Art und Schweregrad der primären Nierenerkrankung bestimmen den Verlauf der CNI. Eine kausale Therapie ist nur bei wenigen Grunderkrankungen möglich. Harnwegsobstruktionen müssen frühzeitig und vollständig beseitigt werden. Bei refluxiven Fehlbildungen ist die konsequente Prophylaxe aszendierender
Harnwegsinfektionen zur Vermeidung zusätzlicher Narbenbildungen wichtig. Viele progredient verlaufende Glomerulonephritisformen können durch den frühzeitigen Einsatz von
Immunsuppressiva effektiv behandelt und eine CNI dauerhaft vermieden werden. Für einzelne Stoffwechselerkrankungen mit Nierenbeteiligung stehen spezifische kausale Therapieansätze zur Verfügung (z. B. Cysteamin bei
Cystinose).
Bei kongenitalen
Nephropathien lässt sich in den ersten Lebensjahren häufig noch eine gewisse Hypertrophie der vorhandenen Nephrone beobachten, die zu einem Anstieg der GFR führt. Spätestens im Adoleszentenalter führt aber das zunehmende Missverhältnis der eingeschränkten Filtrationsleistung zur wachsenden Körpermasse zu einer fortschreitenden
Niereninsuffizienz. Zudem tritt bei Unterschreiten einer kritischen Masse an funktionierenden Nephronen weitgehend unabhängig von der zugrunde liegenden Nierenerkrankung ein progredienter Nephronverlust ein. Eine zentrale Rolle kommt hierbei der Erhöhung des Blutflusses und -drucks in den verbliebenen Glomeruluskapillaren zu. Durch die chronische Hyperfiltration setzen Umbauprozesse ein, die Glomeruli hypertrophieren, Endothel- und viszerale Epithelzellen (Podozyten) werden geschädigt, die Mesangialzellen proliferieren und bilden vermehrt Matrix. Durch die resultierende Glomerulosklerose können sich Synechien der Kapillarschlingen mit dem Epithel der Bowman-Kapsel ausbilden. Hieraus kann eine fehlgerichtete Filtration des Primärharns ins interstitielle Gewebe resultieren, was eine entzündliche Gewebsreaktion auslöst. Sowohl im Glomerulus als auch im Tubulointerstitium werden vermehrt vasoaktive Peptide wie Angiotensin II und Endothelin sowie Wachstumsfaktoren wie
Transforming growth factor β (TGF-β) exprimiert, die die glomeruläre Hyperfiltration und die Fibrosierungsprozesse sowohl im Glomerulus als auch im tubulointerstitiellen Kompartiment weiter verstärken. Zudem sezernieren die Tubulusepithelien Entzündungsmediatoren wie Komplementproteine,
Zytokine und
Chemokine, was zur Invasion von
Monozyten und
Lymphozyten führt. Die interstitielle Matrixvermehrung beeinträchtigt die Oxygenierung der Tubuluszellen und führt so zu Zellapoptose und Tubulusatrophie. Über diese Mechanismen kommt es zum Untergang weiterer Nephrone, wodurch sich die glomeruläre Hyperfiltration der verbleibenden Nephrone weiter verstärkt. Auf diese Weise beschleunigt sich der renale Funktionsverlust allmählich.
Der fortschreitende Verlust der glomerulären Filtration wird zunächst durch eine Steigerung der tubulären Sekretion kompensiert. So kann bis zu einem GFR-Verlust von 80–90 % eine ausgeglichene Elektrolyt- und Wasserbilanz aufrechterhalten werden. Allerdings manifestiert sich durch die limitierte tubuläre Bikarbonatrückresorption bereits ab einer GFR von ca. 50 % der Norm eine metabolische Azidose, die ebenfalls zum Fortschreiten der CNI beiträgt. Im Spätstadium der
Niereninsuffizienz akkumulieren schließlich sog. Urämietoxine durch verminderte Elimination oder gesteigerte Produktion. Zu diesen gehören
Phenole, Guanidine und Polyamine, aber auch Hormone wie
Parathormon und vasoaktive Substanzen wie
asymmetrisches Dimethylarginin.