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Orthopädie und Unfallchirurgie
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Publiziert am: 07.03.2023

Multiple hereditäre Exostosenkrankheit

Verfasst von: Bettina Westhoff
Bei der multiplen hereditären Exostosenkrankheit handelt es sich um eine autosomal dominant vererbte Erkrankung, bei der zahlreiche Osteochondrome auftreten. Des Weiteren finden sich Wachstumsstörungen, die einerseits zu einem Minderwuchs führen, und andererseits – bei unterschiedlicher Wachstumsgeschwindigkeit im Bereich der paarig angelegten Knochen – zu Achsabweichungen. Typischerweise manifestiert sich die Erkrankung im Kleinkindalter. Am häufigsten sind die Exostosen im Bereich der während des Wachstums besonders aktiven Fugen lokalisiert – also im Bereich der unteren Extremität knienah und an der oberen Extremität vor allem am proximalen Humerus und am distalen Unterarm. Probleme entstehen durch mechanische Reizung und aufgrund von Fehlwachstum. Therapeutisch werden symptomatische Exostosen reseziert und Achsabweichungen korrigiert. Im Erwachsenenalter besonders zu beachten ist das Risiko der malignen Entartung bei ca. 4 % der Patienten. Betroffen sind insbesondere Exostosen im Bereich des Rumpfes. Aus diesem Grunde sollte in jedem Fall bei Wachstumsabschluss ein MRT des Beckens erfolgen, das als Referenz für weitere Untersuchungen herangezogen werden kann. Patienten sind entsprechend aufzuklären und für die Problematik zu sensibilisieren.

Einleitung

Die Exostosenkrankheit – Synonym multiple kartilaginäre Exostosenkrankheit oder multiple hereditäre Exostosenkrankheit (MHE) – ist charakterisiert durch das Auftreten multipler Osteochondrome. Es handelt es sich dabei um eine seltene, autosomal dominant vererbbare Erkrankung, bei der es zum Auftreten zahlreicher Osteochondrome bzw. Exostosen kommt, die aus reifem Knochen mit einer knorpeligen Kappe bestehen. Die Prävalenz liegt in der kaukasischen Bevölkerung bei 1:50.000 (Schmale et al. 1994), die Inzidenz in der westlichen Bevölkerung bei 1,5 % (Ryckx et al. 2013). Beide Geschlechter sind gleich häufig betroffen. Die Penetranz ist jedoch beim weiblichen Geschlecht häufig unvollständig und damit der Phänotyp oft weniger auffällig (Jäger et al. 2007; Porter et al. 2004; Wicklund et al. 1995).
Zum Zeitpunkt der Geburt sind in der Regel keine Exostosen nachweisbar. Sie werden zwischen der frühen Kindheit bis spätestens zum 12. Lebensjahr manifest. Gewöhnlich wird die Diagnose im Alter von 3 bis 4 Jahren gestellt. Die Exostosen sind typischerweise in der Metaphyse langer Röhrenknochen lokalisiert (Schmale et al. 1994; Wicklund et al. 1995).
Probleme können die Exostosen verursachen, wenn umliegende Strukturen wie Muskeln und Sehnen, Gefäße oder Nerven mechanisch gereizt oder komprimiert werden. Aufgrund einer Beeinträchtigung des Wachstums sind Betroffene häufig von einem Minderwuchs gekennzeichnet. Lokale Wachstumsstörungen führen insbesondere im Bereich des Unterarms und des Unterschenkels zu Achsabweichungen. Funktionelle Beeinträchtigungen sind häufig.

Ätiologie, Pathogenese

Die MHE wird autosomal dominant vererbt. Die Erkrankung ist in 70 bis 94 % der Patienten assoziiert mit Veränderungen des EXT1-Gens auf Chromosom 8 oder des EXT2-Gens auf Chromosom 11; fraglich ist noch die Existenz eines dritten assoziierten Gens auf Chromosom 19 (EXT3-Gen). Die EXT-Gene wirken normalerweise als Tumor-Suppressorgene. Der Verlust der Heterozygotie scheint für die Entstehung der Exostosen der wesentliche pathogenetische molekulare Mechanismus zu sein. Die Gen-Veränderungen führen zu einer Störung der Heparansulfat-Synthese. Heparansulfat ist Bestandteil von Proteinen an der Zelloberfläche und in der extrazellulären Matrix, die als Signalrezeptoren wesentlich sind im Rahmen von Wachstum und Differenzierung sowie als Regulator der endochondralen Ossifikation (Beltrami et al. 2016; Jones 2011; Piombo et al. 2018).
Die Entstehung der Exostosen stellt man sich folgendermaßen vor (Jones 2011; Pacifici 2018; Westhoff et al. 2014): Eine Störung der Signalrezeptoren von peripher in der Wachstumszone gelegenen Chondrozyten führt zu einem Verlust der Polarität, die Zelldifferenzierung wird beeinträchtigt und die Zellen erhalten einen Proliferationsvorteil. Dies führt zu einer Zunahme der „wilden“, Heparansulfat-defizienten Zellen, die dann zusammen mit normalen Chondrozyten eine „knospende“ Exostose bilden. Die Knorpelkappe der Exostose enthält somit sowohl Heparansulfat-defiziente als auch normale Chondrozyten. Dagegen haben Heparansulfat-defiziente Chondrozyten, die inmitten der Epiphyse liegen, keine Auswirkungen auf den Phänotyp – sie sind durch das von den umliegenden Zellen produzierte Heparansulfat geschützt (Abb. 1).
Die Pathogenese des Symptoms „Kleinwuchs“ ist noch unklar: Zahlreiche Studien halten eine systemische Ursache als Folge des Gendefekts für wahrscheinlich (Jones et al. 2013; Koziel et al. 2004; Staal et al. 2015); andere halten den lokalen Einfluss der Osteochondrome auf die Wachstumsfuge für entscheidend (Porter et al. 2000). Auch die Genese lokaler Wachstumsstörungen insbesondere von Ulna und Fibula ist bislang ungeklärt (Jones 2011).

Klinisches Erscheinungsbild

Das klinische Erscheinungsbild und die Anzahl der Exostosen pro Individuum weisen eine erhebliche Variabilität auf: Das Spektrum reicht von einigen Exostosen der langen Röhrenknochen ohne nennenswerte Beeinträchtigung des Wachstums bis hin zu einem massiven Befall mit zahlreichen Exostosen an allen Extremitäten sowie am Rumpf, deutlichem Minderwuchs sowie Fehlwachstum v. a. an den Unterarmen und an den Unterschenkeln. Genotyp/Phänotyp-Untersuchungen ergaben, dass ein schwerer Befall (mehr Exostosen, mehr Skelettdeformitäten, ausgeprägtere funktionelle Beeinträchtigung) typischerweise mit einer EXT-1-Mutation und mit männlichem Geschlecht einhergeht (Alvarez et al. 2006; Francannet et al. 2001; Jäger et al. 2007; Pedrini et al. 2011; Westhoff et al. 2014).
Zur Beschreibung des Schweregrads wurde von Pedrini et al. eine klinische Klassifikation basierend auf dem Vorhandensein von Deformitäten und funktionellen Einschränkungen entwickelt, die bereits validiert wurde (Pedrini et al. 2011; Mordenti et al. 2013) (Tab. 1).
Tab. 1
Klassifikation des Schweregrads der MHE
Schweregrad
Kennzeichen
I
keine Deformitäten, keine funktionellen Einschränkungen
 
IA
 
< 5 Lokalisationen mit Exostosen
 
IB
 
> 5 Lokalisationen mit Exostosen
II
Deformitäten, keine funktionellen Einschränkungen
 
IIA
 
< 5 Lokalisationen mit Exostosen
 
IIB
 
> 5 Lokalisationen mit Exostosen
III
Deformitäten, funktionelle Einschränkungen
 
IIIA
 
< 5 Lokalisationen mit Exostosen
 
IIIB
 
> 5 Lokalisationen mit Exostosen

Lokalisation

Grundsätzlich können Exostosen an jedem knorpelig angelegten Knochen auftreten, nicht jedoch an membranös angelegten (z. B. Schädelkalotte). Meist ist der Befall relativ symmetrisch. Bevorzugt betroffen sind die schnell wachsenden, langen Röhrenknochen; innerhalb dieser Knochen finden sich die Exostosen hauptsächlich in der Nähe der aktiveren Wachstumsfuge: an der unteren Extremität sind diese knienah – also distaler Femur, proximale Tibia und Fibula; an der oberen Extremität sind der proximale Humerus, die distale Ulna und der distale Radius die häufigsten Lokalisationen (Jäger et al. 2007). An der Hand sind Exostosen selten, sie finden sich am häufigsten in der metacarpo-phalangealen Region (Woodside et al. 2015) (Abb. 2).
Auch am Rumpf können Exostosen auftreten, hier entwickeln sie sich in Nachbarschaft zu sekundären oder apophysären Ossifikationszentren. An der Skapula ist typischerweise der mediale Rand und der Angulus inferior betroffen. An den Rippen finden sie sich am osteochondralen Übergang oder dorsal, an der Wirbelsäule am Processus transversus bzw. spinosus (nicht am Wirbelkörper). Die Exostosen können hier zu einer Spinalkanalstenose und/oder Nervenkompression führen. Am Becken sind sie entlang des Beckenkamms lokalisiert, gelegentlich in der Nähe der Synchondrosis ischiopubica. An den tarsalen Knochen stellen Exostosen eine Rarität dar; an der Hand sind sie hauptsächlich um das metakarpophalangeale Gelenk lokalisiert (Karbowski et al. 1995; Westhoff et al. 2014).

Fehlwachstum

Fehlwachstum zeigt sich insbesondere an Unterarm und Unterschenkel. Aufgrund von unterschiedlichen Wachstumsgeschwindigkeiten von Radius und Ulna bzw. Tibia und Fibula sowie aufgrund eines „tethering“-Effekts von an der Membrana interossea gelegenen Exostosen entwickeln sich typische Deformitäten. Es werden auch unilaterale Beeinträchtigungen des Längenwachstums beobachtet, die an der unteren Extremität zu einer Beinlängendifferenz führen können.

Charakteristika am Unterarm

Bei ca. 30–60 % der MHE-Patienten findet sich eine Beteiligung des Unterarms mit Deformitäten der Unteramknochen (Ettl et al. 2005; Fogel et al. 1984). Am häufigsten liegt eine Ulnaverkürzung vor, die nachfolgend zu einer Ulnardeviation des Handgelenks mit karpaler Instabilität und Beeinträchtigung der Gelenkfunktion führen kann. Sekundär kann sich eine Dislokation des Radiusköpfchens entwickeln, deren Inzidenz mit zunehmender Ulnaverkürzung zunimmt. Weitere typische Deformitäten sind das Bowing einer oder beider Unterarmknochen sowie die Erhöhung des distalen radialen Gelenkwinkels (RAA). Die am meisten verwendete Klassifikation zur Beschreibung der Deformitäten am Unterarm ist diejenige von Masada (Masada et al. 1989) (Abb. 3 und 4)

Charakteristika am Unterschenkel

Wachstumsstörungen führen am Unterschenkel häufig zu einer Valgusdeformität, wobei üblicherweise nicht ein pathologischer Winkel zwischen Femur und Tibia vorliegt, sondern eine Valgusfehlstellung innerhalb der Tibia; die Epiphysenfuge der proximalen Tibia steht horizontal, der Scheitel der Deformität liegt metaphysär. Gleichzeitig beobachtet man ein Sprunggelenk-Valgus mit Verkürzung der Fibula und Schrägstellung der distalen Tibiaepiphyse (Abb. 5).
Angaben zur Häufigkeit sind in der Literatur rar und variabel: Schmale et al. beobachteten an einem Kollektiv von 113 Patienten bei 8 % eine Achsabweichung am Kniegelenk, bei 2 % am Sprunggelenk und bei 10 % eine Beinlängendifferenz von mehr als 2 cm (Schmale et al. 1994). Andere berichten von Valgusdeformitäten bis zu 50 % (van Oosterbos et al. 2016).

Minderwuchs

Charakteristisch für MHE-Patienten ist zusätzlich ein Minderwuchs. Dabei ist das Verhältnis Sitzgröße zu Stehgröße gering zugunsten der Sitzgröße verschoben, sodass es sich um einen dysproportionierten Minderwuchs als Ausdruck eines verminderten Längenwachstums der langen Röhrenknochen handelt. 37 % der männlichen und 44 % der weiblichen Patienten erreichen eine Körperlänge unter der 5. Perzentile. Das Ausmaß des Minderwuchses ist bei Patienten mit EXT-1-Mutation ausgeprägter: So liegt die durchschnittliche Körperlänge bei EXT-1-Familien auf der 18. Perzentile, bei EXT-2-Familien auf der 50. Perzentile (Porter et al. 2004; Sgariglia et al. 2013; Shapiro et al. 1979; Wicklund et al. 1995).
Detaillierte Analysen zu kalendarischem und Skelettalter zeigen, dass im Kindesalter das Skelettalter typischerweise jünger ist als das kalendarische Alter, während nach dem 12. Lebensjahr das Skelettalter dem kalendarischen vorauseilt und es zu einem früheren Fugenschluss kommt als bei gesunden Jugendlichen (Staal et al. 2015). Diese Kenntnis ist wichtig im Hinblick auf Planung wuchslenkender Maßnahmen zur Korrektur einer Beinlängendifferenz oder einer Achsabweichung.

Klinische Auswirkungen und Beschwerden

Die Diagnose MHE geht für viele Patienten einher mit wiederholten Operationen und relevanten Auswirkungen auf das Alltagsleben: Viele klagen über regelmäßige Schmerzen (83 % der Erwachsene und 63 % der Kinder), eine Einschränkung bei Alltagsaktivitäten sowie eine Beeinträchtigung ihres sozialen und psychologischen Wohlgefühls. Damit führt die MHE zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Lebensqualität (Chhina et al. 2012; Goud et al. 2012; D’Ambrosi et al. 2017).
Lokal können Probleme entstehen aufgrund von
  • mechanischer Irritation von Muskeln, Sehnen und Leitungsbahnen,
  • Fehlwachstum,
  • maligner Entartung.

Probleme aufgrund mechanischer Irritation

Exostosen können aufgrund ihrer Lage und ihrer Größe mechanisch die Beweglichkeit des benachbarten Gelenks limitieren, die umliegenden Strukturen irritieren und damit Reizzustände und Beschwerden auslösen. Schmerzhafte Bursitiden können sich entwickeln (Abb. 6).
Neurologische Reiz- und Ausfallerscheinungen werden beobachtet – typischerweise bei Exostosen an der proximalen Fibula, die zu einer Irritation des N. peroneus führen; klinisch typisch sind Missempfindungen und Sensibilitätsstörungen im Ausbreitungsgebiet des N. peroneus sowie die Unfähigkeit, im Fersengang zu laufen. Exostosen an der Wirbelsäule können zu einer Kompression des Rückenmarks und einer Myelopathie führen – dies wird allerdings nur selten beobachtet.
Auch Gefäße können durch Exostosen kompromittiert werden – am häufigsten an der unteren Extremität knienah. Typisch ist das Auftreten von arteriellen und venösen Thrombosen sowie die Entwicklung eines Aneurysmas oder Pseudoaneurysmas der A. poplitea insbesondere im jungen Erwachsenenalter (Raherinantenaina et al. 2016; Vasseur und Fabre 2000).

Probleme aufgrund des Fehlwachstums

Obere Extremität

Die funktionellen Einschränkungen des Unterarms sind sehr variabel und bedingt durch Faktoren wie Ausmaß der Ulnaverkürzung, Ausmaß und Richtung des radialen Bowings, Impingement von Exostosen an der Membrana interossea, Veränderung des distalen radialen Gelenkwinkels sowie der Position des Radiusköpfchens.
Folgen sind eine Einschränkung der Ellenbogen- und Handgelenkbeweglichkeit – insbesondere der Pro- und Supinationsbewegung. Die seltener zu beobachtende Radiusköpfchenluxation führt typischerweise zu einer Einschränkung der Pronation und der Ellenbogenextension; ihr Auftreten korreliert mit dem Ausmaß der Ulnaverkürzung und des radialen Bowings.
Bemerkenswert ist, dass die funktionellen Einschränkungen von den Patienten subjektiv überwiegend gut toleriert werden (Ettl et al. 2005; Jo et al. 2017; Stanton und Hansen 1996; Watts et al. 2007; Westhoff et al. 2014).

Untere Extremität

An der unteren Extremität führt das Fehlwachstum typischerweise zu Achsabweichungen, die eine präarthrotische Deformität darstellen. Dabei korreliert das klinische Bild – gekennzeichnet von belastungsabhängigen Beschwerden, Beeinträchtigungen der Gelenkbeweglichkeit und degenerativen Veränderungen – mit dem Ausmaß der Fehlstellung (Noonan et al. 2002a).
Exostosen am proximalen Femur können zu einer Impingementsymptomatik führen und ursächlich sein für eine Subluxation des Hüftkopfs, Läsionen des Labrums, Knorpelschäden sowie Einschränkung der Gelenkbeweglichkeit (Ducque Orozco et al. 2018a, b).

Maligne Entartung

Im Rahmen der Exostosenkrankheit besteht ein relevantes Risiko der malignen Transformation von Osteochondromen. Überwiegend entwickelt sich ein Chondrosarkom – ganz selten ein Osteosarkom – typischerweise in der Knorpelkappe der Exostose. Die Häufigkeitsangaben reichen von 0,88 % bis 25,1 %, durchschnittlich liegt die Inzidenz der Entwicklung eines Chondrosarkoms bei 3,9 %. 80,1 % der malignen Transformationen finden vor dem 40. Lebensjahr statt, 75,2 % in der Altersgruppe der 20- bis 40-Jährigen. Damit treten diese sekundären Chondrosarkome deutlich früher als die primären Chondrosarkome auf, die in 65 % der Fälle in der Altersgruppe der 30- bis 60-Jährigen manifest werden. Anders verhalten sich die solitären Osteochondrome: Bei ihnen ist die Wahrscheinlichkeit einer malignen Transformation mit 1–2 % sehr selten (Pedrini et al. 2011; Westhoff et al. 2014).
Betroffen sind v. a. die flachen Knochen des Rumpfes: In einer Kohorte von 852 Chondrosarkomen betrafen 47,3 % das Becken, 12,3 % die Skapula, 8,6 % die Wirbelsäule, 4,2 % die Rippen und 8,3 % den proximalen Femur; der proximale Humerus war in 8,0 % betroffen, knienah fanden sich 10,7 %. Patienten mit EXT-1-Genmutationen sind 1,5- bis 2-mal häufiger betroffen als die Gesamtpopulation der MHE-Patienten (Fei et al. 2018) (Abb. 7).
Klinische Hinweise für eine maligne Entartung sind Größenzunahme nach Wachstumsabschluss und das Auftreten von Beschwerden. Die Patienten sind daher unbedingt für diese Indikatoren zu sensibilisieren! Da besonders die Osteochondrome an Becken und Wirbelsäule, die kaum palpabel sind, gefährdet sind, wird von zahlreichen Autoren ein Screening-Programm empfohlen, bei dem in regelmäßigen Abständen, z. B. jährlich – insbesondere bei den Hochrisiko-Patienten zwischen dem 20. und 40 Lebensjahr –, eine Kernspintomographie durchgeführt werden soll. In jedem Fall aber sollte zumindest nach Wachstumsabschluss eine Kernspintomographie des Beckens angefertigt werden – einerseits, um einen Status quo für weitere Verlaufsuntersuchungen zu dokumentieren, und andererseits Exostosen mit einer kritisch-breiten Knorpelkappe zu erkennen und eine prophylaktische Resektion zu erwägen. Exostosen mit einer Knorpelkappe von über 2 cm gelten als suspekt, Karbowski et al. halten bereits eine Dicke von mehr als 1 cm für verdächtig (Delling et al. 2005; Fei et al. 2018; Karbowski et al. 1995; Westhoff et al. 2014).

Histologie

Histologisch bestehen die Exostosen aus reifem Knochen und einer hyalinen Knorpelkappe, die meist nur wenige Millimeter dick ist. Am Übergang Knorpelkappe – Knochen findet sich eine strukturierte Region sehr ähnlich einer Wachstumsfuge mit Proliferationsknorpel, Säulenknorpel und Ossifikationszone (Karbowski et al. 1995).

Diagnostik

Die Diagnose MHE ist in der Regel einfach zu stellen: Die Exostosen sind als solide Prominenzen gelenknah leicht zu tasten; das umliegende Weichgewebe ist gut gegenüber dem Knochen verschieblich. Gelegentlich findet sich eine Bursitis über einer Exostose.
Radiologisch wird die Diagnose gesichert. Die Formen der Exostosen sind äußerst variabel: Unterschieden werden breitbasige, sessile Exostosen von schmalbasigen, kurz oder lang gestielten. Die Exostosen sind charakteristischerweise immer in Richtung Diaphyse ausgerichtet und sind nie epiphysär gelegen. Bei epiphysären exostosenartigen Formationen handelt es sich meist um eine Dysplasia epiphysealis hemimelica. Mit dem Wachstum wandern sie von der Metaphyse in Richtung Diaphyse. Die Kortikalis und die Spongiosa der Exostosen gehen ohne Unterbrechung in den eigentlichen Knochen über. Häufig findet man Auftreibungen der Metaphysen. Kalzifikationen der Knorpelkappe zentral oberflächlich gelegen werden als Hinweis auf eine Knorpelregression gewertet, periphere Kalzifikationen können auf eine maligne Entartung hindeuten (Karbowski et al. 1995; Westhoff et al. 2014) (Abb. 8).

Verlaufsuntersuchungen im Wachstumsalter

Ist die Diagnose MHE gestellt, ist bei Beschwerdefreiheit im Wachstumsalter eine jährliche klinische Kontrolluntersuchung empfohlen. Dabei ist bei Kindern und Jugendlichen besonders nach Hinweisen auf Fehlwachstum an der oberen und unteren Extremität (Einschränkung der Gelenkbeweglichkeit, Radiusköpfchenluxation, Achsabweichung, Beinlängendifferenz) zu achten sowie auf neurologische Reiz- und Kompressionserscheinungen (z. B. N. peroneus – Affektion am Fibulaköpfchen). Die Untersuchung sollte daher eine Überprüfung der Beweglichkeit sämtlicher Gelenke der oberen und unteren Extremität sowie eine Beurteilung der Achsentwicklung umfassen.
Bei klinischen Beschwerden und Auftreten von Achsabweichungen sind Röntgenaufnahmen indiziert. Bei Einschränkungen der Beweglichkeit – insbesondere des Ellenbogen- und Handgelenks sowie des Hüftgelenks – sind ebenfalls Röntgenaufnahmen erforderlich, um Fehlwachstum bzw. Gelenkdezentrierung frühzeitig zu erkennen und rechtzeitig ein operatives Eingreifen zu ermöglichen. Zur Planung operativer Eingriffe kann zusätzlich eine MRT- oder CT-Diagnostik notwendig werden.
MRT-Screening-Untersuchungen der Wirbelsäule zur Erkennung spinaler Osteochondrome werden diskutiert; eine kürzlich veröffentlichte Studie sieht allerdings lediglich eine Bildgebung dann als notwendig an, wenn neurologische Symptome vorliegen, oder aber wenn sowohl im Bereich der Rippen und des Beckens Exostosen nachgewiesen wurden; ansonsten sei die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen Interventions-bedürftiger Exostosen ausgesprochen gering (Jackson et al. 2019).

Verlaufsuntersuchungen nach Wachstumsabschluss

Nach Wachstumsabschluss gilt es, maligne Transformationen frühzeitig zu erkennen. Eine Größenzunahme von Exostosen ist in jedem Fall hochverdächtig auf maligne Entartung und sollte daher unbedingt weiter abgeklärt werden. Die Patienten müssen über dieses Risiko und die Hinweiszeichen sorgfältig aufgeklärt werden und bei Auffälligkeiten sollten sie umgehend weitere Abklärungsuntersuchungen durchführen lassen. Bei unauffälligem Verlauf ist eine jährliche klinische Untersuchung empfohlen.
Exostosen im Bereich des Beckens und des proximalen Femurs sind häufig schlecht einer klinischen Untersuchung zugänglich. Daher wird dringend empfohlen, nach Wachstumsabschluss in jedem Fall zumindest einmalig eine MRT-Untersuchung von Becken und proximalem Femur durchzuführen, um Kenntnis über das Vorhandensein von Exostosen, ihre Größe sowie die Dicke ihrer Knorpelkappe zu haben. Knorpelkappen, die größer als 1 bis 2 cm sind, gelten als suspekt und diese Exostosen sollten daher unbedingt entfernt werden.
Jährliche Röntgenuntersuchungen von Becken und proximalem Femur werden aufgrund der Strahlenbelastung kritisch gesehen (Fei et al. 2018; Ryckx et al. 2013).
Fei et al. empfiehlt ein Screening-Programm für alle MHE-Patienten im Alter zwischen 20 und 40 Jahren aufgrund seiner Analyse, die bei einer Inzidenz von 4 % maligner Transformation ergab, dass 75,2 % im Alter zwischen 20 und 40 Jahren auftreten und 56,2 % der Fälle im Becken oder proximalem Femur lokalisiert sind. Dabei soll jährlich ein MRT von Becken und proximalem Femur durchgeführt werden (Fei et al. 2018).

Differentialdiagnose

Beim Auftreten eines Osteochondroms ist zu differenzieren, ob es sich um das Krankheitsbild der solitären Exostose handelt oder ob multiple Osteochondrome und damit das Krankheitsbild der multiplen Exostosenkrankheit vorliegt. Die solitäre Exostose ist histologisch nicht von den multiplen zu unterscheiden. Das solitäre Osteochondrom wird üblicherweise nicht vor dem 8. Lebensjahr manifest, es findet sich typischer Weise an den Metaphysen der langen Röhrenknochen – bevorzugt knienah sowie am proximalen Humerus, führt üblicherweise nicht zu Fehlwachstum und entartet seltener als die Osteochondrome im Rahmen der MHE. Es ist der häufigste benigne Knochentumor.
Weitere Erkrankungen, die mit dem Auftreten von Exostosen assoziiert sind, sind
  • die Metachondromatose,
  • das Langer-Giedion-Syndrom,
  • das Gardner-Syndrom sowie
  • das Potocki-Shaffer-Syndrom,
die differentialdiagnostisch abzugrenzen sind (McFarlane et al. 2016).
Bei der Metachondromatose handelt es sich um eine äußerst seltene, autosomal dominant vererbte Erkrankung, bei der sich Exostosen-ähnliche periartikuläre Metachondrome häufig im Bereich der Finger entwickeln, die aber in Richtung Epiphyse weisen und nicht wie die Osteochondrome bei der MHE in Richtung Diaphyse. Gleichzeitig treten Enchondrome insbesondere in den Metaphysen der langen Röhrenknochen und des Beckens auf. Sowohl eine Progression als auch eine Regression der Veränderungen sind möglich.
Das Langer-Giedion-Syndrom, eine ebenfalls äußerst seltene, autosomal dominant vererbte Erkrankung, zeigt klinisch eine Kombination aus multiplen Exostosen, geistiger Retardierung sowie Auffälligkeiten des Schädels, des Gesichts sowie der Finger.
Beim Gardner-Syndrom handelt es sich um eine autosomal-dominant vererbliche Tumorerkrankung, bei der es charakteristischerweise zu Adenomen des Colons kommt, die als obligate Präkanzerose einzustufen ist. Zusätzlich treten gutartige Tumore der Knochen, der Haut, der Unterhaut und des Bindegewebes auf.
Das Potocki-Shaffer-Syndrom – ebenfalls autosomal dominant vererbt – ist geprägt durch zahlreiche Exostosen, Ossifikationsstörungen des Schädels mit vergrößerten Parietalforamina, Auffälligkeiten des Gesichtsschädels sowie geistige Retardierung.
„Exostosen“ im Bereich der Epiphyse insbesondere der langen Röhrenknochen finden sich bei der Trevor-Erkrankung (Dysplasia epiphysealis hemimelica).

Therapie

Eine medikamentöse Therapie, die die Größenzunahme der Exostosen oder das Fehlwachstum verhindert, ist bislang nicht im klinischen Einsatz. Es gibt jedoch erste vielversprechende Untersuchungen an Mäusen, bei denen mit BMP-Signal-Antagonisten die Bildung von Osteochondromen deutlich reduziert werden konnte (Pacifici 2018).
Daher ist das Ziel therapeutischer Maßnahmen, die Folgen der Erkrankung zu behandeln. Dies erfolgt in der Regel operativ. Die jeweiligen Maßnahmen werden in Abhängigkeit von der klinischen Problematik indiziert – Entfernung symptomatischer Exostosen und/oder Korrektur von Fehlstellungen. Die Evidenz bzgl. Vermeidung von Fehlwachstum durch prophylaktische Exostosenresektion ist bislang gering.

Operative Maßnahmen

Exostosen-Resektion

Die Resektion von Exostosen ist indiziert, wenn sie mechanisch störend sind, Beschwerden oder Fehlwachstum verursachen.

Obere Extremität

Die Indikation sollte im Bereich des Schultergürtels (Skapula, proximaler Humerus) aufgrund des Entartungsrisikos nach Wachstumsabschluss großzügig gestellt werden. An der Skapula sind die Exostosen häufig ventralseitig gelegen und führen dann zu einem Abstehen derselben, was funktionell, aber auch kosmetisch, häufig störend ist. Bei Exostosen am proximalen Humerus ist die anatomische Nähe zum N. axillaris zu beachten: Dies kann einerseits zu neurologischen Reizerscheinungen führen, andererseits kann der Nerv insbesondere bei der operativen Resektion großer Exostosen kompromittiert werden. Dies sind weitere Argumente für eine großzügige Indikationsstellung zur Resektion – auch bei fehlenden klinischen Beschwerden.
Ob Fehlwachstum im Bereich des Unterarms durch eine frühzeitige prophylaktische Exostosenresektion verhindert werden kann, ist unklar; tendenziell ist der Effekt jedoch eher positiv – insbesondere bei isolierter Exostose im Bereich der distalen Ulna, entsprechend Typ Masada 1 (Fogel et al. 1984; Ishikawa et al. 2007).

Untere Extremität

Exostosen am proximalen Femur sind häufig schwer zugänglich, sodass je nach Lokalisation eine Resektion der Exostosen über eine chirurgische Hüftluxation nach Ganz erfolgen muss; bei Beschwerden, Zeichen der Dezentrierung des Hüftgelenks und Impingement-Symptomatik ist diese Vorgehensweise sicherlich mit den bekannten Risiken (u. a. Hüftkopfnekrose) indiziert (Abb. 9).
Bei Exostosen am Fibulaköpfchen ist wegen einer möglichen Peroneus-Affektion bei Zunahme der Exostosengröße die Indikation zur Resektion großzügig zu stellen; bei der Operation ist eine sorgfältige Darstellung des N. peroneus dringend empfohlen und der Patient über eine Läsion des N. peroneus und deren Folgen unbedingt detailliert aufzuklären.
Bei Exostosen im Bereich der distalen Tibia oder Fibula, die bereits zu einer nennenswerten Imprimierung bzw. Deformierung der Fibula bzw. Tibia geführt haben und bei denen noch ein beachtliches Restwachstum besteht, sollte auch bei Beschwerdefreiheit eine Resektion erwogen werden (Chin et al. 2000).

Wirbelsäule

Die Indikation zur Resektion von Exostosen ist in jedem Fall gegeben, wenn Schmerzen bestehen oder neurologische Komplikationen durch Myelon- oder Nervenwurzelkompression manifest werden – üblicherweise mit gutem Ergebnis. Ob asymptomatische Exostosen prophylaktisch reseziert werden sollen, wird kontrovers diskutiert (Jackson et al. 2019).

Korrektur der Deformitäten

Obere Extremität

Die Indikation zur Korrektur der Deformitäten am Unterarm ist Gegenstand intensiver Diskussion, wobei ein Trend in Richtung frühzeitige Anpassung der Längendifferenz zu erkennen ist. Ziel des Ausgleichs einer Längendifferenz von Ulna und Radius ist die Wiederherstellung des karpalen Gleichgewichts, die Vermeidung eines radialen Fehlwachstums, die Prävention einer Radiusköpfchenluxation sowie einer progredienten Funktionsbeeinträchtigung.
Zahlreiche Autoren unterstützen daher eine frühzeitige operative Korrektur der Längendifferenz – mit dem Vorteil eines größeren Remodellierungspotenzials, aber dem Risiko des Rezidivs und der Notwendigkeit eines erneuten Eingriffs. Andere bevorzugen daher eine Korrektur zum Ende des Wachstums; wieder andere empfehlen bei Beschwerdefreiheit grundsätzliche Zurückhaltung mit operativen Verfahren, da eine funktionelle Verbesserung der Hand- und Ellenbogengelenksbeweglichkeit nur eingeschränkt möglich ist. Allerdings sind die kosmetischen Aspekte ebenfalls zu berücksichtigen: Viele Patienten bewerten das OP-Ergebnis trotz unwesentlich verbesserter Funktion wegen des verbesserten Erscheinungsbildes als positiv. Die Indikation ist daher jeweils sehr sorgfältig mit den Patienten bzw. den Eltern abzuwägen – unter Beachtung des Masada-Typs, des klinischen und radiologischen Ausmaßes der Deformität, des Alters des Patienten sowie der kosmetischen Bedürfnisse. In jedem Fall ist eine sorgfältige Deformitätenanalyse durchzuführen. Dabei sind insbesondere die Ulnaverkürzung, der distale radiale Gelenkflächenwinkel sowie der Shift des Carpus zu berücksichtigen (Akita et al. 2007; Bader und Grill 2000; El-Sobky et al. 2018; Ettl et al. 2005; Fogel et al. 1984; Ham et al. 2016; Ip et al. 2003; Litzelmann et al. 2012; Masada et al. 1989; Matsubara et al. 2006; Noonan et al. 2002; Peterson 1994; Pritchett 1986; Taniguchi 1995; Vogt et al. 2011; Waters et al. 1997; Westhoff et al. 2014) (Abb. 10).
Die verschiedenen Fehlstellungen können im Einzelnen unterschiedlich behandelt werden, eine Kombination der Verfahren ist möglich:
Korrektur der Längendifferenz
  • ad hoc Verlängerung der Ulna
    Dabei wird die Ulna osteotomiert und über einen passager montierten Fixateur externe distrahiert; ein Knochentransplantat vom Beckenkamm oder der Fibula wird interponiert und das Korrekturergebnis entweder mittels eines intramedullären Drahts oder einer Plattenosteosynthese fixiert; anschließend wird der Fixateur wieder abgebaut. Das Verfahren eignet sich bis zu einer Längendifferenz von 1,5 bis 2 cm (Abb. 11).
  • Verlängerung der Ulna via Kallusdistraktion mit Fixateur externe
    Die Kallusdistraktion wird üblicherweise mit einem unilateralen Fixateur durchgeführt. Mit der Distraktion von 0,5 bis 1 mm pro Tag wird 4 bis 7 Tage postoperativ begonnen. Der Heilungsindex – d. h. die Tragedauer des Fixateurs pro Millimeter Längengewinn – beträgt 4 bis 8 Tage/mm. In Abhängigkeit vom Alter und dem zu erwartenden Restwachstum streben einige Autoren eine leichte Überkorrektur mit einer Überlänge der Ulna von 5 bis 10 mm an, um zum Wachstumsende ausgeglichene Längenverhältnisse zu haben. Die häufigste Komplikation bei diesem Verfahren sind oberflächliche Pin-Infektionen, die in den allermeisten Fällen konservativ mit adäquater Wundbehandlung und Antibiotika zu behandeln sind (Abb. 12).
  • Verkürzungsosteotomie des Radius
    Die Verkürzungsosteotomie hat den Vorteil, dass gleichzeitig eine Korrektur des distalen radialen Gelenkflächenwinkels erfolgen kann. Die Verkürzung des Radius lässt sich auch mit einer ad-hoc-Verlängerung der Ulna kombinieren.
Korrektur des distalen radialen Gelenkflächenwinkels
  • Temporäre Hemiepiphyseodese (Abb. 13)
  • Distale Korrekturosteotomie des Radius
Korrektur der Radiusköpfchenluxation
Die Korrektur der Radiusköpfchenluxation ist aufgrund der Deformität des proximalen Radius sowie der Gelenkflächeninkongruenz sehr schwierig: eine offene Reposition und Bandplastik gilt wegen der Inkongruenz als kontraindiziert.
Alternativ kann über eine Ulnaverlängerung via Kallusdistraktion in Kombination mit einer Resektion der Exostosen eine Spontan-Reposition angestrebt werden. D’Ambrosi et al. konnten mit diesem Verfahren, das vor Wachstumsabschluss durchgeführt wurde, eine signifikante klinisch-funktionelle Verbesserung erzielen (d’Ambrosi et al. 2016).
Nach Wachstumsabschluss wird tendenziell bei symptomatischer Radiusköpfchenluxation eher die Durchführung einer Radiusköpfchenresektion empfohlen.

Untere Extremität

Die Korrektur der Achsdeformitäten der unteren Extremität erfolgt nach den gleichen Prinzipien wie bei primär-idiopathischen Achsabweichungen. Während des Wachstums kann die Korrektur eines Genu valgum bzw. eines Sprunggelenk-Valgus mittels einer Hemiepiphyseodese erfolgreich durchgeführt werden. Die Methode der temporären Hemiepiphyseodese sollte bevorzugt werden, da die Bestimmung des idealen Zeitpunkts für eine permanente Hemiepiphyseodese aufgrund der generellen Wachstumsbeeinträchtigung unsicher und damit das Risiko der Über- oder Unterkorrektur groß ist. Als Implantat eignen sich die Schraube, Blount-Klammern oder Platten nach dem „tension-band“-Prinzip. Das Korrekturpotenzial ist bei jüngeren Patienten größer – damit verbunden allerdings auch das Rezidivrisiko. Im Vergleich zu idiopathischen Achsabweichungen verläuft die Korrektur bei MHE-Patienten langsamer (Driscoll et al. 2013; Kang et al. 2017; Rupprecht et al. 2011; van Oosterbos et al. 2016; Westhoff et al. 2014).
Nach Wachstumsabschluss werden Achskorrekturen mittels Korrekturosteotomie nach den gleichen Prinzipien wie bei der Korrektur idiopathischer Fehlstellungen durchgeführt (Abb. 14).
Beinlängendifferenzen können während des Wachstums wie Beinlängendifferenzen anderer Genese mittels Epiphyseodese korrigiert werden. Dabei ist zu beachten, dass die Bestimmung des idealen Zeitpunkts bei bekannter genereller Wachstumsbeeinträchtigung unsicher ist. Nach Wachstumsabschluss folgt die Behandlung der Beinlängendifferenz den gleichen Prinzipien wie die anderer Genese.

Maligne Entartung

Im Falle des Verdachts einer malignen Entartung ist die Überweisung des Patienten an ein onkologisches Zentrum zur Diagnosesicherung (Probeentnahme) und Einleitung einer adäquaten Therapie indiziert.
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