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Orthopädie und Unfallchirurgie
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Publiziert am: 21.07.2023

Präoperative Antibiose und offene Frakturen im Kindes- und Jugendalter

Verfasst von: Annelie M. Weinberg, Nina Hörlesberger und Johannes Mayr
Postoperative Infektionen treten nach 1 % bis 4 % aller operativen Eingriffe bei Kindern auf. Offene Frakturen kommen im Wachstumsalter vor allem am Unterschenkel und Unterarm vor. Auch jedes zehnte, mehrfach verletzte Kind erleidet eine offene Fraktur.
Ein erfolgversprechender Weg, postoperative Infektionen bei kindertraumatologischen Eingriffen zu reduzieren, ist die rasche Verabreichung einer geeigneten präoperativen Antibiotikaprophylaxe und eine weichteilschonende Behandlung und Operationstechnik. Die präoperative Antibiotikaprophylaxe sollte bei Vorliegen offener Frakturen bereits an der Notfallstation mit einem intravenös verabreichten Cephalosporin der 1. Generation erfolgen, sofern nichts dagegenspricht. Als Alternative kann zum Beispiel bei Cephalosporinallergie Clindamycin oder bei Besiedelung mit Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) Vancomycin verwendet werden. Überschreitet die Operationsdauer die doppelte Halbwertszeit des Antibiotikums, sollte eine weitere Dosis des Antibiotikums verabreicht werden. Die primäre Antibiose richtet sich nach dem Schweregrad der Verletzung und dem vermuteten Keimspektrum, wobei besonders stark verunreinigte Wunden (z. B. nach Unfällen im Stall oder auf frisch gedüngter Wiese) eine Erweiterung der Antibiotikagabe in Absprache mit Krankenhaushygienefachleuten erfordern. In weiterer Folge muss das Antibiotikum gegebenenfalls entsprechend den Vorschlägen der Krankenhaushygieniker umgestellt werden, weil bereits nach 1 Woche ein deutlicher Shift von Straßenkeimen hin zu Krankenhauskeimen eintritt.
Bei der Beurteilung und Behandlung offener Frakturen bedient man sich auch bei Kindern und Jugendlichen vorwiegend der Klassifikationen nach Gustilo-Anderson. Zusätzlich können Tools wie der Mangled Extremity Severity Score (MESS) eine Risikoabschätzung und Therapieentscheidung erleichtern. Oberstes Ziel bei der Behandlung offener Frakturen ist die Wiederherstellung der Integrität der Weichteile und eine Weichteildeckung des verletzten Knochens sowie eine stabile Knochenfixation. Damit werden eine rasche Wiederaufnahme der Funktion des Bewegungsapparates und eine frühfunktionelle Nachbehandlung bei gleichzeitiger Vermeidung eines Infektes ermöglicht. Während bei drittgradig offenen Frakturen die operative Behandlung annähernd gleichwertige Ergebnisse ergibt wie die konservative Behandlung, hat sich bei erst- und zweitgradig offenen Frakturen von Kindern gezeigt, dass diese auch mit Antibiotikaprophylaxe, Säuberung der Wunde an der Notfallstation und konservativer Frakturbehandlung mit sehr guten Ergebnissen behandelbar sind und nicht immer einer operativen Behandlung in Narkose bedürfen. Dies liegt vor allem an der guten Durchblutung des kindlichen Periosts und Knochengewebes, dem günstigen Einfluss von benachbarten Wachstumsfugen auf die Frakturheilung und dem ausgeprägten Remodellingphänomen bei jüngeren Kindern. Ist ein operatives Debridement und eine operative Stabilisation einer erst- oder zweitgradig offenen Fraktur im Wachstumsalter notwendig, so sollten nach Möglichkeit weichteilschonende Stabilisationsverfahren angewandt werden.
Die Verfahrenswahl für die Weichteilversorgung und Frakturstabilisation von offenen Frakturen im Wachstumsalter folgt heute zunehmend einem personalisierten Behandlungskonzept, um optimale Ergebnisse aus der Sicht des Kindes und seiner Familie zu erzielen.

Antibiotikaprophylaxe zur Vermeidung von postoperativen Infektionen nach offenen Frakturen

Postoperative Infektionen treten nach 1 % bis 4 % aller chirurgischen Eingriffe im Kindes- und Jugendalter auf (Raval et al. 2011; Horwitz et al. 1998). Die postoperative Infektion (Surgical Site Infektion; SSI) ist definiert als eine Infektion, die innerhalb von 30 Tagen postoperativ oder innerhalb 1 Jahres auftritt, sofern Implantate eingebracht wurden (Mangram et al. 1999). Nicht nur aus ökonomischer Sicht gilt es, postoperative Infektionen zu verhindern; auch Morbidität und Mortalität werden durch eine suffiziente präoperative Antibiose reduziert. Andererseits trägt die weltweit steigende Verwendung von Antibiotika bei Menschen und Tieren zu einer steigenden Antibiotikaresistenzrate bei (Hufnagel et al. 2019).
Der Erfolg einer präoperativen antibiotischen Prophylaxe ist abhängig vom Zeitpunkt der Verabreichung, der Dosis und der Wahl des Antibiotikums (Bucher et al. 2011). Die Antibiose sollte idealerweise innerhalb 30 bis 60 Minuten vor dem Hautschnitt erfolgen. Eine Verabreichung nach Hautschnitt oder später wirkt sich nachteilig auf die Effektivität aus. Eine Single-Shot-Dosis gilt bei offenen Frakturen allgemein als ausreichend. Eine zweite Dosis sollte verabreicht werden, wenn der Eingriff länger als die doppelte Halbwertszeit des gewählten Präparates dauert.
Im orthopädisch/traumatologischen Bereich zielt die antibiotische Prophylaxe vor allem auf Verhinderung von Surgical Site Infections (SSI) ab. Die am häufigsten beobachteten Mikroorganismen bei Surgical Site Infektionen (SSI) nach orthopädischen Extremitäten- und Handeingriffen sind Keime der Hautflora wie Staphylococcus aureus, Gram-negative Bakterien, Koagulase-negative Staphylokokken einschließlich Staphylococcus epidermidis und beta-hämolysierende Streptokokken (Bratzler et al. 2013).
Für die präoperative Prophylaxe werden Wirkstoffe wie Cefazolin oder Vancomycin empfohlen (Bucher et al. 2011; Haas et al. 2017). Die Verwendung von Cephalosporinen der ersten Generation wurde von der Surgical Infection Society (SIS) empfohlen (Hauser et al. 2006). Vancomycin dient als Alternativpräparat bzw. wird bei Trägern methicillinresistenten Staphylococcus aureus (MRSA) empfohlen (siehe Tab. 1):
Tab. 1
Empfohlene Antibiotika und ihre Dosierung bei offenen Frakturen im Kindes- und Jugendalter
Wirkstoff
Dosis
2. Gabe
Cefazolin
30 mg/kg (max. 1 g; bei Körpergewicht > 80 kg max. 2 g)
4 h
Clindamycin
20 mg/kg (max. 600 mg)
4 h
Vancomycin
15 mg/kg (max. 1,5 g) – verabreicht maximal 10 mg/Minute
6 h
Eine Antibiose bei sauberen orthopädisch/traumatologischen Eingriffen, bei denen kein Fremdmaterial im Patienten verbleibt, ist im Kindes- und Jugendalter nicht indiziert.

Offene Frakturen bei Kindern und Jugendlichen

Ursache und Häufigkeit

Offene Frakturen sind durch eine penetrierende Wunde oder durch einen von innen nach außen durchspießenden Knochenbruch charakterisiert und bedeuten eine direkte Kommunikation zwischen den ansonst geschützten tiefen Weichteilen und dem Knochen mit den potenziell pathogenen Keimen der Umwelt (Abb. 1, 2, 3, 4 und 5). Meist kommt es im Zuge der Verletzung zu einer direkten Einschleppung von Schmutz und Keimen in die Tiefe der Wunde und den Knochen.
Insgesamt 0,7 % bis 2 % aller pädiatrischen Frakturen werden als offene Frakturen klassifiziert (Bratzler et al. 2013; Trionfo et al. 2016; Rennie et al. 2007; Cheng und Shen 1993; Cheng et al. 1999). Knaben sind häufiger betroffen als Mädchen. Mit 34 % repräsentieren die Fibula/Tibia die am häufigsten offen gebrochenen Knochen, unmittelbar gefolgt von Ulna/Radius (32 %) und Frakturen der Hand und der Metacarpalia (10 %) (Trionfo et al. 2016).
Rund 32–80 % aller offenen kindlichen Frakturen betreffen den Unterarm (Elia et al. 2020). Jedes zehnte mehrfachverletzte Kind erleidet eine offene Fraktur (Schalamon et al. 2003). Ursächlich sind meist Hochrasanztraumata, ein Sturz aus großer Höhe, oder Fahrrad- und Moped-/Motorradunfälle.

Klassifikation offener Frakturen

Die am häufigsten verwendete Klassifikation offener Frakturen ist jene von Gustilo und Anderson aus dem Jahr 1976. Es werden die Größe der Wunde, der Kontaminationsgrad sowie das Ausmaß der Knochenverletzung berücksichtigt (Gustilo und Anderson 1976; Gustilo et al. 1987).

Gustilo-Anderson-Klassifikation

Die Gustilo-Anderson-Klassifikation unterscheidet offene Frakturen wie folgt:
  • Typ I – offene Fraktur, Wundgröße < 1 cm, saubere Wunde, kein bis minimaler umliegender Weichteilschaden oder Quetschung
  • Typ II – offene Fraktur, Wundgröße 1–10 cm, mäßiggradige Kontamination, mäßiggradiger Weichteilschaden, ausreichende Weichteildeckung des Knochens
  • Typ IIIa – offene Fraktur, Wundgröße > 10 cm, ausreichende Weichteildeckung des Knochens, jedoch mehrsegmentale Fraktur oder Trümmerfraktur oder schwer verunreinigte Wunde
  • Typ IIIb – offene Fraktur, entsprechend des Typs IIIa, jedoch mit periostaler Ablösung und freiliegenden Knochenteilen durch erheblichen Weichteilverlust. Ein primärer Wundverschluss ohne zusätzliche Maßnahmen (z. B. Lappenplastik) ist nicht möglich
  • Typ IIIc – offene Fraktur mit rekonstruktionspflichtiger Gefäßverletzung, subtotale oder totale Amputationen
Eine weitere gängige Klassifikation offener Frakturen stellt die Klassifikation der Orthopaedic Trauma Association (OTA) dar, welche im Vergleich zur Gustilo-Anderson-Klassifikation auch den Knochenverlust miteinbezieht (siehe Tab. 2) (OTA Classification Committee 2018):
Tab. 2
Einteilung offener Frakturen entsprechend Klassifikation für offene Frakturen der Orthopaedic Trauma Association. (OTA Classification Committee 2018)
Haut
- Rissquetschwunde mit aneinander liegenden Wundrändern
- Klaffende Rissquetschwunde, nicht approximierbare Wundränder
- Rissquetschwunde mit ausgeprägtem „Degloving“
Muskulatur
- Muskelverletzung mit noch intakter Funktion, keine zu erwartende Muskelnekrose
- Partieller Muskelverlust bei erhaltenem Gesamtmuskel, lokalisierte Nekrosezone, die exzidiert werden muss, intakte Muskel-Sehnen-Platte
- Schwerste Muskelschädigung mit Funktionsverlust, Totalruptur der Muskel-Sehnen-Platte, partielle oder totale Exzision des Muskelkompartments
Arterien
- Keine große Gefäßverletzung
- Gefäßverletzung ohne distale Ischämie
- Gefäßverletzung mit distaler Ischämie
Kontamination
- Keine oder nur minimale Kontamination
- Oberflächliche Kontamination
- Kontamination im tiefen Weichgewebe oder im Knochen oder Stürze in Hochrisikoumgebung (z. B. Fäkalien, Stallungen, Abwasserkontakt, u. ä.)
Knochenverlust
- Kein Knochenverlust
- Verlust kleiner Knochenstücke oder nicht mehr durchblutete Knochenfragmente, jedoch Kontakt zwischen dem proximalen und distalen Fragment
- Segmentaler Knochenverlust
Obwohl die Klassifikation offener Frakturen nach Gustilo-Anderson bislang nicht für offene Frakturen im Kindesalter validiert wurde, stellt sie die weltweit am häufigsten verwendete Klassifikation für offene Kinderfrakturen dar.

Diagnostik

Anamnese

Eine genaue Anamneseerhebung ist für die Abschätzung des Gewebeschadens unabdingbar. Gerade bei Babys und Kleinkindern, die den Unfallhergang noch nicht selbstständig ausreichend schildern können, ist eine ausführliche Fremdanamnese wichtig. Der Tetanusimpfstatus ist im Zuge der Anamnese abzufragen.

Klinik

Eine offene Fraktur ist gekennzeichnet durch einen – je nach Verletzungsgrad ausgeprägten – Weichteilschaden mit oder ohne herausragende Knochenanteile. Im Falle einer zusätzlichen Gefäßverletzung kann eine Ischämie distal der Verletzung vorhanden sein. Nach potenziellen Nervenverletzungen oder anderen, nicht augenscheinlichen Begleitverletzungen muss aktiv gesucht werden.
Wichtig ist es, im Rahmen der körperlichen Untersuchung der Gefahr einer Hypothermie des Kindes aktiv entgegenzuwirken. Die pathophysiologische Reaktion auf die Gewebeverletzung setzt unmittelbar zum Zeitpunkt der Verletzung ein. Im verletzten Gewebe kommt es zu Hypoxie, Azidose, Hämatomen und Permeabilitätsschäden und damit zur Ausbildung von Ödemen, die zu einem beträchtlichen Flüssigkeitsverlust führen können. Mit Zunahme des Ödems und der Hämatome steigt die Gefahr der Entwicklung eines Kompartmentsyndroms.

Mangled Extremity Severity Score (MESS)

Der MESS ist ein Tool, welches die Erhaltungswahrscheinlichkeit einer Extremität im Rahmen höhergradiger Verletzungen evaluiert und somit einen Ausdruck des Amputationsrisikos darstellt (siehe Tab. 3). Dieser Score wurde sowohl für Erwachsene als auch für Kinder validiert (Behdad et al. 2012).
Tab. 3
Mangled Extremity Severity Score (MESS).* bei Ischämiezeiten > 6 h muss der Wert mit 2 multipliziert werden
Knochen-/Weichteilverletzung
Niedrige Energie
Stichverletzungen, einfache Frakturen, Kleinkaliber-Schussverletzung
1
Mittlere Energie
Offene oder multiple Frakturen, Dislokation
2
Hohe Energie
Explosion, Großkaliber-Schussverletzung, Motorradunfall
3
Massive Energie
Sturz aus großer Höhe, Zugunfall, Verschüttung
4
Schock
Hämodynamisch normotensiv
Stabile Blutdruckwerte
0
Transiente Hypotension
Instabiler Blutdruck, gutes Ansprechen auf intravenöse Volumengabe
1
Verlängerte Hypotension
Systolischer Blutdruck < 90 mmHg und Ansprechen auf intravenöse Volumengabe nur im Operationssaal
2
Ischämie
Keine
Pulse tastbar ohne periphere Ischämiezeichen
0
Mild
Pulse abgeschwächt, keine Ischämiezeichen
1*
Moderat
Kein Puls mittels Doppler-Sonografie detektierbar, verlängerte Rekapillarisationszeit, Parästhesien, reduzierte Motorik
2*
Schwer
Pulslose, kalte, gelähmte, gefühlslose Extremität, fehlende Rekapillarisation
3*
Alter
< 30 Jahre
0
30–50 Jahre
1
> 50 Jahre
2
Eine Punkteanzahl > 7 Punkte spricht für ein hohes Amputationsrisiko (Behdad et al. 2012).

Komplikationen

Infektion
Je größer das Ausmaß der Weichteilschädigung, umso höher ist das Infektionsrisiko. Studien bei Kindern mit offenen Frakturen zeigten, dass das Risiko für eine Surgical Site Infection (SSI) bei offenen Frakturen mit dem Grad der offenen Fraktur ansteigt (Hutchins et al. 2000). Auch ein junges Kindesalter zeigte in Studien einen günstigen Einfluss auf das Infektrisiko. Jugendliche ab 12 Jahren zeigten eine höhere Infektionsrate als Kinder, die zum Unfallzeitpunkt jünger als 12 Jahre alt waren (Trionfo et al. 2016; Skaggs et al. 2005).
Häufigste Ursachen einer Infektion nach stattgehabtem Debridement sind eine ungenügende Wundsäuberung und ein zu zurückhaltendes initiales Debridement von schlecht oder nicht durchblutetem Gewebe. Das initiale chirurgische Debridement kann ohne Nachteil für den Patienten jedoch auch nach 6 Stunden und sogar bis zu 24 Stunden nach der Verletzung durchgeführt werden, ohne dass eine erhöhte Infektionsrate bei offenen kindlichen Frakturen resultiert (Skaggs et al. 2005).
Inadäquate Blutstillung und eine unzureichende Hämatomausräumung bzw. eine fehlende oder unzureichende Wunddrainage triggern den Infekt. Große Implantate unter schlecht durchblutetem Gewebe sind gute Nährböden für die Entwicklung eines Biofilms auf der Implantatoberfläche. Erfolgt der Wundverschluss unter großer Hautspannung, begünstigt dies das Auftreten einer Wundheilungsstörung und die Entstehung eines Infekts.

Bildgebende Diagnostik

Ein Nativröntgen der betroffenen Extremität in 2 Ebenen wird empfohlen. Bei komplexen Gelenkfrakturen ist eine zusätzliche Computertomografie (CT) indiziert. Zur weiteren Abklärung eines eventuellen Gefäßschadens sollte, wenn zeitlich und technisch möglich, aus strahlenhygienischen Gründen eine Magnetresonanztomografie (MRT) mit Angiografie statt einer CT-Angiografie durchgeführt werden.

Chirurgische und spezielle Anatomie

Offene Frakturen bei Kindern und Jugendlichen unterscheiden sich im Vergleich zu offenen Frakturen Erwachsener in einigen entscheidenden Punkten:
Bei Kindern liegt im Vergleich zu Erwachsenen eine spezielle Situation vor, weil das dicke, sehr gut vaskularisierte Periost das Infektionsrisiko verringert, die Knochenheilung stimuliert und das Remodelling ermöglicht. Daher kann nicht kontaminierter, avitaler Knochen bei Kindern meist erhalten und wieder eingebaut werden (Baldwin et al. 2009; Doak und Ferrick 2009; Iobst et al. 2005; Godfrey et al. 2019).
Nahegelegene Wachstumsfugen beschleunigen bei Kindern im Wachstumsalter die Knochenheilung und erlauben zudem ein spezifisches Korrekturpotenzial, das beim Erwachsenen gänzlich fehlt (Rodriguez-Merchan 2005). Das Management der offenen Fraktur wurde bei Erwachsenen durch verschiedene Behandlungsstandards definiert. Solche Standards sind für Kinder und Jugendliche zwar vereinzelt definiert worden, wurden jedoch noch nicht ausreichend evaluiert (Baldwin et al. 2009; Sabatini et al. 2014; Bartlett et al. 1997).

Therapie

Offene Frakturen im Kindes- und Jugendalter sind oftmals mit Polytraumata assoziiert. Dabei sind die zeitliche Planung der operativen Sanierung und die Verfahrenswahl für den Behandlungserfolg entscheidend. An vielen Traumazentren existieren bereits Massentransfusionsprotokolle und Damage Control-Richtlinien für Kinder (Pfeifle et al. 2019). Die Wirksamkeit von Damage Control-Protokollen für Kinder ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedoch noch nicht in prospektiven Studien evaluiert.

Therapieziele

Nach Sicherstellung der vitalen Parameter sind sämtliche Maßnahmen zur Wiederherstellung der Weichteile und der muskuloskelettalen Funktionen sowie für die ungestörte Knochenbruchheilung und Infektvermeidung zu planen bzw. zu treffen. Je nach Frakturlokalisation muss mit einem entsprechenden Blutverlust gerechnet werden. Dieser muss in puncto Operationszeitpunkt mitberücksichtigt werden, da eine reponierte Fraktur den Blutverlust im Frakturbereich am besten stoppt.
Tetanusimpfschutz
Bei jeder offenen Verletzung sollte der Tetanusimpfstatus abgefragt werden. Ist die letzte Auffrischungsimpfung > 5 Jahre her oder der Immunstatus unsicher, wird die aktive Tetanusimpfung oder Kombinationsimpfung mit Tetanusimpfungseinschluss empfohlen (Trionfo et al. 2016) (Tab. 4).
Tab. 4
Empfohlene Tetanusprophylaxe bei offenen Frakturen (Stand 2022)
Alter 8–15 Jahre
Alter 16–25 Jahre
Falls letzte Tetanus-Impfdosis vor ≥ (5) bis 10 Jahren:
Falls letzte Tetanus-Impfdosis vor ≥ 5 Jahren
dTpa Impfstoff (dTpa = Kombinationsimpfstoff gegen Diphtherie, Tetanus und Pertussis mit einer geringeren Diphtherietoxoid- (d) und Pertussisdosis (pa) = „Erwachsenendosierung“)
dT(pa) Impfstoff (dTpa = Kombinationsimpfstoff gegen Diphtherie, Tetanus und Pertussis mit einer geringeren Diphtherietoxoid- (d) und Pertussisdosis (pa) = „Erwachsenendosierung“; dT Kombinationsimpfstoff gegen Diphtherie und Tetanus mit geringerer Diphtherietoxoiddosis (d) = „Erwachsenendosierung“)
+ Gabe von Tetanus-Immunglobulinen (Anti-T-IgG), falls < 3 Dosen) oder Anzahl Impfdosen unbekannt und unabhängig vom Impfstatus bei Patienten mit einer signifikanten humoralen Immundefizienz oder medikamentöser Immunsuppression.
+ Gabe von Tetanus-Immunglobulinen (Anti-T-IgG), (falls < 3 Dosen) oder Anzahl Impfdosen unbekannt und unabhängig vom Impfstatus bei Patienten mit einer signifikanten humoralen Immundefizienz oder medikamentöser Immunsuppression.
Bei offenen Frakturen ist übereinstimmend mit den Empfehlungen des Schweizerischen Impfplans (Bundesamt für Gesundheit 2022) von einem hohen Tetanusrisiko entsprechend bei Vorliegen von tiefen und/oder verschmutzten Wunden (mit Staub, Erde, Speichel oder Stuhl), Verletzungen mit Gewebszertrümmerung und reduzierter Sauerstoffversorgung oder Eindringen von Fremdkörpern auszugehen.
Falls kein dT Impfstoff verfügbar ist, sind Alternativen möglich (Bundesamt für Gesundheit 2022).

Management der offenen Frakturen modifiziert nach AO-Schema (4 Stufen)

Das empfohlene Management in der Versorgung offener Frakturen berücksichtigt vier Stufen (Principles of management of open fractures (aofoundation.org)):
Stufe 1 – Initiales Assessment im Schockraum
Entsprechend dem Advanced Trauma Life Support (ATLS) oder European Trauma Course (ETC) oder einem gleichwertigen Protokoll wird das Schockraum-ABC (Airway, Breathing, Circulation) durchgeführt und bei Bedarf sofort interveniert.
Wurde die Wunde bereits am Unfallort steril verbunden und die Art und Größe der Wunde dokumentiert, wird der Verband bis zur Wundreinigung oder einer endgültigen operativen Versorgung nicht mehr geöffnet. Der neurologische und der vaskuläre Status müssen erhoben und dokumentiert werden. Eine Doppler- oder Duplexsonografie kann beim Gefäßstatus ergänzend notwendig werden. Ein eventuell vorhandenes Kompartmentsyndrom darf nicht übersehen werden.
Die gründliche Inspektion der Wunde an der Notfallstation erlaubt das Ausmaß der Weichteilschädigung nur grob einzuschätzen. Eine Fotodokumentation ist aus vielerlei Hinsicht vorteilhaft. Die Vergleichbarkeit der Behandlungsergebnisse nach offenen Frakturen im Wachstumsalter leidet mitunter darunter, dass das Ausmaß der initialen Verletzung unterschätzt oder unzureichend dokumentiert wurde (Doak und Ferrick 2009).
Die erste Antibiotikagabe, beispielsweise Cefazolin (Tab. 1), sollte noch im Schockraum erfolgen.
Stufe 2 – Primäre chirurgische Therapie bei offenen Frakturen
Das operative Debridement mit Frakturstabilisation wird vor allem bei Grad III Frakturen angewandt, wobei das Risiko für eine Infektion dabei unabhängig von der gewählten Behandlungsform (operativ vs. konservativ) am höchsten ist. Das operative Management von Grad III Frakturen ist nicht mit einem niedrigeren Komplikationsrisiko assoziiert im Vergleich zur konservativen Behandlung (Singh et al. 2020).
Das Ausmaß der Periostablösung ist ein entscheidender Faktor für den Konsolidierungsverlauf der offenen Fraktur. Kinder mit offenen Frakturen zeigen jedoch meist ein besseres Outcome im Vergleich zu Erwachsenen mit vergleichbaren Frakturen und eine niedrigere Pseudarthrose- und Infektionsrate als Erwachsene. Bisher gibt es dazu jedoch keine randomisierten kontrollierten Studien, die sich speziell mit diesem Unterschied zwischen Kindern und Erwachsenen befassen (Doak und Ferrick 2009).
Die Vermeidung einer Gasphlegmone wurde als Hauptargument für ein chirurgisches Debridement im Operationsaal und eine offene Stabilisation nach sofortiger Antibiotikagabe genannt. Gasphlegmonen treten vor allem nach Verletzungen auf Bauernhöfen, frisch gedüngten Wiesen oder bei Abwasserkontakt der Wunde auf und sind meist durch Clostridien verursacht.
Der MESS (siehe oben) hilft bei der Einschätzung des Amputationsrisikos und bei der Planung der weiteren Vorgehensweise (Behdad et al. 2012). Unverzügliche Antibiotikagabe, Wundreinigung und Wundspülung sowie ggf. Debridement und passagere Frakturstabilisation sind im ersten Schritt die wichtigsten Maßnahmen, wenn sich eine chirurgische Endversorgung aufgrund eines Polytraumas oder bei entsprechend großem Weichteilschaden a priori verbietet. In diesem ersten chirurgischen Eingriff sind die Keimreduktion, das Säubern der Wundränder und die Entfernung von zerstörtem Gewebe maßgeblich für den weiteren Verlauf. Weiters ist die gründliche Wundspülung (mindestens 1,5 Liter Spülflüssigkeit) erforderlich.
Offene Frakturen Gustilo-Anderson Grad I und II können bei entsprechender Indikation und in Abwesenheit von Kontraindikation mittels Open Reduction Internal Fixation (ORIF) stabilisiert werden, wobei die ORIF im Kindesalter auch die Elastisch Stabile Intramedulläre Nagelung (ESIN) mit Titanschienen einschließt.
Die primäre Frakturstabilisierung erfolgt im Rahmen der Damage Control Surgery (DCO; auch Damage Control Orthopedics) oder bei ausgedehnten Weichteilschäden üblicherweise mittels Fixateur externe (Pfeifle et al. 2019).
Stufe 3 – Sekundäre operative Therapie bei offenen Frakturen
Der sogenannte „Second look“ wird üblicherweise rund 48 Stunden nach der Primäroperation durchgeführt. Entscheidend für den weiteren Therapieverlauf ist es, dass die Wunde soweit dekontaminiert ist, sodass ein Weichteilverschluss bzw. eine Weichteildeckung im weiteren Verlauf möglich wird. Ein weiteres, schonendes Debridement ist hier oftmals erforderlich. Mit einem Vacuum-Assisted Wound Closure (VAC®) System (3M®, St. Paul, MN, USA) kann die Dekontamination der Wunde unterstützt werden. Das VAC®-System ist auch ein Saug-Spülsystem, in welches auch antibiotikahaltige Flüssigkeiten eingespeist werden können. Durch den wechselnden Saug-Spülmechanismus wird die Gewebegranulation angeregt und so die Wunde kontinuierlich gesäubert und verkleinert. Es wurde gezeigt, dass VAC®-Systeme auch in der Versorgung offener Frakturen bei Kindern sicher eingesetzt werden können (Halvorson et al. 2011; Khurram et al. 2019).
Nach abgeschlossener Weichteilversorgung folgt entweder die Sekundärnaht oder die Weichteildeckung, beispielsweise mittels Lappenplastik oder Spalthaut. Auch die endgültige Frakturversorgung findet oftmals erst im Zuge der weiteren Behandlungsschritte statt. Je nach Frakturtyp und -lokalisation bzw. Status der Epiphyse kann verplattet/verschraubt, intramedullär geschient (ESIN) oder mit Kirschnerdrähten fixiert werden. Im Gegensatz zum Erwachsenen kann bei Kindern der Fixateur externe häufig bis zur definitiven Frakturheilung belassen werden und als definitive Versorgung eingesetzt werden. Verfahrenswechsel sind wegen der kurzen Frakturkonsolidationszeiten im Kindesalter nicht zwingend notwendig.
In komplexen Fällen ist die vorübergehende, segmentale Verkürzung des betroffenen Knochens, besonders an der unteren Extremität, notwendig. In diesen Fällen wird mitunter der dynamische Ringfixateur oder ein monolateraler Fixateur externe mit Distraktionsvorrichtung für die anschließende Verlängerung mittels Knochentransport empfohlen (Laine et al. 2016).
Die Masquelet-Technik stellt eine zweizeitige Knochenrekonstruktionstechnik dar. Im ersten Schritt wird nach ausgiebigem Debridement ein Zementspacer zur Induktion einer synovialen Fremdkörpermembran in Kombination mit einer internen oder externen Stabilisierung eingebracht. Rund 1 bis 2 Monate später erfolgt in einem zweiten Eingriff die Auffüllung dieser Spacer-induzierten membranumgebenen Höhle mittels autologer Spongiosa und bei Bedarf der Wechsel auf ein internes Osteosyntheseverfahren (Masquelet und Begue 2010; Masquelet 2017).
Stufe 4 – Rehabilitation
Für die spätere Rehabilitation ist die Verfahrenswahl im Zuge der operativen Knochenstabilisierung entscheidend. Wie Erwachsene profitieren ältere Kinder von einer Teil- oder Vollbelastung zum frühst möglichen Zeitpunkt. Die frühe Mobilisation und Bewegung erfolgt bei jungen Kindern in der Regel spontan; bei älteren Kindern ist jedoch eine physiotherapeutische Unterstützung erforderlich. Selbst wenn die verletzte Extremität nicht aktiv bewegt werden kann, helfen Übungen mit aktiven Bewegungen anderer Körperregionen, die Durchblutung im Bereich der verletzten Extremität zu fördern.

Antibiotika

Eine frühzeitige Antibiotikagabe senkt das Infektionsrisiko deutlich, wenn sie innerhalb der ersten 3 Stunden ab Verletzung verabreicht wird. Die empfohlene Verabreichungsdauer variiert, abhängig vom Schweregrad der Verletzung. In der Literatur wird zwischen einer Einmalgabe (Gustilo-Anderson-Typ I) und einer 72-stündigen Gabe (Gustilo-Anderson-Typ III) ab Wundverschluss unterschieden (Saveli et al. 2011; Sharma et al. 2018; Stewart et al. 2005).
Im Wachstumsalter wird bei einer notwendigen offenen Reposition oder Notfallsreposition von offenen Frakturen Grad I und Grad II als perioperative Antibiotikaprophylaxe Cefazolin in der Dosierung von 30 mg/kg Körpergewicht (mit einer Maximaldosis von 1–2 g/Dosis) empfohlen (Tab. 1). Die Gabe erfolgt mindestens 30 Minuten vor dem Eingriff und wird wiederholt, falls die Operation länger als 4 Stunden dauert.
Allgemein zeigen Grad I offene Frakturen ein geringeres Weichteiltrauma, und daher ist auch die gute Wirksamkeit des Antibiotikums am Frakturort infolge der geringeren Weichteilschädigung sichergestellt (Doak und Ferrick 2009; Iobst et al. 2014). Neuere Untersuchungen bei Kindern weisen darauf hin, dass man nicht zwingend ein Antibiotikum verabreichen muss, wenn es sich um eine umschriebene Durchspießung (Gustilo-Anderson Grad I) und eine relativ „saubere“ Unfallstelle handelt.
Bei Grad III offenen Frakturen wird stets eine empirische antibiotische Prophylaxe empfohlen, zusammen mit einem chirurgischen Wunddebridement (Bratzler et al. 2013). Die Dauer der Antibiotikagabe bei Grad III offenen Frakturen wird kontrovers diskutiert (Trionfo et al. 2016). Die Antibiotikaprophylaxe für Kinder mit Grad III offenen Frakturen oder einer traumatischen Amputation erfolgt in gleicher Weise wie bei offenen Frakturen Grad I und II (Opri et al. 2022).
Gustilo-Anderson Typ-II- und -III-Grad-Verletzungen sollen laut einzelner Autorengruppen zusätzlich mit Gentamycin (5,0–7,5 mg/kg Körpergewicht/Tag, achtstündlich) behandelt werden. Dabei wird für erstere eine Antibiose für 24 Stunden und für letztere eine 72-stündige Antibiose empfohlen (Trionfo et al. 2016; Sharma et al. 2018). Penicillin (50.000–100.000 IU/kg Körpergewicht/Tag, achtstündlich) wird im Falle fäkaler Verunreinigung zur Abdeckung des anaeroben Spektrums und Clostridien empfohlen (Trionfo et al. 2016).
Es ist unklar, ob eine orale Antibiotikagabe nach dem Unfall auch das Infektionsrisiko verändert. Ob nach einer intravenösen Antibiotikagabe eine zusätzliche Gabe eines oralen Antibiotikums über mehrere Tage hinweg noch einen zusätzlichen Infektionsschutz gewährleistet, erscheint zweifelhaft (Iobst et al. 2014; Doak und Ferrick 2009).
Bei Patienten im Wachstumsalter, die sich notfallmässig einer geschlossenen Reposition einer Fraktur mit perkutaner Frakturstabilisation, z. B. mit Kirschnerdrähten, unterziehen müssen, wird eine perioperative Prophylaxe mit Cefazolin in der Dosierung 30 mg/kg Körpergewicht i.v. und einer Maximaldosis von 1–2 g pro Dosis empfohlen (Tab. 1) (Bratzler et al. 2013; Martin et al. 2019).
Auch nach Marknagelung sowie Platteneinbringung oder Einbringung von anderen inneren Implantaten wurde nach Verabreichung der Antibiotikaprophylaxe eine signifikante Reduktion oberflächlicher Wundinfektionen gezeigt (Gatell et al. 1984).
Über die Verwendung lokaler Antibiotika bei offenen Frakturen wurde in der pädiatrischen Literatur bislang kaum berichtet. Aus deren Anwendung beim Erwachsenen weiß man, dass hier hohe antibiotische Gewebskonzentrationen bei geringer systemischer Wirkung erzielt werden können (Zalavras et al. 2004). Allerdings ist zu bedenken, dass sich das Keimspektrum im Wundbereich innerhalb der ersten Woche nach dem Unfall häufig verändert und das gewählte Antibiotikum damit seine Wirksamkeit verlieren kann.

Konservative Therapie bei offenen Frakturen

Bei ausgewählten Frakturtypen stellt die operative Versorgung keinen Vorteil im Vergleich zur konservativen Therapie dar. Im Vergleich zum Erwachsenen kann beim Kind bzw. Jugendlichen von einer wesentlich besseren Durchblutung, besseren Knochenheilung und, je nach Kindesalter und Frakturlokalisation, von einem mehr oder weniger ausgeprägten Korrekturpotenzial und damit einer geringeren Komplikationsrate ausgegangen werden. Die Entscheidung zur konservativen Therapie wird aber auch von der Weichteilsituation, den Begleitverletzungen und den Pflegebedingungen abhängig gemacht.
Konservativ versorgte offene Unterarmfrakturen Gustilo-Anderson Grad I zeigten im Vergleich zu operativ versorgten offenen Unterarmfrakturen sogar niedrigere Infektionsraten (Zhang et al. 2017; Iobst et al. 2014; Lim et al. 2007). Godfrey et al. (2019) konnten zeigen, dass die mittlere Dauer der Antibiotikaverabreichung 11 Stunden für die nicht operativ behandelte Gruppe und 42 Stunden für die operative Gruppe betrug, während der stationäre Aufenthalt 16 Stunden bei der konservativ behandelten Gruppe und 41 Stunden bei der operativ behandelte Gruppe dauerte (Doak und Ferrick 2009; Zhang et al. 2015; Tay et al. 2001). Ein Repositionsverlust trat jedoch vor allem nach konservativer Behandlung von offenen Frakturen auf (Godfrey et al. 2019).

Operative Therapie bei offenen Frakturen

Prinzipiell stellt eine Grad II oder III offene Fraktur auch im Wachstumsalter eine etablierte Indikation zur operativen Versorgung dar.
Spezielle chirurgische Versorgung offener Frakturen in Abhängigkeit von der Frakturlokalisation
Offene Humerusfrakturen
Es handelt sich dabei meist um extraartikuläre supracondyläre Frakturen. Dislozierte supracondyläre Frakturen bergen das Risiko einer neurovaskulären Begleitverletzung in sich, wobei N. medianus, N. interosseus antebrachii, N. radialis oder Arteria brachialis am häufigsten betroffen sind. In einer Vergleichsstudie zwischen offenen und geschlossenen supracondylären Frakturen zeigte sich hinsichtlich klinischem und radiologischem Outcome kein Unterschied zwischen den beiden Gruppen (Lewine et al. 2018). In den meisten Fällen gelingt die Frakturstabilisation suprakondylärer Humerusfrakturen mit perkutan eingebrachten Kirschnerdrähten (Trionfo et al. 2016). Als alternative Stabilisationsverfahren hierzu stehen die Fixateur externe-Montage nach Slongo oder die deszendierende ESIN nach Prévot und Metaizeau zur Verfügung (Slongo et al. 2008; Prévot et al. 1990).
Offene Femurfrakturen
Sofern es die Weichteilsituation und Frakturentität erlauben, geht der Trend in der Versorgung offener kindlicher Femurfrakturen weg vom Fixateur externe hin zur ESIN (Trionfo et al. 2016). In Vergleichsstudien zeigten Kinder, die mittels intramedullärer Verfahren behandelt wurden, rasche wiederkehrende Kniegelenksbeweglichkeit sowie frühere Mobilisationszeitpunkte. Außerdem kehrten diese Patienten früher in die Schule zurück (Barlas und Beg 2006).
Offene Tibiafrakturen
Rund ein Drittel aller offenen Frakturen im Wachstumsalter betreffen die Tibia. In einer Vergleichsstudie von Aslani et al. (2013) zeigte sich, dass sowohl die mit ESIN als auch die mit Fixateur externe stabilisierten Unterschenkelfrakturen gleichermaßen zufriedenstellende Heilungsergebnisse bei geringer Komplikationsrate zeigten. Die Kombination aus beiden Verfahren gewährleistete eine höhere Stabilität ohne höhere Komplikationsrate (Aslani et al. 2013). Generell zeigen offene Tibiafrakturen bei Kindern eine niedrigere Infektionsrate als vergleichbare Frakturen Erwachsener (Chen et al. 2019).
Aufklärung
Im Rahmen der Aufklärung sollte neben den allgemeinen Operationsrisiken, welche auch bei sterilen Osteosyntheseverfahren bestehen, besonders auf die Infektgefahr, die zu erwartende Heilungsdauer und mögliche Komplikationen sowie die Möglichkeit von Folgeeingriffen und Spätfolgen hingewiesen werden.
Instrumentarium
Folgende Instrumente sollten für die operative Versorgung offener Frakturen vorhanden sein:
  • 2x Standardset (Skalpell, Pinzetten, Küretten, scharfe Löffel, Luer, Scheren, Knochenfasszangen)
  • 1 Set wird für das Debridement bzw. die Wundreinigung verwendet, das zweite Set für das nachfolgende Osteosyntheseverfahren
  • Ausreichend Spülflüssigkeit (isotone NaCl-Lösung, Ringerlösung, Prontosan®-Lösung), ev. Jet-Lavage
  • Gefäßklemmen
  • Eventuell VAC®-System
  • Fotodokumentation (da die Behandlung oftmals ja nicht in einer Hand liegt)
Lagerung
Je nach Frakturlokalisation und geplantem Osteosyntheseverfahren wird wie bei geschlossenen Frakturen gelagert. Die Blutsperre wird angelegt. Bei sehr schweren Weichteilschäden sollte jedoch davon nach Möglichkeit nicht Gebrauch gemacht werden, da eine Blutsperre die Gewebehypoxie verstärkt.
Allgemeines Vorgehen
Die Standardbehandlung an der Notfallstation umfasst die unverzügliche Antibiotikaverabreichung, ggf. eine Tetanusprophylaxe sowie die Wundreinigung am Bett. Als Spülflüssigkeit an der Notfallstation wird isotone Kochsalzlösung, mit isotoner Kochsalzlösung verdünnte Betadine® Lösung oder Prontosan® Lösung, empfohlen. Die mittlere Menge der Spülflüssigkeit beträgt dabei 1,5 L (Godfrey et al. 2019).
Von einer Entnahme von Abstrichen und Gewebeproben für mikrobiologische Untersuchungen vor und nach dem Debridement wird heute Abstand genommen, da dies leicht zu inkorrekter Antibiotikaauswahl führen kann (Stewart et al. 2005; Haasbeek und Cole 1995). Skaggs et al. (2005) zeigten in einer Multicenterstudie, dass eine frühe Verabreichung von Antibiotika (weniger als 3 Stunden nach dem Unfall) und Debridement innerhalb von 6 Stunden nach dem Unfall im Vergleich zu früher Antibiotikagabe und Debridement innerhalb von 24 Stunden keine signifikante Reduktion des Infektionsrisikos bewirken.
Bei Indikationsstellung zur operativen Therapie wird der am Unfallort oder im Schockraum angelegte sterile Verband im Operationssaal erstmalig geöffnet. Das sterile Abwaschen und Abdecken erfolgen in typischer Weise. Ziel des chirurgischen Debridements ist die vollständige Entfernung von avitalem Gewebe. Sämtliche Fremdkörper sind aus der Wunde zu entfernen. Verunreinigte Knochenenden werden so gut es geht gereinigt und minimal gekürzt, bis sauberes Knochengewebe ohne dunkle Verfärbung vorliegt. Zur Beurteilung der Muskelvitalität kann man sich an den 4 „K“ (Kontraktilität, Kolorit, Konsistenz und Kapillardurchblutung) orientieren.
Bei Kindern können gesäuberte Frakturfragmente mit fraglicher oder fehlender Vitalität erhalten und im Bereich der Fraktur wieder eingesetzt werden und sollten nicht primär entfernt werden (Trionfo et al. 2016; Bartlett et al. 1997).
Nach erfolgtem Debridement wird das verwendete Instrumentarium abgegeben. Das Chirurgenteam wäscht sich neu ein, und die verletzte Extremität/Region wird erneut abgewaschen und frisch abgedeckt, ehe ein eventuell notwendiges Osteosyntheseverfahren beginnt.
Versorgung der Fraktur
Gerade in puncto periostale Blutversorgung ist die Wahl des Osteosyntheseverfahrens entscheidend. Zu berücksichtigen ist auch der Status der Epiphysenfuge. Wünschenswert ist es, einen gelungenen Spagat zwischen nach Möglichkeit belastungsstabiler Definitivversorgung und Weichteilsituation bzw. Allgemeinzustand des Kindes zu schaffen. Eine Alternative bei entsprechend großem Knochenverlust ist die temporäre Verkürzung mit anschließender Verlängerung nach abgeschlossener Wundheilung. Dies verlangt zweifelsohne eine hohe Expertise und kann nur an einer Spezialabteilung gewährleistet werden.
Bisher existieren keine Level 1-Daten für die sicherste und effizienteste Behandlung von Grad I offenen Frakturen im Wachstumsalter. Es besteht jedoch zunehmende Evidenz, dass Grad I offene Frakturen im Kindesalter sicher und effizient mit Antibiotikagabe, Spülung an der Notfallstation und Ruhigstellung im Gipsverband primär versorgt werden können und die Versorgung im Operationssaal in vielen Fällen umgangen werden kann (Stewart et al. 2005; Doak und Ferrick 2009; Bazzi et al. 2014).
In einer Multicenterstudie mit 454 offenen Frakturen der oberen und unteren Extremität bei Kindern wurde die Versorgung mittels Spülung und Debridement an der Notfallstation untersucht. Es zeigte sich dabei eine Infektionsrate von 2 % (Skaggs et al. 2005). Auch eine prospektive Studie mit 45 Kindern mit Grad I offenen Frakturen am Unterarm, welche an einer Notfallstation konservativ behandelt worden waren, zeigte im Langzeit-Follow-up keine Infektionen (Stewart et al. 2005). Die Antibiotikagabe umfasste nach Aufnahme an die Notfallstation 3 intravenöse Gaben von Antibiotika über 24 Stunden.
Auch das Wundmanagement bei Grad III offenen Frakturen im Wachstumsalter ändert sich. Oberflächliche Infektionen treten nur nach 5 % der Grad III offenen Frakturen auf, wenn die Wunden nach Debridement verschlossen wurden und ein Drain eingelegt wurde (Cullen et al. 1996).
Osteosyntheseverfahren bei offenen Frakturen
Gustilo-Andersen Grad II und III Frakturen werden heute überwiegend mit Wunddebridement und Stabilisation im Operationssaal behandelt (Elia et al. 2020). Es ist als Lehrmeinung generell akzeptiert, dass ein Kind, das sich einer Frakturbehandlung in Narkose im Operationssaal unterziehen muss, auch eine operative Frakturstabilisation mit stabiler innerer oder äußerer Fixation erhalten sollte, weil dies das Risiko einer Infektion nicht erhöht und dem Kind ggf. einen weiteren Eingriff in Narkose ersparen hilft (Stewart et al. 2005; Haasbeek und Cole 1995).
In einer Studie bei 65 Kindern mit offenen Unterarmfrakturen Gustilo-Anderson Grad I-III zeigte keine der 38 Frakturen, die operativ stabilisiert wurden, eine neuerliche Fehlstellung, während 5 von 27 (18,5 %) Frakturen, die konservativ behandelt wurden, eine neuerliche Abkippung zeigten (Luhmann et al. 2004).
MERKE: Die Wahl des Behandlungsverfahrens für die Weichteilversorgung und Frakturstabilisation bei offenen Frakturen im Wachstumsalter folgt heute zunehmend einem personalisierten Ansatz. Dabei richtet sich die Behandlungsplanung individuell nach verschiedenen Gesichtspunkten, um ein optimales Behandlungsergebnis für das Kind und seine Familie zu erzielen.
Fixateur externe
Der Fixateur externe kommt vor allem im Rahmen der Polytraumaversorgung und bei höhergradig offenen Frakturen zur Anwendung. Gelegentlich wird er auch als zusätzlicher Stabilisator additiv zur ESIN oder Plattenosteosynthese (vor allem bei Jugendlichen) angewandt. Querfrakturen stellen wegen der relativ langen Heilungsdauer eine relative Kontraindikation für die Ausbehandlung mit Fixateur externe dar.
Kirschnerdrähte
Der Vorteil der gedeckt eingebrachten Kirschnerdrähte liegt in der Möglichkeit einer weichteilschonenden, perkutanen Frakturstabilisierung. Zusätzlich können die Kirschnerdrähte in der Sprechstunde entfernt werden, wobei eine Inhalationsanalgesie mit Lachgas/Sauerstoffgemisch (50 % N2O/50 % O2) eine schmerzarme Intervention ermöglicht.
Elastisch stabile intramedulläre Nagelung (ESIN)
Einfache Schrägfrakturen und Querfrakturen mit nur geringem Weichteilschaden können mittels intramedullären Osteosyntheseverfahren (z. B. ESIN) versorgt werden. Stark verschmutzte Wunden oder schwere, rekonstruktionspflichtige Weichteilschäden sind besser mit anderen Verfahren zu versorgen.
Plattenosteosynthese
Eine Plattenosteosynthese, welche häufiger ab dem Jugendalter zur Anwendung kommt, kann nur unter vitalem Gewebe bei sichergestelltem Weichteilverschluss platziert werden. Weiters ist auf die Schonung der Epiphyse zu achten.
Wundverschluss
Ein primärer Wundverschluss kann nur unter folgenden Bedingungen durchgeführt werden:
  • Normale Durchblutung
  • Nur geringgradige primäre Verschmutzung
  • Avitales Gewebe und Fremdkörper wurden entfernt
  • Annähernd spannungsfreier Wundverschluss möglich
  • Kein verbleibender größerer Totraum
  • Kein drohendes Kompartmentsyndrom
Im Zweifelsfall sollte vom primären Wundverschluss Abstand genommen werden und ein alternatives temporäres Wundverschlussverfahren gewählt werden (z. B. VAC®-System; 3M, St. Paul, MN, USA) oder synthetischer Hautersatz. Bei ausgedehnten Weichteilverletzungen ist es häufig besser, einen zeitnahen sekundären Wundverschluss anzustreben oder nach entsprechender Weichteilkonsolidierung eine Spalthaut- oder eine myokutane Lappenplastik durchzuführen.

Tipps & Tricks

Manchmal kann der Einsatz eines sogenannten Prevena®-VAC-Systems (3M, St. Paul, MN, USA), eines präventiven, epikutanen Unterdrucktherapiesystems, den primären Wundverschluss unterstützen.

Spätkomplikationen

Non-Union

Das generelle Risiko einer Non-Union bei Frakturen von Kindern und Jugendlichen im Alter von < 15 Jahren liegt bei 1:500 für beide Geschlechter. In der Altersgruppe der 15–19-Jährigen liegt das Risiko für Mädchen bei 1:500, bei Jungen bei 1:200 (Mills und Simpson 2013). Am häufigsten betroffen ist der Tibiaschaft, gefolgt von Ulnaschaft.
Das Pseudarthroserisiko nach offenen Frakturen im Wachstumsalter lag in einer Metaanalyse von Singh et al. (2020) in 11 von 13 eingeschlossenen Studien bei nicht operativer Behandlung höher als bei operativer Behandlung.
Pseudarthrosen nach offenen Frakturen führen häufig zu einem Knochenlängenverlust und erfordern meist die Wiederherstellung der früheren Knochenlänge mit operativen Knochenregenerationsverfahren oder Knochentransplantaten mit gleichzeitiger stabiler Fixation über einen längeren Zeitraum.

Verzögerte Frakturheilung

Die konservative Behandlung von offenen Frakturen im Wachstumsalter zeigte keine Nachteile im Vergleich zu den operativen Behandlungsergebnissen hinsichtlich verzögerter Frakturheilung (Singh et al. 2020).

Behandlung von Non-Union und verzögerter Frakturheilung

Während bei verzögerter Frakturheilung häufig eine zusätzliche Gabe von Vitamin D3 und Vitamin K2 für 2 Monate zur Frakturheilung beiträgt, erfordert die Non-Union in der Mehrzahl der Fälle eine operative Sanierung. Dabei kommen verschiedene Therapieverfahren zur Anwendung, wie Pseudarthrosenresektion, Spongiosaplastik, Segmenttransport und ggf. Einsatz von osteokutanen Gewebetransfers.

Fehlverheilung der offenen Fraktur und Refrakturrisiko

Das Konzept der versorgenden und schützenden Weichteile ist besonders bei offenen Frakturen im Wachstumsalter von großer Bedeutung und dürfte auch die Änderung der gegenwärtigen Behandlungsregime von operativer hin zu konservativer Behandlung bei offenen kindlichen Frakturen Grad I und II entsprechend den Prinzipien der personalisierten Medizin mit beeinflussen (Singh et al. 2020; Kim und Leopold 2012, erratum to Kim und Leopold 2019).
Die konservative Behandlung zeigte im Vergleich zur operativen Versorgung von offenen Frakturen keine signifikanten Differenzen hinsichtlich Fehlverheilungs- und Refrakturraten (Singh et al. 2020). Bestehen Fehlstellungen, die kein ausreichendes Remodelling erwarten lassen oder kommt es zu einer Refraktur (in der Mehrzahl der Refrakturfälle kommt es zu kompletten Frakturen), so ist eine Reposition und sichere Stabilisation in Narkose in der Regel erforderlich.

Chronische Osteomyelitis

Eine chronische Osteomyelitis nach offener Fraktur ist nach sorgfältigem Debridement und initialer Antibiotikagabe heute selten geworden. Eine Metaanalyse von 1093 offenen Frakturen bei Kindern zeigte, dass die konservativ behandelten Frakturen auch ein niedrigeres Osteomyelitisrisiko aufwiesen und mit niedrigeren Wundinfektions- und Pseudarthroseraten als operativ behandelte offene Frakturen einhergingen (Singh et al. 2020).
Singh et al. (2020) zeigten eine Risikoreduktion von 67 % für das Auftreten einer posttraumatischen Osteomyelitis bei Anwendung der konservativen Behandlung von offenen Frakturen im Vergleich zur operativen Behandlung. Operativ behandelte offene Femurfrakturen zeigten dabei ein höheres Risiko für eine posttraumatische Osteomyelitis im Vergleich zu konservativ behandelten offenen Femurfrakturen im Wachstumsalter, wobei hier die größten Unterschiede bei den Grad III offenen Frakturen auftraten (Singh et al. 2020). Offene Schienbeinfrakturen Grad III zeigten ein niedrigeres Osteomyelitisrisiko als Grad III offene Femurfrakturen. Allerdings waren alle eingeschlossenen Studien in der Metaanalyse von Singh et al. (2020) retrospektive Beobachtungsstudien mit einem hohen Biasrisiko.
Offene Frakturen Gustilo-Anderson Grad III zeigten das höchste Risiko (10,7 %) für eine posttraumatische Osteomyelitis, ohne Unterschied zwischen operativ und konservativ behandelten Patientengruppen (Sabatini et al. 2014).
Bei der Behandlung der chronischen posttraumatischen Osteomyelitis wird ein eventuell vorhandener knöcherner Sequester entfernt. Infektbedingt stark angegriffene Knochenabschnitte werden ebenso operativ entfernt. Massiv entzündlich verändertes oder verschmutztes Weichteilgewebe wird durch Debridement entfernt. Vorhandene Weichteildefekte müssen gegebenenfalls durch plastisch-chirurgische Gewebetransfers gedeckt werden. Als Stabilisationsmethode eignet sich in der Regel ein Fixateur externe am besten. Es ist mit einer verzögerten Heilung des betroffenen Knochenabschnittes zu rechnen, und weitere rekonstruktive Eingriffe, wie unter Non-Union beschrieben, sind häufig erforderlich.

Kompartmentsyndrom, und längerfristig fortbestehende Nervenschäden

Die Rate eines Kompartmentsyndroms oder einer Nervenschädigung beträgt bei offenen Unterarmfrakturen im Kindesalter je 11 % und von Gefäßverletzungen 2 % (Elia et al. 2020).

Nervenläsionen bei offenen Frakturen

Durchtrennte Nerven bei offenen Frakturen sollten möglichst rasch (innerhalb von 24 Stunden) mikrochirurgisch versorgt werden. Nervenläsionen ohne offene Wunde sollten bei kompletten, kombiniert motorischen und sensiblen Nervenausfällen wie offene Nervenläsionen versorgt werden. Zu bedenken ist, dass zunehmende Nervenfunktionsstörungen auch Ausdruck eines Kompartmentsyndroms sein können.
Inkomplette sensible und motorische Nervenläsionen ohne Freiliegen des verletzten Nervs sollten über 1 bis 4 Wochen beobachtet werden, wobei bei Besserungstendenz eine konservative abwartende Behandlung gewählt werden sollte. Zeigt sich hingegen keine Verbesserung der motorischen und sensiblen Nervenfunktion, sollte zeitnah eine Abklärung mit neuropädiatrischer Untersuchung, Nervenleitgeschwindigkeitsuntersuchung, Elektromyographie und Nervensonografie durchgeführt werden. Bei Unklarheiten kann eine hochauflösende Magnetresonanztomografie (3 Tesla MRT) zur Abklärung der Nervenläsion herangezogen werden. Zeigt sich dabei ein Hinweis auf eine Nerventeildurchtrennung oder komplette Nervendurchtrennung, ist die mikrochirurgische Revisionsoperation indiziert. Bestehen hingegen Zeichen, dass sich der Nerv längerfristig erholen wird, ist neben einer langfristigen Physiotherapie oder Ergotherapie häufig eine unterstützende Schienenbehandlung notwendig (Peroneusschiene, Radialisschiene).
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