In den entwickelten Ländern zählen die Plazentainsuffizienz und die schwangerschaftsinduzierte
Hypertension zu den häufigsten Ursachen der intrauterinen Wachstumsstörung. Die verminderte uterine Perfusion führt zu einem reduzierten plazentaren Blutfluss und bedingt damit eine verminderte Bereitstellung von Kohlenhydraten, Fetten und Proteinen bis hin zur
Hypoxie. Die fetale Wachstumsaktivität, reguliert über insulinartige Wachstumsfaktoren (insulin-like growth factors, IGF), wird infolge des verminderten Glukoseangebots reduziert und stellt somit die endokrine Adaptation bei intrauteriner Mangelversorgung dar. Ähnliche Phänomene treten auch bei Schwangerschaften in Höhenlagen auf, bedingt durch eine fetale Hypoxie mit daraus resultierender Erhöhung der Erythropoietin-Ausschüttung und konsekutiver
Polyglobulie. Da
Erythrozyten Glukose verbrauchen, steigt der Glukosebedarf. Demgegenüber resultiert der intrauterine Nährstoffmangel u. a. in einer verminderten Ausbildung der hepatischen Glykogenspeicher und führt somit zu einem erhöhten Risiko postnatal auftretender
Hypoglykämien sowie, aufgrund der reduzierten Fettmasse, einer
Hypothermie. Besonders bei sehr unreifen Frühgeborenen, d. h. Kindern mit einem Gestationsalter <32. SSW, können sich neben den genannten Risikofaktoren weitere schwerwiegende Konsequenzen der intrauterinen Wachstumsretardierung ergeben. Pränatal besteht ein erhöhtes Risiko des intrauterinen Fruchttodes. Postnatal ist die Häufigkeit der Entwicklung einer Folgeerkrankung des Atemnotsyndroms, der bronchopulmonalen Dysplasie wie auch das Mortalitätsrisiko, um das 3-Fache im Vergleich zu eutrophen Frühgeborenen erhöht. Die erhöhte Mortalität resultiert aus der für das Gestationsalter eingeschränkten Lungenentwicklung sowie einer erhöhten Rate von Infektionen. Ursachen hierfür sind sowohl eine gegenüber dem Gestationsalter verzögerte anatomische Lungenreifung als auch die unzureichende Maturation des Surfactant-Systems.
Schwangerschaften mit Hinweisen auf intrauterine Wachstumsverzögerung müssen deshalb pränatal und perinatal besonders intensiv überwacht werden. Die postnatale Betreuung wachstumsretardierter, extrem unreifer Frühgeborener sollte aufgrund der geschilderten Zusammenhänge in ausgewiesenen perinatologischen Zentren erfolgen und unter dem Aspekt des erhöhten Risikos einer bronchopulmonalen Dysplasie eine gezielte Beatmungs- und Surfactant-Therapie nach pränataler Kortikoidapplikation beinhalten.
Die Glukoseapplikation in Form einer Frühfütterung und – bei Bedarf – einer Infusionstherapie mit konsekutiven Laborkontrollen zur Diagnostik weiterer
Hypoglykämien sind essenziell, um zentralnervöse Schädigungen durch Hypoglykämien zu vermeiden.
Da das Gehirnwachstum meist erhalten bleibt, resultiert bei der durch Plazentainsuffizienz bedingten intrauterinen Wachstumsretardierung typischerweise eine asymmetrische Wachstumsretardierung mit Untergewicht bei weitgehend erhaltener Längenentwicklung sowie Schädelwachstum. Bei einer ungestörten postnatalen Adaptation ist die Prognose gut. Eine Sonderform stellt die Problematik des
HELLP-Syndroms (hemolysis elevated liver
enzymes, low platelets) dar. Hier kommt es bei der Mutter zu einer akuten Lebererkrankung, begleitet von einem Abfall der mütterlichen Thrombozytenzahl, häufig bei einer vorbestehenden Gestose und fetaler Wachstumsretardierung. Bei Wachstumsretardierung kann die Thrombozytenzahl beim Neugeborenen im Zusammenhang mit mütterlichem HELLP-Syndrom oder auch im Sinne einer Verdrängungsthrombopenie bei erhöhter Erythropoiese erniedrigt sein.
Daneben werden mütterliche Erkrankungen aus dem thrombophilen Formenkreis, u. a. durch Polymorphismen des Faktor-V-Leidens der Methylentetrahydrofolat-Reduktase (MTHFR-Polymorphismus) sowie
Antiphospholipidsyndrome in der Ätiopathogenese der intrauterinen Wachstumsretardierung diskutiert. Klinische Studien an Schwangeren mit thrombophilen Risiken und Feten mit gestörtem intrauterinem Wachstum konnten protektive, marginale Effekte von Heparin und Acetylsalicylsäure hinsichtlich der peri- und neonatalen Behandlungsresultate erbringen.
Bei globaler Betrachtung der mütterlichen Ursachen der intrauterinen Wachstumsretardierung dominiert die Fehl- und Mangelernährung während der Schwangerschaft, gefolgt von Infektionen.
Eine weitere wichtige Ursache der intrauterinen Wachstumsretardierung mit unterschiedlicher
Prävalenz in verschiedenen Populationen sind konnatale Infektionen (TORCH; Kap. „Pränatale Infektionen“).