Verfasst von: Matthias Königshausen, Jan Geßmann und Dominik Seybold
Skapulafrakturen lassen sich in Frakturen des Skapulablatts (Scapulacorpus), der Fortsätze (Acromion/Spina, Korakoid) und des Glenoids untersteilen. Sind hochenergetische Traumata in der Regel die Ursache für Scapulablattfrakturen entweder mit oder ohne Beteiligung der Fossa glenoidalis, so sind Glenoidrandfrakturen häufig durch Schulterluxationen bedingt. Je nach Lokalisation und Dislokation existieren sowohl konservative als auch operative Therapie-Möglichkeiten, welche, bei richtiger Indikationsstellung, in der Regel zu guten Ergebnissen führen. Dabei haben in den letzten Jahren neben den bewährten offenen Rekonstruktionsverfahren zunehmend arthroskopische Versorgungsmöglichkeiten bei Glenoidfrakturen (ohne wesentliche Beteiligung des Skapulablatts) zur Erweiterung des operativen Spektrums beigetragen.
Vor dem Hintergrund sämtlicher Frakturen des Menschen finden sich Scapulafrakturen selten innerhalb des Patientenguts (Papagelopoulos et al. 1999; Goss und Owens 2006; Ideberg et al. 1995). Die unmittelbare Lagebeziehung der Scapula zum Thorax und der Wirbelsäule haben nicht selten thorakale Begleitverletzungen wie Frakturen der Rippen oder Lungenparenchymverletzungen und Wirbelkörperfrakturen zur Folge. Die eigentlichen Scapulablatt- bzw. Scapulacorpusfrakturen sind somit in der Regel das Resultat von Hochrasanztraumata oder Stürzen aus größerer Höhe (Papagelopoulos et al. 1999; Goss und Owens 2006; Schofer et al. 2009; Wilber und Evans 1977). Allgemein ist zwischen isolierten extra-artikulären Scapulafrakturen und intra-artikulären Scapulafrakturen zu unterscheiden. Eine Besonderheit stellen Frakturen des Scapulahalses dar, da die Fraktur zwar selbst keine Gelenkfläche betrifft, jedoch die Stellung des Glenoids im Raum im Sinne einer Verkippung oder (medialen) Verschiebung beeinflusst.
Die intra-artikulären Scapulafrakturen weisen Frakturausläufer durch die Scapula und das Glenoid auf und werden entsprechend auch Fossa glenoidalis-Frakturen genannt (Königshausen et al. 2016). Im Gegensatz dazu stellen die (vor allem anterioren) Glenoidrandfrakturen eine eigene Entität dar, da sie sich ausschließlich auf das Glenoid bezieht und in den meisten Fällen nach primär-traumatischen Schulterluxationen auftreten (Maquieira et al. 2007; Raiss et al. 2009). Dabei lassen sich die Fossa glenoidalis-Frakturen von den Glenoidrandfrakturen morphologisch differenzieren: Während die Fossa glenoidalis-Frakturen immer eine Beteiligung der Scapularänder aufweisen (beispielsweise margo medialis/lateralis/die superiore Kortikalis oder der Proc. coracoideus), beziehen sich die Glenoidrandfrakturen ausschließlich auf das Glenoid (also seinen kortikalen und spongiösen Anteil) (Königshausen et al. 2019). Von den Glenoidrandfrakturen, welche auch als Bankart-Frakturen bezeichnet werden und einen spongiösen Anteil enthalten, sind die knöchernen Bankart-Läsionen abzugrenzen, welche (neben der Verletzung des Labrum-Ligament-Komplexes) nur aus einer kortikalen Schuppe bestehen (Wiedemann 2004).
Klassifikationen
Die vorhandenen Klassifikationen unterscheiden grundsätzlich zwischen intra-artikulären und extra-artikulären Scapulafrakturen. Dabei existieren Klassifikationen, welche sowohl die Scapulablatt- und Fossa glenoidalis-Frakturen beinhalten, wobei einzelne Klassifikationen sich ausschließlich auf Glenoidfrakturen beziehen (Harvey et al. 2012; Goss 1995; Ideberg 1984; Euler und Rüedi 1996).
Im deutschsprachigen Raum wird die Klassifikation von Euler und Rüedi häufig verwendet welche sich auf die Scapulablatt-, Fortsatz- und Fossa glenoidalis-Frakturen bezieht. Ferner berücksichtigt diese Klassifikation auch die glenohumerale Kombinationsverletzung (gleichzeitige Fraktur beider Gelenkpartner [Glenoid und Humerus]) (Euler und Rüedi 1996) (Tab. 1). Eine weitere umfassende Klassifikation der Scapula-Frakturen ist die AO/OTA-Klassifikation, welche ebenfalls die extra-artikulären Frakturen und die intra-artikulären Frakturen beinhaltet und zudem die Glenoidfrakturen (Fossa und Glenoidrandfrakturen) nochmals anhand ihrer Frakturverläufe klassifiziert (Harvey et al. 2012) (Abb. 1). Diese Klassifikation zeigte innerhalb einer Studie eine hohe Übereinstimmung zwischen den jeweiligen Untersuchern (Gilbert et al. 2018).
Tab. 1
Klassifikation der Scapulafrakturen nach Euler/Rüedi. (Euler und Rüedi 1996)
A: Korpusfrakturen
Scapulablatt, einfach oder mehrfragmentär
B: Fortsatzfrakturen
B1 Spina
B2 Korakoid
B3 Akromion
C: Kollumfrakturen
C1 Collum anatomicum
C2 Collum chirurgicum
C3 Collum chirurgicum mit
a Clavicula-Fraktur
b Ruptur der Ligg. coracoclaviculare und coracoacromiale
D: Gelenkfrakturen
D1 Pfannenrandabbruch
D2 Fossa glenoidalis-Frakturen
a mit unterem Pfannenrandfragment
b mit horizontaler Scapulaspaltung
c mit korakoglenoidaler Blockbildung
d Trümmerfrakturen
D3 Kombinationsfrakturen mit Kollum- bzw. Korpusfrakturen
E: Kombinationsfrakturen mit Humeruskopffrakturen
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Ausschließlich auf Scapulafrakturen fokussierte Klassifikationen mit Gelenkbeteiligung (Frakturen der Fossa glenoidalis) sind die international gebräuchlichen Einteilungen von Ideberg (1984) (Ideberg 1984) (Abb. 2) oder Goss (1995) (Goss 1995). Weiterhin existieren Einteilungen, welche sich ausschließlich auf die anterioren Glenoidrandfrakturen bzw. -defekte (akut und chronisch) beziehen (Scheibel et al. 2009), sowie eine jüngere Klassifikation, welche die glenohumeralen Kombinationsfrakturen (gleichzeitige Glenoid- und proximale Humerusfrakturen) gesondert darstellt (Königshausen et al. 2019) (Tab. 2).
Tab. 2
Klassifikation der Glenohumeralen Kombinationsfrakturen (Glenoid/proximaler Humerus) (Königshausen et al. 2019)
Typ
Fraktur
Typ 1a
Große anteriore Glenoidrandfraktur (GRF) UND Fraktur Tuberculum majus (TM)
Typ 1b
Typ 1a mit zusätzlicher Fraktur Processus coracoideus (PC)
Typ 2
Große anteriore Glenoidrandfraktur (GRF) UND proximale Humerusfraktur (PHF)
Typ 3
Fossa glenoidalis-Fraktur (FGF) UND Fraktur Tuberculum majus (TM)
Typ 4
Fossa glenoidalis-Fraktur (FGF) UND proximale Humerusfraktur (PHF)
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Diagnostik
Im Falle eines Verdachts auf eine Fraktur des Glenohumeral-Gelenks ist die klassische nativ-radiologische Aufnahme in zwei Ebenen (a.p. und axial) der Standard. Hierdurch bekommt der Untersucher schon die wichtigsten Informationen bezüglich Gelenkkongruenz (Luxation/Dezentrierung etc.) oder dislozierte Frakturen des Glenoids. Für anteriore Glenoidrandfrakturen ist die anteriore Skleroselinie des Glenoids ein wichtiges Beurteilungs-Kriterium (Jankauskas et al. 2010). Zeigt sich diese anteriore Kortikalislinie des vorderen Glenoidrands unterbrochen, muss in diesem Fall mithilfe weiterführender Schnittbild-Diagnostik nach anterioren Glenoidrandfrakturen gefahndet werden.
Kann der Patient den Arm für eine axiale Aufnahme nicht adäquat abduzieren, kann eine Velpeau-Aufnahme durchgeführt werden, welche auch bei adduziertem Arm eine hinreichende Beurteilung des Glenoids in der zweiten Ebene erlaubt. Eine einfach durchzuführende Scapula-Y-Aufnahme ist in diesen Fällen zwar nützlich, um die Position des Humeruskopfes im Verhältnis zur Gelenkpfanne darzustellen, jedoch lässt diese Einstellung keine Beurteilung der Gelenkpfanne zu und ist somit der Velpeau-Aufnahme in ihrer diagnostischen Wertigkeit unterlegen. Zusätzliche Spezialaufnahmen für die Glenoiddarstellung wie die Bernageau-Aufnahme oder der West-point-view sind im Falle von Glenoidranddefekten weitere nativ-radiologische Aufnahmen, welche allerdings im eigenen Vorgehen eher für Kontrolluntersuchungen verwendet werden, da die Computertomographie zur exakten Quantifizierung einer festgestellten Fraktur seinen festen übergeordneten Stellenwert in der Akutdiagnostik hat.
Bei Verdacht auf eine Scapulablattfraktur sollten zusätzlich zu nativ-radiologischen Aufnahmen der Schulter tangentiale Aufnahmen der Scapula erfolgen. In der Regel schließen sich jedoch auch bei extra-artikulären Scapulafrakturen computertomographische Aufnahmen an, da die nativ-radiologischen Befunde zur genauen Beurteilung aufgrund von Überlagerungen benachbarter Strukturen (Rippen/Lungenparenchym) häufig nicht ausreichend sind.
Die Sonographie oder die MRT sind kein Diagnostikum der Wahl, es sei denn, es soll zusätzlich eine Läsion von Schulterbinnenstrukturen (Rotatorenmanschette, Bizepssehne, Labrumligamentkomplex) ausgeschlossen werden.
Therapieziel
Übergeordnetes Ziel bei Frakturen mit Gelenkbeteiligung ist die einwandfreie Funktion der Gelenkpartner, welche die regelhafte Zentrierung des Kopfs in der Pfanne als Voraussetzung hat. Auch sind Gelenkstufen hinsichtlich des mittel- bis langfristigen Verlaufs in der Therapieentscheidung zu berücksichtigen.
Auch bei den extraartikulären Frakturen steht die Position der Pfanne durch Verschiebungen der Scapulaanteile nach lateral (dadurch Medialisierung des Glenoids) im Vordergrund, welches wiederum Auswirkungen auf die Gelenkkinematik haben kann. Ferner ist es das Ziel grobe Fehlstellungen im Scapulablatt zu vermeiden, welche entweder aufgrund der Dislokation selbst im Verlauf Beschwerden machen oder aber in schmerzhaften Pseudarthosen resultieren können.
Indikationen Konservative/Operative Therapie
Extra-artikuläre Scapulafrakturen
Scapulablattfrakturen
Frakturen des Schulterblatts ohne Gelenkbeteiligung werden in der Mehrzahl der Fälle konservativ behandelt. Eine Übersichtsarbeit zeigte anhand von 22 Studien, dass 99 % der Scapulablattfrakturen und 83 % der Scapulahalsfrakturen konservativ therapiert wurden und mehrheitlich gute klinische Ergebnisse zeigten (Zlowodzki et al. 2006). Mittlerweile existieren morphologische Richtwerte, welche zwar nicht evidenzbasiert sind, jedoch als ungefähre Anhaltspunkte weitestgehend akzeptiert sind und als relative Indikationen gelten. Innerhalb einer Vergleichsstudie zwischen einem operativen und einem konservativen Kollektiv von Scapulablattfrakturen zeigte sich, dass konservativ behandelte Scapulablattfrakturen bis 20° Dislokation zu gleichen Ergebnissen führten wie die operierten Scapulafrakturen (Jones und Sietsema 2011). Weitere Indikationen für eine Operation werden bei Verschiebungen des Glenoids im Verhältnis zur lateralen Margo scapulae nach medial um bis zu 20 mm akzeptiert (Ada und Miller 1991; Herrera et al. 2009; Cole et al. 2012). Ferner spielt die Angulation des Scapulablatts im Verhältnis zur Kippung des Glenoids eine Rolle, dessen Ausmaß ungefähr zwischen 30–45° Angulation angegeben wird (Cole et al. 2012).
Radiologische Operations-Indikationskriterien bei Scapulafrakturen gemäß der aktuellen Literatur niedriger Evidenz inklusive Expertenmeinungen. Sämtliche Werte sind Anhaltspunkte, deren Indikationen zusätzlich die individuelle Patientensituation/-konstitution zu berücksichtigen hat. (Details siehe Text)
Scapulablatt: Medialisierung Glenoidebene vs. Scapulablatt
Scapulahals: Glenopolarer Winkel (zwischen Glenoidebene und Linie kraniale Glenoid-Spitze/caudale Scapula-Spitze)
Scapulablatt: Angulation in Sagittalebene (anterior-posterior)
≥ 10–20 mm
≤ 20–22°
≥ 30°–45°
≥ 10 mm (Clavicula und Scapula) wenn „double disruption“ im SSSC
Fraktur Proc. coracoideus
Fraktur Spina scapulae/Acromion
Fraktur Acromion bei inverser Prothese
≥ 10 mm
≥ 5–10 mm oder „double disruption“ im SSSC
≥ 5 mm
Korakoid-Fraktur mit Glenoidbeteiligung: ≥ 4 mm
Fraktur Fossa glenoidalis
Anteriore Glenoidrandfraktur
≥ 4 mm Gelenkstufe/ Fraktur-Dehiszenz oder deutliche Angulation der Gelenkflächen
siehe Indikationsalgorithmus Glenoidrandfraktur
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Frakturen des Scapulahalses
Frakturen des Scapulahalses sind deshalb von besonderer Relevanz, da eine Dislokation in diesem Bereich eine unmittelbare Auswirkung auf die Glenoidposition und damit auf die klinische Funktion des Patienten im weiteren Verlauf haben kann. Wenn keine ausgeprägte Dislokation vorliegt, werden die Scapulahalsfrakturen in ihrer Mehrzahl innerhalb der Literatur ebenfalls konservativ behandelt (Zlowodzki et al. 2006). Die Indikation zur Operation orientiert sich am sogenannten glenopolaren Winkel (GPA) und auch hier am Grad der Medialisierung der Glenoidebene. Der glenopolare Winkel ergibt sich aus den Linien der Glenoidhöhe und einer Verbindungslinie vom proximalen Pol des Glenoids und der inferioren Spitze der Scapula (Abb. 3). Diese Messung sollte im Falle einer Fraktur in der 3D-CT Darstellung der Scapula erfolgen. Dabei konnte innerhalb einer Studie eine Korrelation zwischen dem klinischen Endergebnis und dem Grad des glenopolaren Winkels dargestellt werden (Bozkurt et al. 2005). In weiteren Studien konnte gezeigt werden, dass ein glenopolarer Winkel ≤ 22° und eine Medialverschiebung des Glenoids um 10–20 mm eine Indikation für eine Operation darstellen, was idealerweise mittels 3D-Computertomographie bestimmt werden sollte (Cole et al. 2012, 2013; Romero et al. 2001). Hier ist auf eine exakte Einstellung der Scapula mit 0° Rotation zu achten, da Rotationsveränderungen der 3D Scapula „im Raum“ auch das Messergebnis wesentlich beeinflussen (Labronici et al. 2017) (Tab. 3).
Fortsatzfrakturen (Spina, Acromion, Korakoid)
Frakturen der Scapulafortsätze sind insgesamt seltene Verletzungen. Insbesondere Acromion- und Spinafrakturen kommen sehr selten als isolierte traumatische Frakturen vor und finden sich teilweise in Zusammenhang mit weiteren schweren Verletzungen des Schultergürtels (Hill et al. 2014). Häufiger finden sich die Acromionfrakturen jedoch in Zusammenhang mit der inversen Prothetik. Nach inverser Prothese kann es dabei im Verlauf aufgrund der vermehrten Zugkräfte der Deltoideusmuskulatur am Acromion bei einliegender Deltaprothese unter Belastung zu Stressfrakturen des Acromions oder der Spina scapulae kommen (Levy et al. 2013; Crosby et al. 2011). Dabei hat sich innerhalb einer Metaanalyse gezeigt, dass die Rate dieser Stressfrakturen bei 2,8 % aller implantierten inversen Prothesen lag (King et al. 2019). Die höchste Inzidenz zeigte sich bei der inversen Prothetik nach Primärarthrose (im Gegensatz zu Cuff tear-Arthropathien oder Frakturen). Ferner fand sich ein signifikant erhöhtes Vorkommen bei lateralisierten Prothesendesigns.
Spina- bzw. Acromionfrakturen werden im Fall einer Dislokation mittels Schrauben- bzw. Plattenosteosynthese therapiert, um ein Impingement mit dem Humeruskopf oder Pseudarthrosen zu vermeiden. Die Ergebnisse sind dabei sehr zufriedenstellend mit einer hohen Rate an knöchernen Konsolidierungen (Anavian et al. 2009).
Plötzliche starke Zugkräfte der kurzen Beuger können zu Frakturen des Proc. coracoideus führen. Dabei kommt es zu unterschiedlichen Frakturmorphologien, welche sich zum einen lediglich auf die Korakoidspitze beziehen und zum anderen die Korakoid-Basis betreffen. Die Basisfrakturen können dabei Frakturverläufe durch das kraniale Glenoid aufweisen. Im Fall einer Glenoidbeteiligung orientiert sich die Indikationsstellung an den Indikationen für Glenoidfrakturen (s. u). Bei Korakoidbasis- bzw. Spitzenfrakturen finden sich Indikationen innerhalb der Literatur, welche ab einer Dislokation von 10 mm eine Refixation empfehlen (Cole et al. 2013) und dabei überwiegend gute Ergebnisse liefern (Anavian et al. 2009). Auch existieren vereinfachte Unterscheidungen zwischen Korakoidfrakturen, welche distal bzw. proximal des Ansatzes der coracoclaviculären Bänder lokalisiert sind, wobei erstere großzügiger konservativ therapiert werden können (Ogawa et al. 1997).
Am Korakoid kann es in äußerst seltenen Fällen zu iatrogen induzierten Frakturen nach transkorakoidalen Bohrungen bei Schultereckgelenksstabilisierungen kommen (Shin et al. 2017). Diese sind im Fall ihres Auftretens ebenfalls gemäß oben genannter Indikationen zu behandeln.
Superior shoulder suspensory complex and Floating shoulder
Der „Superior shoulder suspensory complex“ (SSSC) stellt per Definition eine stabile Einheit des Schultergürtels dar. Diese stabile Einheit bezieht sich auf eine Art Ringverbindung in der Seitansicht des Glenoids, welche sich aus knöchernen Anteilen (Spina scapulae, Clavicula, Akromion, Proc. coracoideus) inklusive der dazwischen liegenden ligamentären Strukturen (acromio- und coracoclavikuläre Bänder) zusammensetzt. Die jeweiligen zusammenhängenden Verbindungen werden in insgesamt drei Streben eingeteilt. Vor dem Hintergrund der Stabilität des Schultergürtels wird eine Indikation für die operative Stabilisierung für den Fall gesehen, wenn zwei dieser Streben verletzt sind (Goss und Owens 2006), auch wenn einschränkend hinzugefügt werden muss, dass klinische Daten, welche diese Indikationsstellung ausreichend belegen, bisher fehlen. Sollten jedoch Zweifel an der Stabilität des „Rings“ bestehen, kann auch optional nur eine der betroffenen Streben einer Operation zugeführt werden.
Die sogenannte „Floating shoulder“ definiert ein kombiniertes Auftreten einer Fraktur der Clavicula und einer Fraktur des Scapulahalses (Herscovici Jr. et al. 1992), was aufgrund der fehlenden knöchernen Verbindung zum Schultergürtel eine Instabilität des gelenktragenden Anteils zur Folge hat. Allerdings ist diese Instabilität auch von der Lokalisation der Clavicula-Fraktur abhängig und auch davon, ob die coracoclaviculären Bänder noch intakt sind, da diese dann noch eine Verbindung zwischen Clavicula und Scapulacorpus herstellen können (Williams Jr. et al. 2001). Die bisherigen Studien zeigen, dass leicht bis mäßig-gradig dislozierte Frakturen mit guten Ergebnissen konservativ therapiert werden können und somit das nicht-operative Vorgehen einen Stellenwert auch bei vermeintlich als „instabil“ geltenden Fraktursituationen hat (Edwards et al. 2000). Die operative Therapie zeigte jedoch bei dislozierten Frakturen die besseren Ergebnisse. In diesem Zusammenhang gelten wiederum die oben genannten Indikationen hinsichtlich des Scapulahalses mit der Berücksichtigung des glenopolaren Winkels. Auch die alleinige Versorgung eine der beiden Frakturen beispielsweise der Clavicula ist eine gangbare Option und führt zu guten funktionellen Resultaten, vorausgesetzt, die korrespondierende Fraktur ist nicht deutlich disloziert (Dombrowsky et al. 2019). Letztlich muss jedoch die Entscheidung auch bei diesen kombiniert auftretenden Frakturen individuell vor dem Hintergrund der Patientensituation und des funktionellen Anspruchs getroffen werden, da die Evidenzlage im Hinblick auf das operative und das konservative Vorgehen in der Literatur gering ist.
Intra-artikuläre Scapulafrakturen
Fossa glenoidalis-Frakturen
Bei den Frakturen mit Glenoidbeteiligung ist bis dato ebenfalls nicht eindeutig geklärt, wo die Grenzen zwischen konservativer und operativer Therapie liegen, da prospektive Studien mit großen Fallzahlen fehlen. Bei den Frakturen der Fossa glenoidalis konnte anhand einer retrospektiven Fallserie festgestellt werden, dass moderat bis deutlich dislozierte konservativ therapierte Glenoidfrakturen (≥ 5 Millimeter [mm]) im mittel- bis langfristigen Follow-up mit signifikant schlechteren Ergebnissen einhergingen als nicht bzw. gering dislozierte Frakturen (≤ 3 mm). Auch scheint neben der Gelenkstufe die Dehiszenz von frakturierten Gelenkflächen (fracture gap) im Fall einer deutlichen Dislokation (auf Gelenkniveau) einen negativen Effekt zu haben (Königshausen et al. 2016). Exakte Angaben sind jedoch aufgrund des retrospektiven Studiendesigns und den dennoch niedrigen Fallzahlen bei diesen eher seltenen Frakturen nicht möglich. Für die Praxis wurde bereits vor vielen Jahren ein Dislokationswert von 5 mm Gelenkstufe vorgeschlagen, wobei diese Angabe jedoch rein hypothetisch ist und sich nicht an klinischen Studien orientiert (Goss und Owens 2006; Goss 1995). Die Autoren dieses Artikels definieren für die eigene Praxis nach derzeitigem Kenntnisstand den Wert bei den Fossa glenoidalis-Frakturen bei 4 mm Gelenkstufe bzw. 4 mm Gelenkflächendehiszenz, wobei natürlich auch wichtige sekundäre Faktoren wie Alter und funktioneller Anspruch des Patienten, operationsrelevante Komorbiditäten und Begleitverletzungen zusätzlich berücksichtigt gehören (Tab. 3).
Glenoidrandfrakturen
Mit den therapeutischen Indikationen bei Glenoidrandfrakturen (Bankart-Frakturen) verhält es sich ähnlich wie mit den Fossa glenoidalis-Frakturen. Auch hier fehlt es an wissenschaftlicher Evidenz, wo die Grenzen zwischen operativem und konservativem Vorgehen liegen. Dies bezieht sich sowohl auf die anterioren als auch auf die posterioren Glenoidrandfrakturen, wobei die posterioren Glenoidrandfrakturen häufig nur kleine Abscherfragmente zeigen und aufgrund ihres äußerst seltenen Auftretens nur wenig Literatur vorliegt (Baxter et al. 2017).
Aus den wenigen vorliegenden Arbeiten über die konservative Therapie der anterioren Glenoidrandfrakturen bzw. Bankart-Frakturen können hinsichtlich der Größe der Frakturen als Indikations-Kriterium keine exakten Angaben gemacht werden, wobei die Ergebnisse in einem mittel-alten Patientengut als überwiegend gut bis sehr gut auch bei initialer Fragmentdislokation beschrieben werden (Maquieira et al. 2007; Ideberg 1984; Kraus et al. 2010; Königshausen et al. 2022; Wieser et al. 2020). Einigkeit besteht darin, dass die Voraussetzungen für ein konservatives Vorgehen ein zentrierter Humeruskopf gegenüber dem Glenoid in der a.-p. Aufnahme ist und dass weitere Verletzungen ausgeschlossen werden sollten, die ggf. eine Operation indizieren würden. Aus diesem Grund sind Patienten, die einen dezentrierten Humeruskopf in der a.p.-Röntgenaufnahme (nach der Reposition) aufweisen, eher einer Operation zuzuführen, um im Verlauf eine Reluxation oder eine Dislokationsarthropathie zu vermeiden. Ferner ist bei allen konservativ therapierten Patienten ein MRT durchzuführen, um weitere Verletzungen wie zum Beispiel Rotatorenmanschettenrupturen auszuschließen.
Die Rezidivinstabilitätsrate nach konservativer Therapie ist innerhalb der wenigen Studien trotz der teilweise großen Frakturanteile äußerst gering (Maquieira et al. 2007; Kraus et al. 2010; Königshausen et al. 2022; Wieser et al. 2020). Es konnte innerhalb des mittelalten Patientenguts gezeigt werden, dass die Größe und auch die Dislokation der Fragmente in keinem Zusammenhang mit einer Rezidivinstabilität stehen und auch keine signifikanten Unterschiede in den jeweiligen klinischen scores aufwiesen. Im seltenen Falle einer Rezidivinstabilität zeigte sich diese ausschließlich in den ersten Wochen nach dem Trauma (Königshausen et al. 2022). Welche Rolle die Größe und der Dislokationsgrad der Fraktur für die Entwicklung einer Omarthrose spielen ist bis dato nicht hinreichend geklärt. In diesem Zusammenhang findet sich überraschenderweise eine ähnliche Rate an radiologisch nachweisbaren Omarthrosen innerhalb der Studien des konservativen wie auch des operativen Vorgehens (Maquieira et al. 2007; Raiss et al. 2009; Kraus et al. 2010; Königshausen et al. 2022; Wieser et al. 2020; Scheibel et al. 2016; Plath et al. 2015; Osti et al. 2009; Maier et al. 2017), welches vermuten lässt, dass, ähnlich wie bei den primärtraumatischen Luxationen des jungen Patienten ohne Fraktur, das Primärtrauma unabhängig der Therapie bereits prädisponierend für eine Arthroseentwicklung sein könnte. Abschließend ist noch darauf hinzuweisen, dass bei jüngeren Patienten (< 35–40 Jahre) mit einem generell höheren Reluxationsrisiko und einer längeren zu erwartenden Lebensspanne die Indikation für eine Operation im Fall einer Fragmentdislokation großzügiger gestellt werden sollte. Bei unverschobenen oder minimal verschobenen Frakturen besteht nach eigener Meinung bei zentriertem Humeruskopf und Ausschluss von Begleitverletzungen allerdings auch altersunabhängig keine eindeutige Operations-Indikation. Abb. 4 zeigt den eigenen Behandlungsalgorithmus bei anterioren Glenoidrandfrakturen.
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Wenn die Entscheidung zum konservativen Vorgehen bei Bankart-Frakturen getroffen wurde, sind radiologische Verlaufskontrollen zwingend notwendig, um unbemerkte Subluxationen auszuschließen und im Verlauf die knöcherne Ausheilung zu dokumentieren (Abb. 5).
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Glenohumerale Kombinationsfrakturen
Die kombiniert auftretenden Frakturen von Glenoid und Humeruskopf sind insgesamt sehr seltene Verletzungen, welche entweder traumatische Schulterluxationen oder Anpralltraumata als Ursache haben. Innerhalb der glenohumeralen Kombinationsfrakturen lassen sich verschiedene kombinierte Frakturen unterscheiden, die sich auf der glenoidalen Seite auf Glenoidrandfrakturen und Frakturen der Fossa glenoidalis und auf der humeralen Seite auf Tuberculum majus-Frakturen und proximale Humerusfrakturen beziehen (s. Tab. 2).
Die Indikationen für die Operation dieser kombinierten Frakturen sind jeweils einzeln zu beurteilen und orientieren sich an den oben genannten Indikationen für Glenoidfrakturen und an den Indikationen der Frakturen des proximalen Humerus. Eine Besonderheit besteht jedoch bei den Kombinationsfrakturen Typ II (und eingeschränkt Typ IV) im Fall einer Dislokation der proximalen Humerusfraktur, da in diesen Fällen das Kriterium der Zentrierung des proximalen Humerus gegenüber der Gelenkpfanne nicht valide herangezogen werden kann. In diesen Fällen gelten die übrigen genannten Indikationskriterien für Humeruskopf und Glenoid (Königshausen et al. 2019).
Operative Therapie (Strategien und Vorgehen)
Scapulablatt- und Scapulahalsfrakturen sowie Fortsatzfrakturen
Die Frakturen des Scapulakorpus und des Scapulahalses werden je nach Lokalisation offen operativ in der Regel über äquivalente Zugänge versorgt und somit in einem Kapitel behandelt.
Für die operative Versorgung der Scapulafraktur existieren verschiedene Zugänge, welche teilweise nach ihren Erst-Beschreibern benannt werden. Der bekannteste, weil klassische Zugang nach Judet kann für alle Formen von Scapulablattfrakturen verwendet werden, da er die Exposition aller Regionen der Scapula erlaubt. Dieser wurde in den vergangenen Jahren jedoch zugunsten minimalinvasiverer Zugänge weitestgehend aufgegeben, da für diesen entlang der Spina und der medialen Margo geschwungene Zugang anschließend der gesamte Infraspinatus-Muskelbauch (und je nach Lokalisation der Fraktur auch der Supraspinatus-Muskelbauch) von der Scapula gelöst wird. Anschließend können nach Reposition die Frakturanteile mit Kleinfragment- bzw. Minifragment-Platten entsprechend fixiert werden.
Die weniger invasiven Zugänge sind diejenigen, mit welchen je nach Frakturlokalisation die Orte der Hauptschädigung direkt erreicht und behandelt werden können und sich somit auch die Hautschnitte auf diese Bereiche beziehen, was mit einem eindeutigen kosmetischen Vorteil verbunden ist und theoretisch auch unnötige Narbenbildung verhindert. Hier sind insbesondere der Zugang nach Brodsky (Brodzky und Gartsman 1987) bzw. nach Tubiana zu nennen ((Tubiana et al. 1990) Abb. 6 und 7), mit welchen die laterale Margo und auch der Scapulahals erreicht werden können. Der Schlüssel für diesen Zugang ist die Identifikation des Intervalls zwischen M. infraspinatus und M. Teres minor, unter dem sich die laterale Margo scapulae befindet.
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Je nach Frakturlokalisation bzw. -ausläufer können auch ein anteriorer oder ein posteromedialer bzw. kranialer (Abb. 8) Zugang gewählt werden. Der anteriore Zugang kann im Fall einer Scapulahalsfraktur mit Haupttrümmerzone gewählt werden und ist auch der Zugang der Wahl für die Fixierung von Proc. Coracoideus-Frakturen und entspricht dem deltopectoralen Zugang.
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Der posteromediale Zugang für die mediale Margo ist nahezu ausschließlich ein zusätzlicher Schnitt bei intraartikulären (bspw. mittels eines Brodzky-Zugangs am Glenoid versorgten) Scapulafrakturen oder (extra-artikulären) Scapulahalsfrakturen, welche von lateral nach medial durch das Scapulablatt ziehen (Abb. 9). Alternativ wird er in Fällen gewählt, bei denen aufgrund von deutlichen Dislokationen an der medialen Margo eine Operation indiziert wird. Im Fall einer operationspflichtigen Fraktur der Spina scapulae oder des posterioren Acromionanteils kann hierüber ein direkter horizontaler Schnitt erfolgen (Abb. 8).
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Intra-artikuläre Scapulafrakturen
Fossa glenoidalis-Frakturen (offenes Vorgehen)
Die Frakturen der Fossa glenoidalis werden zum überwiegenden Teil von dorsal offen operiert. Eine generelle Ausnahme besteht bei Trümmerfrakturen der Fossa glenoidalis mit multiplen kleineren Fragmenten (D2,d Euler/Rüedi). In diesen Fällen muss individuell entschieden werden, ob eine Rekonstruktion überhaupt technisch soweit möglich ist, dass eine Verbesserung der Stellung der Hauptfragmente erreicht werden kann. Ist dies eher nicht aussichtsreich, so werden solche Trümmerfrakturen besser konservativ therapiert.
Für die unterschiedlichen Frakturen der Fossa glenoidalis können unterschiedliche Herangehensweisen gewählt werden:
Generell gilt, dass im Grunde alle Fossa glenoidalis-Frakturen von dorsal versorgt oder aber ggf. in Ausnahmefällen in kombinierten Zugängen unter anderem von dorsal operiert werden können. Diese dorsalen Versorgungen werden im eigenen Vorgehen in Seitenlage mit komplett abgewaschenem und frei beweglichem Arm durchgeführt, um bei Einnahme von Flexion/Abduktion durch Elevation der Deltoideus-Muskulatur das Intervall zwischen M. infraspinatus und Teres minor zugänglich zu machen. Eine Ausnahme sind die anterioren kranialen Fossa glenoidalis-Frakturen mit glenoidaler Blockbildung unter Einbeziehung des Proc. coracoideus (korakoglenoidaler Blockbildung, D2,c Euler Rüedi), welche – im Fall einer Dislokation – eine anteriore Fixation über einen deltopectoralen Zugang (oder in seltenen Fällen einen superioren Zugang) erfordern.
Die Fossa glenoidalis-Frakturen mit Ausläufer in die laterale Margo scapulae oder nach superior in die Fossa supraspinata (Ideberg 2 und 3) können in der Regel relativ einfach über einen Brodzky- bzw. Tubiana-Zugang erreicht werden, wobei sich der Tubiana-Zugang nicht für die sehr weit kranialen Frakturen der Fossa glenoidalis eignet (Abb. 6 und 7).
Glenoidfrakturen, deren Ausläufer bis durch die mediale Margo der Scapula ziehen, werden aufgrund vermeintlicher Instabilität medial und lateral im kombinierten Vorgehen aus lateraler Versorgung und zusätzlich kleinem medialen Zugang versorgt. Somit wird der Gelenkblock zunächst lateral gestellt und anschließend der mediale Frakturausläufer über einen kurzen vertikalen posteromedialen Zugang mittels (in der Regel) einer Mini-Kleinfragmentplatte anatomisch fixiert (Abb. 10).
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Die intraoperative Visualisierung der Stellung der Fragmente zueinander ist nicht immer einfach zu realisieren. Wenn es sich bei dem Gelenkfragment mit entsprechendem Ausläufer in das Scapulablatt um einen Block handelt, so ist die anatomische Reposition beispielsweise der lateralen Margo scapulae mittels Plattenosteosynthese ausreichend, da in diesen Fällen dann auch die Gelenkfläche normalerweise anatomisch steht. Bei mehrfragmentären Situationen oder in Fällen, in denen eine anatomische Reposition nicht adäquat hergestellt werden kann, kann über denselben lateralen Zugang das Gelenk mittels Arthroskop von dorsal visualisiert werden. Bei Unsicherheit kann intraoperativ eine Bildwandler-Kontrolle erfolgen, was jedoch in der Seitenlagerung manchmal schwierig einzustellen sein kann. Eine Alternative sind intraoperative sterile Röntgenaufnahmen in der a.p.-Richtung, welche bereits einen ersten Eindruck über die Gesamtstellung (und auch Plattenlage etc.) geben können.
Mittlerweile sind kleinere Studien und Fallberichte auch über die arthroskopische Versorgung von Fossa glenoidalis-Frakturen publiziert worden. Insbesondere die Ideberg 3-Frakturen mit kranialem Frakturausläufer sind der arthroskopischen Therapie zugänglich. Erste Fallserien konnten sehr gute Ergebnisse nach arthroskopischem Verfahren darstellen mit lediglich einer Schultersteife im Verlauf (Yang et al. 2011; Qu et al. 2015). Aufgrund der insgesamt guten funktionellen Ergebnisse nach offenem Vorgehen über die genannten posterioren Zugänge bleibt allerdings das offene Vorgehen der Goldstandard in der Versorgung von Fossa glenoidalis-Frakturen. Das arthroskopische/arthroskopisch-gestützte Verfahren kann jedoch bei großen Stückfrakturen eine Option zur besseren Visualisierung sein.
Glenoidrandfrakturen
Die Glenoidrandfrakturen werden im Fall einer Operationsindikation zunehmend arthroskopisch versorgt. Zwar zeigen offen operierte Frakturen in der Regel gute Ergebnisse (Raiss et al. 2009; Osti et al. 2009; Scheibel et al. 2004), es bleibt jedoch der Nachteil, dass beim offenen Vorgehen (über den klassischen deltopectoralen Zugang) der M. subscapularis entweder abgesetzt oder gespalten werden muss, was nicht selten mit endgradigen Außenrotationseinschränkungen oder einer Schwächung des M. subscapularis einhergehen oder sogar zu einer fehlenden Einheilung nach Refixation kommen kann. Auch sind dislozierte kleinere Fragmente, welche nach dorsal oder inferior eingeschlagen sind, beim offenen Vorgehen insbesondere bei muskelkräftigen Patienten nicht immer adäquat erreichbar. Insofern vereint das arthroskopische Vorgehen neben dem kosmetischen Aspekt vor allem den Vorteil der gesamten Gelenkvisualisierung (auch in Bezug auf die übrigen Schulterbinnenstrukturen [lange Bizepssehne, Rotatorenmanschette]) inklusive der Schonung des M. subscapularis (Abb. 11 und 12). Gute Ergebnisse konnten nach arthroskopischem Vorgehen bereits in verschiedenen Studien nachgewiesen werden (Scheibel et al. 2016; Porcellini et al. 2002; Plath et al. 2015; Kim et al. 2014).
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Korrekturgrenzen
Korrekturen sind in der Regel dem unmittelbar postoperativen Zeitraum innerhalb der ersten Tage bis ca. 2 Wochen vorbehalten, da spätere Osteotomien insbesondere größerer fehlverheilter Fragmente technisch anspruchsvoll sind und zudem ein Nutzen für den Patienten nicht belegt ist. Postoperativ sollte bei Gelenkfrakturen und ungenauer nativradiologischer Bildgebung großzügig ein CT eingesetzt werden, um nach operativem Vorgehen Schraubenfehllagen und Fragmentstellungen sowie verbliebene Gelenkstufen zu detektieren. Sollten bei Fossa glenoidalis-Frakturen postoperativ kleinere/moderate Gelenkstufen verblieben sein, werden diese im eigenen Vorgehen entsprechend der Toleranzgrenzen des konservativen Vorgehens (s.o.) toleriert. Sollten, im Falle einer gestellten Operationsindikation, kleinere (insbesondere mehrfragmentäre) Glenoidrandfrakturen (ca. bis 15 % Gelenkflächenbeteiligung) aufgrund technischer Schwierigkeiten nicht anatomisch zu rekonstruieren sein, so reicht es oftmals aus, das Labrum am knöchernen Defektrand zu fixieren, welches innerhalb einer Nachuntersuchung mit guten Ergebnissen bestätigt werden konnte (Kim et al. 2014).
Komplikationen
Komplikationen sind im Rahmen von Scapulafrakturen eher selten, vorausgesetzt, dass die ungefähren Grenzen des konservativen Vorgehens eingehalten und im Fall des operativen Vorgehens möglichst anatomisch und gewebeschonend rekonstruiert werden.
Als häufigste Komplikationen von operativ versorgten Scapulafrakturen werden im Rahmen einer Metaanalyse Infektionen angegeben, welche jedoch mit insgesamt 4 % selten sind (Lantry et al. 2008). Weiterhin sind Implantat-Komplikationen (Implantat-Versagen [3,8 %]; Metallentfernung aufgrund störenden Materials [7 %]) und Revisionen in geringem Ausmaß beschrieben (2,8 %) (Lantry et al. 2008).
Bei der offenen operativen Therapie von Glenoidrandfrakturen werden im Verlauf nicht selten Insuffizienzen des M. Subscapularis nach initial erfolgter Tenotomie beschrieben (Maier et al. 2017). Bei Fossa glenoidalis-Frakturen können signifikante Gelenkstufen oder Frakturdehiszenzen im Verlauf zu Omarthrosen oder Pseudarthrosen führen (Königshausen et al. 2016). Bei der konservativen Therapie von Glenoidrandfrakturen sind engmaschige radiologische Verlaufskontrollen in den ersten Wochen/Monaten unerlässlich, um eine Dezentrierung des Humeruskopfes auszuschließen.
Generell sind bei allen operativ versorgten Glenoidfrakturen die Schraubenpositionen entweder arthroskopisch oder radiologisch ggf. durch ein postoperatives CT zu kontrollieren, um Gelenkschäden insbesondere am Humeruskopf zu vermeiden.
Floating shoulders gehen hingegen innerhalb der Literatur mit mehr Komplikationen einher (konservative Therapie: 21,5 %; operative Therapie: 27 %), welche vor allem verzögerte Frakturheilung, Pseudrathrosen und Implantatversagen beinhalten (Dombrowsky et al. 2019).
Nachbehandlung
Es existieren keine einheitlichen Nachbehandlungsprotokolle für Scapulafrakturen. Somit obliegt dies der Einschätzung des behandelnden Chirurgen. Allgemeine Einigkeit existiert jedoch darüber, die Schulter zunächst passiv zu beüben, sei es nun im konservativen Vorgehen oder auch nach einer Operation. Im eigenen Vorgehen beinhaltet dies passive Bewegungen zwischen 60–90° Flexion/Abduktion mit ebenfalls passiver eingeschränkter Außenrotation für ca. 3 Wochen mit anschließender Aufbaubelastung. Im Fall extraartikulärer Scapulafrakturen bzw. Fortsatzfrakturen kann die Beweglichkeit im Schultergelenk weniger restriktiv im Sinne frühzeitiger aktiver Beübung gehandhabt werden.
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