klare Aussage darüber erlaubt, dass der Prozess erst kürzlich begonnen hat (d. h. es handelt sich um eine „akute“ Form der ECF).
Der Schweregrad des Abrutsches wird international durch den Epiphysen-Diaphysen-Abrutschwinkel nach Southwick definiert und ist richtunggebend für die Therapie. Hierbei handelt es sich um den Winkel zwischen der Senkrechten zur Epiphysenbasis und der Femurschaftachse in der Lauensteinaufnahme. Hierbei wird eine physiologische Range von 0–12° angenommen (Aronsson et al. 2006) (s. Abb. 7).
Der Fehlstellungswinkel entspricht der Differenz dieses Winkels im Vergleich mit der nicht betroffenen Seite. Bei beidseitiger ECF wird ein Basiswert von 12° herangezogen und vom gemessenen Wert subtrahiert (Southwick 1967).
Die Einteilung erfolgt in mild (< 30°), moderat (< 50°) und schwer (> 50°)
 
Abb. 6
Die Klein-Linie entlang der Oberkante des Schenkelhalses schneidet den gesunden rechten Hüftkopf, nicht aber den abgerutschten linken. Zu beachten auch: Fugenunschärfe, Offsetminderung und Steel-Zeichen. (Quelle: Krankengut UKBB)
Abb. 7
a, b Bestimmung des Epiphysen-Diaphysen-Abrutschwinkel nach Southwick: Winkel zwischen der Senkrechten zur Epiphysenbasis und der Femurachse in der Lauenstein-Aufnahme. Hier 40° links, gesunde Gegenseite rechts 10°, Abrutschwinkel nach Differenz somit 30°. (Quelle: Krankengut UKBB)

Sonografie

Mit dem Ultraschall kann die Klassifizierung hinsichtlich der Stabilität untermauert werden. Ein Gelenkerguss ist bei instabiler ECF fast immer, bei der chronischen, stabilen Form kaum vorhanden. Der Nachweis eines deutlichen Ergusses würde insofern auch die therapeutische Dringlichkeit erhöhen. Bei stärkerem Abrutsch kann eine meta-epiphysäre Stufe zur Darstellung kommen. Die Durchblutung des Hüftkopfes lässt sich sonografisch nicht beurteilen (Kallio et al. 1993).

Magnetresonanztomografie

Die MRT-Untersuchung ist von hohem Aussagewert hinsichtlich der Durchblutung der Epiphyse bei der akuten Form der ECF. Weiterhin kann bei der chronischen Form die Deformierung des Kopf-Schenkelhalsbereiches beurteilt werden (Offset-Störung, FAI). Eine drohende ECF kann durch eine unscharfe, ödematöse und aufgeweitete Fuge sicher diagnostiziert und im Einzelfall auch die Indikationsstellung zur prophylaktischen Stabilisierung der Gegenseite erleichtert werden (Mueller et al. 2014). Eine MRT-Untersuchung kann aus wissenschaftlichen, prognostischen, oder forensischen Gründen von Interesse sein, bei Therapiebeginn ist sie in der Regel nicht obligat. Im weiteren Verlauf ist die MRT-Untersuchung bei symptomatischen Patienten zum Nachweis sekundärer Veränderungen aber unverzichtbar.

Computertomografie

Eine CT-Untersuchung kommt in der Akutdiagnostik seltener in Betracht. Die präzise Darstellung der dreidimensionalen Deformität der ECF ist bei Sekundäreingriffen, dem Ausschuss von Implantatfehllagen oder primär komplexeren Korrekturosteotomien aber außerordentlich hilfreich (Thawrani et al. 2016).

Szintigrafie

Die Szintigrafie eignet sich grundsätzlich zur Perfusionsbeurteilung. Wegen der Strahlenbelastung sowie der parallel guten Beurteilbarkeit durch das MRT hat diese Untersuchung ihren Stellenwert aber eingebüßt.

Labordiagnostik

Eine Blutuntersuchung ist immer dann indiziert, wenn der Verdacht auf eine begleitende bzw. bislang nicht bekannte endokrine Störung besteht (siehe atypische, sekundäre ECF). In seltenen Fällen müssen auch entzündlich/rheumatische Erkrankungen als Differenzialdiagnose berücksichtigt werden.

Differenzialdiagnose

Coxitis fugax, M. Perthes, rheumatischer Formenkreis, Osteomyelitis, Tumor, Pathologien der Leiste, Hodenhochstand, Apophysenabrisse, Trauma.

Spontanprognose

Der Langzeitverlauf unbehandelter Epiphysenlösungen ist von der jeweiligen Tendenz zur Selbststabilisierung abhängig und im Einzelfall nicht vorhersehbar. Bei der instabilen ECF ist der Rutschvorgang nicht spontan limitiert und kann ungehemmt fortschreiten. Es drohen erhebliche biomechanische Veränderungen und eine Kompromittierung der Kopfdurchblutung (AVN). Langfristig sind Defektheilungen in Fehlstellung ebenso beschrieben wie ausgeprägte Gelenkzerstörungen. Die akut-auf-chronische ECF ist hier ähnlich zu bewerten.
Bei der stabilen ECF handelt es sich im Prinzip um einen selbstlimitierenden Vorgang. Die Verknöcherung der Fuge, ein Andocken der Kopfkalotte an die Metaphyse sowie die Ossifikation des fibrokartilaginären Ringes beenden den Gleitvorgang in der Regel nach 8–14 Monaten (Hefti 2015). Solange die Fuge aber nicht geschlossen ist, kann der Abrutsch auch bei der chronischen ECF fortschreiten und natürlich sekundär in die akute Form übergehen. Ohne Fixation ist daher in aller Regel eine Tendenz zur Verschlechterung zu verzeichnen.
Da die Epiphysenfuge übergreifend auch die Metaphyse erreicht, entstehen bei der ECF Unregelmäßigkeiten der Kontur mit lokaler Deformation. Bei stabiler ECF mit milder Verschiebung ist die Langzeitprognose vor allem durch den Einfluss spontaner Remodellierungsvorgänge eher günstig, stärkere Deformitäten entwickeln im Spontanverlauf nach radiologischen Kriterien jedoch sehr häufig eine sekundäre Arthrose (Carney und Weinstein 1996).

Komplikationen

Avaskuläre Femurkopfnekrose (AVN)

Die AVN ist eine gefürchtete Komplikation der ECF mit dem Risiko der vollständigen Zerstörung des Hüftkopfes. Die Durchblutungsstörung betrifft die Endäste der Arteria circumflexa femoris medialis mit einer Störung der retrograden Blutversorgung (Johnson et al. 2004). Ursachen sind: Ausmaß und Geschwindigkeit des Abrutsches, ein intraartikuläres Hämatom, ungeeignete Repositionsmanöver, Schäden durch chirurgische Präparation oder eine Kombination dieser Ereignisse. Die AVN tritt fast nie bei der chronischen, stabilen ECF auf. Für die instabile ECF wird studienübergreifend (bei einem Range von 0–58 %) eine Prävalenz von 23,9 % für die Entwicklung einer Hüftkopfnekrose angegeben (Zaltz et al. 2013).
Allgemein gelten forcierte intraoperative Manipulationen als Risikofaktor für die AVN, da sie die retinakulären Blutgefäße kompromittieren. Diese Gefahr besteht vor allem bei der akut-auf-chronischen ECF, bei der die dorsalen Gefäße durch den bereits vorhandenen Reparationskallus eingeengt sind und zerreißen können (Tannast et al. 2017). Eine schonende Reposition kann die Durchblutungsverhältnisse aber auch günstig beeinflussen So konnte angiografisch eine Verbesserung der Kopfdurchblutung nach frühzeitiger manueller Reposition einer instabilen ECF belegt werden (Maeda et al. 2001). Dies wiederum spricht für ein „Kinking“ oder einen Spasmus der epiphysären Gefäße im Rahmen der ECF.
In einer aktuelleren Übersicht (Loder 2013) sind nach geschlossener Reposition, artikulärer Hämatomentlastung (z. B. Punktion oder Kapsulotomie) und Fixierung einer instabilen ECF innerhalb von 24 Stunden AVN-Raten von unter 8 % dokumentiert. Die Studienlage zum therapeutischen Management der ECF ist jedoch insgesamt widersprüchlich und aufgrund formaler Einschränkungen von geringer Evidenz. Als Konsens kann gelten, dass bei der instabilen ECF ein immanentes Risiko für die Entwicklung einer AVN besteht und der Einfluss operativer Maßnahmen schwer zu bestimmen ist (Zaltz et al. 2013).

Chondrolyse

Die Nekrose des Gelenkknorpels ist eine Komplikation, die selten spontan, am häufigsten aber iatrogen auftritt. Die Gesamtinzidenz liegt bei 7 %. Gefürchtet ist insbesondere die Chondrolyse durch Implantate, die den Hüftkopf bis in die Gelenkpfanne hinein penetrieren. Es konnte gezeigt werden, dass die Nutzung von Drähten zur ECF-Fixierung das Risiko erhöht (Lubicky 1996). Radiologisch kommt es nach initialer Abnahme des Gelenkspalts und einer lokalen Osteopenie in manchen Fällen zu einer klinisch befriedigenden Stabilisierung, in anderen zur irreversiblen Schädigung. Die Langzeitprognose der Chondrolyse ist besser als die der AVN, welche regelhaft in den endoprothetischen Gelenkersatz mündet (Aronsson et al. 2006).

Femoroazetabuläres Impingement (FAI) und sekundäre Arthrose

Infolge der ECF entsteht eine dreidimensionale Fehlstellung mit dem Risiko einer inkongruenten Gelenkmechanik. Tatsächlich sind bereits kurz nach dem initialen Ereignis auch intraartikuläre Folgeschäden möglich. Reduzierter Offset und Cam-Deformität am proximalen Femur können zum femoroazetabulären Impingement führen (FAI). Radiologisches Zeichen dieser Problematik ist eine Vorwölbung „Bump“ am Kopf-Hals-Übergang (Ezechieli und Banke 2022). Prädisposition und Schweregrad des Cam-Impingements sind auf der Lauenstein-Aufnahme oder dem axialen MRT/CT mit dem Alpha-Winkel nach Nötzli bestimmbar. Dieser ist ein Maß für die Asphärizität des Kopf-Halsüberganges (Nötzli et al. 2002; Örtegren et al. 2018). Das FAI nach juveniler Epiphysenlösung ist damit sekundär und von der idiopathischen Form des Impingementsyndroms bei Adoleszenten klar abzugrenzen (Chiari et al. 2022).
Das langfristige Arthroserisiko wird von knöchernen Remodelling-Vorgängen bestimmt, die insbesondere nach operativer Fixierung der Epiphyse beobachtet werden. Hierdurch kann sich im Verlauf ein Teil der Deformität zurückbilden. Langzeitstudien zeigen, dass die Arthroseinzidenz bei einem initialen Gleitwinkel von 40° nach 30 Jahren bei 15 %, nach 50 Jahren bei 50 % liegt, demnach in einem auch für die primäre Coxarthrose nicht untypischen Alter (Hefti 2015).
Das Ausmaß dieses „Remodellings“ wurde jüngst in einer aufwendigen prospektiven, multizentrischen Studie der Vereinigung für Kinderorthopädie (VKO) untersucht. Alle 220 Patienten waren mittels Fixation-in-situ operiert worden. Entscheidender prädiktiver Faktor für die Entwicklung einer Cam-Deformität war die Anwesenheit adaptiver knöcherner Veränderungen am Schenkelhals im initialen Röntgenbild. Zeigten sich derartige Umbauvorgänge auf den präoperativen Bildern nicht (akute ECF), entwickelte sich unabhängig vom primären Fehlstellungswinkel der entsprechenden Patientengruppe nur bei 23 % eine Cam-Deformität. Bestanden hingegen adaptive Veränderungen (chronische ECF) lag dieser Anteil bei fast 50 %. Allerdings zeigte sich hier, dass erst ab einem Fehlstellungswinkel von 50° von einem eindeutigen prädiktiven Faktor für die Entwicklung eines FAI gesprochen werden kann. Von der Möglichkeit eines biomechanisch befriedigenden Remodellings ist also in vielen Fällen nach Fixation in-situ auszugehen. Erst bei Abrutschwinkeln über 50° und gleichzeitigem Nachweis adaptiver Reaktionen ist die Durchführung einer primären Korrekturosteotomie (subcapitale modifizierte Dunn-Osteotomie) empfehlenswert. Unbeeinflusst von der Art der Operation zeigte sich bei allen ECF-Hüften allerdings eine relative Verkürzung des Schenkelhalses als Ausdruck einer krankheitsbedingten Schädigung der Wachstumsfuge (Hefti et al. 2022).

Therapie

Konservative Therapie

Der Spontanverlauf der chronischen ECF ist unsicher und in den meisten Fällen droht unbehandelt eine Verschlechterung mit langfristen Folgeproblemen wie FAI und Gelenkverschleiß. Der Spontanverlauf der akuten und instabilen ECF ist desolat. Aus diesem Grunde ist die konservative Behandlung kontraindiziert. Ausgenommen sind lediglich sehr spät erkannte chronische Fälle, bei denen die Epiphysenfuge nachweislich bereits weitgehend geschlossen ist.

Operative Therapie

Grundsätzliches Ziel der Behandlung ist es, ein Fortschreiten des Abrutsches zu verhindern, die Epiphyse stabil auf der Metaphyse zu fixieren, intraoperative Komplikationen zu vermeiden sowie langfristige Risiken für die Hüftentwicklung zu minimieren.
Die aktuellen Therapiealternativen bei der ECF sind vielfältig. In den letzten Jahren werden aufwendige offene Korrekturen mitunter schon bei geringgradigen Fehlstellungen als primäre Maßnahme empfohlen und stehen in Konkurrenz zur klassischen in-situ-Fixation (Ziebarth 2021). Bei der Schraubenfixierung werden außerdem Zeitpunkt und Umfang additiver Maßnahmen wie z. B. eine Hämatomentlastung oder auch die endoskopisch assistierte Schenkelhalsplastik zur Beeinflussung des FAI diskutiert.
Trotz allem ist die Behandlung der milden bis moderaten ECF bis heute vom Konzept der in-situ-Fixation geprägt. Hintergrund ist die hohe Erfolgsrate hinsichtlich technischer Aspekte, Patientenzufriedenheit und der Vermeidung von Komplikationen. Die in-situ-Fixation ist das Verfahren mit der breitesten Datenbasis und vielfach überzeugenden Langzeitergebnissen (Aronsson et al. 2006; Naseem et al. 2017). Die minimal invasive Technik soll auch im Rahmen dieser Abhandlung breit dargestellt werden.

Implantatwahl und Prinzipien bei Fixation-in-Situ

Als Implantate kommen z. B. K-Drähte, kanülierte Schrauben, teils mit Teleskopmechanismus oder Hansson Pins in Betracht (s. Abb. 8). Zur sicheren Fixierung der Epiphyse muss nicht zwangsläufig eine Epiphyseodese vorgenommen werden. Diese tritt z. B. immer ein, wenn das Schraubengewinde nicht nur die Epiphyse, sondern auch die Wachstumsfuge bis in die Metaphyse hinein überbrückt. Hierdurch wird Stabilität erreicht und der Schraubenkopf liegt dem Knochen an. Wir bevorzugen dieses Prinzip tendenziell bei älteren Patienten mit erwartetem Restwachstum < 2 Jahren.
Abb. 8
Implantate, a K-Drähte, b Hansson-Pin, c kanülierte AO-Schraube, d SCFE-Schraube Fa. DePuy-Synthes. (Krankengut UKBB)
Das Prinzip der dynamischen Fixation verfolgt das Ziel, trotz sicherer Kopffixierung das longitudinale Wachstum zu erhalten (Hackenbroch et al. 2002; Hägglund 2017). Hierin wird eine Chance gesehen, erwünschte Remodelling-Vorgänge nicht zu behindern. Klassischerweise kann dies durch K-Drähte oder aber durch Schrauben, deren Gewindeanteil nur in der Epiphyse positioniert ist, erreicht werden. Wir verfolgen diesen Ansatz bei Patienten mit einem erwarteten Restwachstum von > 2 Jahren. Allerdings müssen derartige Gleitschrauben den Knochen seitlich um 1,5–2 cm überragen oder als Teleskopschrauben konstruiert sein. Selten finden Unterlagscheiben Verwendung, die eine spätere laterale Überknöcherung verhindern.
Die positiven Effekte einer dynamischen Fixation sollten allerdings nicht überschätzt werden. Die bereits erwähnte multizentrische Studie der VKO hat gezeigt, dass die Wachstumsstörung mit konsekutiver Schenkelhalsverkürzung und Coxa vara mit der Schädigung der Fuge durch die ECF zusammenhängt und nicht vom Implantat abhängig ist, da sie bei der operierten Gegenhüfte nicht auftritt (Hefti et al. 2022).
Zur Fixierung der ECF empfehlen wir kanülierte 7,3 mm starke Edelstahlschrauben. Die Standard AO-Schraube mit Vollgewinde oder als Teilgewinde (32 mm) fixieren transepiphysär. Mit der 16-mm-Teilgewindeschraube ist hingegen meist eine dynamische Fixation möglich. Gleiches gilt für die spezielle SCFE-Schraube der (Fa. DePuy-Synthes). K-Drähte verwenden wir nicht, weil sie einen größeren operativen Zugang benötigen und hinsichtlich einer unbemerkten Kopfperforation mit Chondrolyse kritisch zu sehen sind. Die Stabilisierung der Epiphyse mit einer einzigen zentralen Schraube ist in verschiedenen Untersuchungen als ausreichend sicher belegt. Teleskopschrauben gelten als ebenbürtig (Lederer et al. 2019). Titanschrauben sind wegen schwerwiegender Probleme bei der Materialentfernung ungeeignet. Auch der Hansson-Pin, den wir lange genutzt haben, ist in dieser Hinsicht kritisch.
Die folgenden Behandlungsempfehlungen orientieren sich an den bekannten Klassifikationen. Die Unterscheidung zwischen stabiler ECF (Patient ist gehfähig) und instabiler ECF (Patient ist nicht gehfähig) hat dabei für den zeitlichen Ablauf im klinischen Umfeld große Bedeutung.
Die instabile ECF ist ein Notfall, da die Blutversorgung der Epiphyse gefährdet ist. Sonografisch ist meist ein Erguss (Hämarthros) nachweisbar. Zum Zeitpunkt der Operation, sowie zur Frage, ob vor der Fixierung ein geschlossener Repositionsversuch statthaft ist, existieren diametrale Auffassungen. Allerdings gibt es überzeugende Hinweise, dass eine zeitnahe Reposition und die nachfolgende Fixation-in-situ in Kombination mit einer Hämatomentlastung zu sehr guten Langzeitergebnissen führen kann (Peterson et al. 1997; Schrader und Shaw 2017; Cazzulino et al. 2021). Im Hinblick auf diese Daten empfehlen wir die Operation innerhalb von 24 Stunden durch ein erfahrenes Team. Bis zur OP gilt strikte Bettruhe.
Bei der stabilen ECF sollte die Operation innerhalb weniger Tage durch ein geeignetes Team erfolgen, ist jedoch kein Notfall. Bis zum Eingriff sollte an Unterarm-Stützen entlastet werden.
Im Weiteren unterscheidet sich unser Vorgehen danach, ob es sich um die akute ECF (adaptive Veränderungen im Röntgenbild fehlen), die chronische ECF (mit Nachweis adaptiver knöcherner Veränderungen im Röntgen) oder die akut-auf-chronische ECF (Mischbild im Röntgen) handelt. Die bloße Anamnesedauer ist keineswegs zwingend mit der Schwere der Erkrankung verknüpft und auch prognostisch von geringerem Wert (Loder und Skopelja 2011). Insofern sind der radiologische Abrutschwinkel sowie die Morphologie auf dem initialen Röntgenbild die entscheidenden Parameter im Therapiealgorithmus.

Operative Therapie der chronischen ECF

Bei der chronischen ECF bestehen die Beschwerden schon längere Zeit, die Patienten sind meist gehfähig und im Röntgenbild sind Remodelling-Phänomene zu erkennen. Die Operation sollte innerhalb weniger Tage durch ein geeignetes Team erfolgen. Bis zum Eingriff sollte an Unterarm-Stützen entlastet werden. Wir fixieren die Epiphyse in-situ bis zu einem Abrutschwinkel von 50° (milde und moderate Form) mit einer kanülierten Schraube (Abb. 9). Der Versuch einer Reposition verbietet sich, da er nicht erfolgreich sein kann und zudem das Risiko einer iatrogenen Perfusionsstörung hat. Das spätere Arthoserisiko dieser Behandlungsgruppe ist mäßig, das AVN-Risiko sehr gering. Langzeitstudien haben den guten bis sehr guten Erfolg dieser wenig invasiven Maßnahme belegt (Loder und Dietz 2012). Eine arthroskopische Schenkelhalstrimmung im Hinblick auf das FAI-Risiko führen wir nicht prophylaktisch durch. Auch eine chronische ECF kann instabil sein (keine Gehfähigkeit). In diesem Fall favorisieren wir den Eingriff innerhalb von 24 Stunden (siehe oben).
Abb. 9
a und b präoperative Situation bei stabiler ECF; c und d Z. n. dynamischer Fixation in-situ mit SCFE-Schraube. 11,5 Jahre, weiblich, gleiche Patientin wie in Abb. 3. (Krankengut UKBB)
Bei chronischem Abrutsch von über 50° besteht ein signifikant erhöhtes FAI- und Arthroserisiko (Aronsson et al. 2006). Wir empfehlen hier die offene Reposition in der von Ganz modifizierten subkapitalen Dunn-Osteotomie (Fernandez et al. 2019). Der Eingriff ermöglicht eine anatomische Korrektur auf Höhe der Deformität, ist aber technisch aufwendig und birgt ein – von der Präparationstechnik abhängiges – Hüftkopfnekroserisiko. Die formalen Komponenten sind: Trochanter-Flip-Osteotomie, z-förmige Eröffnung der Gelenkkapsel, Kontrolle der Kopfdurchblutung mittels kleiner Bohrung, dann Gelenkluxation und Freilegen des Schenkelhalses unter minutiöser Beachtung der Blutversorgung (bei instabiler Epiphyse wird diese zuvor präliminär mit K-Drähten fixiert), Sanierung allfälliger Schäden am Labrum, Ablösung des Kopfes vom Schenkelhals, Resektion des dorsalen Kallus und planes Vorbereiten des Schenkelhalses, Kürettage von Resten der Epiphysenfuge, Reposition des Kopfes an die anatomische Position und Fixation mit Gewindedrähten oder Schrauben (Abb. 10). Abschließend Hüftreposition, Kapselfixation und Osteosynthese des Trochanter majors mit zwei Schrauben (Ziebarth et al. 2019).
Abb. 10
a 12-jährige Patientin, schwerer chronischer Abrutsch; b Fixationsergebnis nach modifizierter Dunn-Osteotomie. (Krankengut UKBB)

Operative Therapie der akuten ECF

Die akute ECF ist ein Notfall, da der erst kurzfristig begonnene Gleitvorgang jederzeit weiter fortschreiten kann. Die Blutversorgung der Epiphyse ist gefährdet. Die Anamnese ist meist kurz und die Patienten können das betroffene Bein oft nicht belasten. Allerdings ist dies keineswegs zwingend und die klinische Instabilität ist als Kriterium etwas in den Hintergrund getreten. Im axialen Röntgenbild findet sich eine Dissoziation der Epiphyse mit variablen Abrutschwinkeln, Hinweise für ein Remodelling fehlen. Sonografisch ist ein Erguss (Hämarthros) nachweisbar. Zum Zeitpunkt der Operation, sowie zur Frage, ob vor der Fixierung ein geschlossener Repositionsversuch statthaft ist, existieren diametrale Auffassungen. Allerdings gibt es überzeugende Hinweise, dass eine zeitnahe Reposition und die nachfolgende Fixation in-situ in Kombination mit einer Hämatomentlastung zu sehr guten Langzeitergebnissen führen kann (Peterson et al. 1997; Schrader und Shaw 2017; Cazzulino et al. 2021).
Im Hinblick auf diese Daten empfehlen wir die Operation innerhalb von 24 Stunden durch ein erfahrenes Team. Bis zur Operation gilt strikte Bettruhe. Bei einen Abrutsch bis 50° besteht der Eingriff bei uns in der schonenden geschlossenen Reposition unter vorsichtigem Zug, Flexion, Abduktion und Innenrotation. Anschließend erfolgt die Fixation mit einer kanülierten Schraube (Abb. 11). Mitunter ist eine nur teilweise Reposition im Hinblick auf das AVN-Risiko zu akzeptieren, eine Korrektur auf unter 30° Fehlstellung gelingt fast immer, brüske Manöver sind streng zu vermeiden (Schrader und Shaw 2017). Der Stellenwert einer Entlastung des Hämarthros ist nicht eindeutig geklärt, nach unserer Einschätzung aber unbedingt ratsam (Kaushal et al. 2019). Wir führen eine Gelenkpunktion, bei sonografisch deutlichem Hämatom eine Kapsulotomie per Miniarthrotomie durch (Schrader und Shaw 2017). Die Alternative zur geschlossenen Reposition besteht – insbesondere bei Abrutschen > 60° in einem Zugang nach Watson-Jones, manuell unterstützter Reposition der Epiphyse, temporärer K-Draht-Fixierung und abschließender Fixation mit einer zentralen Schraube.
Abb. 11
Akute ECF, im Röntgenbild keine adaptiven Veränderungen. Reposition und Fixation in-situ mit SCFE-Schraube transepiphysär. (Krankengut UKBB)
Bei Nachweis eines Abrutsches von > 50° empfehlen wir nach Möglichkeit eine präoperative MRT-Untersuchung hinsichtlich der Durchblutungssituation. Ist die Perfusion intakt, gehen wir wie oben beschrieben vor. Ist die Durchblutung kompromittiert, favorisieren wir eine vorsichtige Stellungsverbesserung unter Traktion mit anschließender Fixation in-situ. Im Verlauf ist die Indikation zu Korrekturosteotomien oder anderen rekonstruktiven Eingriffen zu prüfen.
Der Stellenwert der modifizierten Dunn-Osteotomie in der Behandlung der instabilen ECF ist unsicher und nach unserer Auffassung keinesfalls zwingend.

Operative Therapie der akut-auf-chronischen ECF

Nach einer längeren Phase meist fehlgedeuteter Beschwerden tritt eine plötzliche Verschlechterung, nicht selten auch Gehunfähigkeit ein. Radiologisch findet sich eine Kombination reaktiver Veränderungen der Fuge mit akutem Gleiten. Die Differenzierung ist nicht immer einfach. Bis zu einem Abrutsch von 50° streben wir wie bei der akuten Form die baldige Operation innerhalb von 24 Stunden an mit dem Versuch einer schonenden, geschlossenen manuellen Reposition. Der chronische Anteil des Abrutsches hat hier bereits zu einer posterioren Kallusbildung geführt, welcher die Reagibilität der versorgenden Blutgefäße einschränkt. Dies ist hinsichtlich der Entwicklung einer AVN besonders kritisch (Tannast et al. 2017), weshalb unbedingt nur der akut gerutschte Anteil der ECF schonend reponiert werden darf. Brüske Manöver aller Art sind streng kontraindiziert. Ein präoperativ sonografisch nachgewiesenes Hämatom wird durch Punktion oder Miniarthrotomie entlastet. Sollte nach der Operation ein Gleitwinkel von mehr als 30° verbleiben, wäre die Entwicklung eines symptomatischen FAI im Verlauf zu prüfen und eine arthroskopische Femurhals-Trimmung indiziert. Bei Nachweis einer Außenrotationskontraktur käme eine Imhäuser- oder modifizierte Dunn-Osteotomie in Betracht.
Bei Nachweis eines Abrutsches von > 50° wird eine MRT-Untersuchung hinsichtlich der Durchblutungssituation durchgeführt. Bei vorhandener Perfusion wird schonend versucht, die akute Komponente zu reponieren und in-situ zu fixieren. Verbleibt eine Fehlstellung von deutlich > 50° stellen wir in der Regel die Indikation zur modifizierten Dunn-Osteotomie. Ist die Perfusion gestört, fixieren wir in-situ und planen je nach weiterem Verlauf eine spätere Salvage-Prozedur.

Prophylaktische Behandlung der Gegenseite

Die prophylaktische Verschraubung der vermeintlich gesunden Gegenseite ist in der Mehrzahl der Fälle zu empfehlen. Das Risiko eines unkontrollierten Abrutsches mit den genannten Folgeproblemen liegt bei mindestens 50 % (Loder 1996). Dieser Eingriff lässt sich minimal-invasiv und präzise durchführen, postoperativ ist das Bein sofort voll belastbar. Die Risiken sind überschaubar, eine Infektion oder Schraubenfehllage sind jedoch nicht völlig ausgeschlossen. Wir verzichten nur bei fortgeschrittenem Erkrankungsalter (Mädchen ab 13, Jungen ab 14 Jahren) und parallel günstigem Röntgenbefund auf die beidseitige Behandlung. Das Risiko eines kontralateralen Abrutsches kann radiologisch durch die Bestimmung des Alpha-Winkels (siehe auch FAI) näher eingegrenzt werden und gilt bei Werten über 50,5° als deutlich erhöht (Boyle et al. 2016). Im Zweifelsfall kann auch der modifizierte Oxford Score bezüglich des Knochenalters hilfreich sein (Popejoy et al. 2012). Letztlich liegt die Entscheidung für die Versorgung einer symptomfreien und radiologisch unverdächtigen Gegenseite bei den jungen Patienten und ihren Eltern.
Abb. 12
a, c: Aufgelegter Kirschner-Draht als radiologische Zielhilfe zur korrekten zentrierten Platzierung der Schraube. b, d: Projektion des Kirschner-Drahtes unter Bildverstärker
Abb. 13
Therapeutische und prophylaktische Verschraubung. Darstellung der Eintrittspunkte für die 7,3 mm starken SCFE-Schrauben

Minimalinvasive, perkutane Verschraubung der ECF (Fixation-in-situ). Operationstechnik mit Extensionstisch

  • Lagerung mit der betroffenen Seite in Neutralposition (Kniescheibe nach vorne), Gegenseite in Hüfte und Knie gebeugt und abduziert auf dem Extensionstisch.
  • Verwendung von idealerweise zwei mobilen Röntgen-Bildverstärkern (BV). Diese müssen in a.p. und axiale (ca. 45° Cross-table) Position gebracht werden. Steht nur ein BV zur Verfügung, muss zusätzlich die intraoperative Schwenkbarkeit in die axiale Ebene sichergestellt sein (Blasier et al. 2004).
  • Die adäquate BV-Projektion des proximalen Femurs wird überprüft. Nachfolgend steriles Abwaschen und Abdecken mit dem Vertikaltuch in üblicher Weise.
  • Ein freier Kirschner-Draht wird über der Leiste parallel und zentral zum Schenkelhals unter BV-Kontrolle in der a.-p. Ebene ausgerichtet. Der Verlauf wird mit einem sterilen Stift entlang des Drahtes gezeichnet (Abb. 12).
  • Unter BV-Kontrolle in der axialen Ebene wird dieses Manöver durch seitliche Anlage des K-Drahtes wiederholt und somit die Schraubenlage bis ins Zentrum der Femurkopfepiphyse imitiert. Der Eintritt für die Schraube liegt am Schnittpunkt der beiden Linien, in aller Regel am anterolateralen Schenkelhals proximal des Trochanter minors und distal der Linea intertrochanterica (Abb. 13). Je größer der Fehlstellungswinkel, desto weiter ventral liegt der Eintrittspunkt und desto steiler muss der Kirschner-Draht in der Sagittalebene gewählt werden. Ziel ist, die Schraube in beiden Ebenen mittig und senkrecht zur Epiphyse einzubringen. Typischerweise verläuft der Draht a.p. mittig, in der axialen Projektion – insbesondere bei stärkerem Abrutsch – leicht schräg (Abb. 12).
  • Inzision 1–2 cm, kurze bahnende Präparation mit einer Schere auf den Schenkelhals, dann Einbringen des Führungsdrahtes (wahlweise mit Gewebeschutz) am gewählten Punkt unter Bildwandlerkontrolle. Vortreiben zentral in die Femurkopfepiphyse bis maximal 0,5 cm vor dem subchondralen Knochen. Die korrekte Richtung des Führungsdrahtes kann teilweise bereits vor dem Eintritt in den Knochen per BV antizipiert und gegebenenfalls korrigiert werden. Multiple Bohrvorgänge sollten vermieden werden.
  • Bestimmen der Schraubenlänge mit dem entsprechenden Messstab. Das Ende des Schraubengewindes sollte einen Sicherheitsabstand von 0,5 cm vom Gelenkspalt aufweisen. Bei geplanter dynamischer Fixierung sollten alle Gewindegänge in der Epiphyse liegen (die Schraube muss dann 1–2 cm länger sein als gemessen und steht lateral über. Bei geplanter Epiphyseodese sollten 4–5 Gewindegänge die Fuge überschreiten und die Schraube fest am Knochen anliegen.
  • Vorsichtiges Überbohren des Führungsdrahtes mit scharfem Bohrer bis zur Fuge/Beginn der Epiphyse. Im BV wird sichergestellt, dass der Draht nicht unbemerkt ins Gelenk vorgeschoben wird. Herausnahme mit langsamer Umdrehung und Sicherung der intraossären Lage des Drahtes mit einer Klemme, sobald der Bohrer die Hautoberfläche erreicht (Abb. 14).
  • Eindrehen der kanülierten Schraube über den Führungsdraht unter Bildwandlerkontrolle in beiden Ebenen.
  • Sorgfältiges Überprüfen der Schraubenlage durch Schwenken des BV in unterschiedliche Projektionen. Hautverschluss. Herausnahme des Beines aus der Extension und abschließend erneut sicherer Ausschluss einer intraartikulären Schraubenlage durch Rotation des Beins von maximaler Flexion und Außenrotation bis zur maximalen Streckung und Innenrotation unter laufender BV-Kontrolle. Eine etwaige Fehllage der Schraube muss sofort korrigiert werden.
Abb. 14
a–d Intraoperative Projektionen des Verlaufs, a und b prophylaktische Seite, c und d ECF-Seite

Sondersituation akute und akut-auf-chronische ECF

In unserer Institution streben wir die geschlossene Reposition und anschließend die perkutane Schraubenfixierung an.
Bei Nutzung des Extensionstisches wird der Patient vorbereitend gelagert. Kurz vor der Fixation im Fußteil wird das Bein vom Operateur aus der Streckung in einer fließenden Bewegung in Hüfte und Knie auf 90° gebeugt, moderat innengedreht und schließlich in einer kreisenden Bewegung abduziert bei gehaltener Innenrotation. Hierdurch kommt es in den meisten Fällen zur Reposition, die in der axialen BV-Projektion gesichert wird (Schrader und Shaw 2017). Im Anschluss wird das Bein in die Extension genommen und die OP wie oben geschildert fortgeführt. Gelegentlich kann es sinnvoll sein, die Epiphyse in reponierter Position zunächst im Randbereich mit 1–2 K-Drähten temporär zu sichern, um dann kontrolliert den zentralen Führungsdraht zu setzen. Nachfolgend Bohrung und Schraubenfixation in üblicher Weise.
Sollte sich eine hochgradig instabile Situation zeigen, in der die Epiphyse bei Streckung wiederum disloziert, empfehlen wir, die Operation ohne Montage der Extension fortzuführen (siehe dort).

Operationstechnik der minimalinvasiven, perkutanen Verschraubung bei ECF (ohne Extensionstisch)

Die Durchführung des Eingriffs ist ebenfalls auf dem röntgendurchlässigen (Carbon-)Tisch möglich. Vorteile: unkompliziertere Logistik, erheblich geringerer Zeitbedarf, beide Hüften können (prophylaktische Fixation der Gegenseite) ohne neue Abdeckung versorgt werden, die Röntgendarstellung ist bei übergewichtigen Patienten vereinfacht, ebenso wie die Kontrolle der Schraubenlage durch passive Bewegungen (Blasier et al. 2004). Nachteil: Der Ablauf ist weniger strukturiert und in manchen Kliniken nicht verbreitet.

Ablauf der Fixation in-situ (chronische ECF)

  • Röntgendurchlässiger OP-Tisch, Bildverstärker (BV). Dieser muss in die korrekte a.p. Position gebracht werden. Die axiale Einstellung nach Lauenstein (Hüfte 45° gebeugt und 45° abduziert) wird während der Durchleuchtung vom Operateur gehalten.
  • Vorbereitung: Steriles Abwaschen und Abdecken in Rückenlage des Patienten tendenziell am Tischrand und freier passiver Bewegungsfähigkeit der betroffenen Hüfte.
  • Ein freier Kirschner-Draht wird über der Leiste parallel und zentral zum Schenkelhals unter Bildwandlerkontrolle in der a.-p. Ebene ausgerichtet. Der Verlauf wird mit einem sterilen Stift entlang des Drahtes gezeichnet, die Linie endet am lateralen Femur.
  • Nun wird das Bein in die axiale Position gebracht und das Manöver durch seitliche Anlage eines K-Drahtes wiederholt. Der Schnittpunkt dieser Linien ist in der Praxis etwas schwerer zu definieren als bei Extensionlagerung, kann jedoch in der Regel am anterolateralen Schenkelhals antizipiert werden (siehe oben und Abb. 10).
  • Stichinzision und Einbringen des Führungsdrahtes am gewählten Punkt unter Bildwandlerkontrolle zentral in die Femurkopfepiphyse bis maximal 0,5 cm vor dem chondralen Knochen. Die korrekte Position wird jeweils durch Schwenken in die a.p. und axiale Richtung unter BV-Kontrolle nachgewiesen. Beim Umlagern in die Lauensteinposition kann es bei perkutaner Technik durch die Weichteile zu einem ungünstigen Biegeeffekt für den Draht kommen. Dies ist bei Nutzung eines mindestens 2,5 mm starken Führungsdrahtes nicht zu befürchten. Ferner ist es möglich, den Draht bei der Abduktion durch Aufschieben der Tiefenmesslehre zu schützen.
  • Das weitere Vorgehen entspricht dem Ablauf unter Extensionsbedingungen, siehe dort.

Geschlossene Reposition und Fixation bei akuter ECF

  • Das spontan in Streckung und Außenrotation liegende Bein wird zunächst unter leichter Traktion in Hüfte und Knie auf 90° gebeugt und dann schonend innenrotiert. Unter gehaltener Innenrotation wird das Bein dann kreisend in Abduktion gebracht. Anschließend kann das Bein wieder gestreckt werden. Visualisierung mittels BV (Schrader und Shaw 2017).
  • Die Epiphyse kann jetzt prinzipiell in der oben beschriebenen Technik in-situ fixiert werden mit folgender Besonderheit: Die reponierte Epiphyse ist bis zur Fixation instabil. Im Unterschied zur chronischen ECF wird der Führungsdraht für die Schraube daher in gehaltener Flexion/Abduktion/Innenrotation unter BV-Kontrolle durch das anterolaterale proximalen Femur und den Schenkelhals bis in die Epiphyse eingebracht. Selten ist ein temporärer zweiter Sicherungsdraht nötig. Bei gutem Halt kann das Bein wieder gestreckt und die Situation a.p. und axial kontrolliert werden. Bei Bedarf ist nun eine Korrektur des Führungsdrahts möglich und die Prozedur kann in üblicher Weise abgeschlossen werden.

Prophylaktische Verschraubung der Gegenseite

  • Prinzipiell entspricht die OP-Technik dem Vorgehen auf der betroffenen Seite, unabhängig davon, ob mit oder ohne Extensionstisch gearbeitet wird. Die Platzierung des Führungsdrahtes und der Schraube ist einfacher, weil in der Regel keine Fehlstellung zu berücksichtigen ist. Der Eintrittspunkt für die Schraube liegt daher meist am lateralen proximalen Femur, Führungsdraht und Schraube verlaufen a.p. und axial mittig durch den Schenkelhals, um die Epiphyse zentral und im angestrebten 90° Winkel zu erfassen (siehe Abb. 11).

Nachbehandlung

Nach Verschraubung einer chronischen ECF erhalten die Patienten für 4 Wochen Unterarmstützen und dürfen beschwerdeabhängig voll belasten. Motorisierte Bewegungsschienen können hilfreich sein. Weitere ambulante Physiotherapie ist sinnvoll und unterstützt die Verbesserung der Beweglichkeit.
Nach Verschraubung einer akuten ECF erfolgt die physiotherapeutisch angeleitete Frühmobilisation an Unterarmgehstützen bei Teilbelastung (Sohlenkontakt, 20 kg) des betroffenen Beines für 6 Wochen. Danach Übergang zur Vollbelastung unter Fortsetzung der Physiotherapie bis zur sicheren beschwerdefreien Mobilität. Für offen operierte Patienten besteht ein ähnliches Protokoll.
Alle Patienten werden 6 Wochen p.o. sowie in der Folge im ersten p.o. Jahr alle 3 Monate, danach alle 6 Monate klinisch und radiologisch nachuntersucht. Sollten die Implantate die Epiphyse durch Wachstumsvorgänge nicht mehr fassen, besteht die Indikation zum Schraubenwechsel (Wirtz und Stöckle 2018).

Komplikationen in der Therapie der ECF

Zeitpunkt der Diagnosestellung

Durch fehlerhafte Einschätzung und unpräzise Diagnostik verzögert sich die Diagnosestellung, nicht selten mit schwerwiegenden Folgen. Im Mittel vergehen zwischen den ersten Symptomen und der Diagnosestellung 17 Wochen. Umso wichtiger ist es, auch die unspezifischen Anzeichen dieser seltenen, aber typischen Erkrankung des Adoleszentenalters zu erkennen: „Schmerzen am Knie – vergiss die Hüfte nie“ (Hefti 2015).

Operations- und implantatbedingte Komplikationen

Neben den bekannten grundsätzlichen Risiken jeder Operation ergibt sich bei der ECF das Risiko der Implantatfehllage mit Verletzung der epiphysären Gefäße oder einer Perforation des Kopfes und konsekutiven Knorpelschäden bis zur frühen Chondrolyse. Ungeeignete Repositionsmanöver können zur AVN führen. Ein ungenügender Fixationseffekt mit sekundärer Dislokation der Epiphyse (kurzfristig durch fehlerhafte Technik, mittelfristig durch Wachstumseffekte) ist möglich. Zu viele Bohrvorgänge können die ortsständige Kortikalis schwächen und eine pathologische Fraktur auslösen (Ward et al. 1992).

Komplikationen im weiteren Verlauf

In den meisten Fällen verbleibt bei der ECF trotz Operation eine Offset-Veränderung. Eine leichte Bewegungseinschränkung kann nachweisbar sein, sich durch Anpassungsvorgänge (u. a. Remodelling) aber auch wieder verlieren. Beinlängendifferenzen sind beschrieben. Auf die mittel- und langfristigen Risiken der Entwicklung eines femoroacetabulären Impingements (FAI) sowie die sekundäre Arthrose wurde bereits hingewiesen (Wirth 2011).

Spätere Korrektureingriffe

Dem Ideal einer sofortigen Wiederherstellung der Anatomie steht das nachweislich vorhandene Potenzial zur Selbstkorrektur (Remodelling) nach Fixation in situ entgegen. Nach aktuellem Kenntnisstand ist es gerechtfertigt, bei milden und moderaten Fehlstellungen bis 50° den Effekt der minimalinvasiven Maßnahme abzuwarten. Sollte sich im weiteren Verlauf ein symptomatisches FAI zeigen, ist sekundär eine arthroskopische oder offene Schenkelhals-Trimmung zur Verbesserung des Offsets indiziert (Purcell et al. 2011).
Bei Nachweis einer Außenrotationskontraktur sind Osteotomien auf unterschiedlichen Niveaus möglich. Ziel ist es, die Epiphyse in eine physiologische Relation zum Acetabulum bringen. Die klassische Imhäuser-Osteotomie erreicht dies durch intertrochantäre Keilentnahme mit anterolateraler Basis entsprechend der Fehlstellung, kombiniert mit einer Innendrehung des Oberschenkels (Flexions-Valgisations-Innenrotations-Osteotomie) und fixiert mit einer Platte. Sie korrigiert intertrochantär, was die anatomischen Verhältnisse nur indirekt wiederherstellt, und kann das femoroazetabuläre Impingement nicht verhindern. Die Langzeitergebnisse sind jedoch sehr gut und es besteht kein Risiko hinsichtlich der Femurkopfnekose. Bei vordergründiger Bewegungseinschränkung hat die Imhäuser-Osteotomie noch immer einen gewissen Stellenwert (Wirth 2011).
Seit den 2000er-Jahren hat sich jedoch die modifizierte Dunn-Osteotomie an vielen Zentren zu einer bedeutsamen Alternative entwickelt.

Modifizierte Dunn-Osteotomie

Subkapitale Korrekturosteotomien wie die klassische Dunn-Operation (Dunn 1964) stehen exemplarisch für den Anspruch einer Wiederherstellung der Anatomie am Ort der Fehlstellung. Die historischen Techniken wurden wegen hoher Hüftkopfnekroseraten verlassen. Die Weiterentwicklung ist eng mit dem Namen Reinhold Ganz verknüpft und führte zur modifizierten Dunn-Osteotomie (Ganz et al. 2001, 2009). Diese ist eine Kombination aus chirurgischer Hüftluxation und anatomischer Reposition des Hüftkopfes. Entscheidender Faktor ist die Präparation eines durchblutungserhaltenden retinakulären Flaps, der das immanente Risiko zur AVN deutlich gemindert hat. Es handelt sich um eine sehr anspruchsvolle Technik, die hohe Expertise voraussetzt.
Der Indikationsbereich für die Durchführung der modifizierten Dunn-Osteotomie bei der ECF wird kontrovers debattiert. Ausgewiesene Befürworter der Methode sprechen sich nachdrücklich bereits bei sehr milden Fehlstellungen für den komplexen Eingriff aus. Als Begründung wird angeführt, dass bei der ECF in den meisten Fälle (nach in-situ-Fixation) ein relevantes FAI mit ungünstiger Langzeitprognose resultiere. Ein relevantes Korrekturpotenzial durch spontane Remodelling-Vorgänge wird bezweifelt. In einer Studie mit 10-Jahres-Follow-up wurden sehr gute Resultate präsentiert. Die Risiken seien überschaubar und die Komplikationsraten (0 % AVN) im Vergleich mit der in-situ-Fixation gleichwertig bis geringer (Tannast et al. 2017). Diese Ergebnisse konnten von anderen Zentren jedoch nicht erreicht werden. In verschiedenen Studien wurden AVN-Raten von 6–30 % mitgeteilt (Fernandez et al. 2019; Gorgolini et al. 2021).
Speziell im Hinblick auf die instabile ECF lag das AVN-Risiko in einer großen Serie zur modifizierten Dunn-Osteotomie bei 26 % (Sankar et al. 2013). Eine aktuelle Studie aus Sydney konnte mittels intraoperativem Monitoring der Kopfperfusion überdies zeigen, dass die Durchblutungsverhältnisse durch die Prozedur nicht verbessert werden konnten, im Verlauf zeigte sich eine AVN-Rate von 21 % (Birke et al. 2021). Diese Zahlen stehen im Kontrast zu den guten Ergebnissen nach in-situ-Fixation.
Der Trend zur Durchführung offener Repositionen hat – unabhängig vom Risiko der Hüftkopfnekrose – auch zu einer Zunahme von Komplikationen und Sekundäreingriffen geführt (Loder 2017). Vor diesem Hintergrund gilt die in-situ-Fixation für milde und moderate Fälle der ECF international weiterhin als Standardverfahren (Naseem et al. 2017; Cazzulino et al. 2021). Auch eine aktuelle Metanalyse zeigte keinen Vorteil des Verfahrens hinsichtlich der Patientenzufriedenheit im Vergleich mit der in-situ-Fixation bei milden und moderaten Fehlstellungen. Ebenfalls ungeklärt ist der langfristig protektive Effekt hinsichtlich einer sekundären Coxarthrose (Cheok et al. 2022). Derzeit empfehlen wir die modifizierte Dunn-Osteotomie nur bei chronischem Abrutschen von über 50° in speziellen Zentren mit ausgewiesener Erfahrung.
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