Übersicht
Die sogenannten trizyklische
Antidepressiva, auch Thymoleptika
genannt, werden in der
Schmerztherapie nicht zur Stimmungsaufhellung eingesetzt – Patienten mit chronischen Schmerzen sind nicht per se depressiv. Trizyklische Antidepressiva wirken über die Hemmung zentraler, aszendierender Schmerzimpulse analgetisch. Auch Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI) wie Duloxetin und Venlaflaxin wirken analgetisch.
Wahrscheinlich werden
Antidepressiva in der
Schmerztherapie zu selten eingesetzt. Die am häufigsten mit gutem Erfolg in der Behandlung chronischer, meist neuropathischer Schmerzen eingesetzten Antidepressiva sind Amitriptylin, Nortriptylin und Doxepin. Es gilt natürlich, die Patienten über das Nebenwirkungsprofil aufzuklären. Trizyklische Antidepressiva werden in der Leber individuell sehr unterschiedlich metabolisiert, Über- und Unterdosierungen sind bei Slow- und Rapid-Metabolizern möglich, Leberschäden sind aber extrem selten.
Die schmerztherapeutische Dosis ist geringer als bei Einsatz der Substanzen zur Depressionsbehandlung, in der Regel wirken bereits 10–50 % der antidepressiv wirksamen Dosis. Somit sollte – nicht zuletzt auch aufgrund des Nebenwirkungsprofils der Substanzen – zu Beginn in sehr niedrigen Dosierungen in die Behandlung eingestiegen werden.
Antidepressiva können die typischen anticholinergen Nebenwirkungen und orthostatische Regulationsstörungen verursachen, also Müdigkeit, Mundtrockenheit, Verwirrtheitszustände,
Schwindel, Benommenheit,
Obstipation, Harnverhalt, Akkomodationsstörungen, Potenzstörungen, Haltetremor der Hände und natürlich auch Gewichtszunahme. Die Nebenwirkungen lassen in der Regel im Laufe der Behandlung nach. Selten treten Reizleitungsstörungen am Herzen sowie eine Senkung der Krampfschwelle oder
Delir bei Vorschäden am Hirn auf.
SNRI
haben zwar ein geringeres diesbezügliches Nebenwirkungsprofil, können aber mit anderen Substanzen interagieren, die ebenfalls Serotonin-wiederaufnahmehemmende Wirkung haben, wie
Tramadol, Triptane und
Ecstasy als illegale Droge. Sie bergen eine erhöhte Blutungsgefahr im oberen Gastrointestinaltrakt, besonders bei der Kombination mit NSAR aufgrund der Nebenwirkung von (reversiblen)
Thrombozytenfunktionsstörungen. Bei gleichzeitiger Einnahme zentral dämpfender Substanzen wird deren Wirkung verstärkt, eine Kombination mit MAO-Hemmern ist kontraindiziert, die gleichzeitige Gabe von Tramadol kann zum Serotonin-Syndrom führen.
Der verordnende Arzt sollte die Substanzen gut kennen, keine antriebssteigernden Substanzen bei gleichzeitig bestehender Depression einsetzen (Suizidgefahr) und im Einzelfall mit einem Psychiater zusammenarbeiten.
Die Therapie chronischer Schmerzen mit trizyklischen und SNRI- (dualen)
Antidepressiva und anderen Koanalgetika sollte in der Regel durch erfahrene Schmerztherapeuten erfolgen, nicht zuletzt auch aufgrund der vielfältigen Nebenwirkungen und Wechselwirkungen mit anderen Schmerztherapeutika.
In der
Schmerztherapie werden beispielsweise Amitriptylin und Duloxetin häufig eingesetzt.
Amitriptylin (z. B. Saroten®)
Amitriptylin
ist ein trizyklisches Antidepressivum und gilt als
Goldstandard in der Anwendung von Koanalgetika. Während in der Depressionsbehandlung 150–300 mg eingesetzt werden, reichen in der
Schmerztherapie wesentlich niedrigere Dosen (20–30 mg). Eine einschleichende Dosierung zur Nacht wird empfohlen. Während die sedierende Wirkung meist sofort einsetzt, braucht die Stimmungsaufhellung in der Regel 1–3 Wochen. Bestehen gleichzeitig
Schlafstörungen, ist diese eher sedierende Substanz angezeigt. Zu Beginn der Therapie werden 10–25 mg empfohlen, langsam steigern bis 25 bis max. 100 mg/Tag. Die Einnahme erfolgt einmal täglich zur Nacht.
Kontraindikation:
Herzinsuffizienz, Arrhythmien, Prostatahypertrophie mit Restharn, Hypokaliämie, Bradykardie, unbehandeltes Engwinkelglaukom.
Cave: keine gleichzeitige Gabe mit MAO-Hemmern, anderen serotoninergen
Antidepressiva,
Tramadol oder Tapentalol. Ein lebensbedrohliches Serotonin-Syndrom ist möglich, klinisch erkennbar durch Symptome wie Schwitzen, Durchfall, Tachykardie, zentrale Unruhe und
Delir sowie neuromuskuläre Symptome wie Krämpfe und Tremor.
Duloxetin (z. B. Cymbalta®)
Als erster SNRI konnte für Duloxetin
ein Wirksamkeitsnachweis bei neuropathischen Schmerzen mittels einer prospektiven randomisierten doppelblinden Studie geführt werden. Im Vergleich zu den trizyklischen
Antidepressiva ist es besser verträglich, häufig tritt jedoch auch initial Übelkeit auf.
Tabletten mit 30 mg und 60 mg sind verfügbar. In der Regel erfolgt der Beginn der Therapie mit 30 mg am Morgen, dann steigern auf maximal 2 × 60 mg.
Kontraindikation: schwere Leber- und Nierenstörungen, Therapie mit MAO-Hemmern, unklare psychiatrische Erkrankungen, schlecht eingestellte
Hypertonie.